Benutzer:Felix H.
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Übersetzung Winterlied 10
| Mittelhochdeutsch | Übersetzung |
|---|---|
| I | |
| Dô der liebe summer | Weil der liebe Sommer |
| ureloup genam, | Abschied genommen hatte, |
| dô muose man der tänze | musste man auf die Tänze |
| ûfm anger gar verphlegen. | auf der Wiese gänzlich verzichten. |
| des gewan sît kummer | Das bereitete seitdem |
| der herre Gunderam: | Herr Gunderam Kummer: |
| der muose ouch sîn gestränze | Er musste auch seine Angeberei |
| dô lazen under wegen. | unterwegs aufgeben. |
| der ist bickelmeister disen winder: | Er ist diesen Winter Aufseher beim Würfelspiel: |
| oeder gouch ist in dem lande ninder, | nirgendwo in diesem Land gibt es einen törichteren Dummkopf. |
| sîn rûmegazze kaphet zallen zîten wol hin hinder. | Sein Gassenräumer schaut wohl immer zu seinem Hintern. |
| II | |
| Waz er an den meiden | Was er an den Mädchen |
| wunders dâ begât, | da für Wundertaten tat, |
| ê daz mîn vrouwe Schelle | Noch bevor die Glocken meiner Frau |
| volende ir gebot! | ihren Dienst vollenden würden! |
| erst vil unbescheiden, | Er ist sehr rücksichtslos, |
| wan swelhe er bestât, | denn welche er auch immer belagert, |
| diu wirt von slegen helle | sie wird bleich wegen der Schläge |
| und mîdende den spot; | und von dem Spott zieht sie sich zurück; |
| dâ von lâzen alle ir smutzemunden, | Aus diesem Grund sollen alle mit dem Schmunzeln aufhören, |
| des die jungen niht verheln enkunden! | das die Jungen nicht verbergen können! |
| des hât ir hant von solher meisterschefte dicke enphunden. | Daher hat ihre Hand unter solcher Überlegenheit schon häufig gelitten. |
| III. | |
| Immer, sô man vîret, | Immer wenn man feiert, |
| sô hebent sî sich dar | begeben sie sich dorthin |
| mit einer samenunge, | mit einem Gefolge, |
| den ich wol schaden gan. | dem ich wohl gerne schaden werde. |
| Werenbreht der lîret, | Werenbrecht spielt auf der Leier |
| sô sumbert Sigemâr. | und Sigmar trommelt. |
| daz in dâ misselunge, | Dass ihm das misslingt, |
| daz laege et eben an! | das wäre nur gut! |
| daz sich doch vil lîhte mac verrîden: | was doch sehr leicht umkippen kann: |
| wellents ir getelse niht vermîden, | wenn sie ihre Zügellosigkeit nicht unterlassen, |
| sich mugen zwêne an mîner weibelruoten wol versnîden. | können sich zwei an meinem Gerichtsstab wohl verletzen. |
| IV. | |
| Koeme ich zeinem tanze, | Käme ich zu einem Tanz, |
| dâs alle giengen bî, | wo alle hingingen, |
| dâ wurde ein spil von hende | dann würde es ein Spiel mit Händen |
| mit beiden ekken zuo. | und beiden Schwertern geben. |
| lîhte geviele ein schanze, | Leicht ergäbe sich der Zufall, |
| daz vor mir laegen drî. | dass vor mir drei daniederliegen. |
| ich hielte ez âne wende, | Ich hielt es für sicher, |
| verbüte ez einer vruo. | auch wenn es einer früh verhindern würde |
| sige und saelde hulfen mir gewinnen, | Sieg und Glück würden mir gewinnen helfen, |
| daz si halbe müesen dan entrinnen. | sodass sie fast davonkommen müssen. |
| nu ziehen ûf und lâzen in ir gogelheit zerinnen! | Nun macht euch auf und die Ausgelassenheit soll zerinnen! |
| V. | |
| Sîne weidegenge | Seine Jagdausflüge, |
| die verewent mich grâ, | lassen mich grau werden, |
| swenn er verwendeclîchen | wann auch immer er hochmütig |
| vür mîne vrouwen gât. | vor meiner Dame geht. |
| trîbet erz die lenge, | Betreibt er es auf Dauer, |
| bestât er danne dâ, | bleibt er dann dort, |
| man hilft im ûz der kîchen, | hilft man ihm aus seinem Keuchen, |
| daz er vil riuwic stât. | dass er sehr leidvoll dasteht. |
| er und etelîcher sîn geselle, | Ihn und seine Gesellen, |
| den ich tanzent an ir hant ersnelle, | die ich tanzend an ihrer Hand erwische, |
| des sî gewis, ich slahe in, daz sîn offen stât ein elle! | das sei gewiss, die schlage ich, dass ihre Elle heraustritt! |
| VI. | |
| Im hilft niht sîn treie | Weder sein Wams hilft ihm |
| noch sîn hiubelhuot; | noch seine Haube; |
| ez wirt im in getrenket: | man wird sich an ihm rächen: |
| er zuhte ir einen bal. | Er entriss ihr einen Ball. |
| erst ein toerscher leie; | Er ist ein dummer Laie; |
| sîn tumbelîcher muot | sein törichter Mut |
| der wirt im dâ bekrenket. | wird ihn dabei verletzen. |
| wil er vür Riuwental | Will er beim Jammertal |
| hin und her sô vil gewentschelieren, | so sehr hin und her gehen, |
| er wirt wol zezeiset under vieren. | er wird wohl von Vieren zerzaust, |
| her Werenbreht, waz mag ich des, wirt im der umberieren? | Herr Werenbrecht, was kann ich dafür, wird ihn das zu Fall bringen? |
| VIa | |
| Die wîl ich die klingen | Die Schwerter will ich |
| um mîne sîten trage, | an meinen Seiten tragen, |
| sô darf mir durch mîn sumber | so kann mir niemand |
| niemen stechen nieht. | durch mein Geflecht stechen. |
| er mouz vil wîte springen: | Er muss sehr weit springen: |
| begrîfe ichn mit dem slage, | ich erwische ihn mit dem Schlag, |
| ich slahe in, daz er tumber | ich schlage ihn, dass er |
| schouwet nimmer lieht. | kein Licht mehr sieht. |
| ich hilf im des lîbes in den aschen | Ich bringe seinen Körper in den Schmutz |
| und slah im mit willen eine vlaschen, | und gebe ihm mit Absicht einen Hieb, |
| daz im die hunt daz hirne ab der erde müezen naschen. | dass ihm die Hunde das Gehirn von der Erde lecken können. |
| VIb | |
| Her Nîthart hât gesungen, | Herr Neidhart hat gesungen, |
| az ich in hazzen wil | dass ich ihn hassen werde |
| durch mînes neven willen, | meinem Verwandten zuliebe, |
| des neven er beschallt. | dessen Verwandten er beschuldigt hatte. |
| lieze ers unbetwungen! | Es ließ ihn unbekümmert! |
| es ist im gar ze vil. | Es ist ihm gar zu viel. |
| enpflæge er sîner grillen | Wenn er seine Grillen kultivieren würde, |
| und het ouch der gewalt! | hätte er auch Gewalt! |
| ez ist ein schelten, daz mich freuden letzet. | Es ist eine Beleidigung, die mich der Freude beraubt. |
| wirt diu weibelroute mir gewetzet, | Wird für mich das Gerichtsschwert gewetzt, |
| ich trenne in ûf, daz man wol einen sezzel in in setzet. | schneide ich ihn auf, sodass man wohl einen Sessel in ihn stellen könnte. |
Übersetzung Sommerlied 4
| Mittelhochdeutsch | Übersetzung |
|---|---|
| I | |
| Heid, anger, walt in fröuden stât; | Heide, Wiese, steht in Freuden; |
| diu hânt sich bereitet mit ir besten wât, | sie haben sich mit ihrem schönsten Kleid geschmückt, |
| die in der meie hât gesant. | das ihnen der Mai gegeben hat. |
| sî wir alle | Sieh wir alle |
| frô schalle! | jubeln glücklich mit Freude! |
| sumer ist komen in diu lant. | Der Sommer ist ins Land gekommen. |
| II | |
| Wol ûz der stuben, ir stolzen kint, | Wohl aus der Stube, ihr prächtigen Kinder, |
| lât iuch ûf der strâze sehen! Hin ist der scherfe wint | lasst euch auf der Straße sehen! Der scharfe Wind ist vorbei |
| unde ouch der vil kalte snê. | und auch der sehr kalte Schnee. |
| hebt iuch balde | Macht euch schnell |
| zuo dem walde! | zum Wald auf! |
