Benutzer:Tamara Groß

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Winterlied 10

Mittelhochdeutsch Übersetzung
Dô der liebe summer Nachdem der schöne Sommer
ureloup genam, sich verabschiedet hatte,
dô muose man der tänze musste man auf die Tänze
ûfm anger gar verphlegen. auf der Wiese verzichten.
des gewan sît kummer Seitdem hatte auch
der herre Gunderam: Herr Gunderam Kummer:
der muose ouch sîn gestränze Er musste unterwegs auch seine Angeberei
dô lazzen under wegen. auf der Strecke lassen.
der ist bickelmeister disen winder: Er ist diesen Winter der Aufseher beim Würfelspiel:
oeder gouch ist in dem lande ninder, Einen dummen Narren gibt es in diesem Land keinen.
sîn rûmegazze kaphet zallen zîten wol hin hinder. Sein Gassenräumer gafft wohl immer zum Hintern.

Waz er an den meiden Was er den Mädchen
wunders dâ begât, schreckliches angetan hat,
ê daz mîn vrouwe Schelle Noch bevor seine Dame Glocke
volender ir gebot! aufgehört hat zu schlagen!
erst vil unbescheiden, Er ist sehr rücksichtslos,
wan swelhe er bestât, nur, wer sich dem Herrn nähert,
diu wirt von slegen helle der wird ganz weiß von den Schlägen
und mîdende den spot; und meidet jeden Spot;
dâ von lâzen alle ir smutzemunden, Deshalb sollen alle mit dem Schmunzeln aufhören,
des die jungen niht verheln enkunden! dass die Jungen nicht verbergen können!
des hât ir hant von solher meisterschefte dicke enphunden. Darum hat ihre Hand durch diese Macht schon oft gelitten.

Immer, sô man vîret, Immer wenn sie feiern,
sô hebent sî sich dar brechen sie
mit einer samenunge, zu einer Versammlung auf,
den ich wol schaden gan. der ich von Herzen Unglück wünsche.
Werenbreht der lîret, Werenbrecht spielt auf der Leier
sô sumbert Sigemâr. und Sigemar spielt die Geige.
daz in dâ misselunge, Dass ihm das misslingt,
daz laege et eben an! das wäre sehr passend!
daz sich doch vil lîhte mac verrîden: Das ließe sich sicherlich umkippen:
wellents ir getelse niht vermîden, Wenn ihr mit dem Trubel nicht aufhören wollt,
sich mugen zwêne an mîner weibelruoten wol versnîden. werden sich ein paar an meinem Schwert verletzen.

Koeme ich zeinem tanze, Käme ich zu einem Tanz,
dâs alle giengen bî, an dem alle teilnehmen,
dâ wurde ein spil von hende dann gäbe es Heinen Wettkampf mit Händen
mit beiden ekken zuo. und geschlossenen Schwertschneiden.
lîhte geviele ein schanze, Leicht ergäbe sich die Chance,
daz vor mir laegen drî. dass vor mir drei lägen.
ich hielte ez âne wende, Ich hielt es sicher,
verbüte ez einer vruo. unterbände es einer zur rechten Zeit.
sige und saelde hulfen mir gewinnen, Übermacht und Glück verhalfen mir zum Sieg,
daz si halbe müesen dan entrinnen. sodass sie fast hätten davonkommen müssen.
nu ziehen ûf und lâzen in ir gogelheit zerinnen! Nun macht euch auf und hört mit der Ausgelassenheit auf!

Sîne weidegenge Seine Jagdausflüge,
die verewent mich grâ, machen mir graues Haar,
swenn er verwendeclîchen wann auch immer er übermütig
vür mîne vrouwen gât. zu meiner Herrin geht.
trîbet erz die lenge, Treibt er es auf Dauer,
bestât er danne dâ, und bleibt dabei,
man hilft im ûz der kîchen, hilft man ihm aus seinem Keuchen,
daz er vil riuwic stât. dass er mit Reue dasteht.
er und etelîcher sîn geselle, Ihn und viele seiner Freunde,
den ich tanzent an ir hant ersnelle, die ich tanzend an ihrer Hand erwische,
des sî gewis, ich slahe in, daz sîn offen stât ein elle! das sei gewiss, die schlage ich, dass ihm der Arm offen klafft!

