Truchseß (der angebliche Drachentöter) (Gottfried von Straßburg, Tristan)
Inhalt
Der Truchseß lebt in Irland und ist Truchseß der Köngin. Er behauptet, den Drachen getötet zu haben und fordert daraufhin das Recht des Drachentöters ein, die Tochter der Königs von Irland, Isolde zur Frau nehmen zu dürfen.
Den Drachen hat allerdings ein anderer getötet: Tristan. Dieser schneidet dem Drachen auch die Zunge aus dem Maul. Der Truchseß sticht lediglich auf den schon toten Drachen ein, schlägt ihm den Kopf ab und sticht zu guter Letzt dem toten Drachen das Vorderende seines Speers in den Rachen (daz vorder stucke daz stach er / dem trachen zuo dem gorgen în, / als ez ein tjoste sollte sîn. (S. 550)).
Es kommt zur Gerichtshandlung, wobei der Truchseß sein angebliches Recht auf Isolde geltend macht. Als die ältere Isolde am Gerichtstag behauptet, den wahren Drachentöter zu kennen, fordert der Truchseß einen Zweikampf ein: „hant wider hende, / ê ich den vuoz gewende!“ (S. 594); „Mann gegen Mann, / ehe ich zurückstehe!“. Der Kampf wird auf den dritten Tag angesetzt.
Am anberaumten zweiten Gerichtstag führt der Truchseß als angeblichen Beweis den Drachenkopf an („diz houbet, seht, daz brâhte ich dan.“ (S. 82)). Da der Kopf aber keine Zunge mehr enthält, ist der Truchseß des Betrugs überführt. Trotzdem fordert der Truchseß nocheinmal den Zweikampf ein. Tristan lässt sich darauf ein. Die Verwandten des Truchseß raten diesem jedoch von den Forderungen Abstand zu nehmen („dâ râte wir dir kurze zuo. / [...] / diese vorderunge varen lân.“ (S. 88)). Der Truchseß wird daraufhin verhöhnt und ist dem Spott der Anwesenden ausgesetzt (si triben in mit spotte / umbe und umbe als einen bal. (S. 88)).