| vogelîn singent, den was wê. | Die Vöglein singen, sie hatten gelitten. |
| III | |
| Diu sint ergetzet leides gar. | Die wurden gänzlich für das Leid entschädigt. |
| ir sult mirz gelouben! nemt sîn selbe war, | Ihr sollt es mir glauben! Nehmt es selbst wahr, |
| waz der sumer erzeiget hât! | was der Sommer offenbart hat! |
| er will rîchen | Er wird |
| sicherlîchen | sicherlich |
| manegem boum mit loubes wât. | manchen Baum mit einem Laubkleid schmücken. |
| IV | |
| Die nû vor grôzer huote megen, | Die, die schon vorher große Fürsorge haben wollen, |
| die suln balde ir bestez vîrtacgwant an legen | die sollen bald ihr bestes Festtagsgewand anziehen, |
| lâzen sich dar inne ersehen! | und sich darin erblicken lassen! |
| wir suln schouwen | Wir sollen |
| vor den ouwen | vor zu den Feldern schauen |
| maneger hande bloumen brehen, | wie manche Hände Blumen pflücken. |
| V | |
| Swie Riuwental mîn eigen sî, | Auch wenn das Jammertal mir gehört, |
| ich bin disen sumer aller sorgen frî, | bin ich diesen Sommer von allen Sorgen befreit, |
| sît der winter ist dâ hin. | seit der Winter vorbei ist. |
| ich will lêren | Ich will |
| die jungen êren | den Jungen dieselbe Freude bereiten: |
| freude: dar nâch stêt mîn sin. | Danach trachtet mein Sinn. |
Übersetzung Sommerlied 18
| Mittelhochdeutsch | Übersetzung |
|---|---|
| I | |
| „Uns wil ein sumer komen“, | „Es wird ein Sommer zu uns kommen“, |
| sprach ein magt: „jâ hân ich den von Riuwental vernomen. | sprach ein Mädchen: „ Ja das habe ich von jenem vom Jammertal gehört. |
| jâ wil ich in loben. | Wirklich, ich will ihn loben. |
| mîn herze spilt gein im vor vreuden, als ez welle toben. | Mein Herz schlägt für ihn vor Freude, als ob es toben wollte. |
| ich hœr in dort singen vor den kinden. | Ich höre ihn dort vor den Kindern singen. |
| jâne wil ich nimmer des erwinden, | Auf diese Weise will ich das nicht beenden, |
| ich springe an sîner hende zuo der linden.“ | ich springe an seinen Händen zu den Linden.“ |
| II | |
| Diu muoter rief ir nâch: | Die Mutter rief ihr nach: |
| sî sprach: „tohter, volge mir, niht lâ dir wesen gâch! | Sie sprach: „Tochter, folge mir, lass dich nicht drängen! |
| weistû, wie geschach | Weißt du, was |
| dîner spilen Jiuten vert, alsam ir eide jach? | deiner Gespielin Jiute früher passiert ist, wie ihre Mutter sagte? |
| der wouhs von sînem reien ûf ir wempel, | Ihr Bauch wuchs von seinem Tanz |
| und gewan ein kint, daz hiez si lempel: | und sie bekam ein Kind, das sie Lempel nannte: |
| alsô lêrte er sî den gimpelgempel.“ | So zeigte er ihr die Tanzweise/den Penis.“ |
| III | |
| „Muoter lât iz sîn! | „Mutter lass es sein! |
| er sante mir ein rôsenschapel, daz het liehten schîn, | Er legte mir einen Rosenkranz, der hell geleuchtet hat |
| ûf daz houbet mîn, | auf meinem Kopf, |
| und zwêne rôten golzen brâhte er her mir über Rîn: | und er brachte mir zwei rote Schuhe über den Rhein: |
| die trag ich noch hiwer an mînem beine. | die trage ich noch jetzt an meinem Bein. |
| des er mich bat, daz weiz ich niewan eine. | Worum er mich bat, das weiß nur ich allein. |
| jâ volge ich iuwer ræte harte kleine.“ | Auch folge ich euerem Rat überhaupt nicht.“ |
| IV | |
| Der mouter der wart leit, | Der Mutter, der war es leid, |
| daz diu tohter niht enhôrte, daz si ir vor geseit; | dass die Tochter nicht erhörte, was sie ihr vorhersagte; |
| iz sprach diu stolze meit: | Es sprach das stolze Mädchen: |
| „ich hân im gelobt: des hât er mîne sicherheit. | „Ich habe ihn zum Mann genommen: Dafür hat er mein Ehrenwort. |
| waz verliuse ich dâ mit mîner êren? | Warum soll ich damit meine Ehre aufs Spiel setzen? |
| jâne wil ich nimmer widerkêren, | Auf diese Weise will ich nicht wieder zurückkehren, |
| er mouz mich sîne geile sprünge lêren.“ | er muss mir seine begierigen Sprünge zeigen. |
| V | |
| Diu muoter sprach: „wol hin! | Die Mutter sprach: „Auf! |
| verstû übel oder wol, sich, daz ist dîn gewin: | Verstehe es wohl oder übel, sieh, das ist dein Gewinn: |
| dû hâst niht guoten sin. | du hast keinen guten Sinn. |
| wil dû mit im gein Riuwental, dâ bringet er dich hin: | Willst du mit ihm ins Jammertal, dann bringt er dich hin: |
| alsô kann sîn treiros dich verkoufen. | So kann sein Tanzlied dich aufgeben. |
| er beginnt dich slahen, stôzen, roufen | Er beginnt dich zu schlagen, dich niederzustoßen, dich zu prügeln |
| und müezen doch zwô wiegen bî dir loufen.“ | und es müssen doch zwei Wiegen bei dir laufen.“ |
Übersetzung Winterlied 24
| Mittelhochdeutsch | Übersetzung |
|---|---|
| I | |
| Sumer, dîner süezen weter müezen wir uns ânen; | Sommer, wir müssen auf dein schönes Wetter verzichten: |
| dirre kalte winder trûren unde senen gît. | Dieser kalte Winter verursacht Traurigkeit und Sehnsucht. |
| ich bin ungetroestet von der lieben wolgetânen. | Ich bin hoffnungslos auf die lieben Schönheiten. |
| wie sol ich vertrîben dise lange swaere zît, | Wie soll ich diese lange schwere Zeit vertreiben, |
| diu die heide velwet unde mange bluomen wolgetân? | die die Heide und einige Blumen kräftig entfärbt? |
| dâ von sint die vogele in dem walde des betwungen, daz si ir singen müezen lân. | Davon sind die Vögel im Wald gezwungen, dass sie ihr Singen unterlassen müssen. |
| II | |
| Alsô hât diu vrouwe mîn daz herze mir betwungen, | So hat meine Dame mein Herz erobert, |
| daz ich âne vröude muoz verswenden mîne tage. | dass ich ohne Freude meine Tage verschwenden muss. |
| ez vervaehet niht, swaz ich ir lange hân gesungen; | Es nützt nichts, was ich ihr lange vorgesungen habe; |
| mir ist alsô maere, daz ich mêre stille dage. | so ist es mir gleichgültig, dass ich sehr stillschweige. |
| Ich geloube niht, das sî den mannen immer werde holt: | Ich glaube nicht, dass sie den Männern immer wohlgesonnen sein wird: |
| wir verliesen, swaz wir dar gesingen unde gerûnen, ich und jener Hildebolt. | Wir gaben auf, was wir da singen und raunen, ich und jener Hildebolt. |
| III | |
| Der ist nû der tumbist under geilen getelingen, | Dieser ist nun der Dümmste unter den begierigen Burschen, |
| er und einer, nennet man den jungen Willegêr: | ihn und <noch> einen nennt man den jungen Willeger: |
| den enkunde ich disen sumer nie von ir gedringen, | ich konnte ihn diesen Sommer nie von ihr wegdrängen, |
| sô der tanz gein âbent an der strâze gie entwer. | bis der Tanz gegen Abend an der Straße abgelehnt wurde. |
| mangen twerhen blic den wurfen sî mich mit den ougen an, | Sie warfen mir mit den Augen so manchen schiefen Blick zu, |
| daz ich sunder mînes guoten willen vor in beiden ie ze sweime muose gân. | dass ich gegen meinen guten Willen wegen ihnen beiden immer ins Schwanken kommen werde. |
| IV | |
| Wê, daz mich sô manger hât von lieber stat gedrungen | Wehe, dass mich so mancher von der günstigen Stelle weggedrängt hat |
| beidiu von der guoten unde ouch wîlent anderswâ! | sowohl von der guten und auch einst anderswohin! |