Im hilft niht sîn treie Weder sein Wams
noch sîn hiubelhuot; noch sein Helm werden ihm helfen;
ez wirt im in getrenket: man wird sich an ihm rächen:
er zuhte ir einen bal. Er entriss ihr einen Ball.
erst ein toerscher leie; Er ist ein törichter Dummkopf;
sîn tumbelîcher muot seine begriffsstutzige Gesinnung
der wirt im dâ bekrenket. wird ihn dabei zu Fall bringen.
wil er vür Riuwental Will er vor Reuental
hin und her sô vil gewentschelieren, herumstreifen,
er wirt wol zeteiset under vieren. wird er wohl, wie so viele, zerzaust.
her Werenbreht, waz mag ich des, wirt im der umberieren? Herr Werenbrecht, was kann ich dafür, wird etwas für ihn übrig bleiben?

Die wîl ich die klingen Solange ich die Klinge
um mîne sîten trage, bei mir tragen,
sô darf mir durch mîn sumber so kann mir niemand
niemen stechen nieht. durch mein Geflecht stechen.
er mouz vil wîte springen: Er sollte sehr weit springen:
begrîfe ichn mit dem slage, erwische ich ihn mit dem Schlag,
ich slahe in, daz er tumber ich schlage ihn, dass er
schouwet nimmer lieht. kein Licht mehr sieht.
ich hilf im des lîbes in den aschen Ich bringe ihn in den Schmutz
und slah im mit willen eine vlaschen, und gebe ihm mit Absicht einen Hieb,
daz im die hunt daz hirne ab der erde müezen naschen. dass ihm die Hunde das Gehirn von der Erde lecken können.

Her Nîthart hât gesungen, Herr Neidhart hat so gesungen,
daz ich in hazzen wil dass ich ihn hassen werde
durch mînes neven willen, meinem Verwandten zuliebe,
des neven er beschallt. dessen Verwandten er beleidigte.
lieze ers unbetwungen! Es ließ in unbekümmert!
es ist im gar ze vil. Es ist ihm zu viel.
enpflæge er sîner grillen Er hat seine Marotten
und het ouch der gewalt! und auch Macht!
ez ist ein schelten, daz mich freuden letzet. Es ist ein Drohen, das mich der Freude beraubt.
wirt diu weibelroute mir gewetzet, Wird mir das Gerichtsschwert gewetzt,
ich trenne in ûf, daz man wol einen sezzel in in setzet. schlitze ich ihn auf, sodass man einen Sessel in ihn setzen könnte.

Sommerlied 4

Mittelhochdeutsch Übersetzung
Heid, anger, walt in fröuden stât; In Freuden stehen Feld, Wiese und Wald:
diu hânt sich bereitet mit ir besten wât. Die Herrschaften kleiden sich in bestem Gewand.
die in der meie hât gesant. Die ihnen der Mai gebracht hat.
sî wir alle Wir alle sind froh
frô mit schalle! und jubeln!
sumer ist komen in diu lant. Der Sommer zieht ein ins Land.

Wol ûz der stuben, ir stolzen kint, Kommt aus der Stube, ihr übermütigen Kinder,
lât iuch ûf der strâze sehen! hin ist der scherfe wint lasst euch auf der Straße sehen! Vorüber ist der beißende Wind
unde ouch der vil kalte snê. und der bitterkalte Schnee.
hebt iuch balde Macht euch bald
zu dem walde! zum Wald auf!
vogelîn singent, den was wê. Die Vögelein singen wieder, ihnen ging es lange schlecht.

Diu sint ergetzet leides gar. Sie sind von Leid erfüllt,
ir sult mirz gelouben! nemt sîn selbe war, das müsst ihr mir glauben! Nehmt selbst wahr,
waz der sumer erzeiget hât! was der Sommer geleistet hat!
er wil rîchen Er wird uns sicher
sicherlîchen glücklich machen
manegen boum mit loubes wât. mit vielen Bäumen im Blättergewand.

