Intertextualität im Parzival (Wolfram von Eschenbach, Parzival)

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Im Parzival befinden sich zahlreiche Hinweise auf andere Texte und deren Autoren. Dieser Artikel soll auf verschiedene Arten von Intertextualität eingehen und diese jeweils an einem Beispiel verdeutlichen. Der Artikel bietet jedoch nur einen kleinen Ausschnitt an Intertextualität im Parzival.


Intertextueller Bezug auf andere Autoren und deren Figuren

Nach Parzivals erster Begegnung mit Rittern, beschließt er, selbst einer zu werden und an den Artushof zu gehen, da er erfahren hat, dass Artus Männer zu Rittern machen könne. Im folgenden Textausschnitt „warnt“ der Erzähler Hartmann von Aue und seine Romanfiguren vor, dass Parzival an den Artushof kommen wird (143,21-144,4)[1]:

mîn hêr Hartman von Ouwe, Monsieur Hartmann von Aue,
frou Ginovêr iwer frouwe zu Eurer Dame Ginover,
und iwer hêrre künc Artûs, zu Eurem Herrn, dem König Artus,
den kumt ein mîn gast ze hûs. kommt ein Gast von mir ins Haus -
bitet hüeten sqin vor spotte. laßt keine Spielchen mit ihm treiben:
ern ist gige noch diu rotte: ist keine Fiedel, keine Zither…!
si sulen ein ander gampel nemn: Man macht ihn nicht zum Hampelmann,
des lâzen sich durch zuht gezemn. das hindre höfische Erziehung!
anders iwer frouwen Enide Eure Dame, die Enite,
unt it muoter Karsnafide Beispiel ihre Mutter Karsnafite
werdent durch die mül gezücket ziehen wir sonst durch die Mühle,
unde ir lop gebrücket. Beispiel und ihr Ansehen wird gewalkt!
sol ich den munt mit spotte zern, Müßt ich mit Spott mein Maul zerreißen,
ich will mînen friunt mit spotte wern. so schützt mein Spott auch meinen Freund.

Der Erzähler Wolfram nimmt Parzival hier eindeutig in Schutz. Er weiß ob dessen „tumben“ Verhaltens und bittet deshalb Hartmann und seine Figuren, nachsichtig mit Parzival umzugehen und ihn in höfischer Erziehung zu lehren. Indem Wolfram auf Hartmann verweist, wird deutlich, dass es sich bei Artus, Ginover und Enite um Schöpfungen Hartmanns handelt und sowohl Hartmann als auch Wolfram verantwortlich für das Handeln ihrer Figuren gemacht werden können. [Draesner 1993: 219]


Intertextualität als Ausdruck des erhabenen Handelns der Figuren

Die folgende Textstelle (436,4-10) bezieht sich auf die Szene, als Gawan unterwegs Sigune trifft, die um ihren verstorbenen Geliebten Schionatulander trauert und neben dessen Grab verweilt. Selbst im Tod will sie ihrem Geliebten die Treue halten. An dieser Stelle macht der Erzähler einen Exkurs zum Iwein:

ob si worden waer sîn wîp, Wär sie seine Frau geworden -
dâ hete sich frou Lûnete was Lunete ihrer Herrin
gesûmet an sô gaeher bete voreilig geraten hatte,
als sie riet ir selber frouwen. damit hätte sie gezögert!
man mac noch dicke schouwen (Noch heute kann man’s oft erleben:
froun Lûneten rîten zuo eine Frau Lunete kommt geritten
etslîchem râte gar ze fruo. und erteilt verfrühten Rat…).

Im Iwein vermählt sich der gleichnamige Protagonist mit Laudine, deren Ehemann Ascalon er im Kampf getötet hat. Laudine willigt letztendlich ein, da sie einem Rat ihrer Untergebenen Lunete folgt, die Iwein bereits vom Artushof kennt. Lunete rät Laudine, Iwein zu heiraten, da dieser stark genug war, Laudines eigenen Mann zu töten und somit letztendlich auch stark genug wäre, ihr Reich zu verteidigen. Laudine folgt dem Rat und kurz nach der Hochzeit erbittet sich Iwein ein Jahr, um auf âventiure fahren zu dürfen. Er lässt die Zeit jedoch verstreichen und wird daraufhin von Laudine verstoßen. Diese macht Lunete für ihr Unglück verantwortlich [vgl. Iwein. Inhaltsangabe. In: von Aue, Hartmann: Gregorius. Der arme Heinrich. Iwein. Herausgegeben und übersetzt von Volker Mertens. Deutsche Klassiker Verlag, Frankfurt a.M. 2008. Tübingen: Max Niemeyer Verlag, 2008. S.942-950]. Durch den Vergleich mit Laudine stellt der Erzähler Sigunes Tugendhaftigkeit, ihrem Geliebten bis in den Tod treu zu bleiben, hervor. Während Laudine auf den schlechten Rat Lunetes gehört und sich kurz nach dem Tod ihres Gatten wieder vermählt hat, bleibt Sigune unverheiratet. Hiermit soll die Tugend der weiblichen Treue verdeutlicht werden.


Intertextualität als Mittel zum Vergleich

Als Gawan auf dem Weg zu einem Zweikampf ist, kommt er unterwegs an der Burg Schanpfanzun vorbei, die von außerordentlicher Schönheit ist. Um diese herauszustreichen, verweist der Erzähler auf die griechische Mythologie (399,11-14):

disiu burc was gehêret sô, Diese Burg war derart schön -
daz Enêas Kartâgô dem Äneas schien Karthago
nie sô hêrrenliche vant, längst nicht derart majestätisch;
dâ froun Dîdôn tôt was minnen pfant. Dido starb dort, Pfand der Venus…

Äneas zog einst in Karthago ein und verliebte sich in die Herrscherin Karthagos, Dido, welche später den Liebestod starb [Draesner 1993: 313-315]. So, wie einst die Stadt Karthago vor dem Helden Äneas lag, erscheint nun auch die Burg Schanpfazun vor Gawan. [Draesner 1993: 314f.] Dies bewirkt zum einen, dass Gawans Ankommen auf der Burg in einem bestimmten Licht dargestellt ist, zum anderen dient der Verweis dazu, dass der Erzähler sich "einer anstehenden Beschreibungsaufgabe entledigen [kann]." [Draesner 1993: 313-315], da die Burg nicht näher beschrieben wird.

Fazit

Literaturangaben

<HarvardReferences /> [*Draesner 1993] Draesner, Ulrike: Wege durch erzählte Welten. Verlag Peter Lang GmbH, Frankfurt a.M. 1993.

<references>

  1. Alle Versangaben folgen der Ausgabe: Wolfram von Eschenbach: Parzival. Nach der Ausgabe Karl Lachmanns revidiert und kommentiert von Eberhard Nellmann, übers. von Dieter Kühn, 2 Bde., Frankfurt a.M. 2006.