| oedelîchen wart von in ûf mînen tratz gesprungen. | Töricht wurde von ihm auf meinen Widerstand hin getanzt. |
| ir gewaltes bin ich vor in mînem schophe grâ. | Wegen ihrer Gewalt bin ich vorn auf meinem Kopf grau. |
| doch sô neic diu guote mir ein lützel über schildes rant. | Doch so neigte sich die Gute ein wenig über den Rand des Schildes zu mir. |
| gerne mugt ir hoeren, wie die dörper sint gekleidet: üppiclîch ist ir gewant. | Gerne könnt ihr hören, wie die Dörper gekleidet sind: übermütig ist ihre Kleidung. |
| V | |
| Enge röcke tragent sî und smale schaperûne, | Sie tragen enge Obergewänder und knappe Mäntel, |
| rôte hüete, rinkelohte schuohe, swarze hosen. | rote Hüte, Schnallenschuhe, schwarze Hosen. |
| Engelmâr getet mir nie sô leide an Vriderûne, | Engelmar tat mir nie so <großes> Leid an in Bezug auf Friderun, |
| sam die zwêne tuont. ich nîde ir phellerîne phosen, | wie es die beiden tun. Ich hasse ihre seidenen Beutel, |
| die si tragent: dâ lît inne ein wurze, heizet ingewer. | die sie bei sich tragen: darin befindet sich eine Wurzel, sie heißt Ingwer. |
| der gap Hildebolt der guoten eine bî dem tanze; die gezuhte ir Willegêr. | Hildebolt gab der Guten eine davon beim Tanz, diese entriss ihr Willeger. |
| Va | |
| Gern west ich, wie es die torpper vnter einander trachten. | Gerne wüsste ich, wie es die Dörper untereinander betrachten. |
| sie trugen peckkelhauben, darczu lange swert | Sie trugen Eisenhauben, dazu lange Schwerter. |
| ir spottigkeit, ir laster sie gar zu laster brachten: | Ihre Spottlust, ihr Laster brachte sie gar zur Schande: |
| des wurdens durch die goller mer denn halb gewert. | dadurch wurden sie durch den Brustharnisch mehr als halb geschützt. |
| sie stritten mit einander einen ganczen summer langen tag. | Sie stritten einen ganzen langen Sommertag miteinander. |
| das ir geläße sahe herre Neithart, do er in dem vas bey dem wein lag. | Herr Neidhart sah ihr Benehmen, da er bei dem Fass Wein lag. |
| VI | |
| Sagte ich nû diu maere, wie siz mit ein ander schuofen, | Ich erzählte nun die Geschichte, wie sie es miteinander trieben, |
| des enweiz ich niht: ich schiet von danne sâ zehant. | das weiß ich nicht: Ich hielt mich sofort von dort fern. |
| manneglîch begunde sînen vriunden vaste ruofen; | Jeder begann seinen Freunden laut zu rufen; |
| einer der schrê lûte: „hilf, gevater Weregant!“ | einer schrie laut: „Hilf, mein Freund Weregant!“ |
| er was lîhte in grôzen noeten, dô er sô nâch helfe schrê. | Er war sicher in großer Verzweiflung, da er so nach Hilfe schrie. |
| Hildeboldes swester hôrte ich eines lûte schrîen: „wê mir mînes bruoder, wê!“ | Hildebolts Schwester hörte ich allein laut schreien: „Wehe mir mein Bruder, wehe!“ |
| VIa | |
| Dô kam schiere ein geteline geloufen von dem strîte: | Da kam bald ein Bursche von dem Streit herbeigerannt; |
| den frâgt ich der maere. "Willeher mit ellen streit. | den fragte ich nach der Geschichte. „Willeher streitet mit Kraft. |
| Hildeboltes schapperûn der ist zerzerret wîte | Hildebolts Mantel ist überall zerissen |
| und dar zuo sîn enger roc wol drîer spannen breit." | und dazu sein enges Obergewand wohl drei Spannen breit.“ |
| daz geschach umb eine wurzen, die man ûz der hende ir brach. | Dies geschah wegen einer Wurzel, die man ihr aus den Händen riss. |
| des engalt vil mangiu spaehiu hûbe, die man bî dem tanze zerzerret ligen sach. | Daher geht es um viele schöne Hauben, die man bei dem Tanz <dort> zerrissen liegen sah. |
| VII | |
| Wâ bî sol man mîn geplätze hinne vür erkennen? | Wodurch soll man mein Geschwätz künftig erkennen? |
| hie envor dô kande man iz wol bî Riuwental. | Bisher kannte man es wohl dort beim Jammertal. |
| dâ von solde man mich noch von allem rehte nennen: | Davon sollte man mich noch zu allem Recht erwähnen: |
| nust mir eigen unde lêhen dâ gemezzen smal. | Nun ist mein Eigentum und Lehen dort sehr klein bemessen. |
| kint, ir heizet iu den singen, der sîn nû gewaltic sî! | Kinder, ihr werdet in den Gesänge genannt, der Sinn sei nun gewaltig! |
| ich bin sîn verstôzen âne schulde: mîne vriunt, nu lâzet mich des namen vrî! | Ich bin ohne Schuld verstoßen worden: Meine Freunde, nun lasst mich frei von diesem Namen! |
| VIII | |
| Ich hân mînes herren hulde vloren âne schulde: | Ich habe den Wohlwollen meines Herren ohne Schuld verloren: |
| dâ von so ist mîn herze jâmers unde trûrens vol. | davon ist mein Herz voller Kummer und Trauer. |
| rîcher got, nu rihte mirz sô gar nâch dîner hulde, | Großzügiger Gott, ich strebe so sehr nach deiner Gnade, |
| manges werden friundes daz ich mich des ânen sol! | Ich werde Freunde verlieren, wenn ich darauf verzichten soll! |
| des hân ich ze Beiern lâzen allez, daz ich ie gewan, | Das alles habe ich in Bayern gelassen, was ich jemals gewann, |
| unde var dâ hin gein Ôsterrîche und wil mich dingen an den werden Ôsterman. | und gehe dorthin nach Österreich und will mich bei den würdigen Österreichern verteidigen. |
| IX | |
| Mîner vînde wille ist niht ze wol an mir ergangen: | Der Wille meiner Feinde gereichte mir nicht zum Wohl: |
| wolde ez got, sîn mähte noch vil lîhte werden rât. | Wollte es Gott, werden seine Mächte sicherlich Rettung geben. |
| in dem lande ze OEsterrîche wart ich wol enphangen | In dem Land Österreich wurde ich freundlich empfangen |
| von dem edeln vürsten, der mich nû behûset hât. | von einem edlen Fürsten, der mich aufgenommen hat. |
| hie ze Medelicke bin ich immer âne ir aller danc. | Hier in Medelicke bin ich immer ohne ihr aller Dank. |
| mir ist leit, daz ich von Eppen und von Gumpen ie ze Riuwental sô vil gesanc. | Ich bin traurig, dass ich so viel von Eppen und von Gumpen von jeher beim Reuental gesungen habe. |
| IXa | |
| Her Nîthart hât uns hie verlâzen als diu krâ den stecken, | Herr Neidhart hat uns hier verlassen wie die Krähe den Stock, |
| diu dâ hinne fliuget unde sitzet ûf ein sât. | die dort fortfliegen und auf ein Saatfeld sitzen. |
| ez sol ein man mit fremden frouwen niht ze vil gezecken, | Es soll ein Mann nicht zu viel Scherz treiben mit fremden Frauen, |
| der der wâren schulde an sîner keine vunden hât. | der keine wahre Schuld bei sich gefunden hat. |
| er niez sîn tegelîche spîse (der hât er dâ heime genouc), | Er genießt seine tägliche Speise (davon hat er zuhause genug), |
| lâz Hildebolten mit gemache! ez was ein eichel, die er bî im in dem biutel truoc. | lass Hildebolt mitmachen! Es war eine Eichel, die er bei sich im Beutel trug. |
| X | |
| Rädelohte sporen treit mir Fridepreht ze leide, | Runde Sporen führt Friedepreht zu meinem Leid, |
| niuwen vezzel hât er baz dan zweier hende breit. | er hat einen neuen Schwertgurt, mehr als zwei Hände breit. |
| rucket er den afterreif hin wider ûf die scheide, | Er rückt das Band wieder auf die Schwertscheide, |
| wizzet, mîne vriunde, daz is mir ein herzenleit! | wisst, meine Freunde, das ist mir ein Herzensleid! |
| zwêne niuwe hantschuoh er unz ûf den ellenbogen zôch. | Er zog uns zwei neue Handschuhe bis zum Ellenbogen hinauf. |
