Parzivals Versagen in der Gralsburg (Wolfram von Eschenbach, Parzival)

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Parzival erreicht die Gralsburg Munsalvaesche eher durch Zufall, als durch Suchen. Ob er aber dazu bestimmt war oder nicht, ist ihm zu diesem Zeitpunkt noch nicht bewusst. Dieser Artikel beschäftigt sich mit Parzivals Versagen und

Einordnung in den Gesamtkontext

Die versuche der Gralsgesellshaft Parzival zur Frage zu verleiten

Parzivals versagen

Nachdem Parzival einige glückliche Wochen mit seiner Ehefrau Condwiramurs verbracht hat, bricht er mit den Worten ob ir gebietet, frouwe, mit urloube ich schouwe wiez umbe mîne muoter stê (223,17f.) auf. Zu diesem Zeitpunkt weiß er noch nicht, dass seine Mutter nicht mehr lebt.

Einige Zeit reist er umher und gerät in immer wunderlichere Gegenden. Als ihn die Müdigkeit plagt und er rasten möchte, trifft er einen Fischer (225, 8f.). Dieser wirkt sehr unglücklich, obwohl seine Gewänder verraten, dass er kein armer Mann zu sein scheint. Als Parzival ihn fragt, wo man in der Nähe nächtigen könne, antwortet der Fischer: wann ein hûs lît hie bî: mit triwen ich iu râte dar: war möht ir tâlanc anderswar? (225, 22f.) Er meint, man würde ihm schon das Tor öffnen, wenn er nur sage, daß der Fischer ihn schicke. Parzival, halb gedrängt vom dem Fremden, halb neugierig, reitet zu besagter Burg.

Dort angekommen empfängt ihn tatsächlich ein Knappe, der ihm auch sogleich das Tor öffnet (227, 6). In der ganzen Burg scheint es, als habe man nur auf Parzival gewartet, da die Pagen ihm kaum Zeit lassen, vom Pferd zu steigen und auch die Ritter für Bequmlichkeit sorgen. Man kümmert sich nach bester Courtoisie um ihn und leiht ihm sogar einen sehr prunkvollen Mantel der Königin. Nachdem der Fischer zur Burg zurückkehrt, welcher in Wirklichkeit der Burgherr Anfortas ist, wird ein Abendmahl serviert, das ohne Gleichen ist.

Parzival wird Zeuge reichlich wunderlicher Vorgänge. Er wird neben den König gesetzt und kurz darauf, noch bevor das Essen serviert wird, trägt ein Knappe eine Lanze herein, an deren snîden huop sich pluot und lief den schaft unz ûf die hant (231, 20f.). Daraufhin betreten vierundzwanzig Jungfrauen, nach einem Ritual, die Halle und bringen Kerzenleuchter, kleine Elfenbeingestelle, einen Edelstein und Silberbesteck mit. Als letztes betritt die Königin Repanse de Schoye den Raum. Diese hält den heiligen Gral. In Wolfram von Eschenbachs Parzival ist dieser ein Stein. Dieser versorgt die Gäste des Gelages auf unerklärliche Weise mit Speisen und Trank (238, 8f.). Nur der König bleibt bei einem Stück trocken Brot.

Parzival wundert sich darüber, daß keine heitere Stimmung aufkommen will. Denn obwohl alle Bewohner der Burg in wunderbaren Verhältnissen Leben, scheint eine tiefe Trauer, nicht nur über dem König selbst, sondern auch über der gesamten Gefolgschaft zu liegen. Auch Parzival ist dieser Zustand bereits aufgefallen. Doch traut er sich nicht zu fragen, da ihm sein holder Lehrer Gurnemanz zu viele Fragen verboten hatte. Der naive Held schweigt also in Diskretion still (239, 11f.).

Nach dem Abendmahl schenkt König Anfortas Parzival ein wahrhaft prunkvolles Schwert, mit der Anmerkung, daß er es jetzt nicht mehr brauche, da über ihn schon Unheil gekommen sei. Parzival nimmt dieses an, erneut ohne nachzufragen. Als der Gral schließlich wieder herausgetragen wird, erhascht Parzival noch einen kurzen Blick in ein Nebenzimmer, wo ein alter Mann mit weißem Bart zu schlafen scheint (240, 24f.).

Viele Fragen tun sich vor dem Helden auf, doch gebietet ihm seine Lehre als Ritter vermeindlich das Stillschweigen. Er empfindet zwar die Geschehnisse als äußerst wunderlich, aber die Erklärung dafür vermag er sich nicht zu erfragen.

Daß auch nur eine Frage, der Schlüssel zur Erlösung des Königs gewesen wäre, soll Parzival erst viel später von seiner Cousine Sigune erfahren. Der Erzähler klärt den Leser bereits zu diesem Zeitpunkt auf: och riwet mich sîn süezer wirt, den ungenâde niht verbirt, des im von vrâgn nu wære rât (240, 7f.).

Nach der "Zeremonie", wird der schweigsame Ritter zu seinem Nachtlager geleitet. Ohne von seinem Unglück zu wissen, verbringt dieser noch eine sehr unruhige Nacht, um am nächsten Morgen alleine zu erwachen.

Die Burg scheint verlassen, als der Held sich ankleiden lassen will. Lediglich sein prächtiges neues Schwert, findet er vor seinem Nachtlager. Wütend darüber, wie man ihn behandelt und deutlich verwirrt über die Vorgänge in der Burg, verlässt er diese (247, 5f.). Er entschließt sich den Spuren zu folgen, die die Bewohner hinterlassen zu haben scheinen.

Als Parzival das Tor durchquert, erscheint im Inneren der Burg noch ein letztes Mal ein Knappe, der dem 'tumben' Ritter eine Verwünschung hinterher ruft:ir sult varen der sunnen haz (247, 26). Eine Erklärung dafür bekommt er jedoch nicht.