Benutzer:Fluchfrettchen
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| Text | Übersetzung |
|---|---|
| des wart er trvric vnde vnvro, | Deshalb war er sehr traurig |
| er sprach: ,herre, wie kvmt ditz so, | Er sprach: „Herr, wie kommt es, |
| daz mich ein voglin hat betrogen? | dass mich ein Vöglein betrogen hat? |
| daz mvet mich, daz ist vngelogen.' | das ärgert mich, das ist ungelogen.“ |
| REinhart kvndikeite pflac, | Reinhart pflegte seine Klugheit, |
| doch ist hevte niht sin tac, | doch ist heute nicht sein Tag |
| daz iz im nach heile mvege ergan. | dass ihm Glück geschieht. |
| Do Reinhart die not vberwant, | Nachdem Reinhart die Not überwunden hatte, |
| vil schire er den wolf Ysengrin vant. | fand er sofort den Wolf Ysengrin. |
| do er in von erst ane sach, | Als dieser ihr erstmals erblickte, |
| nv vernemet, wie er do sprach: | Hört, wie er dann sprach: |
| ,got gebe evch, herre, gvten tac | „Gott gebe euch, Herr, einen guten Tag. |
| swaz ir gebietet vnde ich mac | Was ihr gebietet und ich, |
| evch gedinen vnde der vrowen min, | Euch und meiner Frau leisten kann, |
| des svlt ir beide gewis sin. | dem könnt ihr euch beide sicher sein. |
| ich bin dvrch warnen her zv ev kvmen, | Ich bin durch eine Warnung zu euch kommen |
| wan ich han wol vernumen, | Denn ich habe gut gehört, |
| daz evch hazzet manic man. | dass euch viele Männer hassen. |
| wolt ir mich zv gesellen han? | Wollt ihr mich zum Gesellen haben? |
| ich bin listic, starc sit ir, | Ich bin listig, ihr seid stark, |
| ir mochtet gvten trost han zv mir. | Ihr könnt gute Zuversicht zu mir haben. |
| vor ewere kraft vnde von minen listen | Vor eurer Kraft und meiner List |
| konde sidt niht gevristen, | könnte sich niemand verteidigen, |
| ich konde eine bvrc wol zebredten.' | Ich könnte selbst eine Burg zerstören.“ |
| REinhart kvndikeite pflac, | Reinhart pflegte seine Klugheit |
| do was im kvndikeite zit | Da war es Zeit für eine List |
| do bedorfte er wol kvndikeit: | Da benötigte er nun sein Wissen |
| siner amien warf er dvrch den mvnt | Seiner Geliebten gewann er durch den Mund |
| sinen zagel dvrch kvndikeit. | seinen Schweif durch Geschicklichkeit |
| ez sold in wol erlozen | Es sollte ihn wohl bewahren |
| Reinhart mit siner kvndikeit. | vor Reinhart mit seiner List |
| nieman evch gezelen mack | Niemand kann euch Listen machen |
| Reinhartes kvndikeit -, | über Reinharts Schlauheit |
| Reinhart sich kvndikeite vleiz: | Reinhart hatte Wissen über den kranken Körper |
| alsvs lonet ir Reinhart, | So also belohnte ihr Reinhart, |
| daz si sin vorspreche wart. | Dass sie sein Fürsprecher war |
| Iz ist ovch noch also getan: | Es ist auch noch ebenso beschaffen: |
| swer hilfet einem vngetrewen man, | Wenn jemand einem treulosen Mann hilft, |
| daz er sine not vberwindet, | Dass er seine Not überwindet, |
| daz er doch an im vindet | Dann findet er doch an ihm nur |
| valschs, des han wir gnvc gesehen | Falsches, das haben wir genug gesehen |
| vnde mvz ovch dicke alsam geschen. | Und es muss auch häufig ebenso geschehen |
| alsvst hat bewart | Auf diese Weise haben beschützt |
| sine vrteilere Reinhart. | die Richter Reinharts. |
| der arzet was mit valsche da. | Der Arzt war mit Betrug da |
| den kvnic verriet er sa. | Den König verriet er sofort |
| er konde mangen vbelen wanc. | Er kannte manchen üblen Streich |
