Benutzer:Maria Benz
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Übersetzung Winterlied 10
| Mittelhochdeutsch | Übersetzung |
|---|---|
| Dô der liebe summer | Da der liebe Sommer, |
| ureloup genam, | Abschied genommen hat, |
| dô muose man der tänze | da musste man mit den Tänzen |
| ûfm anger gar verphlegen. | auf den Wiesen schließlich aufhören. |
| des gewan sît kummer | Dies entfachte Kummer |
| der herre Gunderam: | in Herrn Gunderam: |
| der muose ouch sîn gestränze | Der musste auch seine Landstreicherei |
| dô lazen under wegen. | deshalb ebenfalls beiseitelegen. |
| der ist bickelmeister disen winder: | Der ist Meister beim Würfelspiel diesen Winter: |
| oeder gouch ist in dem lande ninder; | Nirgendwo im Lande findet man so einen törichten Narr; |
| sîn rumegazze kaphet zallen zîten wol hin hinder. | sein Gassenräumer schaut sich ständig nach hinten um. |
| Waz er an den meiden | Was er sich bei den Mädchen |
| wunders dâ begât, | Unvorstellbares erlaubt hat, |
| ê daz mîn vrouwe Schelle | ehe dass meine Dame klingle |
| volende ir gebot! | und ihr Verbot vollende! |
| erst vil unbescheiden, | Erst deutlich rücksichtslos, |
| wan swlhe er bestât, | als er sich an einer vergriff, |
| diu wirt von slegen helle | schrie laut auf von den Schlägen |
| und mîdende den spot; | und vermied den Spott; |
| dâ von lâzen alle ir smutzemunden, | daher lassen alle von ihrem Schmunzeln ab, |
| des die jungen niht verheln enkunden! | das die Jungen nicht verbergen konnten! |
| des hât ir hant von solher meisterschefte dicke enphunden. | Dies hat ihre Hand solche Gewalt oft erleiden lassen. |
| Immer, sô man vîret, | Immer, wenn man so feiert, |
| sô hebent sî sich dar | so machen sie sich auf, |
| mit einer samenunge, | mit einer Gefolgschaft, |
| den ich wol schaden gan. | der ich wohl Schaden gönne. |
| Werenbreht der lîret, | Werenbreht spielt auf der Leier vor, |
| sô sumbert Sigemâr. | während Sigemar trommelt. |
| daz in dâ misselunge, | Dass ihnen das missglücke, |
| daz laege et eben an! | das wäre sehr angebracht! |
| daz sich doch vil lîhte mac verrîden: | Dass sich doch viel Leichtfertigkeit wenden möge: |
| wellents ir getelse niht vermîden, | Wollt ihr eure Zügellosigkeit nicht vermeiden, |
| sich mugen zwêne an miner weibelruoten wol versnîden. | so mögen sich die beiden an meinem Gerichtsschwert wohl schneiden. |
| Koeme ich zeinem tanze, | Käme ich zu seinem Tanze, |
| dâs alle giengen bî, | bei welchem alle mitmachen würden, |
| dâ wurde ein spil von hende | da würde ein Spiel von Hand |
| mit beiden ekken zuo. | mit beiden Schwertschneiden beginnen. |
| lîhte geviele ein schanze, | Vielleicht würde ein Wurf fallen, |
| daz von mir leagen drî. | dass vor mir drei lägen. |
| ich hielte ez âne wende, | Ich hielte es ohne Wende, |
| verbüte ez einer vruo. | übergäbe es einer Dame. |
| sige und saelde hulfen mir gewinnen, | Übermacht und Glück würden mir helfen zu gewinnen, |
| daz si halbe müesen dan entrinnen. | dass sie zur Hälfte entrinnen müssten. |
| nu ziehen ûf und lâzen in ir gogelheit zerinnen! | Nun ziehen sie auf und lassen ihre Ausgelassenheit verrinnen! |
| Sîne weidegenge | Seine Jagdzüge |
| die verewent mich grâ, | die färben mich grau, |
| swenn er verwendeclîchen | immer wenn er hochmütig |
| vür mîne vrouwen gât. | vor meine Dame tritt. |
| trîbet erz die lenge, | Treibt er dies auf die Dauer, |
| bestât er danne dâ, | bleibt er dann dabei, |
| man hilft im ûz der kîchen, | man hilft ihm aus dem Keuchen, |
| daz er vil riuwic stât. | dass er sehr reuevoll dasteht. |
| er und etelîcher sîn geselle, | Wenn ich ihn und einer seiner Gefährten, |
| den ich tanzent an ir hant ersnelle, | tanzend an ihrer Hand erwische, |
| des sî gewis, ich slahe in, daz sîn offen stât ein elle! | dann sei gewiss, ich schlage ihn, dass ein Loch offensteht! |
| Im hilft niht sîn treie | Ihm hilft nicht seine Jacke, |
| noch sîn hiubelhuot; | noch sein Helm; |
| ez wirt im in getrenket: | es wird ihn getränkt: |
| er zuhte ir einen bal. | er entriss ihr einen Ball. |
| erst ein toerscher leie; | Er ist ein törichter Laie; |
| sîn tumbelîcher muot | sein dümmlicher Verstand, |
| der wirt im dâ bekrenket. | der wird ihn da kränken. |
| wil er vür Riuwental | Wenn er für Riuwental |
| hin und her sô vil gewentschelieren, | hin und her so umherstreichen will, |
| er wirt wol zezeist under vieren. | er wird wohl zerfetzt unter vieren. |
| her Werenbreht, waz mag ich des, wirt im der umberieren? | Herr Werenbreht, was kann ich dafür, wird ihm der abfallen? |
| Die wîl ich die klingen | Deshalb will ich die Schwerter |
| um mîne sîten trage, | um mich herumtragen, |
| sô darf mir durch mîn sumber | so darf mir durch meine Trommel |
| niemen stechen nieht. | niemand stechen. |
| er muoz vil wîte springen: | Er muss sehr weit wegspringen: |
| begrîfe ichn mit dem slage, | Erreichte ich ihn mit dem Schlag, |
| ich slahe in, daz er tumber | ich würde ihn schlagen, dass der Törichte |
| schouwet nimmer lieht. | nie mehr das Licht erblickt. |
| ich hilf im des lîbes in den aschen | Ich helfe seinem Körper in die Asche |
| und slah im mit willen eine vlaschen, | und schlag ihn mit Vergnügen mit einer Flasche, |
| daz im die hunt daz hirne ab der erde müezen naschen. | sodass ihm die Hunde das Hirn aus der Erde naschen könnten. |
| Her Nîthart hât gesungen, | Herr Neidhart hat gesungen, |
| daz ich in hazzen wil | dass ich ihn hassen will |
| durch mînes neven willen, | durch meines Neffen Willen |
| des neven er beschalt. | dessen Onkel er beeinträchtigt. |
| lieze ers unbetwungen! | Ließe er es unbezwungen! |
| es ist im gar ze vil. | Es ist ihm gar zu viel. |
| empflaege er sîner grillen | Würde er seinen Grillen entfliehen |
| und het ouch der gewalt! | und hätte auch die Macht! |
| ez ist ein schelten, daz mich freuden letzet. | Es ist ein Vorwurf, der mich meiner Freude beraubt. |
| wirt diu weibelruote mir gewetzet, | Wird das Gerichtsschwert für mich geschärft, |
| ich trenne in ûf, daz man wol einen sezzel in in setzet. | ich würde ihn auftrennen, sodass man wohl ein Sessel in ihn setzen könnte. |
Übersetzung Sommerlied 4
| Mittelhochdeutsch | Übersetzung |
|---|---|
| Heid, anger, walt in fröuden stât; | Feld, Wiese und Wald stehen in Freude; |
| diu hânt sich bereitet mit ir besten wât, | die haben sich mit ihrem besten Kleid geschmückt, |
| die in der meie hât gesant. | welches ihnen der Mai geschickt hat. |
| sî wir alle | Wir sind alle |
| frô mit schalle! | heiter und jubeln! |
| sumer ist komen in diu lant. | Der Sommer ist ins Land gekommen. |
| Wol ûz der stuben, ir stolzen kint, | Schön aus den Stuben, ihr übermütigen Kinder, |
| lât iuch ûf der strâze sehen! hin ist der scherfe wint | lasst euch auf der Straße sehen! Weg ist der beißende Wind |
| unde ouch der vil kalte snê. | sowie der sehr kalte Schnee. |