| mugt ir hoeren, wie der selbe gemzinc von der lieben hiuwer ab dem tanze vlôch? | Könnt ihr hören, wie derselbe Gemsbock jetzt wegen dem Tanz vor der Geliebten geflohen ist? |
| Xa | |
| Er gap versengelt wol, rehte als im waer an gebunden | Er lief sichder davon, geradeaus als ob er angebunden wäre. |
| ein swînes blâse, alsô man den wilden hunden tuot. | Eine Schweineblase, wie man sie den wilden Hunden gibt. |
| ofte brach er sînen zelt, als sî doch wol befunden, | Oft unterbrach er seinen Schritt, als sie diesen doch sicher bemerkten, |
| Hatze und Pletze und jeniu ir gespile Hademuot. | Hatze und Pletze und jene, ihre Gespielin Hademuot. |
| frâget Engeltrûten, wiez laeg umbe ir bruoder Fridebreht! | Engeltrut fragt, wie es um ihren Bruder Fridebreht steht! |
| "ach ach, er hât verrenket sich vor vorhte", alsô hât si mir geseit, "der toersche kneht." | „Ach, ach, er ist aus Angst umgeknickt“, so hat sie mir erzählt, „der dumme Knecht.“ |
| Xb | |
| Sach ab ieman jenen mit der gickelvêhen täcken? | Ob jemand jenen mit der bunt (gescheckten) Zacke sah? |
| die treget er ûf der hende und klopfet ûf sîn niuwez swert: | Diese trägt er in den Händen und klopft auf sein neues Schwert: |
| dâ mite er uns des nahtes ab der gazzen wil erschrecken. | Damit will er uns nachts aus der Gasse scheuchen. |
| der selbe dünket sich noch mêr dan drîer bônen wert, | Derselbe hält sich noch für mehr als drei Bohnen wert, |
| als er danne gerûzet unde gedraeset, der vil übele man, | wenn er dann schnarcht und belästigt, der sehr jämmerliche Mann, |
| und im sîn täcke ringeleht erklinget dem gelîche, als er trage ein goller an. | und ihm ertönt dementsprechend seine ringförmige Zacke, als ob er einen Brustharnisch träge. |
Übersetzung Winterlied 13
| Mittelhochdeutsch | Übersetzung |
|---|---|
| I. | |
| Wi überwinde ich beide | Wie bewältige ich beides, |
| mîn liep und die sûmerzît? | meine Liebe und die Sommerzeit? |
| ine kan die wolgetânen schiere niht verklagen. | Ich kann die Schönen nicht gleich vergessen. |
| von sô grôzem leide, | Von so großem Kummer, |
| mir riuwe âne vröude gît, | mir Schmerz ohne Freude bereitet, |
| trûre ich wol von schulden nû ze disen trüeben tagen, | betrauere ich wohl mit Recht nun diese trüben Tage, |
| di uns den winder kündent, der uns manger vröude roubet. | die uns den Winter ankündigen, der uns manche Freude raubt. |
| sanges habent sich diu kleinen vogelîn geloubet: | Die Vöglein haben das Singen aufgegeben: |
| alsô möhte ich wol mit mînem sange stille dagen. | So will ich gewiss mit meinem Gesang still schweigen. |
| II. | |
| Sol mich niht vervâhen | Es soll mich nicht einnehmen, |
| mîn trôst und mîn wân, | mein Trost und meine Hoffnung, |
| sô enweiz ich, was genâden ich mich trœsten mac. | so weiß ich, mit welchem Beistand ich mich trösten kann. |
| wol mac ir versmâhen | Ihr könnt wohl meinen Dienst |
| mîn dienest, den ich ir hân | verachten, den ich ihr |
| lange her geleistet und des ie mit triuwen phlac. | bis jetzt lange geleistet habe und deshalb immer mit Treue ausübte. |
| alsô phlæge ichs immer gerne, möhte ich des geniezen, | So würde ich es immer gerne machen, ich möchte davon profitieren, |
| sô daz mich die dörper mînes lônes iht verstiezen. | sodass mich die Dörper wegen meinem Lohn nicht verstoßen. |
| des ist Uoze grîfic und sîn rûher schavernac. | Danach ist Uoze gierig und nach seiner struppigen Pelzmütze. |
| III. | |
| Engelwân und Uoze | Engelwan und Uoze, |
| die zwênè sint mír geház | ich hasse die beiden |
| (schaden unde nídes muoz ich mich von in versehen) | (Mit Schaden und Neid muss ich bei ihnen rechnen) |
| und der geile Ruoze: | und der übermütige Ruoze: |
| wie tíuwèr er sích vermáz, | Wie prächtig er sich rühmte, |
| der bestüende mich durch sî! die drîe widerwehen | er übertreffe mich durch sie! Die drei stellen sich mir |
| râtent unde brüevent, daz ich ane lôn belîbe. | ratend und beurteilend entgegen, dass ich ohne Lohn bleibe. |
| niht envolge ir lêre, vrouwe, liebist aller wîbe! | Folge nicht ihren Ratschlägen, Dame, liebste aller Frauen! |
| lone mîner jâre; lâz in leit an mir geschehen! | Belohne mich für mein Alter; lass ihnen Leid wegen mir widerfahren! |
| IV. | |
| Vrouwe, dîne güete | Dame, deine Barmherzigkeit |
| di erkénne ìch sô mánicvált, | die erkenne ich so vielfältig, |
| daz ich liebes lônes von dir noch gedingen hân. | dass ich noch auf deinen Liebeslohn hoffe. |
| daz mich ie gemüete, | ich war immer darum besorgt, |
| die spränzlér und ír gewált, | die Bauern und ihre Gewalt, |
| daz was mit den bluomen hin. nu wil mir Engelwân | da war es mit den Blumen vorbei. Nun will Engelwan mich |
| dîne hulde verren: daz im müeze mísselingen, | von deiner Gunst fernhalten: Das muss ihm misslingen, |
| sô daz hundert swert ûf sînem kophe lûte erklingen! | sodass hundert Schwerter auf seinem Kopf laut erklingen! |
| snîdent sî ze rehte, sî zerüttent im den spân. | Sie schneiden <ihn> zurecht, sie verderben ihm das Glied. |
| V. | |
| Seht an Engelwânen, | Seht Engelwan an, |
| wie hôhe ér sîn hóubet tréit! | wie hoch er sein Haupt trägt! |
| swanne er mit gespannem swerte bî dem tanze gât, | Immer wenn er mit gespanntem Schwert zum Tanz geht, |
| sô ist er niht âne | so ist er nicht ohne |
| der vlaemìschen höveschéit, | flämische Ritterlichkeit, |
| dâ sîn vater Batze wênic mit ze schaffen hât. | da sein Vater Batze wenig damit zu tun hat. |
| nu ist sîn sun ein oeder gouch mit sîner rûhen hûben: | Nun ist sein Sohn ein törichter Dummkopf mit seiner struppigen Mütze: |
| ich gelîche sîn gephnaete ze einer saten tûben, | Ich setze seine Aufgeblasenheit mit einer gesättigten Taube gleich, |
| diu mit vollem krophe ûf einem korenkasten stât. | die mit vollem Kropf auf einem Getreidespeicher steht. |
| VI. | |
| Swer in sîner tougen | Wer auch immer in seinem Innersten |
| ie líep òde leit gewán, | immer Liebe oder Leid erlebte, |
| dem sint mîne sorgen und mîn kumber wol bekant. | dem sind meine Sorgen und meinen Kummer wohl bekannt. |
| sît ich mînen ougen | Seit ich meinen Augen |
| den stîc nìht verbíeten kán, | den Stoß nicht vorenthalten kann, |
| sî enblicken hin, dâ Rouze tanzet an ir hant, | sehen sie hin, wenn Rouze an ihrer Hand tanzt, |
| sô verlâze ich kûme, deich mich selben niht enroufe: | So gehe ich mit Mühe (und Not) davon, damit ich mich selbst nicht schlage: |
| solhen wehsel nement, die dâ minnent, an ir koufe. | Einen solchen Wechsel nehmen sie, die da lieben, in Kauf. |
| Minne, lâ mich vrî! mich twingent sêre dîniu bant. | Liebe, lass mich frei! Mich beherrschen deine Fesseln völlig. |
| VII. | |
| Minne, dîne snüere | Liebe, deine Schnüre |
| die twíngènt daz hérze mîn, | die quälen mein Herz, |
| daz ich hân ze strîte wider dich deheine wer. | dass ich mich gegen dich mit irgendeiner Hilfe gewehrt habe. |
| swie verholne ich rüere | Wie verborgen ich |
| den zímbèl der zélle dîn, | die Glocke in deiner Kammer bewege, |
