1192: Freilassung einer muslimischen Sklavin durch eine mozarabische Testatorin in Toledo: Unterschied zwischen den Versionen

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{{Kapitel AR-DE TAB-7|Tim Knoche|Ángel González Palencia, ''Los mozárabes de Toledo en los siglos XII y XIII'', Bd. 3, Madrid: Instituto de Valencia de Don Juan, 1928, Nr. 1020, S. 390-392, übers. Tim Knoche.|5=== Autor/in & Werk  ==
{{Kapitel AR-DE TAB-7|Tim Knoche|Ángel González Palencia, ''Los mozárabes de Toledo en los siglos XII y XIII'', Bd. 3, Madrid: Instituto de Valencia de Don Juan, 1928, Nr. 1020, S. 390-392, übers. Tim Knoche.|5=== Autor/in & Werk  ==
Die vorliegende arabischsprachige Testamentsurkunde bekundet den letzten Willen einer gewissen Doña Cristina im Toledo des Jahres 1192. Das Schriftstück ist aufgrund von Schäden im Pergament nur lückenhaft überliefert und wird hier auch nur in Ausschnitten dargestellt.<ref name="ftn9">Gekürzt wurde insbesondere eine Vielzahl einzelner, strukturell ähnlicher Vermächtnisse.</ref> Es handelt sich um eine Kopie aus der spanischen Ära 1248, also dem Jahr 1210. Das Original ist nicht überliefert, aber die Kopie gibt Auskunft über das Datum des Originals, das in der spanischen Ära 1230, also dem Jahr 1192 ausgestellt wurde.<ref name="ftn10">Dozy, ''Supplément'', Bd. 1, S. 836.b: „''l’ère des chrétiens'', les auteurs arabes de l’Espagne entendent l’ère des Espagnols, qui commence environ trente-huit ans avant la nôtre”. Roth, Calendar, S. 190, mit Angaben zur Abschaffung dieses Systems im Laufe des 14. Jahrhunderts.</ref> Ein Ort der Unterzeichnung ist nicht angegeben. Da das Manuskript ursprünglich in der Kathedrale von Toledo verwahrt wurde<ref name="ftn11">González Palencia, ''Mozárabes'', Vol. Prelim., S. 9 und 25: Die Urkunde Nr. 1.020 stamme aus dem Bereich Clero secular y regular, Caja 1971, im Archivo Histórico Nacional. Dieser Urkundenbestand sei zunächst in der Kathedrale von Toledo, ab circa 1870 im Archivo Histórico de Toledo und seit dessen Auflösung im Archivo Histórico Nacional aufbewahrt. Laut schriftlicher Auskunft des Archivo Catedral de Toledo ist diese Auflösung 1875/1876 erfolgt. Heute ist das Manuskript im Archivo Histórico Nacional unter der Signatur CLERO-SECULAR_REGULAR, Car. 3042, Nr. 13.r, verwahrt. Diesem Beitrag liegt nur die Edition zugrunde.</ref> und zudem ein Weingut im Bezirk von Toledo erwähnt, ist die Urkunde vermutlich in Toledo aufgesetzt worden. Original und Kopie sind von unterschiedlichen Personen unterzeichnet, die teils als Zeugen bezeichnet werden. Ein Schreiber (''kātib'') ist nicht ausgewiesen.<ref name="ftn12">Ein Notariatswesen ist für die Entstehungszeit der Urkunde nicht nachgewiesen. Auch ist unklar, ob der Schreiber ausgewiesen werden musste. Ein Beispiel für die ausdrückliche Nennung des Schreibers als ''kātib'' in einem mozarabischen Testament bei Ferrando, Testamento, S. 44.</ref> Zudem findet sich keine Unterschrift der Testatorin Doña Cristina.
[§1] Die vorliegende arabischsprachige Testamentsurkunde bekundet den letzten Willen einer gewissen Doña Cristina im Toledo des Jahres 1192. Das Schriftstück ist aufgrund von Schäden im Pergament nur lückenhaft überliefert und wird hier auch nur in Ausschnitten dargestellt.<ref name="ftn9">Gekürzt wurde insbesondere eine Vielzahl einzelner, strukturell ähnlicher Vermächtnisse.</ref> Es handelt sich um eine Kopie aus der spanischen Ära 1248, also dem Jahr 1210. Das Original ist nicht überliefert, aber die Kopie gibt Auskunft über das Datum des Originals, das in der spanischen Ära 1230, also dem Jahr 1192 ausgestellt wurde.<ref name="ftn10">Dozy, ''Supplément'', Bd. 1, S. 836.b: „''l’ère des chrétiens'', les auteurs arabes de l’Espagne entendent l’ère des Espagnols, qui commence environ trente-huit ans avant la nôtre”. Roth, Calendar, S. 190, mit Angaben zur Abschaffung dieses Systems im Laufe des 14. Jahrhunderts.</ref> Ein Ort der Unterzeichnung ist nicht angegeben. Da das Manuskript ursprünglich in der Kathedrale von Toledo verwahrt wurde<ref name="ftn11">González Palencia, ''Mozárabes'', Vol. Prelim., S. 9 und 25: Die Urkunde Nr. 1.020 stamme aus dem Bereich Clero secular y regular, Caja 1971, im Archivo Histórico Nacional. Dieser Urkundenbestand sei zunächst in der Kathedrale von Toledo, ab circa 1870 im Archivo Histórico de Toledo und seit dessen Auflösung im Archivo Histórico Nacional aufbewahrt. Laut schriftlicher Auskunft des Archivo Catedral de Toledo ist diese Auflösung 1875/1876 erfolgt. Heute ist das Manuskript im Archivo Histórico Nacional unter der Signatur CLERO-SECULAR_REGULAR, Car. 3042, Nr. 13.r, verwahrt. Diesem Beitrag liegt nur die Edition zugrunde.</ref> und zudem ein Weingut im Bezirk von Toledo erwähnt, ist die Urkunde vermutlich in Toledo aufgesetzt worden. Original und Kopie sind von unterschiedlichen Personen unterzeichnet, die teils als Zeugen bezeichnet werden. Ein Schreiber (''kātib'') ist nicht ausgewiesen.<ref name="ftn12">Ein Notariatswesen ist für die Entstehungszeit der Urkunde nicht nachgewiesen. Auch ist unklar, ob der Schreiber ausgewiesen werden musste. Ein Beispiel für die ausdrückliche Nennung des Schreibers als ''kātib'' in einem mozarabischen Testament bei Ferrando, Testamento, S. 44.</ref> Zudem findet sich keine Unterschrift der Testatorin Doña Cristina.


Über die Person der Doña Cristina gibt nur das Testament selbst Auskunft. Ihr christlicher Name und die letztwilligen Zuwendungen an die Kirche sowie zur Befreiung christlicher Gefangener lassen auf ihre christliche Religion schließen. Die arabische Sprache des Schriftstücks legt die Einordnung von Doña Cristina als sogenannte Mozaraberin nahe.<ref name="ftn13">Zwingend ist der Schluss von der Sprache der Urkunde auf die Sprache der betroffenen Person aber nicht: Olstein, ''Era Mozárabe'', S. 117-119, und Saßenscheidt, Mozarabes und Castellanos, S. 125-133.</ref> Der Begriff "Mozaraber" ist vom arabischen Wort ''mustaʿrab'', d.h. "der, der arabisiert wurde", abgeleitet.<ref name="ftn14">Kassis, Arabic-speaking Christians, S. 401, FN 1.</ref> Die letztwillige Zuwendung eines Weingutes und die Freilassung einer Sklavin zeigen, dass die Testatorin vermögend war. Es ist zu vermuten, dass sie in Toledo gelebt hat. Sie sei bei Errichtung des Testaments „schwach im Körper“ gewesen, daher ist von einem Ableben in zeitlicher Nähe zur Redaktion des Originals auszugehen.
[§2] Über die Person der Doña Cristina gibt nur das Testament selbst Auskunft. Ihr christlicher Name und die letztwilligen Zuwendungen an die Kirche sowie zur Befreiung christlicher Gefangener lassen auf ihre christliche Religion schließen. Die arabische Sprache des Schriftstücks legt die Einordnung von Doña Cristina als sogenannte Mozaraberin nahe.<ref name="ftn13">Zwingend ist der Schluss von der Sprache der Urkunde auf die Sprache der betroffenen Person aber nicht: Olstein, ''Era Mozárabe'', S. 117-119, und Saßenscheidt, Mozarabes und Castellanos, S. 125-133.</ref> Der Begriff "Mozaraber" ist vom arabischen Wort ''mustaʿrab'', d.h. "der, der arabisiert wurde", abgeleitet.<ref name="ftn14">Kassis, Arabic-speaking Christians, S. 401, FN 1.</ref> Die letztwillige Zuwendung eines Weingutes und die Freilassung einer Sklavin zeigen, dass die Testatorin vermögend war. Es ist zu vermuten, dass sie in Toledo gelebt hat. Sie sei bei Errichtung des Testaments „schwach im Körper“ gewesen, daher ist von einem Ableben in zeitlicher Nähe zur Redaktion des Originals auszugehen.


Ob sie zur Zeit dieser Redaktion noch lebte oder dabei anwesend war, ist der Urkunde nicht zu entnehmen. Vielmehr ist die Testamentsurkunde in der 3. Person Singular im Präteritum formuliert und erwähnt „Zeugen des Originals“ (''šuhūd al-aṣl''). Es liegt daher nahe, dass Doña Cristina ihren letzten Willen mündlich vor Zeugen geäußert hat, deren Zeugnis anschließend ein Schreiber beurkundete.<ref name="ftn15">Dazu González Palencia, ''Mozárabes'', Vol. Prelim., S. 273: Üblich sei die Niederschrift des mündlich geäußerten Testaments in Anwesenheit von Zeugen gewesen, möglich war aber auch die spätere Niederschrift. Vgl. zu den verschiedenen westgotischen Testamentsformen: Benavides, ''Testamento'', S. 86-88. </ref> Den Zeugen und Schreibern kommt eine gewichtige Rolle zu: Man kann davon ausgehen, dass Doña Cristina ihren letzten Willen nicht in den juristischen Formulierungen der Testamentsurkunde geäußert hat. Es ist die Leistung der Zeugen und des Schreibers, die Äußerungen von Doña Cristina in die Rechtssprache und –form der mozarabischen Urkundenpraxis übertragen zu haben.
[§3] Ob sie zur Zeit dieser Redaktion noch lebte oder dabei anwesend war, ist der Urkunde nicht zu entnehmen. Vielmehr ist die Testamentsurkunde in der 3. Person Singular im Präteritum formuliert und erwähnt „Zeugen des Originals“ (''šuhūd al-aṣl''). Es liegt daher nahe, dass Doña Cristina ihren letzten Willen mündlich vor Zeugen geäußert hat, deren Zeugnis anschließend ein Schreiber beurkundete.<ref name="ftn15">Dazu González Palencia, ''Mozárabes'', Vol. Prelim., S. 273: Üblich sei die Niederschrift des mündlich geäußerten Testaments in Anwesenheit von Zeugen gewesen, möglich war aber auch die spätere Niederschrift. Vgl. zu den verschiedenen westgotischen Testamentsformen: Benavides, ''Testamento'', S. 86-88. </ref> Den Zeugen und Schreibern kommt eine gewichtige Rolle zu: Man kann davon ausgehen, dass Doña Cristina ihren letzten Willen nicht in den juristischen Formulierungen der Testamentsurkunde geäußert hat. Es ist die Leistung der Zeugen und des Schreibers, die Äußerungen von Doña Cristina in die Rechtssprache und –form der mozarabischen Urkundenpraxis übertragen zu haben.


== Inhalt & Quellenkontext  ==
== Inhalt & Quellenkontext  ==
Die hier dargestellten Ausschnitte des Testaments haben folgenden Inhalt: Die toledanische Christin Doña Cristina trifft Ende des 12. Jahrhunderts letztwillige Anordnungen über ihr gesamtes Vermögen. Mit einem bestimmten Geldbetrag soll das Grab an der Beerdigung und auch später für Grabbesuche geschmückt werden. Ein örtliches Kloster soll ein Weingut erhalten, damit die Testatorin dort bestattet werde. Zudem wird das Kloster mit Geldbeträgen bedacht, die es zum Bau einer Kirche und zur Ausrichtung von Todesmessen für das Seelenheil der Testatorin einzusetzen hat. Ein Priester, bei dem Doña Cristina eine nicht näher definierte „Unterweisung“ erfahren hat, erhält ein weiteres Geldvermächtnis. Ein längerer Testamentsabschnitt beschäftigt sich mit der Kriegsgefangenen Maryam: Sie stehe im Eigentum von Doña Cristina und dieses Eigentum sei urkundlich belegt. Doch habe Maryams Ehemann ʿAbdallāh al-Qazār einen bestimmten Geldbetrag an die Testatorin für Maryams Freilassung gezahlt. Der Rest von Doña Cristinas Vermögen soll zur Befreiung von Gefangenen in christlichen Grenzregionen aufgewendet werden. Schließlich beauftragt Doña Cristina zwei Personen mit christlichen, männlichen Namen mit der Vollstreckung des Testaments. In der lückenhaft überlieferten Unterschriftsklausel sind sowohl christliche Namen wie „Fernando, Sohn von Pedro“ erkennbar als auch ein „Vicente, Sohn von Domingo, Sohn von Martin, Sohn von Kabīrah“, bei dem es sich aufgrund des arabischen Namens Kabīrah um den Nachkommen einer muslimischen Konvertitin zum Christentum handeln könnte.
[§4] Die hier dargestellten Ausschnitte des Testaments haben folgenden Inhalt: Die toledanische Christin Doña Cristina trifft Ende des 12. Jahrhunderts letztwillige Anordnungen über ihr gesamtes Vermögen. Mit einem bestimmten Geldbetrag soll das Grab an der Beerdigung und auch später für Grabbesuche geschmückt werden. Ein örtliches Kloster soll ein Weingut erhalten, damit die Testatorin dort bestattet werde. Zudem wird das Kloster mit Geldbeträgen bedacht, die es zum Bau einer Kirche und zur Ausrichtung von Todesmessen für das Seelenheil der Testatorin einzusetzen hat. Ein Priester, bei dem Doña Cristina eine nicht näher definierte „Unterweisung“ erfahren hat, erhält ein weiteres Geldvermächtnis. Ein längerer Testamentsabschnitt beschäftigt sich mit der Kriegsgefangenen Maryam: Sie stehe im Eigentum von Doña Cristina und dieses Eigentum sei urkundlich belegt. Doch habe Maryams Ehemann ʿAbdallāh al-Qazār einen bestimmten Geldbetrag an die Testatorin für Maryams Freilassung gezahlt. Der Rest von Doña Cristinas Vermögen soll zur Befreiung von Gefangenen in christlichen Grenzregionen aufgewendet werden. Schließlich beauftragt Doña Cristina zwei Personen mit christlichen, männlichen Namen mit der Vollstreckung des Testaments. In der lückenhaft überlieferten Unterschriftsklausel sind sowohl christliche Namen wie „Fernando, Sohn von Pedro“ erkennbar als auch ein „Vicente, Sohn von Domingo, Sohn von Martin, Sohn von Kabīrah“, bei dem es sich aufgrund des arabischen Namens Kabīrah um den Nachkommen einer muslimischen Konvertitin zum Christentum handeln könnte.


