Tafelrunde und Gralsgesellschaft (Wolfram von Eschenbach, Parzival)
Eines der zentralen Themen im Parzivalroman ist der unterschied zwischen zwei edeutenden Gruppierungen: den Rittern der Tafelrunde um König Artus einerseits und der Gralsgesellschaft um den Heiligen Gral mit Anfortas (Wolfram von Eschenbach, Parzival) als letztem Anführer, andererseits. Diese zwei Gruppierungen sind einerseits Königreiche unter den genannten Herrschern, andererseits aber auch deutlich unterschiedliche Darstellungen der ritterlichen Gesellschaft. Diese Unterschiede haben in den vergangenen gut 200 Jahren der Parzivalforschung unterschiedliche Ergebnisse und Interpretationen hervorgebracht und sind bis heute nicht wirklich abschließend ausgearbeitet und interpretiert. Vor allem die Thematik einer Hirarchie und der Bedeutung von Weltlichkeit und Geistigkeit stehen dabei im zentrum.
Zur Erläuterung der Thematik ist eine stringent bleibende Verwendung von Begriffen von nöten, dabei werden die jeweiligen Gesamtbereiche als "Sphären" bezeichnet, die Ritterschaft als Ritterbünde (Gralsritter und Tafelrunde), die Betreffenden Reiche als Königreiche (Engelland, Löver und Bretane für Artus, Terre de Salvaesche für den Gralskönig) und die Herrscher als Könige (Artus und Anfortas bzw. Parzival).
Die unterschiedlichen Sphären bei Wolfram
Die Gralsgesellschaft
Die Gralssphäre wird vom Heiligen Gral dominiert, er ist ihr Zentrum und auf ihn ist hier alles ausgelegt. Der Gral wurde den Menschen von "neutralen" Engeln zum Schutz anvertraut*, der Sinn von Terre Salvaesche, der Gralsritter und des Gralskönigs liegt darin dieses Geschenk des Himmels zu hüten und zu beschützen. Die Ritterbund des Grals trägt eine Turteltaube als Wappen*, es handelt sich bei ihm um sehr viele Ritter aus der verschiedensten adligen Familien,* welche ihre Ehre und Lebensaufgabe nicht in Aventuren sondern im Kampf zum Schutz des Grales sehen. Sie sind gute Kämpfer, erleiden aber auch immer wieder Niederlagen und müssen einen hohen Blutzoll zahlen*. Ihr erster König war Titurel, anschließend dessen Sohn Frimutel und während der Haupthandlung des Romans ist es dessen ältester Sohn Anfortas, gen Ende des Romans wird Parzival der neue Gralskönig. Die Gralskönigsschaft ist an drei Bedingungen geknüpft, die Zentrale dabei ist aus einer der Linien des Hauses Titurel zu kommen.* Zuerst vererbte sih die Gralsherrschaft im Sinne des Primugenitursrecht an den ältesten Sohn der Hauptlinie.* Da Anfortas jedoch keine Söhne hat und sein Bruder Trevrizent dem Rittertum abgeschworen hat wird nach Anfortas Parzival als letzter lebender männlicher Vertreter einer der Seitenlinien Titurels zum Gralskönig erhoben.* Die zweite Bedingung ist die Erwählung durch Gott, der den Gral den Namen des zukünftigen Königs anzeigen lässt.* Dieser Name ist aber stets aus der Blutslinie Titurels und dient demnach primär als Legitimation.* Zuletzt muss die Gralsgesellschaft den König wählen*, da dieser aber durch Gott über den Gral berufen ist handelt es sich dabei wohl um eine akklamatorische Bestätigung und nicht um eine demokratische Wahl.* Der Gralskönig ist wie seine Untergebenen einer Reihe von Gesetzen unterworfen und kann nicht frei agieren. Er verlässt Terre de Salvaesche nicht, wirbt nicht um die Minne einer Frau und ist generell dem Wort des Grals untergeordnet.* Die Gralsgesellschaft hat neben den Rittern auch noch eine große Anzahl an Frauen unter sich, diese dienen dem Zeremoniell des Grals sowie um sie als ofizielle Botschafter der Gralsgesellschaft in die Welt zu entsenden.* In der Gralsburg selbst ist ein striktes Minneverbot erlassen, sowohl die Männer als auch die Frauen heiraten nur wenn sie von der Gesellschaft ausgesadt werden um in einem anderen Land eine Stellung zu übernehmen oder jemanden zu Ehelichen.* Dann gelten für sie aber die Regeln der normalen, ritterlichen Welt und nicht mehr die der Gralsgesellschaft. Das bekannteste Beispiel dafür ist Herzeloyde, die Mutter Parzivals. Sie veranstaltet nach dem Tod des für sie auserkorenen Mannes ein Turnier um einen neuen Mann zu finden mit dem sie ihr Königreich verwalten kann.* Mit der Gralsgesellschaft steht sie danach nicht weiter in Kontakt.