Die nû vor grôzer huote megen, Die, welche nun unter großer Beobachtung stehen wollen,
die suln balde ir bestez vîrtacgewant an legen, sollen sich bald in ihrem prächtigsten Feiertagsgewand kleiden,
lâzen sich dar inne ersehen! und sich darin sehen lassen!
wir suln schouwen Lasst uns
vor der ouwen bei der Wiese zusehen,
maneger hande bluomen brehen. wie unzählige Hände Blumen von Hand pflücken.

Swie Riuwental mîn eigen sî, Auch wenn Reuental mein Eigentum ist,
ich bin disen sumer aller sorgen frî, ich habe diesen Sommer keine Sorgen,
sît der winter ist dâ hin. seit der Winter vorüber ist.
ich wil lêren Ich will die jungen Leute lehren
die jungen êren die Freude zu verherrlichen:
freude: dar nâch stêt mîn sin. Danach steht mir der Sinn.

Sommerlied 18

Mittelhochdeutsch Übersetzung
"Uns wil ein sumer komen", "Der Sommer ist auf dem Weg zu uns",
sprach ein magt: "jâ hân ich den von Riuwental vernomen sprach ein Mädchen: "Ja ich habe den Riuwental vernommen
jâ wil ich in loben. und ich will ihn preisen.
mîn herze spilt gein im vor vreuden, als ez welle toben. Mein Herz hüpft ihm vor Freude entgegen, als sei es außer sich.
ich hœr in dort singen vor den kinden. Ich höre ihn dort singen vor den jungen Leuten.
jâne will ich nimmer des erwinden, Ich möchte nie mehr, dass es aufhört,
ich springe an sîner hende zuo der linden." ich springe an seinen Händen zu der Linde."

Diu muoter rief ir nâch: Die Mutter rief ihr nach:
sî sprach: "tohter, volge mir, niht lâ dir wesen gâch! Sie sagte: Tochter, folge meinem Rat und beeile dich nicht!
weistû, wie geschach Weißt du denn nicht,
dîner spilen Jiuten vert, alsam ir eide jach? was deiner Gespielin Jiuten gleichsam passiert ist?
der wuohs von sînem reien ûf ir wempel, Ihr Bäuchlein wuchs durch seine Tanzmusik
und gewan ein kint, daz hiez sie lempel. und sie bekam ein Kind, das hieß Lempel.
alsô lêrte er sî den gimpelgempel." So lehret er ihr den Gimpelgempel."

"Muoter, lât iz sîn! "Mutter, hör auf damit!"
er sante mir ein rôsenschapel, daz het liehten schîn, er hat mir einen Rosenkranz geschenkt, der so schön aussieht,
ûf daz houbet mîn, und ihn mir auf den Kopf gesetzt,
und zwêne rôte golzen brâhte er her mir über Rîn: und zwei rote Schuhe brachte er mir über den Rhein:
die trag ich noch hiwer an mînem beine. Die trage ich noch immer an meinen Füßen.
wes er mich bat, daz weiz niwan ich eine. Worum er mich gebeten hat, das weiß nur ich alleine.
jâ volge ich iuwer ræte harte kleine." deshalb werde ich euren Rat auf keinen Fall befolgen."

Der muoter der wart leit, Die Mutter war es leid,
daz diu tohter niht enhôrte, daz si ir vor geseit; dass die Tochter ihre Warnungen nicht erhören wollte;
iz sprach diu stolze meit: Das stolze Mädchen sprach:
"ich hân im gelobt: des hât er mîne sicherheit. "Ich habe ihm versprochen: "Meine Treue ist immer sicher.
waz verliuse ich dâ mit mîner êren? Warum sollte ich deshalb mein Ansehen verlieren?
jâne wil ich nimmer widerkêren, Ich will nicht mehr heimkehren,
er muoz mich sîne geile sprünge lêren." er muss mir seine fröhlichen Tänze beibringen."

Diu muoter sprach: "wol hin! Die Mutter sprach: "Dann geh!
verstû übel oder wol, sich, daz ist dîn gewin. Ob es dir gut oder schlecht geht, das liegt in deiner Hand.
dû hâst niht guoten sin. Du bist nicht bei Verstand.
wil dû mit im gein Riuwental, dâ bringet er dich hin. Willst du mit ihm ins Reuental, da wird er dich hinbringen.
alsô kan sîn treiros dich verkoufen. So wird sein Lied dich aufkaufen.
er beginnt dich slahen, stôzen, roufen Er wird dich schlagen, verletzen und prügeln
und müezen doch zwô wiegen bî dir loufen." und dennoch müssen zwei Wiegen bei dir laufen."