| sô bin ich betwungen des, daz ich dir hulde swer. | so bin ich dazu gezwungen, dass ich dich huldige. |
| vrouwe Minne, dîn gewalt ist wider mich ze strenge; | Frau Minne, deine Macht ist zu gewaltig für mich; |
| küneginne, dîner ungenâde niht verhenge, | Königin, lass deine Unbarmherzigkeit nicht zu, |
| daz si mich verderbe! ja ist si über mich ein her. | sodass sie mich vernichten würde! Ja sie ist mir überlegen. |
Übersetzung Winterlied 1
| Mittelhochdeutsch | Übersetzung |
|---|---|
| I | |
| Winder, uns wil din gewalt | Winter, uns will deine Gewalt |
| in die stuben dringen | in die Stuben drängen |
| von der linden breit: | von der großen Linde. |
| dine winde die sint kalt. | Deine Winde, die sind kalt. |
| lerche, la din singen! | Lerche, unterlasse dein Singen! |
| dir hat widerseit | Dir haben sich beide entgegengestellt; |
| beide rife und ouch der sne; | Reif und auch der Schnee; |
| du muost stille swigen: | Du musst still schweigen: |
| so klag ich den grüenen kle. | so beklage ich den grünen Klee. |
| meie, ich wil dir nigen; | Mai, ich will mich vor dir verneigen, |
| mir tuot der winder we. | mir tut der Winter weh. |
II
| Tanzet, lachet weset vro! | Tanzt, lacht, seid froh! |
| daz zimt wol den jungen | Das steht wohl den Jungen |
| disen winder lanc. | diesen Winter lang an. |
| iu ze stiuwer gibe ich so | Als Steuer gebe ich so |
| hiwer von miner zungen | jetzt von meiner Zunge, |
| einen niuwen sanc, | einen neuen Gesang, |
| daz ir ane swaeren muot | damit ihr ohne schweres Gemüt |
| vreude mugt erbiten. | Freude erhoffen könnt. |
| Engelmar, din stube ist guot: | Engelmar, deine Stube ist gut: |
| küele ist an der liten. | kühl ist es am Abhang. |
| der winder schaden tuot. | Der Winter richtet Schaden an. |
| III | |
| Etzel, Ruoze und Adelber | Etzel, Ruoze und Adelber |
| und der geile Rüele. | und der übermütige Rüele. |
| zesamen hânt gesworn | Zusammem haben sie sich |
| alle ûf einen dörper hêr: | alle gegen einen hochmütigen Dörper verschworen. |
| derst von Wîtenbrüele | Der ist von Witenbrüele |
| und brüevet grôzen zorn. | und erfährt großen Hass. |
| daz enkunde ich ê noch sît | Ich erfahre seitdem noch früher, |
| nie voltagedingen. | dass es nie geschlichtet wird. |
| Rüele enwolte enwiderstrît | Rüele wollte um die Wette |
| an dem reien springen: | beim Tanzen springen: |
| daz was Lanzen nît. | damit Lanzen neidisch war. |
| IV | |
| Lanze eine treien treit, | Lanze tanzt einen Tanz, |
| diu ist von barchâne, | der ist von brachane, |
| grüene alsô der klê. | grün wie der Klee. |
| ze wîge hât er sich bereit: | Auf die Weihe hat er sich vorbereitet: |
| er lebet in dem wâne, | Er lebt in dem Glauben, |
| daz im niht widerstê. | dass sich ihm nichts entgegensteht. |
| dar in er gesteppet hât | Da hat er |
| ein guot îsnîn hemde, | ein gutes Eisenhemd genäht, |
| limmende als ein ber er gât; | brummender als ein Bär geht er; |
| guot muot ist im vremde. | eine gutes Herz ist ihm fremd. |
| erst kint, der in bestât. | er ist ein Kind, der ihn überwältigt. |
| IVa | |
| Lanze der hât noch die frünt, | Lanze, der hat noch die Freunde, |
| die in niht enlâzen, | die ihn nicht im Stich lassen, |
| swie gar er sî ein kint. | als sei er gar ein Kind. |
| drî hân ich iu schîere gekünt, | Ich habe euch drei sofort bekannt gemacht, |
| die im ûf der strâzen | die auf der Straße |
| bîgestendic sint: | zu ihm halten: |
| Îsenbolt und Îsenhart | Isenbolt und Isenhart |
| und der junge Vrîte. | und der junge Vrite. |
| Rüele der wart nie sô zart, | Rüele, der war nie so lieb, |
| er wær an dem strîte | er war bei dem Streit |
| ze verhe wol bewart. | wohl bewahrt. |
| IVb | |
| Sô lâz wirs vehten umb den lîp. | So lassen wir sie um Leib (und Leben) kämpfen. |
| und gê wir zuo dem tanze: | und wir gehen zu dem Tanz: |
| dâ spring wir schône enbor. | Dort springen wir schön empor. |
| nu wol ûf, meide und jungiu wîp, | Nun wohl auf, Mädchen und junge Frauen, |
| Afrâ, Englîn, Franze, | Afra, Englin, Franze, |
| diu wil uns singen vor. | die wollen uns vorsingen. |
| Metze beit …. | Metze zögert …. |
| und kumet Adelheite | und Adelheit kommt |
| und über … Engellint | und über … Engellint |
| und Irmengart gemeite, | und die fröhliche Irmengart , |
| daz sint gar schœniu kint. | das sind sehr schöne Mädchen. |
Übersetzung Winterlied 27
| Mittelhochdeutsch | Übersetzung |
|---|---|
| I | |
| Mirst von herzen leide, | Mir tut es von Herzen leid, |
| daz der küele winder | dass der kalte Winter |
| verderbet schœner bluomen vil: | viele schöne Blumen zerstört: |
| sô verderbet mich ein senelîchiu arebeit. | So stürzt mich ein schmerzliches Leid ins Verderben. |
| dise sorge beide | Diese beiden Sorgen |
| dringent mich hin hinder | drängen mich zurück |
| ze ende an mîner vreuden zil. | zum Ende an den Endpunkt meiner Freude. |
| owê, daz diu guote mit ir willen daz vertreit, | Oh weh, dass die Gute das bewusst/gerne erträgt, |
| sît si wol geringen mac | seitdem sie wohl verringern kann |
| alle mîne swaere! | all mein Kummer! |
| hei, gelebte ich noch den tac, | Hei, würde ich nur noch den Tag erleben, |
| daz sî genaedic wære! | an dem sie gütig wäre. |
| II | |
| Swenne ich mich vereine | Immer wenn ich mich vereine |
| unde an sî gedenke, | und an sie denke, |
| waer inder wîbes güete dâ, | wäre dort Güte innerhalb einer Frau, |
| diune haete sich sô lange bî ir niht verholn. | die eine hätte sich bei ihr nicht so lange verborgen. |
| sît si lônet kleine | Wenn sie meine neuen Klänge |
| mîner niuwen klenke, | wenig belohnt, |
| wan mag ich dienen anderswâ? | wodurch kann ich anderswo dienen? |
| nein, ich wil mit willen disen kumber langer doln. | Nein, ich will diesen Kummer bewusst nicht länger erleiden. |
| waz, ob noch ein saelic wîp | Was, wenn noch eine glückliche Frau |
| gar den muot verkêret? | gar den Mut aufgibt? |
| vreu mîn herze und troeste den lîp! | Erfreue mein Herz und tröste das Bewusstsein! |
| diu zwei diu sint gesêret. | Die zwei sind verletzt. |
| III | |
| Zuo dem ungemache, | Zusätzlich zu dem Leid, |
| den ich von ir lîde, | das ich von ihr erfahre, |
| sô twinget mich ein ander leit, | so quält mich ein anderes Leid, |
| daz vor allem leide mich sô sêre nie betwanc, | das mich von allem Leid nie so stark quälte, |
| swiech dar umbe lache | weshalb ich darum lache |
| und gebâre blîde: | und mich fröhlich verhalte: |
| mir hât ein dörper widerseit | Ein Dörper hat sich mir entgegengestellt |
| umb anders niht wan umbe den mînen üppeclîchen sanc. | um nichts anderes als um meinen überflüssigen Gesang. |
| derst geheizen Adeltir, | Er hieß Adeltir, |
| bürtic her von Ense, | gebürtig aus Ense, |
| zallen zîten drôt er mir | zu allen Zeiten er droht mir |
| als einer veizten gense. | wie einer dicken Gans. |
| IV | |
| Hiwer an einem tanze | Dieses Jahr bei einem Tanz |
| gie er umbe und umbe. | ging er hin und her. |
| den wehsel het er al den tac: | Den Wechsel hat er jeden Tag: |