* Zusammengefasst ist die Gralssphäre also ein einzelnes Königreich, Terre Salvaesche, Regiert von einem Gralskönig, über dem nur der Gral und Gott selbst stehen, getragen von einer Gralsgesellschaft aus Rittern und Damen, diese Verteidigen die Gralsburg bzw. erhalten die Liturgie oder werden in die Welt entsand um herrscherlosen Regionen vorzustehen. Diese Gralsgesellschaft unterliegt einer Reihe von Beschränkungen von denen der Verzicht auf Minne sowie auf Abenteuer die bedeutensten sind. Ihre Ziele sind der erhalt und schutz des Heiligen Grals, von dessen wundersamen Kräften sie dafür auch immer wieder betroffen sind. Terre Salvaesche ist ein sehr spezielles Königreich, es besteht nur aus der Gralsburg und einem fast undurchdringlichem Wald drumherum. Gut 30 Meilen weit ist kaum ein Mensch zu finden ausser einiger Einsiedler oder wachsamen Gralsrittern.* Die Gralsgesellschaft expandiert nicht, sie trägt ihre Mission auch nicht weiter sondern sogt lediglich dafür sich mit Nachwuchs von aussen am Leben zu erhalten.*
Forschungsansätze
Die Parzivalforschung besteht mittlerweile seit gut 200 Jahren, in dieser Zeit wurde eine erdrückende Anzahl an Literatur veröffentlicht und eine beeindruckende Varianz an Interpretationen verschiedenster Themenschwerpunkte erstellt. Das Verhältnis zwischen den zwei Sphären ist dabei auch immer wieder in das Blickfeld geraten. Dabei war das frühere Hauptthema die Stellung der beiden Sphären zu einander, in wie fern sie vergleichbar, hiarchisch angeordnet oder unabhängig sind.
Als Modelle sind dabei vor allem ein dualistisches und ein Gradualistisches verbreitet, daneben existieren aber noch einige weitere, weniger verbreitete. Die dualistische Deutung ist davon die älteste und einseitigste. Sie stellt die zwei Gesellschaften als Gegensätze gegenüber, die Tafelrunde stellt das Bild der höfischen auf Ehre, Kampf und Minne fokusierte Rittergesellschaft dar, das Artuskönigstum ist weltgewandt und politisch aktiv. Dagegen ist die Gralssphäre auf Religiösität fokussiert, sie stellt eine Art kirchliches Rittertum dar, die Kämpfe sind auf Verteidigung des Gebietes beschränkt, Kämpfe für Ehre und Frauen gibt es nicht, auch an politischem Machtgewinn ist der Gralskönig nicht interessiert da für ihn nur Terre Salvaesche relevant ist. In dieser Deutung entwickelt sich also nichts, es handelt sich nur um zwei Gegenpole, die Gralsgesellschaft als besonders religiöse wird dabei oft als Überlegen und Übergeordnet zur weltlich, verdorbenen Gesellschaft betrachtet.
Die zweite Deutung ist gradualistisch, dabei wird zwar auch von zwei weitgehend gegensätzlichen Gesellschaftsmodellen Ausgegangen, jedoch besteht ein Wandel und Wechsel zwischen ihnen. In der Regel gilt hier die Artussphäre als Vorstufe zur Gralssphäre, eine weltliche, ritterliche Gesellschaft die sich weiterentwickeln kann in eine spirituell, christliche Rittergesellschaft. Dabei werden vor allem die egoistischen Motive der Artuswelt, Ehrstreben, Kampf und Minne in die die altroistischen der Gralswelt, aufgabe für die Gemeinschaft, Zurückhaltung, Enthaltsamkeit entwickelt und dadurch eine größere Nähe zu Gott entwickelt. Parzivals Übergang vom Ritter der Tafelrunde zum Gralskönig, und sein Sieg über Gawan im IX. Buch verdeutlichen in dieser Interpretation die Überlegenheit der Gralssphäre gegenüber der Artussphäre.
Mitlerweile ist die Forschung wieder offener für andere Modelle, gerade ein gleiches Nebeneinander und einfließen Ineinander stehen stärker im Fokus. Die stärkere Bewertung der geistigen Seite nimmt in selben Maße ab und eröffnet damit einen unbefangeneren Blick auf die Gesellschaftsformen.
Hinweis
Der Artikel ist noch in Arbeit, er kann aber gerne Editiert werden. Vor allem fehlen mir noch alle Textstellen aus dem Parzival sowie einige Quellen. Desweiteren ist das Hauptsächlich verwendete Werk "die Artuswelt und ihr Verhältnis zur Gralswelt im Parzival Wolframs von EschenbacH" von Konstantin Pratelidis nur im Präsenzbestand zu haben weswegen auch viele genaue Textstellen fehlen.... wenn diese jemand nachtragen will bin ich dafür sehr dankbar, rechtschreibkorrekturen sind auch sicherlich hilfreich, noch bin ich nicht dazu gekommen :)