| hebt iuch balde | Brecht schnell auf |
| zuo dem walde! | zum Wald! |
| vogelîn singent, den was wê. | Die Vögelein singen, denen ging es schlecht. |
| Diu sint ergetzet leides gar. | Die sind vom Leid gänzlich getröstet. |
| ir sult mirz gelouben! nemt sîn selbe war, | Ihr sollt es mir glauben! Nehmt es selbst wahr, |
| waz der sumer erzeiget hât! | was der Sommer geleistet hat! |
| er wil rîchen | Er wird schmücken |
| sicherlîchen | sicherlich |
| manegen boum mit loubes wât. | viele Bäume mit einem Gewand aus Laub. |
| Die nû vor grôzer huote megen, | Die nun unter großer Beobachtung stehen werden, |
| die suln balde ir bestez vîrtacgwant an legen, | die sollen schnell ihr bestes Sonntagsgewand anlegen, |
| lâzen sich dar inne ersehen! | und sich darin sehen lassen! |
| wir suln schouwen | Wir sollten zusehen |
| vor den ouwen | bei den Wiesen |
| maneger hande bluomen brehen. | wie viele Hände Blumen pflücken. |
| Swie Riuwental mîn eigen sî, | Auch wenn das Reuental mir gehört, |
| ich bin disen sumer aller sorgen frî, | ich bin diesen Sommer frei von allen Sorgen, |
| sît der winter ist dâ hin, | seit der Winter weg ist, |
| ich wil lêren | ich will lehren |
| die jungen êren | die jungen Leute |
| freude: dar nâch stêt mîn sin. | Freude zu ehren: Danach steht mir der Sinn. |
Übersetzung Sommerlied 18
| Mittelhochdeutsch | Übersetzung |
|---|---|
| „Uns wil ein sumer komen", | "Bald wird der Sommer kommen", |
| sprach ein magt: "jâ hân ich den von Riuwental vernomen. | sprach ein Mädchen: "Ja ich habe den Riuwental vernommen. |
| jâ wil ich in loben. | Ja ich will ihn preisen. |
| mîn herze spilt gein im vor vreuden, als ez welle toben. | Mein Herz hüpft ihm vor Freude entgegen, als sei es außer sich. |
| ich hœr in dort singen vor den kinden. | Ich höre ihn dort singen vor den jungen Leuten. |
| jâne will ich nimmer des erwinden, | Ja ich will es nie wieder beenden, |
| ich springe an sîner hende zuo der linden." | ich springe an seinen Händen zu den Linden." |
| Diu muoter rief ir nâch; | Die Mutter rief ihr nach; |
| sî sprach: "tohter, volge mir, niht lâ dir wesen gâch! | sie sagte: Tochter, folge meinem Rat, verhalte dich nicht voreilig! |
| weistû, wie geschach | Weißt du, wie geschah |
| dîner spilen Jiuten vert, alsam ir eide jach? | deiner Gespielin Jiuten sowie ihrer Mutter letztes Jahr? |
| der wuohs von sînem reien ûf ir wempel, | Der wuchs der Bauch von seinen Tänzen, |
| und gewan ein kint, daz hiez sie lempel: | und sie bekam ein Kind, dass sie Lempel nannte: |
| alsô lêrte er sî den gimpelgempel." | also lehrte er sie den „Gimpelgempel“.“ |
| "Muoter, lât iz sîn! | "Mutter, lass es sein! |
| er sante mir ein rôsenschapel, daz het liehten schîn, | Er schenkte mir einen Rosenkranz, der einen leuchteten Schein hat, |
| ûf daz houbet mîn, | auf meinem Kopf, |
| und zwêne rôte golzen brâhte er her mir über Rîn: | und zwei rote Schuhe brachte er mir über den Rhein: |
| die trag ich noch hiwer an mînem beine. | Die trage ich noch immer an meinen Beinen. |
| des er mich bat, daz weiz ich niewan eine. | Um was er mich bat, da weiß nur ich allein. |
| jâ volge ich iuwer ræte harte kleine." | Ja deshalb werde ich eurem Rat nicht folgen.“ |
| Der muoter der wart leit, | Die Mutter war es leid, |
| daz diu tohter niht enhôrte, daz si ir vor geseit; | dass die Tochter nicht darauf hörte, was sie ihr vorhin gesagt hat; |
| iz sprach diu stolze meit: | da sprach das übermütige Mädchen: |
| "ich hân im gelobt: des hât er mîne sicherheit. | „Ich hab mich ihm versprochen, deshalb hat er mein Vertrauen. |
| waz verliuse ich dâ mit mîner êren? | Warum sollte ich damit meine Ehre verlieren? |
| jâne wil ich nimmer widerkêren, | Ja ich will nicht mehr wiederkehren, |
| er muoz mich sîne geile sprünge lêren." | er muss mich seine wilden Sprünge lehren.“ |
| Diu muoter sprach: "wol hin! | Die Mutter sprach: „ So geh! |
| verstû übel oder wol, sich, daz ist dîn gewin. | Wohl oder übel wird es dir ergehen, sieh, das ist dein Erwerb. |
| dû hâst niht guoten sin. | Du hast keinen guten Sinn. |
| wil dû mit im gein Riuwental, dâ bringet er dich hin. | Willst du mit ihm zum Reuental gehen, da bringt er dich hin. |
| alsô kan sîn treiros dich verkoufen. | So kann seine Melodie dich verkaufen. |
| er beginnt dich slahen, stôzen, roufen | Er wird anfangen dich zu schlagen, stoßen und zu prügeln |
| und müezen doch zwô wiegen bî dir loufen." | und müssen doch zwei Wiegen bei dir laufen.“ |
Übersetzung Winterlied 24
| Mittelhochdeutsch | Übersetzung |
|---|---|
| Sumer, dîner süezen weter müezen wir uns ânen: | Sommer, auf dein angenehmes Wetter müssen wir verzichten: |
| dirre kalte winder trûren unde senen gît. | Dieser kalte Winter verursacht Trauer und schmerzliches Verlangen. |
| ich bin ungetroestet von der lieben wolgetânen. | Ich bin nicht getröstet von der lieben Schönheit. |
| wie sol ich vertrîben dise lange swaere zît, | Wie soll ich diese lange schwere Zeit vertreiben, |
| diu die heide velwet unde mange bluomen wolgetân? | die die Wiese und viele schöne Blumen entfärbt? |
| dâ von sint die vogele in dem walde des betwungen, daz si ir singen müezen lân. | Davon sind die Vögel im Wald so betrübt, dass sie ihr Singen lassen müssen. |
| Alsô hât diu vrouwe mîn daz herze mir betwungen, | Also hat meine Dame mir das Herz gebrochen, |
| daz ich âne vröude muoz verswenden mîne tage. | dass ich ohne Freude meine Tage verbringen muss. |
| ez vervaehet niht, swaz ich ir lange hân gesungen; | Es nützt nichts, was auch immer ich ihr lange vorgesungen habe; |
| mir ist alsô maere, daz ich mêre stille dage. | mir ist also bekannt, dass ich künftige schweigen werde. |
| Ich geloube niht, das sî den mannen immer werde holt: | Ich glaube nicht, dass sie den Männern jemals wieder gewogen sein wird: |
| wir verliesen, swaz wir dar gesingen unde gerûnen, ich und jener Hildebolt. | wir hören auf, was auch immer wir da gesungen und geflüstert haben, ich und jener Hildebolt. |
| Der ist nû der tumbist under geilen getelingen, | Der ist nun der Narr unter übermütigen Gesellen, |
| er und einer, nennet man den jungen Willegêr: | er und ein anderer, den man den jungen Willeger nennt: |
| den enkunde ich disen sumer nie von ir gedringen, | den konnte ich diesen Sommer nie von ihr wegdrängen, |
| sô der tanz gein âbent an der strâze gie entwer. | als der Tanz gegen Abend durch die Straße zog. |
| mangen twerhen blic den wurfel sî mich mit den ougen an, | Viele schiefe Blicke warfen sie mir mit den Augen zu, |
| daz ich sunder mînes guoten willen vor in beiden ie ze sweime muose gân. | dass ich entgegen meines guten Willens von den beiden zum Gehen gedrängt wurde. |
| Wê, daz mich sô manger hât von lieber stat gedrungen | Oh weh, dass mich so mancher von dem schönen Ort verdrängt hat |
| beidiu von der guoten unde ouch wîlent anderswâ! | sowohl von den Guten als auch vor Zeiten anderswo! |