Winterlied 24

Mittelhochdeutsch Übersetzung
Sumer, dîner süezen weter müezen wir uns ânen; Sommer, auf dein schönes Wetter müssen wir nun verzichten;
dirre kalte winder trûren unde senen gît. Dieser kalte Winter weckt die Trauer und die Sehnsucht nach dir.
ich bin ungetroestet von der lieben wolgetânen. Von der lieben Schönen erfahre ich keinen Trost.
wie sol ich vertrîben dise lange swaere zît, Wie soll ich ich diese lange und schwere Zeit verbringen,
diu die heide velwet unde mange bluomen wolgetân? in der die Wiesen und viele schöne Blumen verblassen?
dâ von sint die vogele in dem walde des betwungen, daz si ir singen müezen lân. Die Vögel im Wald quält es, dass sie auf ihr Singen verzichten müssen.


Alsô hât diu vrouwe mîn daz herze mir betwungen, So hat meine Dame mir das Herz gebrochen,
daz ich âne vröude muoz verswenden mîne tage. sodass ich die Tage ohne Freude hinter mich bringen muss.
ez vervaehet niht, swaz ich ir lange hân gesungen; Was auch immer ich ihr lange vorgesungen habe war erfolglos;
mir ist alsô maere, daz ich mêre stille dage. Mir ist das egal, deshalb schweige ich besser für längere Zeit.
Ich geloube niht, das sî den mannen immer werde holt: Ich glaube nicht, dass sie den Männern in Zukunft zugeneigt sein wird:
wir verliesen, swaz wir dar gesingen unde gerûnen, ich und jener Hildebolt. Es ist umsonst, was auch immer wir singen und raunen, ich und jener Hildebolt.


Der ist nû der tumbist under geilen getelingen, Er ist nun der Dümmste unter den fröhlichen Gesellen,
er und einer, nennet man den jungen Willegêr: er und einer, den man den jungen Willegêr nennt:
den enkunde ich disen sumer nie von ir gedringen, Den konnte ich diesen Sommer nie von ihr wegdrängen,
sô der tanz gein âbent an der strâze gie entwer. So tanzten sie gegen Abend kreuz und quer.
mangen twerhen blic den wurfel sî mich mit den ougen an, Manchen schiefen Blick warfen sie mir mit den Augen zu,
daz ich sunder mînes guoten willen vor in beiden ie ze sweime muose gân. dass ich entgegen meinem Vorhaben das Weite suchen musste.


Wê, daz mich sô manger hât von lieber stat gedrungen Wehe, dass mich so mancher von dem schönen Ort vertrieben hat
beidiu von der guoten unde ouch wîlent anderswâ! sowohl von der Guten und auch anderswo!
oedelîchen wart von in ûf mînen tratz gesprungen. Widerwärtig sprangen sie beim Tanz, was mich verärgert hat.
ir gewaltes bin ich vor in mînem schophe grâ. Von ihren Gewalttaten werden meine Haare schon ganz grau.
doch sô neic diu guote mir ein lützel über schildes rant. Doch so verneigte sich die Schöne ein wenig hinter ihrem Schild vor mir.
gerne mugt ir hoeren, wie die dörper sint gekleidet: üppiclîch ist ir gewant. Ihr wollt bestimmt gerne hören, wie sich die Bauern kleiden: Übertrieben ist ihr Gewand.


Enge röcke tragent sî und smale schaperûne, Sie tragen enge Westen und kurze Mäntel,
rôte hüete, rinkelohte schuohe, swarze hosen. rote Helme, Schnallenschuhe und schwarze Hosen.
Engelmâr getet mir nie sô leide an Vriderûne, Engelmar hat Friderun nie so Schlimmes angetan,
sam die zwêne tuont. ich nîde ir phellerîne phosen, wie diese zwei es tun. Ich hasse ihre seidenen Güteltaschen,
die si tragent: dâ lît inne ein wurze, heizet ingewer. die sie tragen: Mit einer Wurzel darin, die Ingwer genannt wird.
der gap Hildebolt der guoten eine bî dem tanze; die gezuhte ir Willegêr. Davon gab Hildebolt der Schönen eine beim Tanze; doch Williger nahm sie ihr weg.