Die Urkunde ist hinsichtlich Sprache und Inhalt in weiten Teilen repräsentativ für die mozarabische Testierpraxis im hochmittelalterlichen Toledo. Die Arabisierung der Christen Toledos war nachhaltig. Die frühere Hauptstadt der Westgoten kam mit der übrigen Iberischen Halbinsel im Jahre 711 unter muslimische Herrschaft.<ref name="ftn16">Es wurde 711 erstmalig durch den umayyadischen Feldherrn Ṭāriq b. Ziyād erobert und 712/713 von dessen Befehlshaber Mūsā b. Nuṣayr eingenommen: Chalmeta, ''Invasión'', S. 152, 158, 177-178. Präzisierung der ersten Einnahme auf den 11. November 711: Izquierdo Benito, Ciudad Andalusí, S. 127. Vgl. hierzu: [https://wiki.uni-konstanz.de/transmed-de/index.php/711:_Ibn_%CA%BFAbd_al-%E1%B8%A4akam_zur_Kollaboration_Julians_bei_der_muslimischen_Invasion_der_Iberischen_Halbinsel 711: Ibn ʿAbd al-Ḥakam zur Kollaboration Julians bei der muslimischen Invasion der Iberischen Halbinsel]; [https://wiki.uni-konstanz.de/transmed-de/index.php/711-745:_Ibn_al-Q%C5%AB%E1%B9%ADiyya_zur_Kooperation_seiner_westgotischen_Vorfahren_mit_den_muslimischen_Eroberern 711-745: Ibn al-Qūṭiyya zur Kooperation seiner westgotischen Vorfahren mit den muslimischen Eroberern].</ref> Im Folgenden entwickelte sich eine christlich-arabische Urkundenpraxis, die die Eroberung im Jahre 1085 durch den christlichen König Alfons VI. (reg. 1065-1109) überdauerte. Zeugnis sind über eintausend privatrechtliche mozarabische Urkunden aus dem Zeitraum von 1083 bis 1315.<ref name="ftn17">González Palencia, ''Mozárabes'', Vol. Prelim., S. 45.</ref> Erst im Zeitraum von der Mitte des 13. bis zum Beginn des 14. Jahrhunderts setzte sich das Kastilische als Sprache der christlichen Privaturkunden endgültig durch.<ref name="ftn18">Molénat, L’arabe, S. 485; Olstein, Arabic Origins, S. 438, präzisiert den Zeitpunkt auf das Jahr 1260.</ref>
[§5] Die Urkunde ist hinsichtlich Sprache und Inhalt in weiten Teilen repräsentativ für die mozarabische Testierpraxis im hochmittelalterlichen Toledo. Die Arabisierung der Christen Toledos war nachhaltig. Die frühere Hauptstadt der Westgoten kam mit der übrigen Iberischen Halbinsel im Jahre 711 unter muslimische Herrschaft.<ref name="ftn16">Es wurde 711 erstmalig durch den umayyadischen Feldherrn Ṭāriq b. Ziyād erobert und 712/713 von dessen Befehlshaber Mūsā b. Nuṣayr eingenommen: Chalmeta, ''Invasión'', S. 152, 158, 177-178. Präzisierung der ersten Einnahme auf den 11. November 711: Izquierdo Benito, Ciudad Andalusí, S. 127. Vgl. hierzu: [https://wiki.uni-konstanz.de/transmed-de/index.php/711:_Ibn_%CA%BFAbd_al-%E1%B8%A4akam_zur_Kollaboration_Julians_bei_der_muslimischen_Invasion_der_Iberischen_Halbinsel 711: Ibn ʿAbd al-Ḥakam zur Kollaboration Julians bei der muslimischen Invasion der Iberischen Halbinsel]; [https://wiki.uni-konstanz.de/transmed-de/index.php/711-745:_Ibn_al-Q%C5%AB%E1%B9%ADiyya_zur_Kooperation_seiner_westgotischen_Vorfahren_mit_den_muslimischen_Eroberern 711-745: Ibn al-Qūṭiyya zur Kooperation seiner westgotischen Vorfahren mit den muslimischen Eroberern].</ref> Im Folgenden entwickelte sich eine christlich-arabische Urkundenpraxis, die die Eroberung im Jahre 1085 durch den christlichen König Alfons VI. (reg. 1065-1109) überdauerte. Zeugnis sind über eintausend privatrechtliche mozarabische Urkunden aus dem Zeitraum von 1083 bis 1315.<ref name="ftn17">González Palencia, ''Mozárabes'', Vol. Prelim., S. 45.</ref> Erst im Zeitraum von der Mitte des 13. bis zum Beginn des 14. Jahrhunderts setzte sich das Kastilische als Sprache der christlichen Privaturkunden endgültig durch.<ref name="ftn18">Molénat, L’arabe, S. 485; Olstein, Arabic Origins, S. 438, präzisiert den Zeitpunkt auf das Jahr 1260.</ref>


Sprachlich kennzeichnet ein juristisches Hocharabisch die mozarabischen Urkunden.<ref name="ftn19">Vgl. Potthast, Diglossia, S. 129, mit der Aussage, die Sprache sei näher am Hocharabischen als am Dialekt. Zur Entwicklung des mozarabischen Urkundenwesens im 12. und 13. Jh. vgl. Miller, ''According to Christian Sunna''.</ref> Zum Beispiel entstammen Rechtsbegriffe wie ''ʿahd'', der „letzte Wille“ oder das „Testament“, der islamischen Rechtssprache. Im Einzelnen weichen die Urkunden gegenüber dem Hocharabischen aber in Grammatik und Orthographie ab.<ref name="ftn20">Übersicht bei González Palencia, ''Mozárabes'', Vol. Prelim., S. 129-136. Erläuterung ausgewählter Probleme bei Ferrando, Testamento, S. 50-54.</ref> Zum Beispiel tritt im Testament von Doña Cristina das arabische Wort für „Kirche“ sowohl in der hochsprachlichen Schreibweise ''kanīsa'' als auch in der eher umgangssprachlichen Form ''kansiyya'' auf. Zudem wurden romanische Begriffe ins Arabische übernommen. Beispielsweise ist ''mayištiriyuh'' – hier übersetzt als Unterweisung – die arabische Schreibung des mittellateinischen magisterium bzw. des romanischen ''magisterio''.
[§6] Sprachlich kennzeichnet ein juristisches Hocharabisch die mozarabischen Urkunden.<ref name="ftn19">Vgl. Potthast, Diglossia, S. 129, mit der Aussage, die Sprache sei näher am Hocharabischen als am Dialekt. Zur Entwicklung des mozarabischen Urkundenwesens im 12. und 13. Jh. vgl. Miller, ''According to Christian Sunna''.</ref> Zum Beispiel entstammen Rechtsbegriffe wie ''ʿahd'', der „letzte Wille“ oder das „Testament“, der islamischen Rechtssprache. Im Einzelnen weichen die Urkunden gegenüber dem Hocharabischen aber in Grammatik und Orthographie ab.<ref name="ftn20">Übersicht bei González Palencia, ''Mozárabes'', Vol. Prelim., S. 129-136. Erläuterung ausgewählter Probleme bei Ferrando, Testamento, S. 50-54.</ref> Zum Beispiel tritt im Testament von Doña Cristina das arabische Wort für „Kirche“ sowohl in der hochsprachlichen Schreibweise ''kanīsa'' als auch in der eher umgangssprachlichen Form ''kansiyya'' auf. Zudem wurden romanische Begriffe ins Arabische übernommen. Beispielsweise ist ''mayištiriyuh'' – hier übersetzt als Unterweisung – die arabische Schreibung des mittellateinischen magisterium bzw. des romanischen ''magisterio''.


Die Forschung ordnet die Mozaraber dem Rechtskreis des 654 erlassenen westgotischen ''liber iudiciorum''<ref name="ftn21">Auch genannt ''Lex Visigothorum'' und ''Liber Iudicum''.</ref> zu. Unter der muslimischen Herrschaft von 711 bis 1085 konnten die Christen im Status von Schutzbefohlenen (''ḏimmī''-s), ihre westgotische Rechtstradition für interne Angelegenheiten, insbesondere im Familien- und Erbrecht, fortführen.<ref name="ftn22">Vgl. nur Tomás y Valiente, Manual, S. 127 und 129.</ref> Nach der kastilischen Herrschaftsübernahme bestätigte König Alfons VI. mit der ''carta securitatis'' von 1101 die Geltung des ''liber'' unter „totos Mozarabes de Toleto“.<ref name="ftn23">Der einschlägige Passus lautet: “Et si inter eos fuerit ortum aliquod negotio de aliquo iudicio, secundum sententiam in Libro iudicum antiquitus constitutam discutiatur”: García-Gallo, Fueros, S. 460-461, mit Angaben zur späteren Erstreckung der Geltung des ''liber'' auf alle christlichen Bevölkerungsgruppen Toledos.</ref> Der ''liber'' gibt also einen Einblick in die schriftlich festgelegten rechtlichen Rahmenbedingungen des hier untersuchten Testaments.
[§7] Die Forschung ordnet die Mozaraber dem Rechtskreis des 654 erlassenen westgotischen ''liber iudiciorum''<ref name="ftn21">Auch genannt ''Lex Visigothorum'' und ''Liber Iudicum''.</ref> zu. Unter der muslimischen Herrschaft von 711 bis 1085 konnten die Christen im Status von Schutzbefohlenen (''ḏimmī''-s), ihre westgotische Rechtstradition für interne Angelegenheiten, insbesondere im Familien- und Erbrecht, fortführen.<ref name="ftn22">Vgl. nur Tomás y Valiente, Manual, S. 127 und 129.</ref> Nach der kastilischen Herrschaftsübernahme bestätigte König Alfons VI. mit der ''carta securitatis'' von 1101 die Geltung des ''liber'' unter „totos Mozarabes de Toleto“.<ref name="ftn23">Der einschlägige Passus lautet: “Et si inter eos fuerit ortum aliquod negotio de aliquo iudicio, secundum sententiam in Libro iudicum antiquitus constitutam discutiatur”: García-Gallo, Fueros, S. 460-461, mit Angaben zur späteren Erstreckung der Geltung des ''liber'' auf alle christlichen Bevölkerungsgruppen Toledos.</ref> Der ''liber'' gibt also einen Einblick in die schriftlich festgelegten rechtlichen Rahmenbedingungen des hier untersuchten Testaments.


In Buch IV Titel 5.1. legt der ''liber'' fest, der Testator dürfe im Testament ein Fünftel seines Vermögens frei an Begünstigte seiner Wahl zuwenden, während die übrigen vier Fünftel zwingend den Abkömmlingen als Erben zufielen; nur die Abkömmlinge genießen diesen erbrechtlichen Schutz.<ref name="ftn24">Vgl. ''El Libro'', ed. Barceló/Serra, S. 359, und Alonso Martín, Sucesión, S. 941. Arvizu y Galarraga, ''Disposición'', S. 131 und 135: Eine Erbeinsetzung begegne unter den Mozarabern nicht. Dies ist ein grundlegender Unterschied zum klassisch-römischen Testament, das eine Erbeinsetzung zwingend voraussetzte.</ref> Da Doña Cristina ausdrücklich über den gesamten Nachlass verfügte und im gesamten Testament keine Abkömmlinge erwähnt werden, scheint sie keine Nachkommen zu haben. Insoweit stellt ihr Fall keine Besonderheit dar: Unter den zwanzig<ref name="ftn25">Geprüft wurden die Testamente in der Sammlung von González Palencia, ''Mozárabes'', Bd. 3, und Ferrando, Testamento, S. 43-46. Die Anzahl überlieferter Testamente ist im Verhältnis zu den über 750 Kaufverträgen gering. Arvizu y Galarraga, ''Disposición'', S. 137 sieht in diesem quantitativen Befund einen Beleg für den Vorrang der gesetzlichen vor der testamentarischen Erbfolge in der mozarabischen Rechtspraxis. </ref> überlieferten mozarabischen Testamenten beschränkt sich nur ein einziges, der letzte Wille von Gonzalbo Gil von 1233, aufgrund der Existenz von Nachkommen auf ein Fünftel.<ref name="ftn26">Vgl. González Palencia, ''Mozárabes'', Bd. 3, S. 408-410.</ref> Doña Cristinas Zuwendungen an die Kirche für „ihr Seelenheil“ entsprechen nicht nur der allgemeinen mozarabischen, sondern auch der lateinischen Testierpraxis im hochmittelalterlichen Spanien.<ref name="ftn27">Vgl. García de Valdeavellano, Cuota, S. 323, 344.</ref>
[§8] In Buch IV Titel 5.1. legt der ''liber'' fest, der Testator dürfe im Testament ein Fünftel seines Vermögens frei an Begünstigte seiner Wahl zuwenden, während die übrigen vier Fünftel zwingend den Abkömmlingen als Erben zufielen; nur die Abkömmlinge genießen diesen erbrechtlichen Schutz.<ref name="ftn24">Vgl. ''El Libro'', ed. Barceló/Serra, S. 359, und Alonso Martín, Sucesión, S. 941. Arvizu y Galarraga, ''Disposición'', S. 131 und 135: Eine Erbeinsetzung begegne unter den Mozarabern nicht. Dies ist ein grundlegender Unterschied zum klassisch-römischen Testament, das eine Erbeinsetzung zwingend voraussetzte.</ref> Da Doña Cristina ausdrücklich über den gesamten Nachlass verfügte und im gesamten Testament keine Abkömmlinge erwähnt werden, scheint sie keine Nachkommen zu haben. Insoweit stellt ihr Fall keine Besonderheit dar: Unter den zwanzig<ref name="ftn25">Geprüft wurden die Testamente in der Sammlung von González Palencia, ''Mozárabes'', Bd. 3, und Ferrando, Testamento, S. 43-46. Die Anzahl überlieferter Testamente ist im Verhältnis zu den über 750 Kaufverträgen gering. Arvizu y Galarraga, ''Disposición'', S. 137 sieht in diesem quantitativen Befund einen Beleg für den Vorrang der gesetzlichen vor der testamentarischen Erbfolge in der mozarabischen Rechtspraxis. </ref> überlieferten mozarabischen Testamenten beschränkt sich nur ein einziges, der letzte Wille von Gonzalbo Gil von 1233, aufgrund der Existenz von Nachkommen auf ein Fünftel.<ref name="ftn26">Vgl. González Palencia, ''Mozárabes'', Bd. 3, S. 408-410.</ref> Doña Cristinas Zuwendungen an die Kirche für „ihr Seelenheil“ entsprechen nicht nur der allgemeinen mozarabischen, sondern auch der lateinischen Testierpraxis im hochmittelalterlichen Spanien.<ref name="ftn27">Vgl. García de Valdeavellano, Cuota, S. 323, 344.</ref>


== Kontextualisierung, Analyse & Interpretation ==
== Kontextualisierung, Analyse & Interpretation ==
Einzigartig ist das Testament aufgrund der Klausel zur Sklavenfreilassung, die Gegenstand der folgenden Analyse ist. Es handelt sich um das einzige überlieferte mozarabische Testament, in dem eine unfreie Person muslimischer Religionszugehörigkeit freigelassen wird.
[§9] Einzigartig ist das Testament aufgrund der Klausel zur Sklavenfreilassung, die Gegenstand der folgenden Analyse ist. Es handelt sich um das einzige überlieferte mozarabische Testament, in dem eine unfreie Person muslimischer Religionszugehörigkeit freigelassen wird.