| oedelîchen wart von in ûf mînen tratz gesprungen. | Widerwärtig waren sie gegen meinen Trotz hergesprungen. |
| ir gewaltes bin ich vor in mînem schophe grâ. | Aufgrund ihrer Gewalt bin ich auf meinem Kopf grau. |
| doch sô neic diu guote mir ein lützel über schildes rant. | Doch so neigte die Gute sich ein wenig über den Schildrand zu mir. |
| gerne mugt ir hoeren, wie die dörper sint gekleidet: üppiclîch ist ir gewant. | Gerne mögt ihr hören, wie die Dörper gekleidet sind: übertrieben ist ihr Gewand. |
| Enge röcke tragent sî und smale schaperûne, | Enge Röcke tragen sie und kurze Mäntel, |
| rôte hüete, rinkelohte schuohe, swarze hosen. | rote Hüte, Schnallenschuhe, schwarze Hosen. |
| Engelmâr getet mir nie sô leide an Vriderûne, | Engelmar hat mir mit Friederun nie so Leid zugefügt, |
| sam die zwêne tuont. ich nîde ir phellerîne phosen, | wie es die beiden tun. Ich hasse ihre purpurfarbenen Gürteltaschen, |
| die si tragent: dâ lît inne ein wurze, heizet ingewer. | die sie tragen: darin liegt eine Wurzel, die heißt Ingwer. |
| der gap Hildebolt der guoten eine bî dem tanze; die gezuhte ir Willegêr. | Die gab Hildebolt der Guten bei dem Tanz, die entriss ihr Willeger. |
| Gern west ich, wie es die torpper vnter einander trachten. | Gern wüsste ich, wie sich die dörper untereinander kleiden. |
| sie trugen peckkelhauben, darczu lange swert. | Sie trugen Pickelhauben, dazu lange Schwerter. |
| ir spottigkeit, ir laster sie gar zu laster brachten: | Ihr Spott und ihre Fehler führten sie gar zur Schande: |
| des wurdens durch die goller mer denn halb gewert. | Sie wurden durch den Halsschutz/ Brustharnisch mehr als halb geschützt. |
| sie stritten mit einander einen ganczen summer langen tag. | Sie stritten miteinander einen ganzen Sommertag lang. |
| das ir geläße sahe herre Neithart, do er in dem vas bey dem wein lag. | Dass ihr Benehmen Herr Neidhart sah, da er in dem Fass bei dem Wein lag. |
| Sagte ich nû diu maere, wie siz mit ein ander schuofen, | Erzählte ich nun die Geschichte, wie sie miteinander schliefen, |
| des enweiz ich niht: ich schiet von danne sâ zehant. | das weiß ich nicht: ich schied davon auf der Stelle. |
| manneglîch begunde sînen vriunden vaste ruofen; | jeder begann seine Freunde schnell zu rufen; |
| einer der schrê lûte: „hilf, gevater Weregant!“ | einer der schrie laut: „Hilf, Gevatter Weregant!“ |
| er was lîhte in grôzen noeten, dô er sô nâch helfe schrê. | Er war scheinbar in großen Nöten, da er so nach Hilfe schrie. |
| Hildeboldes swester hôrte ich eines lûte schrîen: „wê mir mînes bruoder, wê!“ | Hildebolds Schwester hörte ich mit einer Lautheit schreien: „Mir tut mein Bruder leid, oh weh!“ |
| Dô kam schiere ein geteline geloufen von dem strîte: | Da kam plötzlich ein Bursche von dem Streit hergelaufen: |
| den frâgt ich der maere. "Willeher mit ellen streit. | den fragte ich über die Geschehnisse. „Willeher streitet mit seinen Ellenbogen. |
| Hildeboltes schapperûn der ist zerzerret wîte | Hildebolts Kapuzenmantel ist völlig zerrissen |
| und dar zuo sîn enger roc wol drîer spannen breit." | und dazu sein enges Obergewand nun dreimal so breit.“ |
| daz geschach umb eine wurzen, die man ûz der hende ir brach. | Das geschah wegen einer Wurzel, die man ihr aus den Händen entriss. |
| des engalt vil mangiu spaehiu hûbe, die man bî dem tanze zerzerret ligen sach. | Dies wurde mit so manchen kunstvollen Hauben bestraft, die man bei dem Tanz zerrissen daliegen sah. |
| Wâ bî sol man mîn geplätze hinne vür erkennen? | Wie soll man mein Geklimper in Zukunft erkennen? |
| hie envor dô kande man iz wol bî Riuwental. | Bis jetzt kannte man es wohl bei Reuental. |
| dâ von solde man mich noch von allem rehte nennen: | So sollte man mich noch mit allem Recht nennen: |
| nust mir eigen unde lêhen dâ gemezzen smal. | Doch jetzt sind mein Eigentum und Lehen gemessen klein. |
| kint, ir heizet iu den singen, der sîn nû gewaltic sî! | Kinder, ihr sollt singen lassen, der nun dort mächtig ist. |
| ich bin sîn verstôzen âne schulde: mîne vriunt, nu lâzet mich des namen vrî! | ich bin vertrieben worden ohne Schuld: meine Freunde, nun befreit mich von dem Namen! |
| Ich hân mînes herren hulde vloren âne schulde: | Ich habe meines Herren Ansehen ohne Schuld verloren: |
| dâ von so ist mîn herze jâmers unde trûrens vol. | Von da an ist mein Herz voll Kummer und Leid. |
| rîcher got, nu rihte mirz sô gar nâch dîner hulde, | Lieber Gott, nun richte mich so ganz nach deiner Gnade, |
| manges werden friundes daz ich mich des ânen sol! | dass ich so vieler Freuden beraubt werden soll! |
| des hân ich ze Beiern lâzen allez, daz ich ie gewan, | Ich habe in Bayern alles gelassen, das ich je gewann, |
| unde var dâ hin gein Ôsterrîche und wil mich dingen an den werden Ôsterman. | und ziehe davon nach Österreich und will mich zuversichtlich an den Österreicher wenden. |
| Mîner vînde wille ist niht ze wol an mir ergangen: | Meiner Feinde Wille ist nicht sehr wohl an mir ergangen: |
| wolde ez got, sîn mähte noch vil lîhte werden rât. | Wollte es Gott, seine Mächte könnten etwas davon abwenden. |
| in dem lande ze OEsterrîche wart ich wol enphangen | Im Land Österreich wurde ich gut empfangen |
| von dem edeln vürsten, der mich nû behûset hât. | von dem edlen Fürsten, der mich nun beherbergt hat. |
| hie ze Medelicke bin ich immer âne ir aller danc. | Hier bei Medelicke bin ich immer ohne all ihren Dank. |
| mir ist leit, daz ich von Eppen und von Gumpen ie ze Riuwental sô vil gesanc. | Mir ist es leid, dass ich von Eppen und von Gumpen so viel im Reuental gesungen habe. |
| Her Nîthart hât uns hie verlâzen als diu krâ den stecken, | Herr Neidhart hat uns hier verlassen, so wie die Krähen den Pfahl, |
| diu dâ hinne fliuget unde sitzet ûf ein sât. | die dahin flogen und auf einem Feld voller Saat sitzen. |
| ez sol ein man mit fremden frouwen niht ze vil gezecken, | Es soll ein Mann mit fremden Damen nicht zu viele Scherze treiben, |
| der der wâren schulde an sîner keine vunden hât. | denn er wäre an irgendeiner seiner Wunden ansonsten selbst Schuld. |
| er niez sîn tegelîche spîse (der hât er dâ heime genouc), | Er genießt seine tägliche Speise (der hat daheim genug), |
| lâz Hildebolten mit gemache! ez was ein eichel, die er bî im in dem biutel truoc. | lass Hildebolt daran teilnehmen! Es war eine Eichel, die er in seinem Beutel trug. |
| Rädelohte sporen treit mir Fridepreht ze leide, | Runde Sporen trägt Friedepreht zu meinem Leid, |
| niuwen vezzel hât er baz dan zweier hende breit. | er hat einen neuen Schwertgurt, mehr als zwei Hände breit. |
| rucket er den afterreif hin wider ûf die scheide, | Rückt er den Schwertreif wieder zurück an die Scheide, |
| wizzet, mîne vriunde, daz is mir ein herzenleit! | wisst ihr, meine Freunde, dass es mir im Herzen schmerzt! |
| zwêne niuwe hantschuoh er unz ûf den ellenbogen zôch. | Zwei neue Handschuhe zog er auf den Ellenbogen hoch. |