Gern west ich, wie es die torpper vnter einander trachten. Ich wüsste zu gerne, wie sich die Bauern kleiden, wenn sie unter sich sind.
sie trugen peckkelhauben, darczu lange swert. Sie trugen Eisenhauben und lange Schwerter dazu.
ir spottigkeit, ir laster sie gar zu laster brachten: Ihr Spotten, ihre Beleidigungen brachten sie nur zu weiteren Vergehen:
des wurdens durch die goller mer denn halb gewert. Sie wurden durch das Treiben ihrer Späße noch mehr verdorben.
sie stritten mit einander einen ganczen summer langen tag. Sie stritten miteinander einen ganzen Sommertag lang.
das ir geläße sahe herre Neithart, do er in dem vas bey dem wein lag. Herr Neidhart sah, wie sie sich verhielten, als er bei dem Fass Wein stand.


Sagte ich nû diu maere, wie siz mit ein ander schuofen, Wenn ich euch erzählen soll, was sie miteinander taten,
des enweiz ich niht: ich schiet von danne sâ zehant. so muss ich sagen, dass ich es nicht weiß: Denn ich eilte sofort davon.
manneglîch begunde sînen vriunden vaste ruofen; Jeder fing an, laut nach seinen Freunden zu rufen;
einer der schrê lûte: „hilf, gevater Weregant!“ Einer schrie laut: "Hilf, Gevatter Weregant!"
er was lîhte in grôzen noeten, dô er sô nâch helfe schrê. Er war womöglich in großen Nöten, weshalb er so um Hilfe schrie.
Hildeboldes swester hôrte ich eines lûte schrîen: „wê mir mînes bruoder, wê!“ Hildebolds Schwester hörte ich laut schreien: "Oh weh mir mein Bruder, oh weh!"


Dô kam schiere ein geteline geloufen von dem strîte: Da kam bald ein Geselle vom Kampf zurück:
den frâgt ich der maere. "Willeher mit ellen streit. Ich fragte ihn nach der Begebenheit. "Willeher verteidigt sich mit den Ellenbogen.
Hildeboltes schapperûn der ist zerzerret wîte Hildebolts Kapuzenmantel ist überall zerrissen
und dar zuo sîn enger roc wol drîer spannen breit." und nebenbei sein Obergewand gut drei Spannen groß.
daz geschach umb eine wurzen, die man ûz der hende ir brach. All das geschah wegen einer Wurzel, die man der Schönen weggenommen hatte.
des engalt vil mangiu spaehiu hûbe, die man bî dem tanze zerzerret ligen sach. Daher geht es um viele schöne Hauben, die man bei dem Tanz <dort> zerrissen liegen sah.


Wâ bî sol man mîn geplätze hinne vür erkennen? Wodurch soll man mein Geschwätz künftig erkennen?
hie envor dô kande man iz wol bî Riuwental. Früher erkannte man es wohl unter dem Namen Reuental.
dâ von solde man mich noch von allem rehte nennen: So sollte man mich noch zu Recht nennen:
nust mir eigen unde lêhen dâ gemezzen smal. Nur habe ich nicht viel an Eigentum und Lehen.
kint, ir heizet iu den singen, der sîn nû gewaltic sî! Kinder, lasst den singen, der am stärksten ist!
ich bin sîn verstôzen âne schulde: mîne vriunt, nu lâzet mich des namen vrî! Ich wurde unschuldig von dort verstoßen: Meine Freunde, hört auf mich so zu nennen!


Ich hân mînes herren hulde vloren âne schulde: Ich habe die Gunst meines Herrn unschuldig verloren:
dâ von so ist mîn herze jâmers unde trûrens vol. Mein Herz ist darum voll Kummer und Leid.
rîcher got, nu rihte mirz sô gar nâch dîner hulde, Gott, bestrafe mich ganz nach deinen Wünschen,
manges werden friundes daz ich mich des ânen sol! und wenn ich auf so manchen Freund verzichten soll!
des hân ich ze Beiern lâzen allez, daz ich ie gewan, Alles was ich je errungen habe, habe ich in Bayern gelassen,
unde var dâ hin gein Ôsterrîche und wil mich dingen an den werden Ôsterman. und fahre nach Österreich, wo ich ein neuer Mann werden will.