Sklavenhaltung war in Spanien nicht nur in römischer, sondern auch in westgotischer Zeit verbreitet.<ref name="ftn28">Verlinden, ''L’esclavage'', S. 61-62.</ref> In islamisch beherrschten Gebieten konnten Muslime zwar Christen als Sklaven halten. Christen dagegen konnten grundsätzlich nur Nicht-Muslime als Sklaven halten.<ref name="ftn29">Verlinden, ''L’esclavage'', S. 190. Fallbeispiele für Ausnahmen: Müller, Non-Muslims, S. 58-60.</ref> Ab dem 11. Jahrhundert weitete sich der christliche Machtbereich gegenüber dem islamischen al-Andalus erheblich aus, und Christen und Muslime versklavten vermehrt aus ihrem Machtbereich heraus Kriegsgefangene des Gegenübers. Die Muslime Toledos wurden bei der Eroberung 1085 allerdings nicht als Kriegsgefangene versklavt. Vielmehr wurde ihnen die Sicherheit ihrer Person und ihres Besitzes, ferner die Möglichkeit der unbehinderten Abwanderung gegeben.<ref name="ftn30">Barton, Spain, S. 171; Phillips, ''Slavery'', S. 32; Verlinden, ''L’esclavage'', S. 175, 180.</ref>  
[§10] Sklavenhaltung war in Spanien nicht nur in römischer, sondern auch in westgotischer Zeit verbreitet.<ref name="ftn28">Verlinden, ''L’esclavage'', S. 61-62.</ref> In islamisch beherrschten Gebieten konnten Muslime zwar Christen als Sklaven halten. Christen dagegen konnten grundsätzlich nur Nicht-Muslime als Sklaven halten.<ref name="ftn29">Verlinden, ''L’esclavage'', S. 190. Fallbeispiele für Ausnahmen: Müller, Non-Muslims, S. 58-60.</ref> Ab dem 11. Jahrhundert weitete sich der christliche Machtbereich gegenüber dem islamischen al-Andalus erheblich aus, und Christen und Muslime versklavten vermehrt aus ihrem Machtbereich heraus Kriegsgefangene des Gegenübers. Die Muslime Toledos wurden bei der Eroberung 1085 allerdings nicht als Kriegsgefangene versklavt. Vielmehr wurde ihnen die Sicherheit ihrer Person und ihres Besitzes, ferner die Möglichkeit der unbehinderten Abwanderung gegeben.<ref name="ftn30">Barton, Spain, S. 171; Phillips, ''Slavery'', S. 32; Verlinden, ''L’esclavage'', S. 175, 180.</ref>  


Doña Cristinas Sklavin Maryam trägt nicht die klassisch-arabische Bezeichnung für eine Sklavin (''ǧāriyya''), sondern wird als Kriegsgefangene (''asīra'') bezeichnet. Es ist daher zu vermuten, dass Maryam im Rahmen von Kriegshandlungen außerhalb von Toledo versklavt wurde. Muslimische Kriegsgefangene aus den christlich-islamischen Grenzgebieten stellten einen Teil der muslimischen Bevölkerung (sog. ''mudéjares'') im christlichen Toledo.<ref name="ftn31">Echevarría Arsuaga, La „Mayoría“ mudéjar, S. 20.</ref> Die im Testament erwähnte „Urkunde“ ist ein Indiz, dass Doña Cristina ihre Sklavin Maryam gekauft hatte.<ref name="ftn32">Hier ist darauf hinzuweisen, dass die Übersetzung der Passage „li-rasmihā“ letztlich nicht ganz geklärt werden kann.</ref> Offen bleibt, ob der Ehemann von Maryam selbst Sklave war und ob er aus Toledo oder wie Maryam von außerhalb stammte.<ref name="ftn33">Die Heirat unter Sklaven war bei den Mozarabern möglich: González Palencia, ''Mozárabes'', Vol. Prelim., S. 243. Vgl. für die islamrechtliche Zulässigkeit einer Ehe unter Sklaven: Puente, Esclavitud, S. 358.</ref>
[§11] Doña Cristinas Sklavin Maryam trägt nicht die klassisch-arabische Bezeichnung für eine Sklavin (''ǧāriyya''), sondern wird als Kriegsgefangene (''asīra'') bezeichnet. Es ist daher zu vermuten, dass Maryam im Rahmen von Kriegshandlungen außerhalb von Toledo versklavt wurde. Muslimische Kriegsgefangene aus den christlich-islamischen Grenzgebieten stellten einen Teil der muslimischen Bevölkerung (sog. ''mudéjares'') im christlichen Toledo.<ref name="ftn31">Echevarría Arsuaga, La „Mayoría“ mudéjar, S. 20.</ref> Die im Testament erwähnte „Urkunde“ ist ein Indiz, dass Doña Cristina ihre Sklavin Maryam gekauft hatte.<ref name="ftn32">Hier ist darauf hinzuweisen, dass die Übersetzung der Passage „li-rasmihā“ letztlich nicht ganz geklärt werden kann.</ref> Offen bleibt, ob der Ehemann von Maryam selbst Sklave war und ob er aus Toledo oder wie Maryam von außerhalb stammte.<ref name="ftn33">Die Heirat unter Sklaven war bei den Mozarabern möglich: González Palencia, ''Mozárabes'', Vol. Prelim., S. 243. Vgl. für die islamrechtliche Zulässigkeit einer Ehe unter Sklaven: Puente, Esclavitud, S. 358.</ref>


Die Freilassungsklausel birgt eine Vielzahl von Problemen. Einerseits erläutert das Testament, Maryam sei wegen der bereits erfolgten Geldzahlung an Doña Cristina freigekommen; dies spricht für einen lebzeitigen Freikauf, der im Testament lediglich bestätigt wird. Andererseits formuliert die Klausel ausdrücklich, Maryam solle erst mit dem Tod der Doña Cristina frei werden. Erst dann solle sie wie alle freien Personen über sich selbst verfügen und sich frei bewegen können. Dies spricht für eine einseitige testamentarische Freilassung, die Doña Cristina ihrer Sklavin Maryam sehr wahrscheinlich gegen Zahlung des Freilassungsgelds zugesagt hatte. In beiden Konstellationen ist unklar, ob der Ehemann den Freikauf mit seinem Geld getätigt hat oder ob er Maryams Geld für sie aus ihrem Vermögen entrichtet hat. Letzteres setzt voraus, dass ein Sklave zumindest an seinem Freilassungsgeld Eigentum haben konnte. Diesen Fragen kann hier nicht nachgegangen werden, sondern für die nachfolgende Untersuchung ist festzuhalten: Das Testament behandelt die Freilassung der muslimischen Sklavin Maryam durch ihre Eigentümerin Doña Cristina.
[§12] Die Freilassungsklausel birgt eine Vielzahl von Problemen. Einerseits erläutert das Testament, Maryam sei wegen der bereits erfolgten Geldzahlung an Doña Cristina freigekommen; dies spricht für einen lebzeitigen Freikauf, der im Testament lediglich bestätigt wird. Andererseits formuliert die Klausel ausdrücklich, Maryam solle erst mit dem Tod der Doña Cristina frei werden. Erst dann solle sie wie alle freien Personen über sich selbst verfügen und sich frei bewegen können. Dies spricht für eine einseitige testamentarische Freilassung, die Doña Cristina ihrer Sklavin Maryam sehr wahrscheinlich gegen Zahlung des Freilassungsgelds zugesagt hatte. In beiden Konstellationen ist unklar, ob der Ehemann den Freikauf mit seinem Geld getätigt hat oder ob er Maryams Geld für sie aus ihrem Vermögen entrichtet hat. Letzteres setzt voraus, dass ein Sklave zumindest an seinem Freilassungsgeld Eigentum haben konnte. Diesen Fragen kann hier nicht nachgegangen werden, sondern für die nachfolgende Untersuchung ist festzuhalten: Das Testament behandelt die Freilassung der muslimischen Sklavin Maryam durch ihre Eigentümerin Doña Cristina.


Zur Freilassung verwendet das Testament eine lückenhaft überlieferte und inhaltlich problematische Formulierung. Maryams Freilassung solle derart erfolgen, dass sie „frei sei unter den Freien der Muslime [... ''lacuna …''] ihnen zusteht und obliegt“. Diese Klausel ist aufgrund einer Lücke im Manuskript nicht vollständig überliefert. Ziel der nachfolgenden Analyse ist, die Überlieferungslücke zu füllen und die Bedeutung der Klausel zu klären.
[§13] Zur Freilassung verwendet das Testament eine lückenhaft überlieferte und inhaltlich problematische Formulierung. Maryams Freilassung solle derart erfolgen, dass sie „frei sei unter den Freien der Muslime [... ''lacuna …''] ihnen zusteht und obliegt“. Diese Klausel ist aufgrund einer Lücke im Manuskript nicht vollständig überliefert. Ziel der nachfolgenden Analyse ist, die Überlieferungslücke zu füllen und die Bedeutung der Klausel zu klären.


Die Überlieferungslücke kann unter Rückgriff auf eine vollständig überlieferte Parallelstelle in einem anderen mozarabischen Testament rekonstruiert werden. In einer Testamentsurkunde von 1161 lässt Domingo Antolín seinen Sklaven Pedro Ferragut frei. Er ordnet an, „dass Pedro Ferragut frei sei unter den Freien der Christen mit dem, was (''fī-mā'') ihnen zusteht und obliegt.“<ref name="ftn34">Der arabische Text lautet transliteriert: „an yakūna Bāṭruh Farra Aqūṭ ḥurran min aḥrāri l-naṣārā fī-mā lahum wa-ʿalayhim“, siehe González Palencia, ''Mozárabes'', Bd. 3, S. 383. Die Übersetzung von González Palencia auf S. 381 lautet: „que Pedro Ferragut sea liberto con los derechos y deberes de los libertos cristianos”.</ref> Der Unterschied zwischen den „Freien der Christen“ und den „Freien der Muslime“ wird später behandelt. Im Übrigen ist die Stelle parallel zur Klausel im Testament von Doña Cristina formuliert, sodass eine plausible Rekonstruktion der Lücke möglich wird. Der Passus „unter die Freien der Muslime ... zusteht und obliegt“ im Testament von Doña Cristina ist zu lesen als:
[§14] Die Überlieferungslücke kann unter Rückgriff auf eine vollständig überlieferte Parallelstelle in einem anderen mozarabischen Testament rekonstruiert werden. In einer Testamentsurkunde von 1161 lässt Domingo Antolín seinen Sklaven Pedro Ferragut frei. Er ordnet an, „dass Pedro Ferragut frei sei unter den Freien der Christen mit dem, was (''fī-mā'') ihnen zusteht und obliegt.“<ref name="ftn34">Der arabische Text lautet transliteriert: „an yakūna Bāṭruh Farra Aqūṭ ḥurran min aḥrāri l-naṣārā fī-mā lahum wa-ʿalayhim“, siehe González Palencia, ''Mozárabes'', Bd. 3, S. 383. Die Übersetzung von González Palencia auf S. 381 lautet: „que Pedro Ferragut sea liberto con los derechos y deberes de los libertos cristianos”.</ref> Der Unterschied zwischen den „Freien der Christen“ und den „Freien der Muslime“ wird später behandelt. Im Übrigen ist die Stelle parallel zur Klausel im Testament von Doña Cristina formuliert, sodass eine plausible Rekonstruktion der Lücke möglich wird. Der Passus „unter die Freien der Muslime ... zusteht und obliegt“ im Testament von Doña Cristina ist zu lesen als:


<div style="text-align:center;margin-left:0cm;margin-right:0cm;">unter die Freien der Muslime mit dem, was ihnen zusteht und obliegt</div>
<div style="text-align:center;margin-left:0cm;margin-right:0cm;">unter die Freien der Muslime mit dem, was ihnen zusteht und obliegt</div>
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Diese Lesart wird im Folgenden zugrundegelegt.
Diese Lesart wird im Folgenden zugrundegelegt.


Die Bedeutung dieser Klausel ist unklar.<ref name="ftn35">Die Wirksamkeit der Klausel nach mozarabischem Recht wird hier unterstellt.</ref> Handelt es sich bloß um eine tradierte, aber inhaltsleere Floskel? Soll nur klargestellt werden, dass Maryam eine Muslima ist? Oder zielte die christliche Testatorin auf eine bestimmte rechtliche Wirkung, indem sie ihre muslimische Sklavin in einen rechtlichen Status der „Freien der Muslime“ freilässt? Eine Beantwortung dieser Fragen ist nur annäherungsweise möglich, und dies in zwei Schritten. Zunächst ist die Klausel in ihrem Ursprungskontext, der andalusisch-islamrechtlichen Urkundenpraxis, zu beleuchten. Vor diesem Hintergrund ist die Bedeutung der mozarabischen Urkundenklausel in ihrem rechtlichen und sozialen Kontext des hochmittelalterlichen Toledo zu untersuchen.  
[§15] Die Bedeutung dieser Klausel ist unklar.<ref name="ftn35">Die Wirksamkeit der Klausel nach mozarabischem Recht wird hier unterstellt.</ref> Handelt es sich bloß um eine tradierte, aber inhaltsleere Floskel? Soll nur klargestellt werden, dass Maryam eine Muslima ist? Oder zielte die christliche Testatorin auf eine bestimmte rechtliche Wirkung, indem sie ihre muslimische Sklavin in einen rechtlichen Status der „Freien der Muslime“ freilässt? Eine Beantwortung dieser Fragen ist nur annäherungsweise möglich, und dies in zwei Schritten. Zunächst ist die Klausel in ihrem Ursprungskontext, der andalusisch-islamrechtlichen Urkundenpraxis, zu beleuchten. Vor diesem Hintergrund ist die Bedeutung der mozarabischen Urkundenklausel in ihrem rechtlichen und sozialen Kontext des hochmittelalterlichen Toledo zu untersuchen.  