| mugt ir hoeren, wie der selbe gemzinc von der lieben hiuwer ab dem tanze vlôch? | Wollt ihr hören, wie derselbe Gamsbock von der Geliebten während dem Tanze floh? |
| Er gap versengelt wol, rehte als im waer an gebunden | Er floh so schnell als wäre an ihn gebunden |
| ein swînes blâse, alsô man den wilden hunden tuot. | eine Schweinsblase, wie man es bei den wilden Hunden tut. |
| ofte brach er sînen zelt, als sî doch wol befunden, | Oft brach er seinen Passgang ab, als sie doch wohl bemerkten, |
| Hatze und Pletze und jeniu ir gespile Hademuot. | Hatze und Pletze und ihr Gespiele Hademuot. |
| frâget Engeltrûten, wiez laeg umbe ir bruoder Fridebreht! | Fragt Engeltrut, wie es um ihren Bruder Fridebreht steht! |
| "ach ach, er hât verrenket sich vor vorhte", alsô hât si mir geseit, "der toersche kneht." | „Ach, ach, er hat sich verrenkt vor Furcht“, so hat sie mir gesagt, „der törichte Knecht.“ |
| Sach ab ieman jenen mit der gickelvêhen täcken? | Sah jemand jenen mit der buntgescheckten Spitze? |
| die treget er ûf der hende und klopfet ûf sîn niuwez swert: | Die trägt er auf den Händen und klopft sie auf sein neues Schwert: |
| dâ mite er uns des nahtes ab der gazzen wil erschrecken. | Damit will er uns in der Nacht in den Gassen erschrecken. |
| der selbe dünket sich noch mêr dan drîer bônen wert, | Derselbe hält sich für mehr als drei Bohnen wert, |
| als er danne gerûzet unde gedraeset, der vil übele man, | wenn er gelärmt und geschnaubt hat, der schlimme Kerl, |
| und im sîn täcke ringeleht erklinget dem gelîche, als er trage ein goller an. | und ihm seine geringelte Spitze so erklingelt, als würde er einen Brustharnisch tragen. |
Übersetzung Winterlied 13
| Mittelhochdeutsch | Übersetzung |
|---|---|
| Wi überwinde ich beide | Wie überwinde ich beides, |
| mîn líep ùnd die súmerzît? | meine Liebe und die Sommerzeit? |
| ine kan die wolgetânen schiere niht verklagen. | Ich kann die Schönheiten nicht so bald vergessen. |
| von sô grôzem leide, | Von so großem Leid, |
| mir ríuwe âne vröude gît, | das mir Betrübnis ohne Freude gibt, |
| trûre ich wol von schulden nû ze disen trüeben tagen, | trauere ich nun gewiss mit Recht an diesen trüben Tagen, |
| di uns den winder kündent, der uns manger vröude roubet. | die uns den Winter ankündigen, der uns vieler Freuden beraubt. |
| sanges habent sich diu kleinen vogelîn geloubet: | Die kleinen Vögelchen haben aufgehört zu singen: |
| alsô möhte ich wol mit mînem sange stille dagen. | So möchte ich wohl mit meinem Gesang still schweigen. |
| Sol mich niht vervâhen | Sollte mich nicht erreichen |
| mîn trôst ùnd mîn líeber wân, | mein Trost und meine liebe Hoffnung, |
| sô enweiz ich, waz genâden ich mich troesten mac. | so weiß ich nicht, mit welchen Freuden ich mich trösten kann. |
| wol mac ir versmâhen | Gewiss mögt ihr verschmähen, |
| mîn dienènst, den ích ir hân | meinen Dienst, den ich ihr |
| lange her geleistet und des ie mit triuwen phlac. | lange geleistet habe und den ich stets mit Treue pflegte. |
| alsô phlaege ichs immer gerne, möhte ich des geniezen, | So pflegte ich es immer gerne, möchte es mir zu Nutzen machen, |
| sô daz mich die dörper mînes lônes iht verstiezen. | sodass mich die Dörper nicht um meinen Lohn bringen. |
| des ist Uoze grîfic und sîn rûher schavernac. | Danach ist Uoze gierig und nach seiner rauen Pelzmütze. |
| Engelwân und Uoze | Engelwan und Uoze, |
| die zwênè sint mír geház | die zwei sind mir verhasst |
| (schaden unde nîdes muoz ich mich von in versehen) | (Schaden und Neid muss ich bei ihnen vorhersehen) |
| und der geile Ruoze: | und der übermütige Ruoze: |
| wie tíuwèr er sích vermáz, | Wie vornehm er sich in beschämender Weise übertraf, |
| er bestüende mich durch sî! die drîe widerwehen | er könnte mir mit ihnen standhalten! Die drei Widersacher |
| râtent unde brüevent, daz ich âne lôn belîbe. | berieten sich und prüften, damit ich ohne Lohne bleibe. |
| niht envolge ir lêre, vrouwe, liebist aller wîbe! | Folge nicht ihren Anweisungen, Dame, Liebste aller Frauen! |
| lône mîner jâre; lâz in leit an mir geschehen! | Belohne meine Jahre; lass ihnen Leid durch mich geschehen! |
| Vrouwe, dîne güete | Dame, deine Güte, |
| di erkénne ich sô mánicvált, | die erkenne ich auf so vielfältige Weise, |
| daz ich liebes lônes von dir noch gedingen hân. | dass ich noch auf den lieben Lohn von dir hoffe. |
| daz mich ie gemüete, | Da es mich stets kränkt, |
| die spränzlèr und ír gewált, | die Bauern (?) und ihre Gewalt, |
| daz was mit den bluomen hin. nu wil mir Engelwân | war es mit den Blumen vorbei. Nun will mir Engelwan |
| dîne hulde verren: daz im müeze misselingen, | deine Freundlichkeit verwehren: Das muss ihm misslingen, |
| sô daz hundert swert ûf sînem kophe lûte erklingeln! | so dass hundert Schwerter auf seinem Kopf laut erklingen! |
| snîdent sî ze rehte, sî zerüttent im den spân. | Schneiden sie richtig, sie zerzausen ihm die Locken. |
| Seht an Engelwânen, | Seht bei Engelwan, |
| wie hôhe èr sîn hóubet treit! | wie hoch er sein Haupt trägt! |
| swanne er mit gespannem swerte bî dem tanze gât, | Wann immer er mit gezücktem Schwert beim Tanz herumgeht, |
| sô ist er niht âne | so ist er nicht ohne |
| der vláemìschen höveschéit, | das flämische höfische Benehmen, |
| dâ sîn vater Batze wênic mit ze schaffen hât. | womit sein Vater Batze wenig zu tun hat. |
| nu ist sîn sun ein oeder gouch mit sîner rûhen hûben: | Nun ist sein Sohn ein törichter Narr mit seiner beharrten Haube: |
| ich gelîche sîn gephnaete ze einer saten trûben, | Ich vergleiche sein Schnauben mit einer satten Taube, |
| diu mit vollem krophe ûf einem korenkasten stât. | die mit vollem Hals auf einem Kornspeicher sitzt. |
| Swer in sîner tougen | Wer auch immer in seiner Heimlichkeit |
| ie líep òde léit gewán, | je Liebe oder Leid erfuhr, |
| dem sint mîne sorgen und mîn kumber wol bekant. | dem sind meine Sorgen und mein Kummer wohl bekannt. |
| sît ich mînen ougen | Seit ich meinen Augen |
| den stîc nìht verbíeten kán, | den Anblick nicht verbieten kann, |
| sî enblicken hin, dâ Ruoze tanzet an ir hant, | sie schauen hin, als Ruoze an ihrer Hand tanzt, |
| sô verlâze ich kûme, deich mich selben niht enroufe: | so verlasse ich geschwächt, da ich mich selber nicht raufe: |
| solhen wehsel nement, die dâ minnent, an ir koufe. | Solche Wechsel nehmen sie, die da lieben, in Kauf. |
| Minne, lâ mich vrî! mich twingent sêre dîniu bant. | Liebe, lass mich frei! Mich erdrücken deine Bänder sehr. |
| Minne, dîne snüere | Liebe, deine Fesseln |
| die twíngènt daz hérze mîn, | die erdrücken mein Herz, |
| daz ich hân ze strîte wider dich deheine wer. | sodass ich dich im Streit wieder abwehre. |
| swie verholne ich rüere | Wie auch immer ich heimlich berühre |
| den zímbèl der zélle dîn, | die Glocke deiner Zelle, |