Mîner vînde wille ist niht ze wol an mir ergangen: Die Absicht meiner Feinde bedeutete für mich nichts gutes:
wolde ez got, sîn mähte noch vil lîhte werden rât. Wollte es Gott, so werden seine Mächte vielleicht noch einen Ausweg aufzeigen.
in dem lande ze OEsterrîche wart ich wol enphangen In Österreich wurde ich freundlich
von dem edeln vürsten, der mich nû behûset hât. von dem edlen Fürsten empfangen, der mich in den Hof aufgenommen hat.
hie ze Medelicke bin ich immer âne ir aller danc. Hier in Melk bin ich dank ihnen allen.
mir ist leit, daz ich von Eppen und von Gumpen ie ze Riuwental sô vil gesanc. Ich habe es satt, dass ich von Eppen und Gumpen je in Reuental so viel gesungen habe.


Her Nîthart hât uns hie verlâzen als diu krâ den stecken, Herr Neidhart hat uns hier verlassen, wie die Krähe den Ast,
diu dâ hinne fliuget unde sitzet ûf ein sât. die da hin fliegt und sich auf ein Saatfeld sitzt.
ez sol ein man mit fremden frouwen niht ze vil gezecken, Ein Mann soll mit fremden Edelfrauen nicht zu viel herumnecken,
der der wâren schulde an sîner keine vunden hât. wenn er keine Schuld an sich gefunden hat.
er niez sîn tegelîche spîse (der hât er dâ heime genouc), Er genießt seine tägliche Speise (davon hat er Zuhause genug),
lâz Hildebolten mit gemache! ez was ein eichel, die er bî im in dem biutel truoc. Lass Hildebolt mitmachen! Es war eine Eichel, die er im Beutel trug.


Rädelohte sporen treit mir Fridepreht ze leide, Mir zum Ärger trägt Frideprecht runde Sporen
niuwen vezzel hât er baz dan zweier hende breit. und einen neuen Schwertgurt, mehr als zwei Hände breit.
rucket er den afterreif hin wider ûf die scheide, Wenn er den Schwertring wieder auf die Scheide zieht,
wizzet, mîne vriunde, daz is mir ein herzenleit! wisst, meine Freunde, dass mir das im Herzen weh tut!
zwêne niuwe hantschuoh er unz ûf den ellenbogen zôch. Er zog uns zwei neue Handschuhe bis zum Ellenbogen hinauf.
mugt ir hoeren, wie der selbe gemzinc von der lieben hiuwer ab dem tanze vlôch? Wollt ihr hören, wie derselbe Gemsbock vor dem Tanz mit der Schönen floh?


Er gap versengelt wol, rehte als im waer an gebunden Er gab wohl Fersengeld, gerade so, als ob er gefesselt worden wäre.
ein swînes blâse, alsô man den wilden hunden tuot. Eine Schweinsblase, wie man sie den wilden Hunden gibt.
ofte brach er sînen zelt, als sî doch wol befunden, Oft unterbrach er seinen Schritt, als sie ihn bemerkten,
Hatze und Pletze und jeniu ir gespile Hademuot. Hatze und Pletze und jene ihrer Gespielinnen, Hademout.
frâget Engeltrûten, wiez laeg umbe ir bruoder Fridebreht! Engeltrut fragte, wie es um ihren Bruder Friedebrecht stand!
"ach ach, er hât verrenket sich vor vorhte", alsô hât si mir geseit, "der toersche kneht." "Ach, er hat sich vor Furcht verrenkt, der törichte Knecht", hat sie mir erzählt.