Der Bedarf für den Blick auf die andalusisch-islamrechtliche Urkundenpraxis erklärt sich wie folgt: Grundsätzlich stellt der oben genannte ''liber iudiciorum'' den rechtlichen Rahmen der mozarabischen Urkunden dar. Der ''liber ''stammt aber aus der Zeit <u>vor</u> der muslimischen Präsenz auf der Iberischen Halbinsel, sodass der Abschnitt über die Sklavenfreilassung in Buch 5 Titel VII keine Regeln für interreligiöse Fallgestaltungen aufstellt.<ref name="ftn36">Vgl. El Libro, ed. Barceló und Serra, S. 234-236. Der Titel VII lautet: “De libertatibus et libertis“. Zur testamentarischen Sklavenfreilassung gemäß dem ''liber iudiciorum'' vgl. auch Benavides, ''Testamento'', S. 130.</ref> Demgegenüber ist unstrittig, dass die Mozaraber auf Grundlage der islamrechtlichen Urkundenformulare des muslimischen Toledaner Juristen Ibn Muġīṯ (gest. 459/1067) beurkundet haben.<ref name="ftn37">González Palencia, ''Mozárabes'', Vol. Prel., S. 360-361, allerdings nur unter Vergleich von Kaufvertragsstrukturen. Im Ergebnis ähnlich, aber ohne Begründung: Olstein, Arabic Origins, S. 435; und Ferrando, Testamento, S. 53. Die Frage bedürfte umfassender Prüfung an anderer Stelle.</ref> Der Blick auf Ibn Muġīṯs islamrechtliche Formulare könnte also zum Verständnis der mozarabischen Klausel beitragen. Die Formularsammlung von Ibn Muġīṯ enthält ein Testamentsformular, welches allerdings keine Klausel zur Sklavenfreilassung aufweist.<ref name="ftn38">Vgl. Ibn Muġīṯ, ''Al-Muqniʿ'', ed. Aguirre Sádaba, S. 296-297. Zur islamrechtlichen testamentarischen Sklavenfreilassung vgl. Puente, Esclavitud, S. 351; und Santillana, Istituzioni, Bd. 1, S. 154-155.</ref> Allerdings gibt es zum Beispiel ein eigenes Formular zur aufschiebend befristeten Freilassung. Es ist auf den Fall zugeschnitten, dass ein muslimischer Eigentümer seine galizische Sklavin<ref name="ftn39">Sklaven in al-Andalus kamen häufig aus dem als Galizien bezeichneten christlichen Norden: Puente, Slaves, S. 209.</ref> nach Ablauf einer bestimmten Frist freilässt. Darin findet sich die Klausel: „Wenn die genannte Dauer abgelaufen ist [...] dann gehört sie zu den freien muslimischen Frauen (''ḥarāʾir al-muslimāt'') mit dem, was ihnen zusteht und obliegt (''fī-mā lahunna wa-ʿalayhunna'')“.<ref name="ftn40">Der arabische Text bei Ibn Muġīṯ, ''Al-Muqniʿ'', ed. Aguirre Sádaba, S. 352, lautet: „Fa-iḏā anqaḍat al-muddatu l-maḏkūratu [...] laḥaqat bi-ḥarāʾiri l-muslimāti fī-mā la-hunna wa-ʿalayhunna.“ </ref>
[§16] Der Bedarf für den Blick auf die andalusisch-islamrechtliche Urkundenpraxis erklärt sich wie folgt: Grundsätzlich stellt der oben genannte ''liber iudiciorum'' den rechtlichen Rahmen der mozarabischen Urkunden dar. Der ''liber ''stammt aber aus der Zeit <u>vor</u> der muslimischen Präsenz auf der Iberischen Halbinsel, sodass der Abschnitt über die Sklavenfreilassung in Buch 5 Titel VII keine Regeln für interreligiöse Fallgestaltungen aufstellt.<ref name="ftn36">Vgl. El Libro, ed. Barceló und Serra, S. 234-236. Der Titel VII lautet: “De libertatibus et libertis“. Zur testamentarischen Sklavenfreilassung gemäß dem ''liber iudiciorum'' vgl. auch Benavides, ''Testamento'', S. 130.</ref> Demgegenüber ist unstrittig, dass die Mozaraber auf Grundlage der islamrechtlichen Urkundenformulare des muslimischen Toledaner Juristen Ibn Muġīṯ (gest. 459/1067) beurkundet haben.<ref name="ftn37">González Palencia, ''Mozárabes'', Vol. Prel., S. 360-361, allerdings nur unter Vergleich von Kaufvertragsstrukturen. Im Ergebnis ähnlich, aber ohne Begründung: Olstein, Arabic Origins, S. 435; und Ferrando, Testamento, S. 53. Die Frage bedürfte umfassender Prüfung an anderer Stelle.</ref> Der Blick auf Ibn Muġīṯs islamrechtliche Formulare könnte also zum Verständnis der mozarabischen Klausel beitragen. Die Formularsammlung von Ibn Muġīṯ enthält ein Testamentsformular, welches allerdings keine Klausel zur Sklavenfreilassung aufweist.<ref name="ftn38">Vgl. Ibn Muġīṯ, ''Al-Muqniʿ'', ed. Aguirre Sádaba, S. 296-297. Zur islamrechtlichen testamentarischen Sklavenfreilassung vgl. Puente, Esclavitud, S. 351; und Santillana, Istituzioni, Bd. 1, S. 154-155.</ref> Allerdings gibt es zum Beispiel ein eigenes Formular zur aufschiebend befristeten Freilassung. Es ist auf den Fall zugeschnitten, dass ein muslimischer Eigentümer seine galizische Sklavin<ref name="ftn39">Sklaven in al-Andalus kamen häufig aus dem als Galizien bezeichneten christlichen Norden: Puente, Slaves, S. 209.</ref> nach Ablauf einer bestimmten Frist freilässt. Darin findet sich die Klausel: „Wenn die genannte Dauer abgelaufen ist [...] dann gehört sie zu den freien muslimischen Frauen (''ḥarāʾir al-muslimāt'') mit dem, was ihnen zusteht und obliegt (''fī-mā lahunna wa-ʿalayhunna'')“.<ref name="ftn40">Der arabische Text bei Ibn Muġīṯ, ''Al-Muqniʿ'', ed. Aguirre Sádaba, S. 352, lautet: „Fa-iḏā anqaḍat al-muddatu l-maḏkūratu [...] laḥaqat bi-ḥarāʾiri l-muslimāti fī-mā la-hunna wa-ʿalayhunna.“ </ref>


Die islamrechtliche Formulierung könnte man wie folgt erklären: Unter muslimischer Herrschaft standen Christen und Juden als „Anhänger der Buchreligionen“ (''ahl al-kitāb'') im Status der „Schutzbefohlenen“ (''ḏimma'').<ref name="ftn41">Müller, Non-Muslims, ''passim''<nowiki>; Puente, Esclavitud, S. 342; Santillana, Istituzioni, Bd. </nowiki>1, S. 103-104.</ref> Dieser Status zeichnet sich gegenüber dem Personenstatus im allgemeinen islamischen Recht durch eine Vielzahl von Sonderregeln aus. Die Regeln zu freigelassenen Sklaven<ref name="ftn42">Zu den drei islamrechtlichen Freilassungsverfahren: Puente, S. 344-352. Dies sind erstens die Freilassung kraft Gesetzes bei Schwangerschaft der Sklavin mit einem Kind des Erblassers (''umm walad''); zweitens der Freikauf durch den Sklaven selbst (''mukātab''); drittens die letztwillige, also einseitige, Freilassung (''mudabbar'').</ref> sind aber allgemeiner Natur und finden gleichermaßen auf Muslime wie Nichtmuslime Anwendung.<ref name="ftn43">Puente, Esclavitud, S. 343-344.</ref> Freigelassene Sklavinnen und Sklaven genießen nach allgemeinem islamischem Recht keine absolute Freiheit, sondern sind durch ein besonderes Klientelverhältnis (''walāʾ'') mit gegenseitigen Rechten und Pflichten dauerhaft an den früheren Eigentümer gebunden.<ref name="ftn44">Zum Ganzen Puente, Esclavitud, S. 355-356, und Santillana, ''Istituzioni'', Bd. 1, S. 59, der das Verhältnis als ''ius patronatus'' bezeichnet.</ref> Die islamrechtliche Klausel „unter den Freien der Muslime mit dem, was ihnen zusteht und obliegt“ bezeichnet also den Rechtsstatus des freigelassenen Sklaven nach allgemeinem islamischem Recht. Dieser Status wird nicht in der Urkunde ausgestaltet, sondern ist vom islamischen Recht vorgegeben. Der Sklavenbesitzer begründet nur die Freiheit des Sklaven; nur insoweit hat die Urkunde eine konstitutive, also rechtsbegründende, Funktion. Hingegen scheint der Status des „Freien der Muslime“ für den Freigelassenen zwingend vom islamischen Recht vorgesehen und ausgestaltet zu sein; die entsprechende Klausel hat also lediglich eine deklaratorische Funktion.<ref name="ftn45">Die Sekundärliteratur behandelt diese Frage nicht; das Problem bedürfte umfassenderer Untersuchung.</ref> Dies ist der islamrechtliche Ursprung der mozarabischen Klausel.
[§17] Die islamrechtliche Formulierung könnte man wie folgt erklären: Unter muslimischer Herrschaft standen Christen und Juden als „Anhänger der Buchreligionen“ (''ahl al-kitāb'') im Status der „Schutzbefohlenen“ (''ḏimma'').<ref name="ftn41">Müller, Non-Muslims, ''passim''<nowiki>; Puente, Esclavitud, S. 342; Santillana, Istituzioni, Bd. </nowiki>1, S. 103-104.</ref> Dieser Status zeichnet sich gegenüber dem Personenstatus im allgemeinen islamischen Recht durch eine Vielzahl von Sonderregeln aus. Die Regeln zu freigelassenen Sklaven<ref name="ftn42">Zu den drei islamrechtlichen Freilassungsverfahren: Puente, S. 344-352. Dies sind erstens die Freilassung kraft Gesetzes bei Schwangerschaft der Sklavin mit einem Kind des Erblassers (''umm walad''); zweitens der Freikauf durch den Sklaven selbst (''mukātab''); drittens die letztwillige, also einseitige, Freilassung (''mudabbar'').</ref> sind aber allgemeiner Natur und finden gleichermaßen auf Muslime wie Nichtmuslime Anwendung.<ref name="ftn43">Puente, Esclavitud, S. 343-344.</ref> Freigelassene Sklavinnen und Sklaven genießen nach allgemeinem islamischem Recht keine absolute Freiheit, sondern sind durch ein besonderes Klientelverhältnis (''walāʾ'') mit gegenseitigen Rechten und Pflichten dauerhaft an den früheren Eigentümer gebunden.<ref name="ftn44">Zum Ganzen Puente, Esclavitud, S. 355-356, und Santillana, ''Istituzioni'', Bd. 1, S. 59, der das Verhältnis als ''ius patronatus'' bezeichnet.</ref> Die islamrechtliche Klausel „unter den Freien der Muslime mit dem, was ihnen zusteht und obliegt“ bezeichnet also den Rechtsstatus des freigelassenen Sklaven nach allgemeinem islamischem Recht. Dieser Status wird nicht in der Urkunde ausgestaltet, sondern ist vom islamischen Recht vorgegeben. Der Sklavenbesitzer begründet nur die Freiheit des Sklaven; nur insoweit hat die Urkunde eine konstitutive, also rechtsbegründende, Funktion. Hingegen scheint der Status des „Freien der Muslime“ für den Freigelassenen zwingend vom islamischen Recht vorgesehen und ausgestaltet zu sein; die entsprechende Klausel hat also lediglich eine deklaratorische Funktion.<ref name="ftn45">Die Sekundärliteratur behandelt diese Frage nicht; das Problem bedürfte umfassenderer Untersuchung.</ref> Dies ist der islamrechtliche Ursprung der mozarabischen Klausel.


Das Testament von Doña Cristina weist diese Klausel in nahezu identischer Form auf. Lediglich das Geschlecht der Gruppe der „Freien“ ist unterschiedlich. Bei Ibn Muġīṯ kongruiert das Geschlecht der „freien muslimischen Frauen“ (''ḥarāʾir al-muslimāt'')<ref name="ftn46">In der Pluralform beschreibt ''ḥarāʾir'' die „freien Musliminnen“.</ref> mit dem Geschlecht der freigelassenen Sklavin, während Doña Cristina bei der Freilassung ihrer Sklavin den maskulinen Ausdruck der „Freien der Muslime“ (''aḥrār al-muslimīn'') verwendet. Sieht man darin ein generisches Maskulinum, dann liegt allerdings kein inhaltlicher Unterschied vor. Die islamische Klausel wurde also nahezu unverändert in die mozarabische Urkundenpraxis übernommen.<ref name="ftn47">Die verschiedenen Begriffe zur Beschreibung einer Rechtsrezeption und die Problematik ihrer Definition werden hier nicht behandelt. Es wird bewusst untechnisch von einer „Übernahme“ besprochen.</ref>
[§18] Das Testament von Doña Cristina weist diese Klausel in nahezu identischer Form auf. Lediglich das Geschlecht der Gruppe der „Freien“ ist unterschiedlich. Bei Ibn Muġīṯ kongruiert das Geschlecht der „freien muslimischen Frauen“ (''ḥarāʾir al-muslimāt'')<ref name="ftn46">In der Pluralform beschreibt ''ḥarāʾir'' die „freien Musliminnen“.</ref> mit dem Geschlecht der freigelassenen Sklavin, während Doña Cristina bei der Freilassung ihrer Sklavin den maskulinen Ausdruck der „Freien der Muslime“ (''aḥrār al-muslimīn'') verwendet. Sieht man darin ein generisches Maskulinum, dann liegt allerdings kein inhaltlicher Unterschied vor. Die islamische Klausel wurde also nahezu unverändert in die mozarabische Urkundenpraxis übernommen.<ref name="ftn47">Die verschiedenen Begriffe zur Beschreibung einer Rechtsrezeption und die Problematik ihrer Definition werden hier nicht behandelt. Es wird bewusst untechnisch von einer „Übernahme“ besprochen.</ref>


Es stellt sich die Frage, welche Funktion der Klausel in ihrem neuen Kontext, der mozarabischen Urkundenpraxis im christlich beherrschten Toledo, zukommt. Sie könnte wie im islamischen Recht eine deklaratorische rechtliche Funktion haben, doch ebenso erscheint eine konstitutive rechtliche Funktion und sogar eine außerrechtliche Funktion denkbar.
[§19] Es stellt sich die Frage, welche Funktion der Klausel in ihrem neuen Kontext, der mozarabischen Urkundenpraxis im christlich beherrschten Toledo, zukommt. Sie könnte wie im islamischen Recht eine deklaratorische rechtliche Funktion haben, doch ebenso erscheint eine konstitutive rechtliche Funktion und sogar eine außerrechtliche Funktion denkbar.


Eine deklaratorische rechtliche Funktion liegt vor, wenn die Klausel lediglich eine rechtliche Wirkung beschreibt, die vom mozarabischen Recht ohnehin festgelegt ist. Das mozarabische Recht könnte bestimmt haben, dass eine Freilassung von muslimischen Sklaven stets unter die „Freien der Muslime“ erfolgt. Einerseits wäre zu überlegen, ob das mozarabische Recht selbst einen Sonderstatus der „Freien der Muslime“ vorgesehen hat. Es läge dann keine Anerkennung fremden Rechts vor, sondern die Begründung eines Sonderstatus im mozarabischen Recht selbst. Auch in diesem Fall wäre die entsprechende Testamentsklausel nur deklaratorisch. Über die Existenz eines solchen rechtlichen Status ist aber nichts bekannt.
[§20] Eine deklaratorische rechtliche Funktion liegt vor, wenn die Klausel lediglich eine rechtliche Wirkung beschreibt, die vom mozarabischen Recht ohnehin festgelegt ist. Das mozarabische Recht könnte bestimmt haben, dass eine Freilassung von muslimischen Sklaven stets unter die „Freien der Muslime“ erfolgt. Einerseits wäre zu überlegen, ob das mozarabische Recht selbst einen Sonderstatus der „Freien der Muslime“ vorgesehen hat. Es läge dann keine Anerkennung fremden Rechts vor, sondern die Begründung eines Sonderstatus im mozarabischen Recht selbst. Auch in diesem Fall wäre die entsprechende Testamentsklausel nur deklaratorisch. Über die Existenz eines solchen rechtlichen Status ist aber nichts bekannt.