| glanziu schapel gap er umbe niuwiu krenzelîn. | Glänzende Bänder wickelte er um die neuen Kränze. |
| Etzel unde Lanze, | Etzel und Lanze, |
| zwêne knappen tumbe, | zwei törichte Burschen |
| die phlâgen ouch, des jener phlac. | die auch das zu tun pflegten, was jener zu tun pflegte. |
| Lanze der beswæret ein vil stolzez magedîn; | Lanze, der bedrängte ein sehr edles Mädchen; |
| eine kleine rîsen guot | ein kleines Laubgeflecht |
| zarte er ab ir houbet, | riss er ihr fest vom Kopf, |
| dar zou einen bluomenhuot: | dazu einen Hut mit Blumen: |
| wer het im daz erloubet? | Wer hat ihm das erlaubt? |
| V | |
| Owê sîner hende! | Ohwe seine Hände! |
| daz si sîn verwâzen! | Dass sie ihn verdammen! |
| die vinger müezen werden vlorn, | Die Finger müssen verdammt werden, |
| dâ mit er gezerret hât den schedelîchen zar! | womit er den schlimmen Riss aufgerissen hat! |
| hiete er ir gebende | Hätte er ihren Kopfschmuck |
| ungezerret lâzen, | unzerrissen gelassen, |
| daz kränzel hiete ouch sî verkorn. | hätte auch das Kränzchen sie ausgewählt. |
| er ist ungevüeger danne wîlen Engelmâr, | Er ist viel ungestümer als einst Engelmar, |
| der gewalticlîchen nam | der gewaltsam Friderun |
| den spiegel Vriderûne. | den Spiegel wegnahm. |
| des bin ich dem dörper gram, | deshalb bin ich dem Dörper böse, |
| den selben Walberûne. | genauso dem Walberun. |
| VI | |
| Dise alten schulde | Dieses alte Unrecht |
| wecket mir diu niuwe: | weckt mir ein neues: |
| ez hât ein geiler getelinc | Es hat ein fröhlicher Bursche |
| hiwer an mir erwecket, swaz mir leides ie geschach. | mich jetzt wachgerüttelt, was für ein Leid mir je geschah. |
| ê ichz lange dulde, | Ehe ich es länger erdulde, |
| sêt des mîne triuwe, | seht daher meine Beständigkeit, |
| gespringe ich zuo zim in den rinc, | mit der ich zu ihm in den Ring springe, |
| er bestât sîn buoze, daz er ir ze vrouwen jach, | er erhält seine Strafe, dass er sich auf die Frau stürzt, |
| der ich lange gedienet hân | der ich lange gedient habe |
| her mit ganzer staete! | mit ganzer Treue! |
| wolde er sî gerouwet lân, | Wollte er sie in Ruhe lassen, |
| wie rehte er danne taete! | dann würde er das Richtige tun! |
| VII | |
| Wê, waz hât er muochen! | Wehe, was hat er für Flausen <im Kopf>! |
| si kumt im niht ze mâze. | Sie kommt ihm nicht zugute. |
| zwiu sol sîn pîneclîch gebrech? | Was soll sein qualvoller Lärm? |
| im enmac gehelfen niht sîn hovelîch gewant. | Ihm kann seine höfische Kleidung nicht helfen. |
| er sol im eine suochen, | Er soll ihm eine suchen, |
| diu in werben lâze. | die ihn werben lässt. |
| diu sînen rôten buosemblech | Seine rote Brustplatten |
| diu sint ir ungenaeme gar, dar zuo sîn hiufelbant. | die sind für sie ganz und gar abstoßend, dazu sein Brustband. |
| enge ermel treit er lanc, | Enge Ärmel trägt er lang, |
| die sint vor gebraemet, | diese sind vorne am Saum |
| innen swarz und ûzen blanc. | innen schwarz und außen weiß verziert. |
| mit sîner rede er vlaemet. | Er spricht wie ein Flame. |
| VIIa | |
| Sîner snüere strangen | Seine Schnürstränge |
| tengelnt an den orten: | baumeln <dort> an dem Saum: |
| dâ hanget wunder pfeffers an, | Daran hängt eine Menge Pfeffer, |
| muscât, negele, pfâwenspiegel: dêst der dörper glanz. | Muskat, Nelken und Pfauenkraut: Das ist das Aussehen der Dörper. |
| er wil überdrangen | Er will ein Mädchen |
| ein meit mit süezen worten, | mit süßen Worten überwältigen, |
| des im doch niht gehelfen kan | wobei ihm doch seine übertriebene Kleidung nicht helfen kann |
| sîn üppiclîch gewant und dar zuo sîn vil waeher swanz. | und dazu seine sehr prächtiges Tanzkleid/Schleppe. |
| ein vil guotez lînîn tuoch, | Ein sehr kostbares Leinentuch, |
| sehzehn elen kleine, | genau sechzehn Ellen, |
| hât sîn hemde und ouch sîn bruoch: | hat sein Hemd und auch seine Hose: |
| der site ist ungemeine. | Sein Verhalten ist ungewöhnlich/fremd. |
| VIIb | |
| Her Nîthart, mugt irz lâzen? | Herr Neidhart, könnt ihr es unterlassen? |
| iu mac misselingen. | Es kann euch misslingen. |
| nu habt ez ûf die triuwe mîn, | Nun nehmt es bei meinem Wort, |
| und mag ich, ez muoz iu bî dem tanze werden leit! | und ich möchte, dass es euch beim Tanze leid tun wird! |
| welt ir uf der strâzen | Wollt ihr euch auf der Straße |
| vil mit uns gedringen, | mit uns drängeln, |
| swie breit ab iuwer multer sîn, | auch wenn euer Mehltrog breit ist, |
| dâ gelpfe schînet under iuwer ringelehte pfeit, | dort strahlt Glanz unter eurem geringelten Hemd, |
| und sult ir sîn der tiuvel gar | und solltet ihr gar der Teufel sein |
| mit iuwerm glitzeden huote, | mit eurem glänzenden Hut, |
| zwâre ich mache in bluotes var | verrichte ich wahrhaft ein Blutbad |
| mit mînem swerte guote. | mit meinem guten Schwert. |
| VIIc | |
| "Nû dar, ziere gesellen, | "Nun dann, prächtige Freunde, |
| nu stât mir algelîche, | nun steht mir allesamt bei, |
| helfet, daz wir in bestân, | helft, dass wir ihn überwältigen, |
| der uns bî dem tanze mit gemache niht enlât! | der uns beim Tanzen nicht in Ruhe lässt! |
| ich trûwe in wol ervellen", | Ich hoffe ihn wohl zu Fall zu bringen", |
| sô sprach Amelrîche: | so sprach Amelrîche: |
| "die hant die muoz er mir hie lân, | "Die Hand muss er mir hier lassen, |
| dâ der spreckelehte vogel oben ûfe stât, | da der gesprenkelte Vogel oben drauf steht |
| und dar zuo dem zeswen fuoz, | und dazu mit dem rechten/starken Fuß, |
| dar an der spore klinget. | an dem die Spore erklingt. |
| jâ geschaffe ich mir sîn buoz, | Ja ich sorge für seine Strafe, |
| daz er von uns niht singet." | sodass er nicht mit uns singt." |
Übersetzung c1
| Mittelhochdeutsch | Neuhochdeutsch |
|---|---|
| I | |
| Der swarcze dorn ist worden weis, | Der schwarze Dorn ist weiß geworden, |
| nun hat der maie seinen vleis | nun hat der Mai seinen Leib |
| geleget an den anger, | auf die Wiese gelegt, |
| gar zergangen ist der schne, | der Schnee ist völlig geschmolzen, |
| man siht hewer aber als ee | man sieht aber dieses Jahr sehr früh |
| die liechten plumblein swanger. | die hellen vollen Blüten. |
| der maie hat die veld gar schön beseczet | Der Mai hat die Felder gar schön besetzt |
| mit gamillen plúmlein fein, | mit feinen Kamillenblumen, |
| fro so singen die vogelein, | froh singen die Vöglein, |
| irs laids sind sie ergeczet. | ihr Leid haben sie vergessen. |
| II | |
| Da fúr ich lob die rainen weib, | Dafür lobe ich die untadeligen Frauen, |
| der wolgetraut globter leib | deren vertrauensvoll gelobter Leib |
| kan pringen hoch gemúte. | ein Hochgefühl/Hochherzigkeit verursachen kann. |
| die sich vor valsche hand behút, | Diejenige, die sich vor falscher Hand hütet, |
| die lob ich fur alles gut, | die lobe ich für alles Gute, |
| so wol dir, weibes gute! | so sei dir wohl, gute Frau! |
| weib, behalt dein er, das will ich dir raten, | Frau, behalte deine Ehre, das will ich dir raten, |
| durch dein frölich weiblich zucht | durch deinen fröhlichen weiblichen Anstand |