Sach ab ieman jenen mit der gickelvêhen täcken? Sah jemand denjenigen mit der bunten Decke?
die treget er ûf der hende und klopfet ûf sîn niuwez swert: Die trägt er in den Händen und klopft auf sein neues Schwert:
dâ mite er uns des nahtes ab der gazzen wil erschrecken. Damit er uns bei Nacht auf der Straße erschrecken kann.
der selbe dünket sich noch mêr dan drîer bônen wert, Derselbe meint, we sei mehr als drei Bohnen wert,
als er danne gerûzet unde gedraeset, der vil übele man, als er dann ein Geräusch macht und schnaubt, der böse Mann,
und im sîn täcke ringeleht erklinget dem gelîche, als er trage ein goller an. und ihm seine Decke erklingt , als ob er einen Halsschutz trüge.

Winterlied 13

Mittelhochdeutsch Übersetzung
Wi überwinde ich beide Wie soll ich beides überstehen,
mîn liep und die sûmerzît? meine verlorene Liebe und Sommerzeit?
ine kan die wolgetânen schiere niht verklagen. Ich kann die Schönen beinahe nicht verklagen.
von sô grôzem leide, Von so großem Kummer,
mir riuwe âne vröude gît, mir Reue ohne Freude gibt,
trûre ich wol von schulden nû ze disen trüeben tagen, trauere ich nun in diesen trüben Tage,
di uns den winder kündent, der uns manger vröude roubet. die uns der Winter verkündet und uns so manche Freude raubt, im Verborgenen.
sanges habent sich diu kleinen vogelîn geloubet: Die Vögel haben gelobt zu singen:
alsô möhte ich wol mit mînem sange stille dagen. So will ich nun mit meinem Gesang still schweigen.

Sol mich niht vervâhen Wenn
mîn trôst und mîn wân, meine Zuversicht und mein Glaube mich nicht ergreifen,
sô enweiz ich, was genâden ich mich trœsten mac. weiß ich nicht, mit welchem Glück ich mich trösten kann.
wol mac ir versmâhen Ihr mögt wohl meinen Dienst
mîn dienest, den ich ir hân verschmähen, den ich ihr lange
lange her geleistet und des ie mit triuwen phlac. und aufrichtig geleistet habe.
alsô phlæge ichs immer gerne, möhte ich des geniezen, So tue ich es immer gerne und und möchte es mir zu nutze machen,
sô daz mich die dörper mînes lônes iht verstiezen. damit die Bauern mir meinen Lohn nicht absprechen.
des ist Uoze grîfic und sîn rûher schavernac. Danach lechzt Uoze und nach seiner rauen Pelzmütze.

Engelwân und Uoze Engelwan und Uoze,
die zwênè sint mír geház ich hasse die beiden
(schaden unde nídes muoz ich mich von in versehen) (Vor Schaden und Eifersucht muss ich mich bei diesen beiden in Acht nehmen)
und der geile Ruoze: und der übermütige Ruoze:
wie tíuwèr er sích vermáz, Wie ungehörig vornehm er sich gab und glaubte,
der bestüende mich durch sí! die drîe widerwehen sich gegen mich stellen zu können! Die drei stellen sich mir
râtent unde brüevent, daz ich ane lôn belîbe. beratend und beweisend gegenüber, dass ich ohne Lohn zurück bleibe.
niht envolge ir lêre, vrouwe, liebist aller wîbe! Folge nicht ihren Befehlen, Geliebte, liebste aller Frauen!
lone mîner jâre; lâz in leit an mir geschehen! Belohne mich für meine Jahre; Lass mir kein Leid widerfahren!

Vrouwe, dîne güete Geliebte, deine Güte
di erkénne ìch sô mánicvált, zeigt sich mir auf so vielfältige Weise,
daz ich liebes lônes von dir noch gedingen hân. dass ich auf deine Liebe als Lohn fest hoffe.
daz mich ie gemüete, Da ich mich immer
die spränzlér und ír gewált, um die Bauern und ihre Gewalt sorgte,
daz was mit den bluomen hin. nu wil mir Engelwân war es mit den Blumen vorbei. Nun will Engelwan mich von deiner
dîne hulde verren: daz im müeze mísselingen, Geneigtheit fern halten: Das muss ihm misslingen,
sô daz hundert swert ûf sînem kophe lûte erklingen! mögen hundert Schwerter auf seinem Kopf laut klirren!
snîdent sî ze rehte, sî zerüttent im den spân. Sie sollen ihm gehörig ins Kerbholz schneiden und es zerstören.