Andererseits könnte das mozarabische Recht vorgesehen haben, dass die islamrechtlichen Regelungen über den Status von Freigelassenen Anwendung finden.<ref name="ftn48">So wohl González Palencia, ''Mozárabes'', Bd. 3, S. 390: „Mariam [...] sea libre, según la ley de los musulmanes“.</ref> Dies erscheint denkbar, weil das christliche Recht Toledos ein beschränktes Personalitätsprinzip umsetzte. Das Personalitätsprinzip beschreibt die Geltung eines Rechts für die Mitglieder eines Personenverbands.<ref name="ftn49">Sturm, Artikel „Personalitätsprinzip“ in: ''Handwörterbuch der deutschen Rechtsgeschichte'', Bd. 3, S. 1587. Unterscheidung zwischen Geltung nach Personen- und nach religiösen Gruppen: García-Gallo, Manual, S. 233, Zur Entwicklung des Personalitätsprinzips in westgotischer Zeit: D’Ors, Territorialidad, ''passim''.</ref>''' '''Den Muslimen Toledos war die Anwendung des islamischen Rechts zur Regelung innermuslimischer Angelegenheiten gestattet.<ref name="ftn50">García-Gallo, Fueros, S. 408-410. Mangels Überlieferung sei allerdings unbekannt, ob König Alfons VI. einen solchen „fuero de los moros“ schriftlich erlassen hat. Ebenso: Suárez Fernández, Toledo, S. 163-164. Keine Aussage zum anwendbaren Zivilrecht für innermuslimische Angelegenheiten bei: Barton, Spain, S. 171-172; González Palencia, ''Mozárabes'','' ''Vol. Prelim., S. 121, 151; Miranda Calvo, ''La Reconquista de Toledo'', S. 100-101.</ref> Sie konnten ihr eigenes Recht also in beschränktem Umfang anwenden. Unter die innermuslimischen Angelegenheiten fiel vermutlich – in moderner Begrifflichkeit – das Personalstatut, also das für die persönlichen Verhältnisse einer Person anwendbare Recht.<ref name="ftn51">Vgl. Definition in: Siehr, Personalstatut, in: ''Handwörterbuch des europäischen Privatrechts 2009'', abgerufen am 7.1.2020. Der Begriff gehört zum modernen Internationalen Privatrecht und geht weiter als der „Personenstand“.</ref> Der Status, eine freie oder eine versklavte Person zu sein, ist eine eng mit der Person verknüpfte Eigenschaft. Folglich könnte dieser Status unter das Personalstatut fallen. Es ließe sich von einer interreligiösen Anerkennung des Personalstatuts durch das mozarabische Gewohnheitsrecht sprechen.
[§21] Andererseits könnte das mozarabische Recht vorgesehen haben, dass die islamrechtlichen Regelungen über den Status von Freigelassenen Anwendung finden.<ref name="ftn48">So wohl González Palencia, ''Mozárabes'', Bd. 3, S. 390: „Mariam [...] sea libre, según la ley de los musulmanes“.</ref> Dies erscheint denkbar, weil das christliche Recht Toledos ein beschränktes Personalitätsprinzip umsetzte. Das Personalitätsprinzip beschreibt die Geltung eines Rechts für die Mitglieder eines Personenverbands.<ref name="ftn49">Sturm, Artikel „Personalitätsprinzip“ in: ''Handwörterbuch der deutschen Rechtsgeschichte'', Bd. 3, S. 1587. Unterscheidung zwischen Geltung nach Personen- und nach religiösen Gruppen: García-Gallo, Manual, S. 233, Zur Entwicklung des Personalitätsprinzips in westgotischer Zeit: D’Ors, Territorialidad, ''passim''.</ref>''' '''Den Muslimen Toledos war die Anwendung des islamischen Rechts zur Regelung innermuslimischer Angelegenheiten gestattet.<ref name="ftn50">García-Gallo, Fueros, S. 408-410. Mangels Überlieferung sei allerdings unbekannt, ob König Alfons VI. einen solchen „fuero de los moros“ schriftlich erlassen hat. Ebenso: Suárez Fernández, Toledo, S. 163-164. Keine Aussage zum anwendbaren Zivilrecht für innermuslimische Angelegenheiten bei: Barton, Spain, S. 171-172; González Palencia, ''Mozárabes'','' ''Vol. Prelim., S. 121, 151; Miranda Calvo, ''La Reconquista de Toledo'', S. 100-101.</ref> Sie konnten ihr eigenes Recht also in beschränktem Umfang anwenden. Unter die innermuslimischen Angelegenheiten fiel vermutlich – in moderner Begrifflichkeit – das Personalstatut, also das für die persönlichen Verhältnisse einer Person anwendbare Recht.<ref name="ftn51">Vgl. Definition in: Siehr, Personalstatut, in: ''Handwörterbuch des europäischen Privatrechts 2009'', abgerufen am 7.1.2020. Der Begriff gehört zum modernen Internationalen Privatrecht und geht weiter als der „Personenstand“.</ref> Der Status, eine freie oder eine versklavte Person zu sein, ist eine eng mit der Person verknüpfte Eigenschaft. Folglich könnte dieser Status unter das Personalstatut fallen. Es ließe sich von einer interreligiösen Anerkennung des Personalstatuts durch das mozarabische Gewohnheitsrecht sprechen.


Diese Interpretation begegnet aber mehreren Bedenken. Das islamische Recht müsste den bisherigen Sklavenstatus von Maryam anerkannt haben. Andernfalls wäre Maryam aus islamrechtlicher Perspektive ohnehin frei gewesen, da das islamische Recht die Versklavung eines Muslimen durch einen Christen grundsätzlich nicht anerkannte.<ref name="ftn52">Zur Unzulässigkeit der Versklavung eines freien Muslims und der Ausnahme für konvertierte oder als Sklaven geborene Muslime vgl. Puente, Esclavitud, S. 354.</ref> Allerdings könnte dieser Grundsatz im hochmittelalterlichen Toledo unter christlicher Herrschaft aufgeweicht worden sein. Das islamische Recht stellte schließlich nicht mehr das herrschende Recht. Daher mussten die Muslime die Versklavung einer Muslima nicht nur faktisch, sondern womöglich auch rechtlich akzeptieren. Zudem erscheint die Einordnung des Freigelassenen-Status in das islamische Personalstatut nicht zwingend. Sowohl das islamische Recht als auch das christliche Recht im spanischen Mittelalter begründet Verpflichtungen des Freigelassenen gegenüber seinem früheren Herrn und dessen Rechtsnachfolgern in Form eines Patronatsverhältnisses.<ref name="ftn53">Kurzer Überblick zur Entwicklung von der Antike über die westgotische Zeit bis zu den Siete Partidas (2. Hälfte 13. Jhd.) bei: Phillips, ''Slavery'', S. 141-142.</ref> Es liegt also möglicherweise keine „innermuslimische Angelegenheit“ vor. Nach alledem erscheint die interreligiöse Anerkennung des Personalstatuts möglich, aber nicht sicher.
[§22] Diese Interpretation begegnet aber mehreren Bedenken. Das islamische Recht müsste den bisherigen Sklavenstatus von Maryam anerkannt haben. Andernfalls wäre Maryam aus islamrechtlicher Perspektive ohnehin frei gewesen, da das islamische Recht die Versklavung eines Muslimen durch einen Christen grundsätzlich nicht anerkannte.<ref name="ftn52">Zur Unzulässigkeit der Versklavung eines freien Muslims und der Ausnahme für konvertierte oder als Sklaven geborene Muslime vgl. Puente, Esclavitud, S. 354.</ref> Allerdings könnte dieser Grundsatz im hochmittelalterlichen Toledo unter christlicher Herrschaft aufgeweicht worden sein. Das islamische Recht stellte schließlich nicht mehr das herrschende Recht. Daher mussten die Muslime die Versklavung einer Muslima nicht nur faktisch, sondern womöglich auch rechtlich akzeptieren. Zudem erscheint die Einordnung des Freigelassenen-Status in das islamische Personalstatut nicht zwingend. Sowohl das islamische Recht als auch das christliche Recht im spanischen Mittelalter begründet Verpflichtungen des Freigelassenen gegenüber seinem früheren Herrn und dessen Rechtsnachfolgern in Form eines Patronatsverhältnisses.<ref name="ftn53">Kurzer Überblick zur Entwicklung von der Antike über die westgotische Zeit bis zu den Siete Partidas (2. Hälfte 13. Jhd.) bei: Phillips, ''Slavery'', S. 141-142.</ref> Es liegt also möglicherweise keine „innermuslimische Angelegenheit“ vor. Nach alledem erscheint die interreligiöse Anerkennung des Personalstatuts möglich, aber nicht sicher.


Eine konstitutive rechtliche Funktion der Klausel liegt vor, wenn Doña Cristina die Anwendung islamischen Rechts selbst im Testament angeordnet hat. Dies setzt die Möglichkeit zur Rechtswahl voraus; ob das mozarabische Recht eine Rechtswahl zuließ, ist nicht bekannt. Der praktische Nutzen ist auch nicht ersichtlich: Das islamische Patronatsverhältnis könnte günstiger als das christliche gewesen sein<ref name="ftn54">Eine rechtsvergleichende Untersuchung ist nicht bekannt.</ref>, doch scheint Doña Cristina keine Erben gehabt zu haben, denen ein solcher Vorteil zugutegekommen sein könnte. Vielmehr stünden die Testamentsvollstrecker bei Einwänden gegen die Sklavenfreilassung vor dem Problem, eine Streitigkeit nach islamischem Recht führen zu müssen.
[§23] Eine konstitutive rechtliche Funktion der Klausel liegt vor, wenn Doña Cristina die Anwendung islamischen Rechts selbst im Testament angeordnet hat. Dies setzt die Möglichkeit zur Rechtswahl voraus; ob das mozarabische Recht eine Rechtswahl zuließ, ist nicht bekannt. Der praktische Nutzen ist auch nicht ersichtlich: Das islamische Patronatsverhältnis könnte günstiger als das christliche gewesen sein<ref name="ftn54">Eine rechtsvergleichende Untersuchung ist nicht bekannt.</ref>, doch scheint Doña Cristina keine Erben gehabt zu haben, denen ein solcher Vorteil zugutegekommen sein könnte. Vielmehr stünden die Testamentsvollstrecker bei Einwänden gegen die Sklavenfreilassung vor dem Problem, eine Streitigkeit nach islamischem Recht führen zu müssen.


Dieser Befund führt abschließend zur Überlegung, ob die Klausel gar keine rechtliche Aussagekraft hat. Sie könnte vielmehr nur der Klarstellung der Religionszugehörigkeit dienen. Im oben angeführten mozarabischen Testament von Domingo Antolín wird ein christlicher Sklave unter die „Freien der Christen“ freigelassen. Die Religion der Gruppe der „Freien“ kongruiert mit der Religion des freigelassenen Sklaven. Dies ist eine Abweichung zur islamischen Urkundenpraxis: Im zitierten islamrechtlichen Formular von Ibn Muġīṯ entspricht die Religion der „Freien“ vielmehr der Religion des muslimischen Sklavenherrn, nicht der christlichen Sklavin.<ref name="ftn55">Vgl. die ähnlichen Formulierungen in den andalusisch-islamischen Formularen von Ibn al-ʿAṭṭār (gest. 399/1009), ''Kitāb al-Waṯāʾiq'', ed. Chalmeta und Corriente, S. 247-248: Formular zur Freilassung eines christlichen Sklaven; und Al-Ǧazīrī (gest. 585/1189), ''al-Maqṣad'', ed. Ferreras, S. 361-362: Formular zur Vollstreckung einer testamentarischen Sklavenfreilassung.</ref> Für die mozarabischen Schreiber wäre es nicht haltbar gewesen, dass ein christlicher Testator seinen christlichen Sklaven unter die „Freien der Muslime“ freilässt. Daher wurde die Klausel im Falle der Freilassung christlicher Sklaven angepasst. Hingegen drängte sich eine solche Anpassung bei Freilassung eines muslimischen Sklaven nicht auf. Die Klausel konnte somit im Testament von Doña Cristina ohne rechtliche Funktion fortbestehen und kennzeichnet nur die muslimische Religion der freigelassenen Sklavin.
[§24] Dieser Befund führt abschließend zur Überlegung, ob die Klausel gar keine rechtliche Aussagekraft hat. Sie könnte vielmehr nur der Klarstellung der Religionszugehörigkeit dienen. Im oben angeführten mozarabischen Testament von Domingo Antolín wird ein christlicher Sklave unter die „Freien der Christen“ freigelassen. Die Religion der Gruppe der „Freien“ kongruiert mit der Religion des freigelassenen Sklaven. Dies ist eine Abweichung zur islamischen Urkundenpraxis: Im zitierten islamrechtlichen Formular von Ibn Muġīṯ entspricht die Religion der „Freien“ vielmehr der Religion des muslimischen Sklavenherrn, nicht der christlichen Sklavin.<ref name="ftn55">Vgl. die ähnlichen Formulierungen in den andalusisch-islamischen Formularen von Ibn al-ʿAṭṭār (gest. 399/1009), ''Kitāb al-Waṯāʾiq'', ed. Chalmeta und Corriente, S. 247-248: Formular zur Freilassung eines christlichen Sklaven; und Al-Ǧazīrī (gest. 585/1189), ''al-Maqṣad'', ed. Ferreras, S. 361-362: Formular zur Vollstreckung einer testamentarischen Sklavenfreilassung.</ref> Für die mozarabischen Schreiber wäre es nicht haltbar gewesen, dass ein christlicher Testator seinen christlichen Sklaven unter die „Freien der Muslime“ freilässt. Daher wurde die Klausel im Falle der Freilassung christlicher Sklaven angepasst. Hingegen drängte sich eine solche Anpassung bei Freilassung eines muslimischen Sklaven nicht auf. Die Klausel konnte somit im Testament von Doña Cristina ohne rechtliche Funktion fortbestehen und kennzeichnet nur die muslimische Religion der freigelassenen Sklavin.


Ein eindeutiges Ergebnis zu den aufgeworfenen Fragen ist nicht zu ermitteln. Die untersuchte Literatur nimmt zu der speziellen, hier aufgeworfenen Frage nicht Stellung. Weitere Forschung könnte insbesondere die lateinisch-kastilischen Urkunden auf vergleichbare Klauseln untersuchen.
[§25] Ein eindeutiges Ergebnis zu den aufgeworfenen Fragen ist nicht zu ermitteln. Die untersuchte Literatur nimmt zu der speziellen, hier aufgeworfenen Frage nicht Stellung. Weitere Forschung könnte insbesondere die lateinisch-kastilischen Urkunden auf vergleichbare Klauseln untersuchen.


Jedenfalls bezeugt das Testament von Doña Cristina die vielfältigen und vielschichtigen Verflechtungen zwischen Christen und Muslimen auf der Iberischen Halbinsel im Hochmittelalter. In einem Atemzug spendet die mozarabische Testatorin einen Teil ihres Nachlasses, um christliche Gefangene aus, so ist zu vermuten, muslimischen Händen zu befreien, und schenkt ihrer muslimischen Sklavin die Freiheit. Sie verwendet für die Sklavenfreilassung eine Klausel aus der islamischen Urkundenpraxis, deren Funktion im mozarabischen Testament Rätsel aufgibt: Ob die Formulierung „Freie der Muslime“ die religiöse Zugehörigkeit des Freigelassenen beschreibt, auf einen festgelegten rechtlichen Status verweist oder eine eigenständige rechtliche Anordnung beinhaltet, lässt sich nicht abschließend klären. Die rechtliche Dimension des christlich-muslimischen und arabisch-lateinischen Austausches in Toledo ist für uns nur im Ansatz zu begreifen.|6=Manuskript: Archivo Histórico Nacional, CLERO-SECULAR_REGULAR, Car. 3042, Nr. 13.r. Dieser Beitrag stützt sich nicht auf das Manuskript, sondern auf die folgende Edition:
[§26] Jedenfalls bezeugt das Testament von Doña Cristina die vielfältigen und vielschichtigen Verflechtungen zwischen Christen und Muslimen auf der Iberischen Halbinsel im Hochmittelalter. In einem Atemzug spendet die mozarabische Testatorin einen Teil ihres Nachlasses, um christliche Gefangene aus, so ist zu vermuten, muslimischen Händen zu befreien, und schenkt ihrer muslimischen Sklavin die Freiheit. Sie verwendet für die Sklavenfreilassung eine Klausel aus der islamischen Urkundenpraxis, deren Funktion im mozarabischen Testament Rätsel aufgibt: Ob die Formulierung „Freie der Muslime“ die religiöse Zugehörigkeit des Freigelassenen beschreibt, auf einen festgelegten rechtlichen Status verweist oder eine eigenständige rechtliche Anordnung beinhaltet, lässt sich nicht abschließend klären. Die rechtliche Dimension des christlich-muslimischen und arabisch-lateinischen Austausches in Toledo ist für uns nur im Ansatz zu begreifen.|6=Manuskript: Archivo Histórico Nacional, CLERO-SECULAR_REGULAR, Car. 3042, Nr. 13.r. Dieser Beitrag stützt sich nicht auf das Manuskript, sondern auf die folgende Edition:


González Palencia, Angel: ''Los mozárabes de Toledo en los siglos XII y XIII'', Bd. 3, Madrid: Instituto de Valencia de Don Juan, 1928, Nr. 1.020, S. 390-392.|7=Alonso Martín, María:'' ''La sucesión „mortis causa“ en los documentos toledanos de los siglos XII a XV, in: ''Anuario de historia del derecho español'' 50 (1980), S. 941-970.
González Palencia, Angel: ''Los mozárabes de Toledo en los siglos XII y XIII'', Bd. 3, Madrid: Instituto de Valencia de Don Juan, 1928, Nr. 1.020, S. 390-392.|7=Alonso Martín, María:'' ''La sucesión „mortis causa“ en los documentos toledanos de los siglos XII a XV, in: ''Anuario de historia del derecho español'' 50 (1980), S. 941-970.