| sô bin ich betwungen des, daz ich dir hulde swer. | so bin ich gezwungen, dir Treue zu schwören. |
| vrouwe Minne, dîn gewalt ist wider mich ze strenge; | Frau Minne, deine Macht gegen mich ist zu stark; |
| küneginne, dîner ungenâde niht verhenge, | Königin, verhänge nicht deine Missgunst über mich, |
| daz si mich verderbe! ja ist si über mich ein her. | damit sie mich verdirbt! Ja sie herrscht über mich. |
Übersetzung Winterlied 1
| Mittelhochdeutsch | Übersetzung |
|---|---|
| Winder, uns wil dîn gewalt | Winter, uns will deine Gewalt |
| in die stuben dringen | in die Stuben drängen |
| von der linden breit: | von der großen Linde weg: |
| dîne winde die sint kalt. | Deine Winde, die sind kalt. |
| lerche, lâ dîn singen! | Lerche, hör auf mit deinem Gesang! |
| dir hât widerseit | Dir hat den Kampf angekündigt |
| beide rîfe und ouch der snê; | beides, der Frost und auch der Schnee; |
| dû muost stille swîgen: | du musst stillschweigen: |
| sô klag ich den grüenen klê. | So trauere ich um den grünen Klee. |
| meie, ich wil dir nîgen; | Mai, ich will mich vor dir verneigen; |
| mir tuot der winder wê. | mir tut der Winter Leid an. |
| Tanzet, lachet, weset vrô! | Tanzt, lacht, seid froh! |
| daz zimt wol den jungen | Das dünkt gewiss den Jungen |
| disen winder lanc. | während diesem langen Winter. |
| iu ze stiuwer gibe ich sô | Zur Unterstützung gebe ich euch deshalb |
| hiwer von mîner zungen | in diesem Jahre von meiner Zunge |
| einen niuwen sanc, | einen neuen Gesang, |
| daz ir âne swaeren muot | sodass ihr ohne schweres Gemüt |
| vreude mugt erbîten. | Freude erwarten könnt. |
| Engelmâr, dîn stube ist guot: | Engelmar, deine Stube ist gut: |
| küele ist an der lîten. | Kühl ist es am Bergabhang. |
| der winder schaden tuot. | Der Winter richtet Schaden an. |
| Etzel, Ruoze und Adelber | Etzel, Ruoze und Adelber |
| und der geile Rüele | und der übermütige Rüele |
| zesamen hânt gesworn | haben sich zusammen verschworen |
| alle ûf einen dörper hêr: | alle gegen einen dörper: |
| derst von Wîtenbrüele | Der ist von Witenbrüele |
| und brüevet grôzen zorn. | und hegt großen Zorn. |
| daz enkunde ich ê noch sît | Das konnte ich seit jeher noch |
| nie voltagedingen, | nie schlichten, |
| Rüele enwolte enwiderstrît | Rüele wollte nicht um die Wette, |
| an dem reien springen: | bei den Tänzen springen: |
| daz was Lanzen nît. | Das wollte Lanze nicht. |
| Lanze eine treien treit, | Lanze trägt ein Wams, |
| diu ist von barchâne, | das ist der Preis vom Wettschießen, |
| grüene alsô der klê. | grün wie der Klee. |
| ze wîge hât er sich bereit: | Zum Kampf hält er sich bereit: |
| er lebet in dem wâne, | Er lebt in der Hoffnung, |
| daz im niht widerstê. | dass man ihm nicht widersteht. |
| dar in er gesteppet hât | Da er sich genäht hat |
| ein guot îsnîn hemde, | ein gutes Eisenhemd, |
| limmende als ein ber er gât; | knurrend wie ein Bär geht er; |
| guot muot ist im vremde. | ein freundliches Gemüt ist ihm fremd. |
| erst kint, der in bestât. | Nur Kinder stehen ihm bei. |
| Lanze der hât noch die frünt, | Lanze, der hat noch die Eigenschaften, |
| die in niht enlâzen, | die ihn nicht loslassen, |
| swie gar er sî ein kint. | als wäre er noch ein Kind. |
| drî hân ich iu schiere gekünt, | Euch drei habe ich schnell erkannt, |
| die im ûf der strâzen | die ihm auf der Straße |
| bîgestendic sint: | beigestanden sind: |
| Îsenbolt und Îsenhart | Isenbolt und Isenhart |
| und der junge Vrîte. | und der junge Vrite. |
| Rüele der wart nie sô zart, | Rüele, der war nie so zart, |
| er waer an dem strîte | er ist von dem Streit |
| ze verhe wol bewart. | gewiss verschont geblieben. |
| Sô lâz wirs vehten umb den lîp. | So lassen wir den Kampf um diese Personen. |
| und gê wir zuo dem tanze: | Und gehen wir zum Tanz: |
| dâ spring wir schône enbor. | Da springen wir schön in die Höhe. |
| nu wol ûf, meide und jungiu wîp, | Geht nun los, Mädchen und junge Frauen, |
| Afrâ, Englîn, Franze, | Afra, Englin, Franze, |
| diu wil uns singen vor. | die uns vorsingen wollen. |
| Metze breit...... | Metze zögert… |
| und kumet Adelheite | und es kommt Adelheit |
| und über ... Engellint | und über … Engellint |
| und Irmengart gemeite, | und die fröhliche Irmengart, |
| daz sint gar schoeniu kint. | das sind gar schöne junge Mädchen. |
Übersetzung Winterlied 27
| Mittelhochdeutsch | Übersetzung |
|---|---|
| Mirst von herzen leide, | Mir tut es im Herzen weh, |
| daz der küele winder | dass der kühle Winter |
| verderbet schoener bluomen vil: | schöne Blumen sehr verdirbt: |
| sô verderbet mich ein senelîchiu arebeit. | So zerstört mich ein schmerzlicher Liebesdienst. |
| dise sorge beide | Diese beiden Sorgen |
| dringent mich hin hinder | drängen mich fortan zurück |
| ze ende an mîner vreuden zil. | an das Ende meines freudigen Ziels. |
| owê, daz diu guote mit ir willen daz vertreit, | Oh weh, dass die Gute mit Absicht mir das verwehrt, |
| sît si wol geringen mac | obwohl sie gewiss erleichtern kann |
| alle mîne swaere! | mein ganzes Leid! |
| hei, gelebte ich noch den tac, | Hei, erlebte ich noch den Tag, |
| daz sî genaedic waere! | an dem sie gnädig wäre! |
| Swenne ich mich vereine | Wann immer ich mich zurückziehe |
| unde an sî gedenke, | und an sie denke, |
| waer inder wîbes güete dâ, | wäre in dieser Frau Güte vorhanden, |
| diune haete sich sô lange bî ir niht verholn. | die hätte sich so lange bei ihr nicht erwerben lassen. |
| sît si lônet kleine | Seit sie nur gering belohnt |
| mîner niuwen klenke, | meine neuen Gesänge, |
| wan mag ich dienen anderswâ? | warum mag ich nicht anderswo dienen? |
| nein, ich wil mit willen disen kumber langer doln. | Nein, ich will bewusst diesen Kummer lange ertragen. |
| waz, ob noch ein saelic wîp | Was, wenn eine selige Frau |
| gar den muot verkêret? | gar die Gesinnung ändert? |
| vreu mîn herze und troeste den lîp! | Erfreue mein Herz und tröste den Leib! |
| diu zwei diu sint gesêret. | Die zwei, die sind verletzt. |
| Zuo dem ungemache, | Zu den Unbequemlichkeiten, |
| den ich von ir lîde, | die ich wegen ihr erlitt, |
| sô twinget mich ein ander leit, | so bezwingt mich eine andere Sorge, |
| daz vor allem leide mich sô sêre nie betwanc, | die mich wie kein anderer Schmerz so sehr quält, |
| swiech dar umbe lache | auch wenn ich darüber lache |
| und gebâre blîde: | und mich fröhlich verhalte: |
| mir hât ein dörper widerseit | Mir hat ein Dörper den Kampf erklärt |
| umb anders niht wan umbe den mînen üppeclîchen sanc. | um nichts anderes als um meinen üblichen Gesang. |
| derst geheizen Adeltir, | Der hieß Adeltir, |
| bürtic her von Ense, | gebürtig aus Ense, |
| zallen zîten drôt er mir | zu allen Zeiten droht er mir |
| als einer veizten gense. | wie einer fetten Gans. |
| Hiwer an einem tanze | In diesem Jahr bei einem Tanz |
| gie er umbe und umbe. | ging er hin und her. |