| Nv horet, wie Reinhart, | Nun hört, wie Reinhart |
| der vngetrewe hovart, | Der untreue Hund |
| warb vmb sines neven tot. | Sich um seines Neffen Tot bemühte |
| daz tet er doch ane not. | Dass tat er doch ohne Not. |
| Er sprach: ,lose, Dizelin, | Er sprach: „Höre, Dizelin, |
| hilf mir, trvt neve min! | Hilf mir, mein geliebter Neffe! |
| dir ist leider miner not niht kvnt: | Du kennst meine Not leider nicht: |
| ich wart hvete vru wunt; | Ich wurde heute früh verletzt; |
| der kese liet mir ze nahen bi. | Der Käse liegt zu nah bei mir. |
| er smecket sere, ich vurcht, er si | Er stinkt sehr, ich fürchte, er ist |
| mir zv der wunden schedelich. | für meine Wunden schädlich. |
| trvt neve, nv bedenke mich! | Lieber Neffe, denke an mich! |
| dines vater trewe waren gvt, | Die Loyalitäten deines Vaters waren gut, |
| ovch hore ich sagen, daz sippeblvt | Auch höre ich sagen, dass das Blut der Sippe |
| von wazzere niht vertirbet. | Von Wasser nicht verdirbt. |
| din neve alsvst erstirbet. | Dein Onkel also stirbt, |
| daz macht dv erwenden harte wol. | Dass magst du sicher ganz verhindern |
| Vom stanke ich grozen kvmmer dol.' | Von dem Gestank leide ich großen Schmerz.“ |
| Der rabe zehant hinnider vlovc, | Der Rabe flog unverzüglich hinunter, |
| dar in Reinhart betrovc. | Wohin ihn Reinhart betrogen hatte. |
| er wolde im helfen von der not | Er Wollte ihm von der Not befreien. |
| dvrch trewe, daz was nach sin tot. | Durch Treue, dass war fast sein Tot. |
| Nv vernemet seltzene dinc | Nun vernehmt die sonderbaren Dinge |
| vnde vremde mere, | und fremden Erzählungen [mere = maere?]] |
| der die glichesere | von denen der Heuchler |
| v kvnde geit, wen si sint gewerlich. | euch Kunde gibt, denn sie sind gefährlich. [?] |
| [ ] er ist geheizen Heinrich, | er wird Heinrich genannt |
| der hat die bvch zesamene geleit | der die Bücher zusammengeführt hat |
| von Isengrines arbeit. | von Isengrins Anstrengung. |
| Reinhart sprach zv der vrowen: | Reinhart sprach zu der Frau: |
| ,gevatere, mochtet ir beschowen | „Gevatter-in, möget ihr erkennen, |
| grozen kvmmer, den ich trage: | den großen Kummer, den ich trage: |
| von eweren minnen, daz ist min clage, | von der Liebe zu euch, das ist meine Klage, |
| bin ich harte sere wunt.' | Bin ich schwer verwundet. |
| do gewan si schire schande genuc: | Da wurde sie gleich genug geschändet: |
| sine mochte hin noch her, | Sie konnte weder hin noch her. |
| Reinhart nam des gvten war, | Reinhart nahm dieses Glück wahr, |
| zv eime andern loche er vz spranc, | er sprang zu einem anderem Loch, |
| vf sine gevateren tet er einen wanc. | und unverzüglich auf seine Gevatter-in herauf. |
| Isengrine ein herzen leit geschach: | Isengrins Herz erfuhr großes Leid: |
| er gebrvtete si, daz erz an sach. | er vergewaltigte sie und er sah es an. |
| Reinhart sprach: ,vil libe vrvndin, | Reinhart sprach: Viel geliebte Freundin, |
| ir schvlt talent mit mir sin. | ihr solltet den ganzen Tag mit mir sein. |
| izn weiz niman, ob got wil, | Niemand weiß es, wenn Gott es will, |
| dvrch ewer ere ich iz gerne verhil.' | für eure Ehre verheimliche ich es gerne.“ |
| vern Hersante schande was niht cleine, | Hersantes Schande war nicht klein, |
| si beiz vor zorne in die steine, | Sie biss vor Wut in die Steine, |
| ir kraft konde ir nicht gefrvmen. | Ihre Kraft konnte ihr nicht zugute kommen. [vrumen] |