Aktuelle Version vom 16. Juli 2021, 13:54 Uhr

Verfasser/in: Tim Knoche

Quelle

Ángel González Palencia, Los mozárabes de Toledo en los siglos XII y XIII, Bd. 3, Madrid: Instituto de Valencia de Don Juan, 1928, Nr. 1020, S. 390-392, übers. Tim Knoche.
هذا ما اوصت به دونة قرشتينة بنت اندراش وعهدت بانفاذه مخافة منها الموت الذى لا بد منه ولا منجا لاحد عنه وهى ذلك عليلة الجسم ثابته العقل والذهن مومنة بالاب والابن والروح القدوس اله واحد (...).[1] Dies ist, was Doña Cristina, Tochter von Andrés (Dūna Qrištīna bint Andrāš), testierte (awṣat), und dessen Vollstreckung sie anordnete (ʿahidat)[2], in Furcht vor dem Tod, der zwingend und unvermeidbar für jeden ist. Sie tat dies schwach im Körper, doch fest im Geiste und im Verstand, glaubend an den Vater und den Sohn und den Heiligen Geist, eine einzige Gottheit [...].
فامرت ان هى توفاها الله ان يمتثل بجميع مالها كله اثاثه وعقاره وقليله وكثيره حيث ما علم لها ما يذكر وتفسره بعد هذا ان شاء الله. Sie bestimmte, dass mit dem gesamten als ihr zugehörig bekannten Vermögen, sowohl den beweglichen als auch den unbeweglichen Gegenständen, den wenigen und den zahlreichen, das nachfolgend Beschriebene zu tun ist, sobald Gott sie zu sich nimmt.
من ذلك يزين عليها فى دفنها وزيارة قبرها باربعة مثاقيل و يعطى لمعلمها القسيس دون جوان بيان مثقال عن ميشتريه ويعطى ايضا جميع الكرم المعلوم لها بحومة طورش عمل مدينة طليطلة (...) تحديده لدير كنسية[3] شنت بيطره بالحزام عن روحها على ان تدفن بها ويعطى ايضا وفى البنيان بها اربعة مثاقيل وفى ميشات عن روحها اربعة مثاقيل (...). Daraus [aus dem Vermögen] ist für sie für ihre Beerdigung und für Grabbesuche Schmuck im Wert von vier mizcales[4] zu erwerben. An ihren Lehrer, den Priester (al-qissīs) Don Juan Bayān (Dūn Ǧuwān Bayān), ist ein mizcal für Unterweisung (ʿan mayištiriyuhi)[5] zu geben. Es ist ebenfalls das gesamte als ihr gehörig bekannte Weingut im Gebiet Torres (Ṭūraš) im Bezirk der Stadt Toledo (...) für ihr Seelenheil (ʿan rūḥihā) an das Kloster der Kirche Sant Pedro (Šant Bīṭruh) in al-Ḥizām zu geben, damit sie in ihr [der Kirche] begraben werde. Außerdem sind für ihren [der Kirche] Bau vier mizcales und für Gottesdienste (mīšāt) zugunsten ihres [der Testatorin] Seelenheils vier mizcales zu geben (...).
وعهدت الموصية المذكورة فى اسيرتها مريم زوج عبد الله القزار ان يكون حرة من احرار المسلمين [...] هم وعليهم عن عشرة مثاقيل ذهبا فنشيا كانت الموصية المذكورة قد قبضتها باعترافها من عبد الله القزار زوجها المذكور ولذلك انقطع عن مريم المذكورة حبل الرق وعند الملك الذى كان ؟لرسمها؟ لسيدتها المذكورة اذ توفيت الموصية المذكورة تملك مريم المذكورة نفسها ملك ساير الاحرار لانفسهم تنهض حيث تشا وايها تحب (...) لسبب ما كانت قد حررتها عن العشرة مثاقيل الموصوفة عندما قبضتها من عبد الله المذكور زوجها (...). Die genannte Testatorin ordnete an, dass ihre Kriegsgefangene (asīra) Maryam, Ehegattin von ʿAbdallāh al-Qazār, frei sei unter den Freien der Muslime (min aḥrār al-muslimīn) [... lacuna …] ihnen zusteht und obliegt[6] (lahum wa-ʿalayhim) gegen zehn alfonsinische mizcales aus Gold. Diese hatte die genannte Testatorin gegen ihre [der Testatorin] Bestätigung von ihrem [Maryams] genannten Ehemann ʿAbdallāh al-Qazār erhalten. Und deshalb löste sich (inqaṭaʿa) von der genannten Maryam der Strick der Sklaverei und ebenso beim Eigentum, das ihrer genannten Eigentümerin aufgrund ihrer Urkunde (li-rasmihā) zustand. Wenn die genannte Testatorin stirbt, besitzt die erwähnte Maryam sich als Eigentum so wie andere Freie sich selbst: Sie begibt sich, wohin sie will und wohin es ihr beliebt [...], weil sie [die Testatorin] sie [Maryam] aufgrund der beschriebenen zehn mizcales freigelassen hatte, als sie [die Testatorin] diese vom genannten ʿAbdallāh, ihrem [Maryams] Ehemann, empfangen hatte (...).
وباقى جميع مالها بعد اكمال عهدها الموصوف يخرج فيه اسارين من الاسر من مقاطع النصارى (...). Nach der Umsetzung (ikmāl) ihres beschriebenen Testaments sind mit dem Rest ihres gesamten Vermögens Kriegsgefangene (asārīn) aus der Gefangenschaft aus den Grenzregionen (maqāṭiʿ)[7] der Christen zu befreien (yaḫruǧa) (...).
وجعلت انفاذ عهدها هذا على يدى دون رمان ميقايل وبيطره فرنندس بن فرنند ميقيالس ... (الخ). Sie stellte die Vollstreckung (infāḏ) dieses ihres letzten Willens in die Hände von Don Román Micael (Dūn Rumān Mīqāyil) und Pedro Fernández, Sohn von Fernando Micaelis (Bīṭruh Farnandas bin Farnand[u] Mīqyālis) [... lacuna …] etc.
وذلك فى العشر الاخر من شهر ينير سنة ثلثين (ومايتين والف للصفر) شهود الاصل فرننده بن بيطره [...] ودمنقه بن يوانش شاهد ولورانس بن يلين ودمنقه [...] صحت النسخة المقابلة مع الاصل عند من ياتى اسمه بعدها بخط يده وذلك فى العشر الاول من شهر نونبر سنة ثمان واربعين ومايتين والف للصفر.

[...]يل بن عبد الله وبسنت بن دمنقه بن مرتين بن كبيره.

Und dies war in den letzten zehn Tagen des Monats Januar des Jahres 1230 der Spanischen Ära (li-l-ṣufr) [1192], die Zeugen des Originals sind Fernando, Sohn von Pedro (Farnanduh bin Bīṭruh) [... lacuna …], und Domingo, Sohn von Johannes (Duminquh bin Yuwāniš), Zeuge, und Lorenzo, Sohn von Julian (Lūrāns bin Yulyan), und Domingo (Duminquh) [... lacuna …] die mit dem Original abgeglichene Kopie wurde von denen bestätigt, deren Namen unter ihr in Handschrift erscheinen, und zwar in den ersten zehn Tagen des Monats November des Jahres 1248 der Spanischen Ära (li-l-ṣufr) [1210].

[... lacuna …]īl [sic!][8], Sohn von ʿAbdallāh, und Vicente, Sohn von Domingo, Sohn von Martin, Sohn von Kabīrah (Bisant[a] bin Duminquh bin Martīn bin Kabīrah).

Autor/in & Werk

[§1] Die vorliegende arabischsprachige Testamentsurkunde bekundet den letzten Willen einer gewissen Doña Cristina im Toledo des Jahres 1192. Das Schriftstück ist aufgrund von Schäden im Pergament nur lückenhaft überliefert und wird hier auch nur in Ausschnitten dargestellt.[9] Es handelt sich um eine Kopie aus der spanischen Ära 1248, also dem Jahr 1210. Das Original ist nicht überliefert, aber die Kopie gibt Auskunft über das Datum des Originals, das in der spanischen Ära 1230, also dem Jahr 1192 ausgestellt wurde.[10] Ein Ort der Unterzeichnung ist nicht angegeben. Da das Manuskript ursprünglich in der Kathedrale von Toledo verwahrt wurde[11] und zudem ein Weingut im Bezirk von Toledo erwähnt, ist die Urkunde vermutlich in Toledo aufgesetzt worden. Original und Kopie sind von unterschiedlichen Personen unterzeichnet, die teils als Zeugen bezeichnet werden. Ein Schreiber (kātib) ist nicht ausgewiesen.[12] Zudem findet sich keine Unterschrift der Testatorin Doña Cristina.

[§2] Über die Person der Doña Cristina gibt nur das Testament selbst Auskunft. Ihr christlicher Name und die letztwilligen Zuwendungen an die Kirche sowie zur Befreiung christlicher Gefangener lassen auf ihre christliche Religion schließen. Die arabische Sprache des Schriftstücks legt die Einordnung von Doña Cristina als sogenannte Mozaraberin nahe.[13] Der Begriff "Mozaraber" ist vom arabischen Wort mustaʿrab, d.h. "der, der arabisiert wurde", abgeleitet.[14] Die letztwillige Zuwendung eines Weingutes und die Freilassung einer Sklavin zeigen, dass die Testatorin vermögend war. Es ist zu vermuten, dass sie in Toledo gelebt hat. Sie sei bei Errichtung des Testaments „schwach im Körper“ gewesen, daher ist von einem Ableben in zeitlicher Nähe zur Redaktion des Originals auszugehen.

[§3] Ob sie zur Zeit dieser Redaktion noch lebte oder dabei anwesend war, ist der Urkunde nicht zu entnehmen. Vielmehr ist die Testamentsurkunde in der 3. Person Singular im Präteritum formuliert und erwähnt „Zeugen des Originals“ (šuhūd al-aṣl). Es liegt daher nahe, dass Doña Cristina ihren letzten Willen mündlich vor Zeugen geäußert hat, deren Zeugnis anschließend ein Schreiber beurkundete.[15] Den Zeugen und Schreibern kommt eine gewichtige Rolle zu: Man kann davon ausgehen, dass Doña Cristina ihren letzten Willen nicht in den juristischen Formulierungen der Testamentsurkunde geäußert hat. Es ist die Leistung der Zeugen und des Schreibers, die Äußerungen von Doña Cristina in die Rechtssprache und –form der mozarabischen Urkundenpraxis übertragen zu haben.

Inhalt & Quellenkontext

[§4] Die hier dargestellten Ausschnitte des Testaments haben folgenden Inhalt: Die toledanische Christin Doña Cristina trifft Ende des 12. Jahrhunderts letztwillige Anordnungen über ihr gesamtes Vermögen. Mit einem bestimmten Geldbetrag soll das Grab an der Beerdigung und auch später für Grabbesuche geschmückt werden. Ein örtliches Kloster soll ein Weingut erhalten, damit die Testatorin dort bestattet werde. Zudem wird das Kloster mit Geldbeträgen bedacht, die es zum Bau einer Kirche und zur Ausrichtung von Todesmessen für das Seelenheil der Testatorin einzusetzen hat. Ein Priester, bei dem Doña Cristina eine nicht näher definierte „Unterweisung“ erfahren hat, erhält ein weiteres Geldvermächtnis. Ein längerer Testamentsabschnitt beschäftigt sich mit der Kriegsgefangenen Maryam: Sie stehe im Eigentum von Doña Cristina und dieses Eigentum sei urkundlich belegt. Doch habe Maryams Ehemann ʿAbdallāh al-Qazār einen bestimmten Geldbetrag an die Testatorin für Maryams Freilassung gezahlt. Der Rest von Doña Cristinas Vermögen soll zur Befreiung von Gefangenen in christlichen Grenzregionen aufgewendet werden. Schließlich beauftragt Doña Cristina zwei Personen mit christlichen, männlichen Namen mit der Vollstreckung des Testaments. In der lückenhaft überlieferten Unterschriftsklausel sind sowohl christliche Namen wie „Fernando, Sohn von Pedro“ erkennbar als auch ein „Vicente, Sohn von Domingo, Sohn von Martin, Sohn von Kabīrah“, bei dem es sich aufgrund des arabischen Namens Kabīrah um den Nachkommen einer muslimischen Konvertitin zum Christentum handeln könnte.

[§5] Die Urkunde ist hinsichtlich Sprache und Inhalt in weiten Teilen repräsentativ für die mozarabische Testierpraxis im hochmittelalterlichen Toledo. Die Arabisierung der Christen Toledos war nachhaltig. Die frühere Hauptstadt der Westgoten kam mit der übrigen Iberischen Halbinsel im Jahre 711 unter muslimische Herrschaft.[16] Im Folgenden entwickelte sich eine christlich-arabische Urkundenpraxis, die die Eroberung im Jahre 1085 durch den christlichen König Alfons VI. (reg. 1065-1109) überdauerte. Zeugnis sind über eintausend privatrechtliche mozarabische Urkunden aus dem Zeitraum von 1083 bis 1315.[17] Erst im Zeitraum von der Mitte des 13. bis zum Beginn des 14. Jahrhunderts setzte sich das Kastilische als Sprache der christlichen Privaturkunden endgültig durch.[18]

[§6] Sprachlich kennzeichnet ein juristisches Hocharabisch die mozarabischen Urkunden.[19] Zum Beispiel entstammen Rechtsbegriffe wie ʿahd, der „letzte Wille“ oder das „Testament“, der islamischen Rechtssprache. Im Einzelnen weichen die Urkunden gegenüber dem Hocharabischen aber in Grammatik und Orthographie ab.[20] Zum Beispiel tritt im Testament von Doña Cristina das arabische Wort für „Kirche“ sowohl in der hochsprachlichen Schreibweise kanīsa als auch in der eher umgangssprachlichen Form kansiyya auf. Zudem wurden romanische Begriffe ins Arabische übernommen. Beispielsweise ist mayištiriyuh – hier übersetzt als Unterweisung – die arabische Schreibung des mittellateinischen magisterium bzw. des romanischen magisterio.

[§7] Die Forschung ordnet die Mozaraber dem Rechtskreis des 654 erlassenen westgotischen liber iudiciorum[21] zu. Unter der muslimischen Herrschaft von 711 bis 1085 konnten die Christen im Status von Schutzbefohlenen (ḏimmī-s), ihre westgotische Rechtstradition für interne Angelegenheiten, insbesondere im Familien- und Erbrecht, fortführen.[22] Nach der kastilischen Herrschaftsübernahme bestätigte König Alfons VI. mit der carta securitatis von 1101 die Geltung des liber unter „totos Mozarabes de Toleto“.[23] Der liber gibt also einen Einblick in die schriftlich festgelegten rechtlichen Rahmenbedingungen des hier untersuchten Testaments.

[§8] In Buch IV Titel 5.1. legt der liber fest, der Testator dürfe im Testament ein Fünftel seines Vermögens frei an Begünstigte seiner Wahl zuwenden, während die übrigen vier Fünftel zwingend den Abkömmlingen als Erben zufielen; nur die Abkömmlinge genießen diesen erbrechtlichen Schutz.[24] Da Doña Cristina ausdrücklich über den gesamten Nachlass verfügte und im gesamten Testament keine Abkömmlinge erwähnt werden, scheint sie keine Nachkommen zu haben. Insoweit stellt ihr Fall keine Besonderheit dar: Unter den zwanzig[25] überlieferten mozarabischen Testamenten beschränkt sich nur ein einziges, der letzte Wille von Gonzalbo Gil von 1233, aufgrund der Existenz von Nachkommen auf ein Fünftel.[26] Doña Cristinas Zuwendungen an die Kirche für „ihr Seelenheil“ entsprechen nicht nur der allgemeinen mozarabischen, sondern auch der lateinischen Testierpraxis im hochmittelalterlichen Spanien.[27]

Kontextualisierung, Analyse & Interpretation

[§9] Einzigartig ist das Testament aufgrund der Klausel zur Sklavenfreilassung, die Gegenstand der folgenden Analyse ist. Es handelt sich um das einzige überlieferte mozarabische Testament, in dem eine unfreie Person muslimischer Religionszugehörigkeit freigelassen wird.