| den wehsel het er al den tac: | Den Wechsel hätte er den ganzen Tag gemacht: |
| glanziu schapel gap er umbe niuwiu krenzelîn. | Strahlende Blumenkränze gab er als neuen Schmuck umher. |
| Etzel unde Lanze, | Etzel und Lanze, |
| zwêne knappen tumbe, | zwei törichte Burschen, |
| die phlâgen ouch, des jener phlac. | die verfolgen dasselbe, das jener verfolgt. |
| Lanze der beswaeret ein vil stolzez magedîn; | Lanze bedrängt eine sehr stolze Frau; |
| eine kleine rîsen guot | einen feinen schönen Schleier |
| zarte er ab ir houbet, | zerrte er ihr vom Kopf, |
| dar zou einen bluomenhuot: | dazu einen Blumenhut: |
| wer het im daz erloubet? | Wer hat ihm das erlaubt? |
| Owê sîner hende! | Oh weh, seine Hände! |
| daz si sîn verwâzen! | Sie sollen verflucht sein! |
| die vinger müezen werden vlorn, | Die Finger müssen verloren gehen, |
| dâ mit er gezerret hât den schedelîchen zar! | mit welchen er den schädlichen Fetzen abgerissen hat! |
| hiete er ir gebende | Hätte er ihre Bänder |
| ungezerret lâzen, | unberührt gelassen, |
| daz kränzel hiete ouch sî verkorn. | das Kränzlein hätte auch sie verschmerzt. |
| er ist ungevüeger danne wîlen Engelmâr, | Er ist ungestümer als vor Zeiten Engelmar, |
| der gewalticlîchen nam | der gewaltsam entriss |
| den spriegel Vriderûne. | den Spiegel Friederuns. |
| des bin ich dem dörper gram, | Deshalb bin ich erzürnt über die Dörper, |
| den selben Walberûne. | genauso wie Walberune. |
| Dise alten schulde | Diese alte Schuld |
| wecket mir diu niuwe: | weckt in mir die neue: |
| ez hât ein geiler getelinc | Es hat ein übermütiger Geselle |
| hiwer an mir erwecket, swaz mir leides ie geschach. | dieses Jahr in mir hervorgerufen, jegliches Leid, das mir je widerfahren ist. |
| ê ichz lange dulde, | Bevor ich es lange erdulde, |
| sêt des mîne triuwe, | siehe da meine Treue, |
| gespringe ich zuo zim in den rinc, | ich springe zu ihm in den Ring, |
| er bestât sîn buoze, daz er ir ze vrouwen jach, | er hielt der Strafe stand, dafür dass er die Dame jagte, |
| der ich lange gedienet hân | der ich lange gedient habe |
| her mit ganzer staete! | bis jetzt mit ganzer Treue! |
| wolde er sî gerouwet lân, | Wollte er sie in Ruhe lassen, |
| wie rehte er danne taete! | wie richtig er damit handeln würde! |
| Wê, waz hât er muochen! | Weh, was hat er für Flausen! |
| si kumt im niht ze mâze. | Sie kommen ihm nicht zugute. |
| zwiu sol sîn pîneclîch gebrech? | Wozu soll sein quälender Lärm gut sein? |
| im enmac gehelfen niht sîn hovelîch gewant. | Ihm kann sein höfisches Gewand nicht helfen. |
| er sol im eine suochen, | Er soll sich eine suchen, |
| diu in werben lâze. | die ihn werben lässt. |
| diu sînen rôten buosemblech | Seine rote Zierde an der Brustbekleidung |
| diu sint ir ungenaeme gar, dar zuo sîn hiufelbant. | die sind ihr gar unangenehm, dazu sein Wangenverband. |
| enge ermel treit er lanc, | Enge und lange Ärmel trägt er, |
| die sint vor gebraemet, | die sind verbrämt, |
| innen swarz und ûzen blanc. | innen schwarz und außen weiß. |
| mit sîner rede er vlaemet. | Er redet wie ein Flamländer/ flämisch. |
| Sîner snüere strangen | Seine mit Schnüren versehenen Bänder |
| tengelnt an den orten: | baumeln am Saum: |
| dâ hanget wunder pfeffers an, | Da hängen außerordentliche Gewürze, |
| muscât, negele, pfâwenspiegel: dêst der dörper glanz. | Muskat, Nelke, Pfauenkraut: Das ist der Glanz der Dörper. |
| er wil überdrangen | Er will überwältigen |
| ein meit mit süezen worten, | ein Mädchen mit süßen Worten, |
| des im doch niht gehelfen kan | da ihm doch nicht helfen kann |
| sîn üppiclîch gewant und dar zuo sîn vil waeher swanz. | sein übertriebenes Gewand und dazu seine sehr kostbare Schleppe. |
| ein vil guotez lînîn tuoch, | Aus einem sehr guten Leinentuch, |
| sehzehn elen kleine, | sechzehn Ellen lang, |
| hât sîn hemde und ouch sîn bruoch: | sind sein Hemd und auch seine Hose: |
| der site ist ungemeine. | Ihre Gewohnheiten sind fremd. |
| Her Nîthart, mugt irz lâzen? | Herr Neidhart, könnt ihr es lassen? |
| iu mac misselingen. | Es soll euch misslingen. |
| nu habt ez ûf die triuwe mîn, | Nun habt ihr es auf meine Treue angelegt, |
| und mag ich, ez muoz iu bî dem tanze werden leit! | und wenn es mir gelingt, es muss euch bei dem Tanz leidtun! |
| welt ir uf der strâzen | Wollt ihr auf der Straße |
| vil mit uns gedringen, | mit uns heftig streiten, |
| swie breit ab iuwer multer sîn, | wie breit auch immer euer Mehltrug (?) ist, |
| dâ gelpfe schînet under iuwer ringelehte pfeit, | der Glanz scheint unter eurem geringelten Hemd durch, |
| und sult ir sîn der tiuvel gar | und sollt ihr gar der Teufel sein |
| mit iuwerm glitzeden huote, | mit eurem glänzenden Hut, |
| zwâre ich mache in bluotes var | gewiss ich mache ihn blutig |
| mit mînem swerte guote. | mit meinem guten Schwert. |
| "Nû dar, ziere gesellen, | „Nun da, prächtige Gesellen, |
| nu stât mir algelîche, | nun steht mir allesamt bei, |
| helfet, daz wir in bestân, | helft, damit wir ihm Stand halten, |
| der uns bî dem tanze mit gemache niht enlât! | der uns bei dem Tanz mit Vergnügen nicht in Ruhe lässt! |
| ich trûwe in wol ervellen", | Ich hoffe wir werden ihn zu Fall bringen“, |
| sô sprach Amelrîche: | so sprach Amelriche: |
| "die hant die muoz er mir hie lân, | „Die Hand, die muss er mir hierlassen, |
| dâ der spreckelehte vogel oben ûfe stât, | da der gesprenkelte Vogel oben drauf steht, |
| und dar zuo dem zeswen fuoz, | und dazu den rechten Fuß, |
| dar an der spore klinget. | der an der Spore erklingt. |
| jâ geschaffe ich mir sîn buoz, | Ja ich schaffe seine Vergütung, |
| daz er von uns niht singet." | sodass er von uns nicht mehr singt.“ |
Übersetzung c1
| Der swarcze dorn ist worden weis, | Der schwarze Dorn ist weiß geworden, |
| nun hat der maie seinen vleis | nun hat der Mai seinen Leib |
| geleget an den anger, | auf die Wiese gelegt, |
| gar zergangen ist der schne, | völlig zergangen ist der Schnee, |
| man siht hewer aber als ee | man sieht sogleich wieder wie davor |
| die liechten plumblein swanger. | die leuchtenden Blümchen Frucht bringen. |
| der maie hat die veld gar schön beseczet | Der Mai hat die Felder sehr schön besetzt |
| mit gamillen plumlein fein, | mit feinen Kamillenblümchen, |
| fro so singen die voglein, | so singen die Vögelchen fröhlich, |
| irs laids sind sie ergeczet. | ihr Leid wurde vergessen gemacht. |
| Da fur ich lob die rainen weib, | Dafür lobe ich die reinen Frauen, |
| die wolgetraut globter leib | der wohlgetraute gelobte Körper |
| kan pringen hoch gemute. | kann Hochstimmung hervorrufen. |
| die sich vor valsche hand behut, | Diejenige, die sich vor falschen Händen hütet, |
| die lob ich fur alles gut, | die lobe ich für alles Gute |
| so wol dir, weibes gute! | so gewiss dich, liebe Frau! |
| weib, behalt dein er, das will ich dir raten, | Frau, behalt deine Ehre, das möchte ich dir raten, |