| weib, du auserwelte frucht, | Frau, du auserwählte Frucht, |
| la túme minner braten! | lass den törichten Liebhaber braten! |
| III | |
| Nun sung ich gern der frawen mein, | Nun singe ich gerne für meine Frauen, |
| so irret mich ein ander pein, | so hält mich ein anderes Bein auf, |
| ich sahe die dörper raien | ich sah die Dörper |
| gar uppiglichen auf dem plan, | gar übermütig auf dem Platz tanzen/sich paaren, |
| baide, frawen unde man, | alle, Frauen und Männer, |
| die empfiengen schön den maien. | die empfingen den schönen Mai. |
| her langer Lancze, daz sult ir mir rechen, | Herr lange Lanze, das sollt ihr mir antun, |
| darczu so clag ich euch, herr Pflug, | sodass ich euch dabei Klage gegen euch erhebe, Herr Pflug, |
| ir rechet mir diesen ungefug, | ihr tut mir diese Grausamkeit an, |
| das in ir rúcken brechen. | dass ihnen ihr Nacken breche. |
| IV | |
| Ich kam dohin gein Zeisselmaur, | Ich kam dorthin richtung Zeisselmaur, |
| die fart ward mir eins tails zu sawer, | die Fahrt wurde mir teilweise zu schwer, |
| ich hört da fremde mere. | ich hörte dort seltsame Geschichten. |
| do fand ich einen lobetancz | Ich hörte da von einem Ehrentanz |
| und von rosen mangen krancz, | und so manchen Rosenkränzen, |
| zergangen was mein swere. | so vergaß ich meinen Schwager. |
| ich zogt zu einem wirte, der was ziere, | Ich ging zu einem Wirt, der war edel, |
| des ward Engelmair gewar, | das wurde Engelmar bewusst, |
| elen weit was im sein har, | Ellen lang war sein Haar, |
| da hin so eilt er schiere | da eilt er schnell davon |
| V | |
| zu vierczig gattelingen gut, | gut vierzig Gefärten, |
| uppiglich stund in ir mut, | übermütig hat ihre Absicht Bestand, |
| die tanczten bei der linden. | die tanzten bei der Linde. |
| er sprach: "herr Neithart der ist hie, | Er sprach: "Herr Neidhart der ist hier, |
| der uns gespöttes nie erlie, | der uns nie den Spott erließ, |
| wol auf, das wir in finden. | wohl auf, dass wir ihn finden. |
| ir solt euch keines argen nicht gedencken, | Ihr sollt euch keine Sorgen machen, |
| ir get mir zúchtiglichen nach, | ihr geht folgt mir beherrscht nach, |
| auch seit zu fechten nicht zu gache, | ihr seid auch beim Kampf nicht zu schnell, |
| wir sond im frolich schencken." | wir werden ihm fröhlich den Abschiedstrunk reichen." |
| VI | |
| Vierczig käntelin mit wein | Sie vierzig Kännlein Wein |
| sie trungen in ein gertelein, | trugen sie in ein Gärtchen, |
| gar gros was ir geraisse: | so groß war ihre Erregung: |
| "seit got wilkum, herr Neithart, | "Seid Gott willkommen, Herr Neidhart, |
| euch sei geschenckt an diser fart." | euch sei eingeschenkt auf dieser Fahrt." |
| ich saß in einem swaisse, | ich saß im Schweiß, |
| ich sprach:"ich pin dem Neidhart ungeleiche, | ich sprach: "Ich bin dem Neidhart ungleich, |
| ich pin ein jeger, mir ist zorn, | ich bin ein Jäger, ch bin voller Zorn, |
| ich hab die hunde sein verlorn, | ich habe die Hunde des Fürsten |
| des fursten von Osterreiche." | von Österreich verloren." |
| VII | |
| Engelmair in da gepot | Engelmair versprach ihm da |
| bei dem Leben an den todt, | bei seinem Leben den Tod, |
| das sie sich saczten alle. | dass sie sich alle setzten. |
| so zuhant da schankt man ein | Sogleich schenkte man dann |
| den vil klaren osterwein, | den sehr klaren österreichischen Wein ein, |
| den truncken sie mit schalle. | den tranken sie mit Freude. |
| er sprach: "und wolt ir gogelfur erkennen, | Er sprach: "Und wenn ihr den Übermut erkennen wollt, |
| so siczt und seit ein frolich man, | so setzt euch und seid ein fröhlicher Mann, |
| ich hilf euch mit gemach hin dan, | ich helfe euch mit Vergnügen hinaus, |
| wolt ir mich nimmer nennen." | dass ihr mich nicht mehr erwähnen wollt." |
| VIII | |
| "Dir sei gelobet an die hant: | Dir sei in die Hand versprochen: |
| du wirst von mir nicht mer genant, | du wirst von mir nicht mehr erwähnt, |
| was ich will furbas singen, | <in dem>, was ich weiter singen will, |
| und auch was gedichten kan, | und auch was ich dichten kann, |
| du haist der ungenante man, | du wirst der namenlose Mann genannt, |
| du solt frolichen springen, | du sollst fröhlich springen, |
| und hais die öden schaiden aus dem garten." | und befehle den Öden aus dem Garten zu gehen." |
| "wol auf, ir herrn, wir sollen gan | "Wohl auf, ihr Herren, wir sollen gehen |
| gar zuchtiglichen auf den plan | gar ehrfurchtsvoll auf den Platz |
| und dienen frauen zarten." | und den schönen Frauen dienen." |
| IX | |
| Die verswunden so zuhant, | Sie verschwanden sofort, |
| do bracht man mir ein gut gewant, | da brachte man mir ein gutes Gewand. |
| das must ich dannen furen | Dadurch musste ich von dannen fahren |
| darczu so gabns mir ein pfert, | dazu gaben sie mir ein Pferd, |
| das was wol dreissig pfunde werdt | das war wohl dreißig Pfund wert |
| und zeltet nach den schnúren. | und ging im Passgang an den Zügeln. |
| des danckt ich schon den manen und den frawen | Dafür dankte ich den Männern und den Frauen schon |
| und rait daczu in auf den plan, | und ritt zu ihnen auf den Platz, |
| da mochten siben hundert stan, | da könnten siebenhundert Menschen stehen, |
| die mich begunden schawen. | die begannen mich anzuschauen. |
| X | |
| Auf die rais so was mir gah, | Auf der Reise hatte ich es eilig, |
| mir ward ein michel kaffen nach | mir war als ob mir einer heftig nachschaute, |
| von liechten augen schöne. | mit leuchtenden schönen Augen. |
| Friderunen näckelin, | Frideruns Nacken |
| das gab fur die andern schein, | der gab für die anderen Schein, |
| mit lob ichs imber kröne. | das kröne ich immer mit Lob, |
| ich rait gein Wien und sagt die abenteure, | Ich ritt nach Wien und erzählte die Geschichten, |
| wie sie mir alle trúgen has, | wie sie mir alle Hass entgegentrugen, |
| da ich in dem garten saß, | als ich dem Garten saß, |
| iedoch ward mir ir stewre. | jedoch wurde ich von ihnen gescholten. |
| XI | |
| Der herczog sandt gein Zeisselmaur, | Der Herzog sandte eine Botschaft nach Zeisselmaur, |
| er lie frei den selben pauer | er ließ denselben Bauern frei |
| und all sein hausgenossen. | und alle seine Hausgenossen. |
| des ward fro der Engelmar, | Darüber war Engelmar froh, |
| der mir half frölich von der schar | der half mir glücklich aus der Menge, |
| wol auf des reiches strassen. | wohl auf die Straße. |
| und Engelmair wil ich nimmer nennen, | Und Engelmair will ich nicht mehr erwähnen, |
| er haist der ungenante man, | er heißt der ungenannte Mann, |
| der wol mit Friderúnen kan, | der sich wohl mit Friederun versteht, |
| ir múgt in wol erkennen. | ihr könnt ihn sicher erkennen. |
Übersetzung Sommerlied 22
| Mittelhochdeutsch | Neuhochdeutsch |
|---|---|
| I* | |
| Der winter hât ein ende. | Der Winter hat ein Ende. |
| komen ist uns der meie, | Der Mai ist zu uns gekommen, |
| der uns bluomen bringet mager leie. | der uns so mancherlei Blumen bringt. |