[§10] Sklavenhaltung war in Spanien nicht nur in römischer, sondern auch in westgotischer Zeit verbreitet.[28] In islamisch beherrschten Gebieten konnten Muslime zwar Christen als Sklaven halten. Christen dagegen konnten grundsätzlich nur Nicht-Muslime als Sklaven halten.[29] Ab dem 11. Jahrhundert weitete sich der christliche Machtbereich gegenüber dem islamischen al-Andalus erheblich aus, und Christen und Muslime versklavten vermehrt aus ihrem Machtbereich heraus Kriegsgefangene des Gegenübers. Die Muslime Toledos wurden bei der Eroberung 1085 allerdings nicht als Kriegsgefangene versklavt. Vielmehr wurde ihnen die Sicherheit ihrer Person und ihres Besitzes, ferner die Möglichkeit der unbehinderten Abwanderung gegeben.[30]

[§11] Doña Cristinas Sklavin Maryam trägt nicht die klassisch-arabische Bezeichnung für eine Sklavin (ǧāriyya), sondern wird als Kriegsgefangene (asīra) bezeichnet. Es ist daher zu vermuten, dass Maryam im Rahmen von Kriegshandlungen außerhalb von Toledo versklavt wurde. Muslimische Kriegsgefangene aus den christlich-islamischen Grenzgebieten stellten einen Teil der muslimischen Bevölkerung (sog. mudéjares) im christlichen Toledo.[31] Die im Testament erwähnte „Urkunde“ ist ein Indiz, dass Doña Cristina ihre Sklavin Maryam gekauft hatte.[32] Offen bleibt, ob der Ehemann von Maryam selbst Sklave war und ob er aus Toledo oder wie Maryam von außerhalb stammte.[33]

[§12] Die Freilassungsklausel birgt eine Vielzahl von Problemen. Einerseits erläutert das Testament, Maryam sei wegen der bereits erfolgten Geldzahlung an Doña Cristina freigekommen; dies spricht für einen lebzeitigen Freikauf, der im Testament lediglich bestätigt wird. Andererseits formuliert die Klausel ausdrücklich, Maryam solle erst mit dem Tod der Doña Cristina frei werden. Erst dann solle sie wie alle freien Personen über sich selbst verfügen und sich frei bewegen können. Dies spricht für eine einseitige testamentarische Freilassung, die Doña Cristina ihrer Sklavin Maryam sehr wahrscheinlich gegen Zahlung des Freilassungsgelds zugesagt hatte. In beiden Konstellationen ist unklar, ob der Ehemann den Freikauf mit seinem Geld getätigt hat oder ob er Maryams Geld für sie aus ihrem Vermögen entrichtet hat. Letzteres setzt voraus, dass ein Sklave zumindest an seinem Freilassungsgeld Eigentum haben konnte. Diesen Fragen kann hier nicht nachgegangen werden, sondern für die nachfolgende Untersuchung ist festzuhalten: Das Testament behandelt die Freilassung der muslimischen Sklavin Maryam durch ihre Eigentümerin Doña Cristina.

[§13] Zur Freilassung verwendet das Testament eine lückenhaft überlieferte und inhaltlich problematische Formulierung. Maryams Freilassung solle derart erfolgen, dass sie „frei sei unter den Freien der Muslime [... lacuna …] ihnen zusteht und obliegt“. Diese Klausel ist aufgrund einer Lücke im Manuskript nicht vollständig überliefert. Ziel der nachfolgenden Analyse ist, die Überlieferungslücke zu füllen und die Bedeutung der Klausel zu klären.

[§14] Die Überlieferungslücke kann unter Rückgriff auf eine vollständig überlieferte Parallelstelle in einem anderen mozarabischen Testament rekonstruiert werden. In einer Testamentsurkunde von 1161 lässt Domingo Antolín seinen Sklaven Pedro Ferragut frei. Er ordnet an, „dass Pedro Ferragut frei sei unter den Freien der Christen mit dem, was (fī-mā) ihnen zusteht und obliegt.“[34] Der Unterschied zwischen den „Freien der Christen“ und den „Freien der Muslime“ wird später behandelt. Im Übrigen ist die Stelle parallel zur Klausel im Testament von Doña Cristina formuliert, sodass eine plausible Rekonstruktion der Lücke möglich wird. Der Passus „unter die Freien der Muslime ... zusteht und obliegt“ im Testament von Doña Cristina ist zu lesen als:

unter die Freien der Muslime mit dem, was ihnen zusteht und obliegt
min aḥrāri l-muslimīna fī-mā lahum wa-ʿalayhim
من احرار المسلمين فيما لهم وعليهم

Diese Lesart wird im Folgenden zugrundegelegt.

[§15] Die Bedeutung dieser Klausel ist unklar.[35] Handelt es sich bloß um eine tradierte, aber inhaltsleere Floskel? Soll nur klargestellt werden, dass Maryam eine Muslima ist? Oder zielte die christliche Testatorin auf eine bestimmte rechtliche Wirkung, indem sie ihre muslimische Sklavin in einen rechtlichen Status der „Freien der Muslime“ freilässt? Eine Beantwortung dieser Fragen ist nur annäherungsweise möglich, und dies in zwei Schritten. Zunächst ist die Klausel in ihrem Ursprungskontext, der andalusisch-islamrechtlichen Urkundenpraxis, zu beleuchten. Vor diesem Hintergrund ist die Bedeutung der mozarabischen Urkundenklausel in ihrem rechtlichen und sozialen Kontext des hochmittelalterlichen Toledo zu untersuchen.

[§16] Der Bedarf für den Blick auf die andalusisch-islamrechtliche Urkundenpraxis erklärt sich wie folgt: Grundsätzlich stellt der oben genannte liber iudiciorum den rechtlichen Rahmen der mozarabischen Urkunden dar. Der liber stammt aber aus der Zeit vor der muslimischen Präsenz auf der Iberischen Halbinsel, sodass der Abschnitt über die Sklavenfreilassung in Buch 5 Titel VII keine Regeln für interreligiöse Fallgestaltungen aufstellt.[36] Demgegenüber ist unstrittig, dass die Mozaraber auf Grundlage der islamrechtlichen Urkundenformulare des muslimischen Toledaner Juristen Ibn Muġīṯ (gest. 459/1067) beurkundet haben.[37] Der Blick auf Ibn Muġīṯs islamrechtliche Formulare könnte also zum Verständnis der mozarabischen Klausel beitragen. Die Formularsammlung von Ibn Muġīṯ enthält ein Testamentsformular, welches allerdings keine Klausel zur Sklavenfreilassung aufweist.[38] Allerdings gibt es zum Beispiel ein eigenes Formular zur aufschiebend befristeten Freilassung. Es ist auf den Fall zugeschnitten, dass ein muslimischer Eigentümer seine galizische Sklavin[39] nach Ablauf einer bestimmten Frist freilässt. Darin findet sich die Klausel: „Wenn die genannte Dauer abgelaufen ist [...] dann gehört sie zu den freien muslimischen Frauen (ḥarāʾir al-muslimāt) mit dem, was ihnen zusteht und obliegt (fī-mā lahunna wa-ʿalayhunna)“.[40]

[§17] Die islamrechtliche Formulierung könnte man wie folgt erklären: Unter muslimischer Herrschaft standen Christen und Juden als „Anhänger der Buchreligionen“ (ahl al-kitāb) im Status der „Schutzbefohlenen“ (ḏimma).[41] Dieser Status zeichnet sich gegenüber dem Personenstatus im allgemeinen islamischen Recht durch eine Vielzahl von Sonderregeln aus. Die Regeln zu freigelassenen Sklaven[42] sind aber allgemeiner Natur und finden gleichermaßen auf Muslime wie Nichtmuslime Anwendung.[43] Freigelassene Sklavinnen und Sklaven genießen nach allgemeinem islamischem Recht keine absolute Freiheit, sondern sind durch ein besonderes Klientelverhältnis (walāʾ) mit gegenseitigen Rechten und Pflichten dauerhaft an den früheren Eigentümer gebunden.[44] Die islamrechtliche Klausel „unter den Freien der Muslime mit dem, was ihnen zusteht und obliegt“ bezeichnet also den Rechtsstatus des freigelassenen Sklaven nach allgemeinem islamischem Recht. Dieser Status wird nicht in der Urkunde ausgestaltet, sondern ist vom islamischen Recht vorgegeben. Der Sklavenbesitzer begründet nur die Freiheit des Sklaven; nur insoweit hat die Urkunde eine konstitutive, also rechtsbegründende, Funktion. Hingegen scheint der Status des „Freien der Muslime“ für den Freigelassenen zwingend vom islamischen Recht vorgesehen und ausgestaltet zu sein; die entsprechende Klausel hat also lediglich eine deklaratorische Funktion.[45] Dies ist der islamrechtliche Ursprung der mozarabischen Klausel.

[§18] Das Testament von Doña Cristina weist diese Klausel in nahezu identischer Form auf. Lediglich das Geschlecht der Gruppe der „Freien“ ist unterschiedlich. Bei Ibn Muġīṯ kongruiert das Geschlecht der „freien muslimischen Frauen“ (ḥarāʾir al-muslimāt)[46] mit dem Geschlecht der freigelassenen Sklavin, während Doña Cristina bei der Freilassung ihrer Sklavin den maskulinen Ausdruck der „Freien der Muslime“ (aḥrār al-muslimīn) verwendet. Sieht man darin ein generisches Maskulinum, dann liegt allerdings kein inhaltlicher Unterschied vor. Die islamische Klausel wurde also nahezu unverändert in die mozarabische Urkundenpraxis übernommen.[47]

[§19] Es stellt sich die Frage, welche Funktion der Klausel in ihrem neuen Kontext, der mozarabischen Urkundenpraxis im christlich beherrschten Toledo, zukommt. Sie könnte wie im islamischen Recht eine deklaratorische rechtliche Funktion haben, doch ebenso erscheint eine konstitutive rechtliche Funktion und sogar eine außerrechtliche Funktion denkbar.

[§20] Eine deklaratorische rechtliche Funktion liegt vor, wenn die Klausel lediglich eine rechtliche Wirkung beschreibt, die vom mozarabischen Recht ohnehin festgelegt ist. Das mozarabische Recht könnte bestimmt haben, dass eine Freilassung von muslimischen Sklaven stets unter die „Freien der Muslime“ erfolgt. Einerseits wäre zu überlegen, ob das mozarabische Recht selbst einen Sonderstatus der „Freien der Muslime“ vorgesehen hat. Es läge dann keine Anerkennung fremden Rechts vor, sondern die Begründung eines Sonderstatus im mozarabischen Recht selbst. Auch in diesem Fall wäre die entsprechende Testamentsklausel nur deklaratorisch. Über die Existenz eines solchen rechtlichen Status ist aber nichts bekannt.

[§21] Andererseits könnte das mozarabische Recht vorgesehen haben, dass die islamrechtlichen Regelungen über den Status von Freigelassenen Anwendung finden.[48] Dies erscheint denkbar, weil das christliche Recht Toledos ein beschränktes Personalitätsprinzip umsetzte. Das Personalitätsprinzip beschreibt die Geltung eines Rechts für die Mitglieder eines Personenverbands.[49] Den Muslimen Toledos war die Anwendung des islamischen Rechts zur Regelung innermuslimischer Angelegenheiten gestattet.[50] Sie konnten ihr eigenes Recht also in beschränktem Umfang anwenden. Unter die innermuslimischen Angelegenheiten fiel vermutlich – in moderner Begrifflichkeit – das Personalstatut, also das für die persönlichen Verhältnisse einer Person anwendbare Recht.[51] Der Status, eine freie oder eine versklavte Person zu sein, ist eine eng mit der Person verknüpfte Eigenschaft. Folglich könnte dieser Status unter das Personalstatut fallen. Es ließe sich von einer interreligiösen Anerkennung des Personalstatuts durch das mozarabische Gewohnheitsrecht sprechen.

[§22] Diese Interpretation begegnet aber mehreren Bedenken. Das islamische Recht müsste den bisherigen Sklavenstatus von Maryam anerkannt haben. Andernfalls wäre Maryam aus islamrechtlicher Perspektive ohnehin frei gewesen, da das islamische Recht die Versklavung eines Muslimen durch einen Christen grundsätzlich nicht anerkannte.[52] Allerdings könnte dieser Grundsatz im hochmittelalterlichen Toledo unter christlicher Herrschaft aufgeweicht worden sein. Das islamische Recht stellte schließlich nicht mehr das herrschende Recht. Daher mussten die Muslime die Versklavung einer Muslima nicht nur faktisch, sondern womöglich auch rechtlich akzeptieren. Zudem erscheint die Einordnung des Freigelassenen-Status in das islamische Personalstatut nicht zwingend. Sowohl das islamische Recht als auch das christliche Recht im spanischen Mittelalter begründet Verpflichtungen des Freigelassenen gegenüber seinem früheren Herrn und dessen Rechtsnachfolgern in Form eines Patronatsverhältnisses.[53] Es liegt also möglicherweise keine „innermuslimische Angelegenheit“ vor. Nach alledem erscheint die interreligiöse Anerkennung des Personalstatuts möglich, aber nicht sicher.

[§23] Eine konstitutive rechtliche Funktion der Klausel liegt vor, wenn Doña Cristina die Anwendung islamischen Rechts selbst im Testament angeordnet hat. Dies setzt die Möglichkeit zur Rechtswahl voraus; ob das mozarabische Recht eine Rechtswahl zuließ, ist nicht bekannt. Der praktische Nutzen ist auch nicht ersichtlich: Das islamische Patronatsverhältnis könnte günstiger als das christliche gewesen sein[54], doch scheint Doña Cristina keine Erben gehabt zu haben, denen ein solcher Vorteil zugutegekommen sein könnte. Vielmehr stünden die Testamentsvollstrecker bei Einwänden gegen die Sklavenfreilassung vor dem Problem, eine Streitigkeit nach islamischem Recht führen zu müssen.

[§24] Dieser Befund führt abschließend zur Überlegung, ob die Klausel gar keine rechtliche Aussagekraft hat. Sie könnte vielmehr nur der Klarstellung der Religionszugehörigkeit dienen. Im oben angeführten mozarabischen Testament von Domingo Antolín wird ein christlicher Sklave unter die „Freien der Christen“ freigelassen. Die Religion der Gruppe der „Freien“ kongruiert mit der Religion des freigelassenen Sklaven. Dies ist eine Abweichung zur islamischen Urkundenpraxis: Im zitierten islamrechtlichen Formular von Ibn Muġīṯ entspricht die Religion der „Freien“ vielmehr der Religion des muslimischen Sklavenherrn, nicht der christlichen Sklavin.[55] Für die mozarabischen Schreiber wäre es nicht haltbar gewesen, dass ein christlicher Testator seinen christlichen Sklaven unter die „Freien der Muslime“ freilässt. Daher wurde die Klausel im Falle der Freilassung christlicher Sklaven angepasst. Hingegen drängte sich eine solche Anpassung bei Freilassung eines muslimischen Sklaven nicht auf. Die Klausel konnte somit im Testament von Doña Cristina ohne rechtliche Funktion fortbestehen und kennzeichnet nur die muslimische Religion der freigelassenen Sklavin.

[§25] Ein eindeutiges Ergebnis zu den aufgeworfenen Fragen ist nicht zu ermitteln. Die untersuchte Literatur nimmt zu der speziellen, hier aufgeworfenen Frage nicht Stellung. Weitere Forschung könnte insbesondere die lateinisch-kastilischen Urkunden auf vergleichbare Klauseln untersuchen.