| durch dein frölich weiplich zucht, | durch deine fröhliche weibliche Sittsamkeit, |
| weib, du auserwelte frucht, | Frau, du auserwählte Frucht, |
| la tume minner braten! | lass törichte Liebende plaudern! |
| Nun sung ich gern der frawen mein, | Nun sang ich meinen Damen gerne vor, |
| so irret mich ein ander pein, | doch stört mich ein anderer Schmerz, |
| ich sahe die dörper raien | ich sah die Dörper tanzen |
| gar uppiglichen auf dem plan, | völlig übertrieben auf dem freien Platz, |
| baide, frawen unde man, | beide, Frauen und Männer, |
| die empfiengen schön den maien. | die empfingen fröhlich den Mai. |
| her langer Lancze, das sult ir mir rechen, | Herr lange Lanze, dafür sollt ihr mir Rechenschaft ablegen, |
| darczu so clag ich euch, herr Pflug, | dazu klag ich euch an, Herr Pflug, |
| ir rechet mir diesen ungefug, | ihr rächt mir diesen Unfug, |
| das in ir rucken brechen. | sodass ihre Rücken brechen. |
| Ich kam dohin gein Zeisselmaur, | Ich kam dahin bei Zeiselmauer, |
| die fart ward mir eins tails zu sawer, | die Fahrt war mir zum Teil zu schwer, |
| ich hörte da fremde mere. | ich hörte da fremde Erzählungen. |
| do fand ich einen lobetancz | Da fand ich einen Lobestanz |
| und von rosen mangen krancz, | und so einige Rosenkränze, |
| zergangen was mein swere. | vergangen war meine Schwere. |
| ich zogt zu einem wirte, der was ziere, | Ich zog zu einem Wirt, der war wohlhabend, |
| der ward Engelmair gewar, | dies war Engelmar gewahr, |
| elen weit was im sein har, | Ellen weit war dessen Haar, |
| da hin so eilt er schiere | so eilte er schnell dahin. |
| zu vierczig gättelingen gut, | Vierzig Gesellen wohl, |
| uppiglich stund in ir mut, | übertrieben war ihr Verhalten, |
| der tanczten bei der linden. | die tanzten bei der Linde. |
| er sprach: "herr Neithart der ist hie, | Er sprach: „Herr Neidhart, der ist hier, |
| der uns gespöttes nie erlie, | der uns mit seinem Gespött nie in Ruhe ließ, |
| wol auf, das wir in finden. | wohl auf, sodass wir ihn finden. |
| ir solt euch keines argen nicht gedencken, | Ihr sollt an keine Sorgen denken, |
| ir get mir zuchtiglichen nach, | ihr geht mir fleißig nach, |
| auch seit zu fechten nicht zu gache, | auch seid nicht zu eilig mit dem Fechten, |
| wir sond im frolich schencken." | wir wollen ihm fröhlich einschenken.“ |
| Vierczig käntelin mit wein | Vierzig Krüge mit Wein |
| sie trungen in ein gertelein, | trugen sie in ein Gärtchen. |
| gar gros was ir geraisse: | sehr groß war ihr Getue: |
| "seit got wilkum, herr Neithart, | „Seid willkommen, Herr Neidhart, |
| euch sei geschenckt an diser fart." | euch sei auf dieser Fahrt eingeschenkt.“ |
| ich saß in einem swaisse, | Ich war verschwitzt, |
| ich sprach: "ich pin dem Neithart ungeleiche, | ich sprach: „Ich bin nicht Neidhart, |
| ich pin ein jeger, mir ist zorn, | ich bin ein Jäger, in mir ist Zorn, |
| ich hab die hunde sein verlorn, | ich habe die Hunde |
| der fursten von Osterreiche." | des Fürsten von Österreichs verloren.“ |
| Engelmair in da gepot | Engelmar befahl ihnen da |
| bei dem leben an den todt, | bei dem Leben und dem Tod |
| da sie sich saczten alle. | dass sie sich alle setzten. |
| so zuhant da schanckt man ein | Auf der Stelle schenkte man ein |
| den vil klaren osterwein, | den sehr klaren Osterwein, |
| den truncken sie mit schalle. | den tranken sie mit Freude. |
| er sprach: "und wolt ir gogelfur erkennen, | Er sprach: „Und wollt ihr närrisches Treiben erkennen, |
| so siczt und seit ein frolich man, | so setzt euch und seid ein fröhlicher Mann, |
| ich hilf euch mit gemach hin dan, | ich helfe euch mit Vergnügen, |
| wolt ir mich nimer nennen." | wenn ihr mich nie mehr nennen wollt.“ |
| "Dir sei gelobet an die hant: | „Dir sei an die Hand versprochen: |
| du wirst von mir nicht mer genant, | Du wirst von mir nicht mehr genannt, |
| was ich will furbas singen, | was auch immer ich künftig singen will, |
| und auch was ich gedichten kan, | und was auch immer ich dichten kann, |
| du haist der ungenante man, | da heißt du der unbenannte Mann, |
| du solt frolichen springen, | du sollst fröhlich springen, |
| und hais die öden schaiden aus dem garten." | und heiß die törichten ? aus dem Garten.“ |
| "wol auf, ir herrn, wir sollen gan | „Wohl auf, ihr Herren, wir sollen gehen |
| gar zuchtiglichen auf den plan | ganz sittsam auf den freien Platz |
| und dienen frauen zarten." | und den zarten Damen dienen.“ |
| Die verswunden so zuhant, | Sie verschwanden auf der Stelle, |
| do bracht man mir ein gut gewant, | da brachte man mir ein gutes Gewand, |
| das must ich dannen furen. | da ich davonfahren musste. |
| darczu so gabns mir ein pfert, | Dazu gaben sie mir ein Pferd, |
| das was wol dreissig pfunde werdt | das war sicherlich dreißig Pfunde wert |
| und zeltet nach den schnuren. | und es ging an den Zügeln. |
| des danckt ich schon den manen und den frawen | Das dankte ich schon den Männern und den Frauen |
| und rait daczu in auf den plan, | und ritt dazu auf den Platz im Freien, |
| da mochten siben hundert stan, | da mochten siebenhundert stehen, |
| die mich begunden schawen. | die mich anfingen anzuschauen. |
| Auf die rais so was mir gah, | Auf der Reise wurde ich ungeduldig, |
| mir ward ein michel kaffen nach | mir war ein großes ? |
| von liechten augen schöne. | von schönen leuchtenden Augen. |
| Friederunen näckelin, | Die unbekleidete Friederun, |
| die gabfur die andern schein, | das erweckte für die anderen Schein, |
| mit lob ichs imber kröne. | mit Lob kröne ich es immer. |
| ich rait gein Wien und sagt die abenteuere, | Ich ritt nach Wien und erzählte die Abenteuer, |
| wie sie mir alle trugen has, | wie sie mir widerfahren sind, |
| da ich in dem garten saß, | als ich in dem Garten saß, |
| iedoch war mir ir stewre. | jedoch zahlte ich ihre Steuer. |
| Der herczog sandt gein Zeisselmaur, | Der Herzog schickte mich nach Zeiselmauer, |
| er lie frei den selben pauer | er ließ denselben Bauern frei |
| und all sein hausgenossen. | sowie alle seine Hausgenossen. |
| des ward fro der Engelmar, | Dies erfreute Engelmar, |
| der mir half frölich von der schar | der mir fröhlich von der Schar weghalf |
| wol auf des reiches strassen. | wohl auf die Straßen des Reiches. |
| und Engelmair wil ich in nimer nennen, | Und Engelmar will ich nie mehr nennen, |
| er haist der ungenannte man, | der heißt der ungenannte Mann, |
| der wol mit Friederunen kan, | der gut mit Friederun umgehen kann, |
| ir mugt in wol erkennen. | diesen mögt ihr wohl erkennen. |
Übersetzung Sommerlied 22
| Mittelhochdeutsch | Übersetzung |
|---|---|
| Der winter hât ein ende. | Der Winter hat ein Ende. |
| komen ist uns der meie, | Der Mai ist zu uns gekommen, |
| der uns bluomen bringet manger leie. | der uns so mancherlei Blumen bringt. |
| ich hoer diu vogelîn singen. | Ich höre die Vögelchen singen. |