| ich hoer diu vogelîn singen. | Ich höre die Vöglein singen. |
| wir suln alle springen, | wir sollen alle tanzen, |
| sîn gemeit. | fröhlich sein. |
| der walt ist wol geloubet, | Der Wald ist wohl belaubt, |
| diu linde guldîn tolden treit. | die Linde trägt eine goldene Baumkrone. |
| I | |
| Der linden welnt ir tolden | Die Linden wollen ihre Baumkronen |
| von niuwem loube rîchen; | mit neuem Laub schmücken. |
| da under lâzent nahtigal dar strîchen: | Darunter nisten sich die Nachtigallen ein: |
| si singent wol ze prîse | Sie besingen wohl herrlich |
| vremde süeze wîse, | die fremde schöne Wiese, |
| doene vil. | mit vielen Tönen. |
| si vreunt sich gein dem meien: | Sie freuen sich über den Mai: |
| sîn kunft diu ist ir herzen spil. | Seine Ankunft ist ihnen eine Herzensfreude. |
| II | |
| Si sprechent, daz der winder | Sie sprachen, dass der Winter |
| hiuwer sî gelenget. | jetzt aufgeschoben sei. |
| nu ist diu wise mit bluomen wol gemenget, | Nun ist die Wiese wohl mit Blumen durchsetzt, |
| mit liehter ougenweide | mit einer schönen Augenweide |
| rôsen ûf der heide | Rosen auf der Heide |
| durch ir glanz. | durch ihren Glanz. |
| der sante ich Vriderûnen | Da schickte ich Vriderun |
| einen wolgetânen kranz. | einen prächtigen Kranz. |
| III | |
| Die vogele in dem walde | Die Vögel im Wald |
| singent wünneclîchen. | singen wunderschön. |
| stolze mägde, ir sult ein niuwez tîchen. | Stolze Mädchen, ihr sollt etwas Neues treiben. |
| vreut iuch lieber maere! | Freut euch über die schöne Geschichte! |
| manedes herzen swaere | Manches Herzen Schwere |
| wil zergân. | wird verschwinden. |
| tuot, als ich iuch lêre, | Macht es, wie ich euch lehre, |
| strîchet iuwer kleider an! | zieht eure Kleider an! |
| IV | |
| Ir brîset iuch zen lanken, | Ihr kleidet euch bis zur Taille, |
| stroufet ab die rîsen! | streift den Schleier ab! |
| wir sulnz ûf dem anger wol wikîsen. | Wir sollen auf der Wiese schön tanzen. |
| Vriderûn als ein tocke | Vriderun sprang wie eine Puppe |
| spranc in ir reidem rocke | in ihrem gefältetelten Rock |
| bî der schar: | bei der Schar: |
| des nam anderthalben | Das nahm andererseits |
| Engelmâr vil tougen war. | Engelmar ganz heimlich wahr. |
| V | |
| Dô sich aller liebes | Als alle Liebenden |
| gelîch begunde zweien, | gleich begannen sich zu paaren, |
| dô sold ich gesungen haben den reien, | da sollte ich das Tanzlied gesungen haben, |
| wan daz ich der stunde | außer dass ich über diese Stunde |
| niht bescheiden kunde | nicht aufklären konnte |
| gegen der zît | gegen die Zeit |
| sô diu sumerwünne | sodass die Sommerwonne |
| manegem herzen vreude gît. | manchem Herzen Freude schenke. |
| VI | |
| Nu heizent sî mich singen; | Nun lassen sie mich singen; |
| ich muoz ein hûs besorgen, | ich muss ein Haus besorgen, |
| daz mich sanges wendet manegen morgen. | sodass mich mancher Morgen am Gesang hindert. |
| wie sol ich gebâren? | Wie soll ich mich verhalten? |
| mirst an Engelmâren | Engelmar ist mir |
| ungemach, | unangenehm, |
| daz er Vriderûnen | da er Vriderun |
| ir spiegel von der sîten brach. | ihren Spiegel von der Seite zerbrach. |
| VIa | |
| Sîner basen bruoder | Dem Bruder seiner Tante |
| hiet sis wol erlâzen. | hätte er es wohl erlassen. |
| er kan sich deheiner dinge mâzen; | Er kann sich irgendwelchen/keinen Dingen enthalten; |
| er ist ein toerscher Beier. | er ist ein törichter Bayer. |
| er un der junge meier | Er und der junge Meier |
| tuont ir leit. | tun ihr leid. |
| noch hât sî den vriunt, | Noch hat sie den Freund, |
| der imz die lenge niht vertreit. | der die Distanz nicht erträgt. |
| VIb | |
| Dar umbe wil sie aber | Darum will sie aber |
| ein Engelmâr vertrîben. | Engelmar vertreiben. |
| er ist ein gemzinc under jungen wîben. | Er ist der Gemsbock unter den jungen Frauen. |
| er ist ein ridewanzel, | Er ist ein Tänzer des Ridewanz, |
| in dem geu vortanzel. | auf dem Land er tanzt er vor. |
| sîn gewalt | Seine Gewalt |
| der ist an dem reien | ist beim Tanz |
| under den kinden manicvalt. | unter den Mädchen zahlreich. |
| VIc | |
| Daz ist Friderûne | Das ist für Friderune |
| ein lange werndiu swaere | ein langwieriges Leid |
| von Engelmâre dem toerschen tanzprüevaere, | von Engelmar dem törichten Tanzleiter, |
| daz er ir torste lâgen. | als er es wagte ihr aufzulauern. |
| daz klagtes al ir mâgen. | Das alles beklagte ihr Magen. |
| umbe den schal | Vor dem Geräusch |
| solt dû dich nu hüeten, | sollst du dich nun hüten, |
| Friderûn! fliuch gein Riuwental! | Friderun! Flieh nach Reuental! |
| VId | |
| Der het ir genomen | Der hat ihr |
| in schimphe ein tockenwiegel. | im Scherz eine Puppenwiege weggenommen. |
| daz hiet wir verklagt, niewan den spiegel | Das hat uns beklagt, vor allem den Spiegel, |
| (der was von helfenbeine, | (der war aus Elfenbein, |
| waehe, ergraben kleine), | kostbar, fein graviert), |
| den sîn hant | den seine Hand |
| ir nam gewalticlîche; | ihr mit Gewalt wegnahm; |
| dâ von al mîn vreude swant. | daraufhin verschwand all meine Freude. |
| VIe | |
| Ir sult mirz wol gelouben, | Ihr sollt es mir wohl glauben, |
| ich sag iz niht gerne: | ich sag es nicht gerne: |
| diu spiegelsnour diu kom her von Iberne, | Das Band des Spiegels kommt aus Iberne, |
| ez was ein waeher borte. | es war ein kostbares Band. |
| niden an dem orte | An der unteren Stelle |
| stuonden tier | befanden sich Tiere |
| geworht von rôtem golde. | hergestellt aus rotem Gold. |
| nie geschach sô leide mir. | Nie widerfuhr mir so viel Leid. |
| VIf | |
| Daz ich niht froelîch singe, | Dass ich nicht fröhlich singe, |
| daz wendet mir ein swaere, | das bereitet mir viel Leid, |
| von der ich alsô gerne ledic waere. | von dem ich so gerne frei wäre. |
| diese dorfgebûwer | Diese Dorfbauern |
| die nimt des gar untûwer; | die kümmert das gar nicht; |
| sie tragent mir haz. | sie bringen mir Hass entgegen. |
| ob si niht enwaeren, | Wenn sie nicht wären, |
| sô sunge ich für wâr fürebaz. | dann würde ich fürwahr anderswo singen. |
| VIg | |
| Erkenbreht und Uoze | Erkenbrecht und Uoze |
| und der ungenante, | und der Ungenannte, |
| Gôzbreht, der mich ofte sanges wante, | Gozbrecht, der mich oft am Singen hinderte, |
| die sint nu gar gesweiget | die nun ganz und gar still |
| unde ihr freude seiget | und ihre Freude schwankt |
| hin und her. | hin und her. |
| ir schîbe, diu gienc ebene, | Ihre Kugel, die stand gleichmäßig hinaus, |
| diu ust gestrûchet nû entwer. | die ist nun hin und her gefallen. |
| VIh | |
| Frou Hilde und getelinge, | Frau Hilde und die Burschen, |
| die sprungen an ir hende, | die tanzen an ihrer Hand, |
| ir tanz der was dô âne missewende. | ihr Tanz der war damals tadellos. |
| nu habent sî erworben, | Nun haben sie es erreicht, |
| daz er ist verdorben. | dass er verdorben ist. |
| ir üppekeit | Ihr Übermaß, |
| ich waen diu hât geprüevet | glaube ich, das hat |
| in manec gespötte unde leit. | manches Gespött und Leid hervorgerufen. |