[§26] Jedenfalls bezeugt das Testament von Doña Cristina die vielfältigen und vielschichtigen Verflechtungen zwischen Christen und Muslimen auf der Iberischen Halbinsel im Hochmittelalter. In einem Atemzug spendet die mozarabische Testatorin einen Teil ihres Nachlasses, um christliche Gefangene aus, so ist zu vermuten, muslimischen Händen zu befreien, und schenkt ihrer muslimischen Sklavin die Freiheit. Sie verwendet für die Sklavenfreilassung eine Klausel aus der islamischen Urkundenpraxis, deren Funktion im mozarabischen Testament Rätsel aufgibt: Ob die Formulierung „Freie der Muslime“ die religiöse Zugehörigkeit des Freigelassenen beschreibt, auf einen festgelegten rechtlichen Status verweist oder eine eigenständige rechtliche Anordnung beinhaltet, lässt sich nicht abschließend klären. Die rechtliche Dimension des christlich-muslimischen und arabisch-lateinischen Austausches in Toledo ist für uns nur im Ansatz zu begreifen.

Editionen & Übersetzungen

Manuskript: Archivo Histórico Nacional, CLERO-SECULAR_REGULAR, Car. 3042, Nr. 13.r. Dieser Beitrag stützt sich nicht auf das Manuskript, sondern auf die folgende Edition:

González Palencia, Angel: Los mozárabes de Toledo en los siglos XII y XIII, Bd. 3, Madrid: Instituto de Valencia de Don Juan, 1928, Nr. 1.020, S. 390-392.

Zitierte & weiterführende Literatur

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Zitierempfehlung

Tim Knoche, "1192: Freilassung einer muslimischen Sklavin durch eine mozarabische Testatorin in Toledo", in: Transmediterrane Geschichte. Kommentierte Quellenanthologie, ed. Daniel G. König, Theresa Jäckh, Eric Böhme, URL: https://wiki.uni-konstanz.de/transmed-de/index.php/1192:_Freilassung_einer_muslimischen_Sklavin_durch_eine_mozarabische_Testatorin_in_Toledo. Letzte Änderung: 16.07.2021, Zugriff: 29.03.2024.

Schlagworte

Al-Andalus, Besitz, Eigentum, Erbrecht, Freilassung, gender, Geschlechterbeziehungen, islamisches Recht, Kastilien, Kirche, Mozaraber, notarielle Formulare, Personalstatut, pragmatische Schriftlichkeit, Reconquista, Rezeption, Sklaven, Sklaverei, Testament, Toledo


  1. „(...)“ kennzeichnet meine Kürzung des Textausschnitts. In der Übersetzung stelle ich in eckige Klammern kurze Erläuterungen. In runden Klammern stehen Schlüsselbegriffe in transliterierter Fassung. Andere Sonderzeichen stammen aus der Edition von González Palencia und kennzeichnen die für ihn nicht oder nur schwer lesbaren Stellen. Die Einteilung in Tabellenabschnitte stammt von mir.
  2. Vgl. zur Bedeutung von ʿahida als „testieren, letztwillig anordnen“: Al-Ǧazīrī, al-Maqṣad, ed. Ferreras, S. 111.
  3. Sic! Die mozarabischen Urkunden schreiben sowohl kansiyya als auch kanīsa.
  4. Der arabische Begriff miṯqāl (Plural: maṯāqīl) bezeichnet eine Währung. Vgl. den kastilischen Arabismus mizcal.
  5. Es handelt sich bei mayištiriyu um die Arabisierung des lateinischen „magisterium“, ergänzt um das arabische Personalsuffix der 3. Pers. Sg. mask. Vgl. Diccionario de la Real Academia Española online, abgerufen am 28.09.2019, Eintrag „magisterio“; Ferrando, Dialecto Andalusí, S. 190; González Palencia, Mozárabes, Bd. 3, S. 390; Niermeyer, Lexicon, Eintrag „magisterium“, S. 818-819; Souter, Glossary, Eintrag „magisterium“, S. 238.b-239.a.
  6. Das Verb „obliegen“ steht hier anders als im geltenden deutschen Zivilrecht synonym für eine Rechtspflicht.
  7. Vgl. Wehr, Wörterbuch, S. 1041.b, Eintrag maqṭaʿ: „Übergangsstelle, Durchgangsstelle; Furt [...]“.
  8. Es könnte sich hier auch um einen „Micael“ handeln. In der Klausel zur Ernennung der Vollstrecker findet sich der Name „Román Micael“. Der Name „Micael“ ist dort als Mīqāyil geschrieben. Die Endung –īl bzw. –yil stimmt mit der hier vorgefundenen überein.
  9. Gekürzt wurde insbesondere eine Vielzahl einzelner, strukturell ähnlicher Vermächtnisse.
  10. Dozy, Supplément, Bd. 1, S. 836.b: „l’ère des chrétiens, les auteurs arabes de l’Espagne entendent l’ère des Espagnols, qui commence environ trente-huit ans avant la nôtre”. Roth, Calendar, S. 190, mit Angaben zur Abschaffung dieses Systems im Laufe des 14. Jahrhunderts.
  11. González Palencia, Mozárabes, Vol. Prelim., S. 9 und 25: Die Urkunde Nr. 1.020 stamme aus dem Bereich Clero secular y regular, Caja 1971, im Archivo Histórico Nacional. Dieser Urkundenbestand sei zunächst in der Kathedrale von Toledo, ab circa 1870 im Archivo Histórico de Toledo und seit dessen Auflösung im Archivo Histórico Nacional aufbewahrt. Laut schriftlicher Auskunft des Archivo Catedral de Toledo ist diese Auflösung 1875/1876 erfolgt. Heute ist das Manuskript im Archivo Histórico Nacional unter der Signatur CLERO-SECULAR_REGULAR, Car. 3042, Nr. 13.r, verwahrt. Diesem Beitrag liegt nur die Edition zugrunde.
  12. Ein Notariatswesen ist für die Entstehungszeit der Urkunde nicht nachgewiesen. Auch ist unklar, ob der Schreiber ausgewiesen werden musste. Ein Beispiel für die ausdrückliche Nennung des Schreibers als kātib in einem mozarabischen Testament bei Ferrando, Testamento, S. 44.
  13. Zwingend ist der Schluss von der Sprache der Urkunde auf die Sprache der betroffenen Person aber nicht: Olstein, Era Mozárabe, S. 117-119, und Saßenscheidt, Mozarabes und Castellanos, S. 125-133.
  14. Kassis, Arabic-speaking Christians, S. 401, FN 1.
  15. Dazu González Palencia, Mozárabes, Vol. Prelim., S. 273: Üblich sei die Niederschrift des mündlich geäußerten Testaments in Anwesenheit von Zeugen gewesen, möglich war aber auch die spätere Niederschrift. Vgl. zu den verschiedenen westgotischen Testamentsformen: Benavides, Testamento, S. 86-88.
  16. Es wurde 711 erstmalig durch den umayyadischen Feldherrn Ṭāriq b. Ziyād erobert und 712/713 von dessen Befehlshaber Mūsā b. Nuṣayr eingenommen: Chalmeta, Invasión, S. 152, 158, 177-178. Präzisierung der ersten Einnahme auf den 11. November 711: Izquierdo Benito, Ciudad Andalusí, S. 127. Vgl. hierzu: 711: Ibn ʿAbd al-Ḥakam zur Kollaboration Julians bei der muslimischen Invasion der Iberischen Halbinsel; 711-745: Ibn al-Qūṭiyya zur Kooperation seiner westgotischen Vorfahren mit den muslimischen Eroberern.
  17. González Palencia, Mozárabes, Vol. Prelim., S. 45.
  18. Molénat, L’arabe, S. 485; Olstein, Arabic Origins, S. 438, präzisiert den Zeitpunkt auf das Jahr 1260.
  19. Vgl. Potthast, Diglossia, S. 129, mit der Aussage, die Sprache sei näher am Hocharabischen als am Dialekt. Zur Entwicklung des mozarabischen Urkundenwesens im 12. und 13. Jh. vgl. Miller, According to Christian Sunna.
  20. Übersicht bei González Palencia, Mozárabes, Vol. Prelim., S. 129-136. Erläuterung ausgewählter Probleme bei Ferrando, Testamento, S. 50-54.
  21. Auch genannt Lex Visigothorum und Liber Iudicum.
  22. Vgl. nur Tomás y Valiente, Manual, S. 127 und 129.
  23. Der einschlägige Passus lautet: “Et si inter eos fuerit ortum aliquod negotio de aliquo iudicio, secundum sententiam in Libro iudicum antiquitus constitutam discutiatur”: García-Gallo, Fueros, S. 460-461, mit Angaben zur späteren Erstreckung der Geltung des liber auf alle christlichen Bevölkerungsgruppen Toledos.
  24. Vgl. El Libro, ed. Barceló/Serra, S. 359, und Alonso Martín, Sucesión, S. 941. Arvizu y Galarraga, Disposición, S. 131 und 135: Eine Erbeinsetzung begegne unter den Mozarabern nicht. Dies ist ein grundlegender Unterschied zum klassisch-römischen Testament, das eine Erbeinsetzung zwingend voraussetzte.
  25. Geprüft wurden die Testamente in der Sammlung von González Palencia, Mozárabes, Bd. 3, und Ferrando, Testamento, S. 43-46. Die Anzahl überlieferter Testamente ist im Verhältnis zu den über 750 Kaufverträgen gering. Arvizu y Galarraga, Disposición, S. 137 sieht in diesem quantitativen Befund einen Beleg für den Vorrang der gesetzlichen vor der testamentarischen Erbfolge in der mozarabischen Rechtspraxis.
  26. Vgl. González Palencia, Mozárabes, Bd. 3, S. 408-410.
  27. Vgl. García de Valdeavellano, Cuota, S. 323, 344.
  28. Verlinden, L’esclavage, S. 61-62.
  29. Verlinden, L’esclavage, S. 190. Fallbeispiele für Ausnahmen: Müller, Non-Muslims, S. 58-60.
  30. Barton, Spain, S. 171; Phillips, Slavery, S. 32; Verlinden, L’esclavage, S. 175, 180.
  31. Echevarría Arsuaga, La „Mayoría“ mudéjar, S. 20.
  32. Hier ist darauf hinzuweisen, dass die Übersetzung der Passage „li-rasmihā“ letztlich nicht ganz geklärt werden kann.
  33. Die Heirat unter Sklaven war bei den Mozarabern möglich: González Palencia, Mozárabes, Vol. Prelim., S. 243. Vgl. für die islamrechtliche Zulässigkeit einer Ehe unter Sklaven: Puente, Esclavitud, S. 358.
  34. Der arabische Text lautet transliteriert: „an yakūna Bāṭruh Farra Aqūṭ ḥurran min aḥrāri l-naṣārā fī-mā lahum wa-ʿalayhim“, siehe González Palencia, Mozárabes, Bd. 3, S. 383. Die Übersetzung von González Palencia auf S. 381 lautet: „que Pedro Ferragut sea liberto con los derechos y deberes de los libertos cristianos”.
  35. Die Wirksamkeit der Klausel nach mozarabischem Recht wird hier unterstellt.
  36. Vgl. El Libro, ed. Barceló und Serra, S. 234-236. Der Titel VII lautet: “De libertatibus et libertis“. Zur testamentarischen Sklavenfreilassung gemäß dem liber iudiciorum vgl. auch Benavides, Testamento, S. 130.
  37. González Palencia, Mozárabes, Vol. Prel., S. 360-361, allerdings nur unter Vergleich von Kaufvertragsstrukturen. Im Ergebnis ähnlich, aber ohne Begründung: Olstein, Arabic Origins, S. 435; und Ferrando, Testamento, S. 53. Die Frage bedürfte umfassender Prüfung an anderer Stelle.
  38. Vgl. Ibn Muġīṯ, Al-Muqniʿ, ed. Aguirre Sádaba, S. 296-297. Zur islamrechtlichen testamentarischen Sklavenfreilassung vgl. Puente, Esclavitud, S. 351; und Santillana, Istituzioni, Bd. 1, S. 154-155.
  39. Sklaven in al-Andalus kamen häufig aus dem als Galizien bezeichneten christlichen Norden: Puente, Slaves, S. 209.
  40. Der arabische Text bei Ibn Muġīṯ, Al-Muqniʿ, ed. Aguirre Sádaba, S. 352, lautet: „Fa-iḏā anqaḍat al-muddatu l-maḏkūratu [...] laḥaqat bi-ḥarāʾiri l-muslimāti fī-mā la-hunna wa-ʿalayhunna.“
  41. Müller, Non-Muslims, passim; Puente, Esclavitud, S. 342; Santillana, Istituzioni, Bd. 1, S. 103-104.
  42. Zu den drei islamrechtlichen Freilassungsverfahren: Puente, S. 344-352. Dies sind erstens die Freilassung kraft Gesetzes bei Schwangerschaft der Sklavin mit einem Kind des Erblassers (umm walad); zweitens der Freikauf durch den Sklaven selbst (mukātab); drittens die letztwillige, also einseitige, Freilassung (mudabbar).
  43. Puente, Esclavitud, S. 343-344.
  44. Zum Ganzen Puente, Esclavitud, S. 355-356, und Santillana, Istituzioni, Bd. 1, S. 59, der das Verhältnis als ius patronatus bezeichnet.
  45. Die Sekundärliteratur behandelt diese Frage nicht; das Problem bedürfte umfassenderer Untersuchung.
  46. In der Pluralform beschreibt ḥarāʾir die „freien Musliminnen“.
  47. Die verschiedenen Begriffe zur Beschreibung einer Rechtsrezeption und die Problematik ihrer Definition werden hier nicht behandelt. Es wird bewusst untechnisch von einer „Übernahme“ besprochen.
  48. So wohl González Palencia, Mozárabes, Bd. 3, S. 390: „Mariam [...] sea libre, según la ley de los musulmanes“.
  49. Sturm, Artikel „Personalitätsprinzip“ in: Handwörterbuch der deutschen Rechtsgeschichte, Bd. 3, S. 1587. Unterscheidung zwischen Geltung nach Personen- und nach religiösen Gruppen: García-Gallo, Manual, S. 233, Zur Entwicklung des Personalitätsprinzips in westgotischer Zeit: D’Ors, Territorialidad, passim.
  50. García-Gallo, Fueros, S. 408-410. Mangels Überlieferung sei allerdings unbekannt, ob König Alfons VI. einen solchen „fuero de los moros“ schriftlich erlassen hat. Ebenso: Suárez Fernández, Toledo, S. 163-164. Keine Aussage zum anwendbaren Zivilrecht für innermuslimische Angelegenheiten bei: Barton, Spain, S. 171-172; González Palencia, Mozárabes, Vol. Prelim., S. 121, 151; Miranda Calvo, La Reconquista de Toledo, S. 100-101.
  51. Vgl. Definition in: Siehr, Personalstatut, in: Handwörterbuch des europäischen Privatrechts 2009, abgerufen am 7.1.2020. Der Begriff gehört zum modernen Internationalen Privatrecht und geht weiter als der „Personenstand“.
  52. Zur Unzulässigkeit der Versklavung eines freien Muslims und der Ausnahme für konvertierte oder als Sklaven geborene Muslime vgl. Puente, Esclavitud, S. 354.
  53. Kurzer Überblick zur Entwicklung von der Antike über die westgotische Zeit bis zu den Siete Partidas (2. Hälfte 13. Jhd.) bei: Phillips, Slavery, S. 141-142.
  54. Eine rechtsvergleichende Untersuchung ist nicht bekannt.
  55. Vgl. die ähnlichen Formulierungen in den andalusisch-islamischen Formularen von Ibn al-ʿAṭṭār (gest. 399/1009), Kitāb al-Waṯāʾiq, ed. Chalmeta und Corriente, S. 247-248: Formular zur Freilassung eines christlichen Sklaven; und Al-Ǧazīrī (gest. 585/1189), al-Maqṣad, ed. Ferreras, S. 361-362: Formular zur Vollstreckung einer testamentarischen Sklavenfreilassung.