| wir suln alle springen, | Wir sollen alle springen, |
| sîn gemeit. | und vergnügt sein. |
| der walt ist wol geloubet, | Der Wald ist schön belaubt, |
| diu linde guldîn tolden treit. | die Linde trägt einen goldenen Wipfel. |
| Der linden welnt ir tolden | Die Linde will ihre Baumkrone |
| von niuwem loube rîchen; | mit neuem Laub bereichern; |
| dar under lâzent nahtigal dar strîchen: | darunter lassen sich die Nachtigallen nieder: |
| si singent wol ze prîse | Sie singen schön zur Ehre |
| vremde süeze wîse, | der fremden, lieblichen Wiese, |
| doene vil. | sie singen viel. |
| si vreunt sich gein dem meien: | Sie freuen sich über den Mai: |
| sîn kunft diu ist ir herzen spil. | seine Ankunft ist ihnen eine Freude. |
| Si sprechent, daz der winder | Sie sagen, dass der Winter |
| hiuwer sî gelenget. | dieses Jahr in die Länge gezogen wurde. |
| nu ist diu wise mit bluomen wol gemenget, | Doch nun ist die Wiese mit Blumen wohl besetzt, |
| mit liehter ougenweide | eine leuchtende Augenweide |
| rôsen ûf der heide | sind die Rosen auf der Heide |
| durch ir glanz. | durch ihren Schimmer. |
| der sante ich Vriderûnen | Da schickte ich Friederun |
| einen wolgetânen kranz. | einen schönen Kranz. |
| Die vogele in dem walde | Die Vögel in dem Wald |
| singent wünneclîchen. | singen mit Freude. |
| stolze mägde, ir sult ein niuwez tîchen. | Übermütige Mädchen, ihr soll etwas Neues schaffen. |
| vreut iuch lieber maere! | Freut euch über die Nachricht! |
| maneges herzen swaere | So manche Herzensschwere |
| wil zergân. | soll vorbei sein. |
| tuot, als ich iuch lêre, | Tut es, wie ich es euch lehre, |
| strîchet iuwer kleider an! | legt eure Kleider an! |
| Ir brîset iuch zen lanken, | Ihr schnürt sie euch um die Hüften, |
| stroufet ab die rîsen! | streift die Schleier ab! |
| wir sulnz ûf dem anger wol wikîsen. | Wir sollen auf dem Feld schön tanzen. |
| Vriderûn als ein tocke | Friederun sprang wie eine Puppe |
| sprang in ir reidem rocke | in ihrem drehenden Rock |
| bî der schar: | bei der Schar: |
| des nam anderthalben | Das nahm auf der anderen Seite |
| Engelmâr vil tougen war. | Engelmar sehr verborgen wahr. |
| Dô sich aller liebes | Da sich alle Liebenden |
| gelîch begunde zweien, | sogleich anfingen zu vereinigen, |
| dô sold ich gesungen haben den reien, | da sollte ich zu den Tänzen singen, |
| wan daz ich der stunde | jedoch konnte ich in der Stunde |
| niht bescheiden kunde | nicht entsprechend handeln |
| gegen der zît, | trotz der Jahreszeit, |
| sô diu sumerwünne | sodass die Sommerwonne |
| manegem herzen vreude gît. | einigen Herzen Freude bereite. |
| Nu heizent sî mich singen; | Jetzt fordern sie mich auf zu singen; |
| ich muoz ein hûs besorgen, | ich muss ein Haus versorgen, |
| daz mich sanges wendet manegen morgen. | welches mich an manchem Morgen vom Gesang abwendet. |
| wie sol ich gebâren? | Wie soll ich mich verhalten? |
| mirst an Engelmâren | Mich |
| ungemach, | beunruhigt an Engelmar, |
| daz er Vriderûnen | dass er Friederuns |
| ir spiegel von der sîten brach. | Spiegel von ihrer Hüfte entriss. |
| Sîner basen bruoder | Sein Vater |
| hiet sis wol erlâzen. | hätte sie wohl verschont. |
| er kan sich deheiner dinge mâzen: | Er kann sich bei keiner Angelegenheit enthalten: |
| er ist ein toerscher Beier. | Er ist ein törichter Bayer. |
| er und der junge meier | Er und der junge Meier |
| tuont ir leit. | tun ihr leid. |
| noch hât sî den vriunt, | Noch hat sie den Freund, |
| der imz die lenge niht vertreit. | der er es auf Dauer nicht erträgt. |
| Dar umbe wil si aber | Darum will sie auch |
| ein Engelmâr vertrîben. | Engelmar vertreiben. |
| er ist ein gemzinc under jungen wîben. | Er ist ein Gemsbock unter jungen Frauen. |
| er ist ein ridewanzel, | Er ist einer, der den Ridewanzel tanzt, |
| in dem geu vortanzel. | er ist ein Vortänzer im Freien. |
| sîn gewalt | Seine Gewalt, |
| der ist an dem reien | die ist bei den Tänzen |
| under den kinden manicvalt. | unter den jungen Mädchen häufig. |
| Daz ist Friderûne | Das ist für Friederun |
| ein lange werndiu swaere | ein langwährender Schmerz |
| von Engelmâre dem toerschen tanzprüevaere, | zugefügt von Engelmar, dem törichten Tanzleiter, |
| daz er ir torste lâgen. | als er ihr am Türpfosten (?) nachstellte. |
| daz klagtes al ir mâgen. | Das beklagte all ihr Tun. |
| umbe den schal | Vor dem Schall |
| solt dû dich nu hüeten, | sollst du dich nun hüten, |
| Friderûn! fliuch gein Riuwental! | Friederun! Flieh nach Reuental! |
| Der het ir genomen | Der hätte ihr genommen |
| in schimphe ein tockenwiegel. | eine Puppenwiege im Spiel, |
| daz hiet wir verklagt, niewan den spiegel | das hätten wir verschmerzt, nur nicht den Spiegel |
| (der was von helfenbeine, | (der war aus Elfenbein, |
| waehe, ergraben kleine), | kostbar und fein graviert), |
| den sîn hant | den seine Hand |
| ir nam gewalticlîche: | ihr gewaltsam entnahm: |
| dâ von al mîn vreude swant. | all meine Freude ist daher verschwunden. |
| Ir sult mirz wol gelouben, | Ihr sollt es mir wohl glauben, |
| ich sag iz niht gerne: | ich sage es nicht gerne: |
| diu spiegelsnuor diu kom her von Iberne. | Die Spiegelschnur stammt aus Iberien. |
| ez was ein waeher borte. | Es war eine kostbare Borte. |
| niden an dem orte | Unten an der Spitze |
| stuonden tier | befanden sich Tiere |
| geworht von rôtem golde. | verziert mit rotem Gold. |
| nie geschah sô leide mir. | Nie wurde mir solch ein Leid zugefügt. |
| Daz ich niht froelîch singe, | Dass ich nicht fröhlich singe, |
| daz wendet mir ein swaere, | das entfacht in mir ein Leid, |
| von der ich alsô gerne ledic waere. | von dem ich so gerne befreit wäre. |
| dise dorfgebûwer | Diese Dorfbewohner |
| die nimt des gar untûwer: | die scheren sich gar nicht darum: |
| si tragent mir haz. | Sie äußern mir gegenüber Hass. |
| ob si niht enwaeren, | Wenn sie nicht wären, |
| sô sunge ich für wâr fürebaz. | würde ich wahrlich weiter singen. |
| Erkenbreht und Uoze | Erkenbrecht und Uoze |
| und der ungenante, | und der Ungenannte, |
| Gôzbreht, der mich ofte sanges wante, | Gosbrecht, der mich oft am Sang hinderte, |
| die sint nu gar gesweiget | die sind nun völlig verstummmt |
| unde ir freude seiget | und ihre Freude schwankt |
| hin unt her. | hin und her. |
| ir schîbe, diu gienc ebene, | Ihre Scheibe (des Glücks), die ist eben, |
| diu ist gestrîchet nû entwer. | die ist am straucheln, hin und her. |
| Frou Hilde und getelinge | Frau Hilde und die Gesellen, |
| die sprungen an ir hende, | die an ihrer Hand sprangen |
| ir tanz der was dô âne missewende. | ihr Tanz der war tadellos. |
| nu habent sî erworben, | Nun haben sie erreicht, |
| daz er ist verdorben. | dass er verdorben ist. |
| ir üppekeit | Ihre Übertriebenheit, |
| ich waen diu hât geprüevet | meine ich, hat |
| in manec gespötte unde leit. | viel Gespött und Leid entfacht. |