Seht an Engelwânen, Seht Engelwan an,
wie hôhe ér sîn hóubet tréit! wie hoch er sein Haupt trägt!
swanne er mit gespannem swerte bî dem tanze gât, Wann immer er mit gespanntem Schwert zum Tanze geht,
sô ist er niht âne fehlt es ihm nicht
der vlaemìschen höveschéit, an flämischer Ritterlichkeit,
dâ sîn vater Batze wênic mit ze schaffen hât. da sein Vater Batze wenig mit ihm zu tun hat.
nu ist sîn sun ein oeder gouch mit sîner rûhen hûben: Nun ist sein Sohn ein törichter Narr mit seiner rauen Mütze:
ich gelîche sîn gephnaete ze einer saten tûben, Ich vergleiche sein Schnauben mit dem einer gesättigten Taube,
diu mit vollem krophe ûf einem korenkasten stât. die bis zum Kropf in einem Kornspeicher steckt.

Swer in siner tougen Wer auch immer in seinem Inneren
ie liep ode leit gewan, je Glück oder Leid erfahren hat,
dem sint mine sorgen und min kumber wol bekant. der kennt meine Sorgen und meinen Kummer.
sit ich minen ougen Seitdem ich meinen Augen
den stic niht verbieten kan, den Stich nicht verhindern kann,
si enblicken hin, da Rouze tanzet an ir hant, müssen sie mit ansehen, wie Route an ihrer Hand tanzt,
so verlaze ich kume, deich mich selben niht enroufe: So gehe ich schweren Herzens, dass ich mich selbst nicht raufe:
solhen wehsel nement, die da minnent, an ir koufe. Solch einen Rückschlag nehmen die, die lieben in Kauf.
Minne, la mich vri! mich twingent sere diniu bant. Liebe, lass mich frei! Deine Fesseln bringen mich in Not.

Minne, dine snüere Liebe, deine Schnüre
die twingent daz herze min, erdrücken mein Herz,
daz ich han ze strite wider dich deheine wer. mit dem ich gegen dich gekämpft habe.
swie verholne ich rüere Wie leise ich auch
den zimbel der zelle din, die Glocke zu deiner Kammer anstoße,
so bin ich betwungen des, daz ich dir hulde swer. so bin ich gezwungen, mich mit dir zu versöhnen.
vrouwe Minne, din gewalt ist wider mich ze strenge; Frau Minne, deine Macht ist zu stark für mich;
küneginne, diner ungenade niht verhenge, Königin, verhänge nicht deine Ungnade über mich,
daz si mich verderbe! ja ist si über mich ein her. dass sie mich womöglich zugrunde gehen lässt! Ja sie ist meine Gebieterin.

Winterlied 1

Mittelhochdeutsch Übersetzung
Winder, uns wil dîn gewalt Winter, deine Macht
in die stuben dringen will uns von der großen Linde weg
von der linden breit: in die Stube drängen:
dîne winde die sint kalt. Denn deine Winde sind kalt.
lerche, lâ dîn singen! Lerche, hör auf zu singen!
dir hât widerseit Beide, der gefrorene Tau und auch der Schnee
beide rîfe und ouch der snê; widersprechen dir;
dû muost stille swîgen: Du musst still sein:
sô klag ich den grüenen klê. Während ich mich nach dem grünen Klee sehne.
meie, ich wil dir nîgen; Mai, ich will mich vor dir verneigen;
mir tuot der winder wê. mir tut der Winter weh.

Tanzet, lachet, weset vrô! Tanzt, lacht und seid froh!
daz zimt wol den jungen Das gehört sich so für die Jungen
disen winder lanc. diesen Winter lang.
iu ze stiuwer gibe ich sô Um euch zu helfen, schenke ich euch
hiwer von mîner zungen heuer von meiner Zunge
einen niuwen sanc, ein neues Lied,
daz ir âne swæren muot damit ihr ohne schmerzliches Empfinden
vreude mugt erbîten. Freude erlangen mögt.
Engelmâr, dîn stube ist guot: Engelmar, deine Stube ist gut:
küele ist an der lîten. Kühl ist es am Bergabhang.
der winder schaden tuot. Der Winter schadet uns allen.

Etzel, Ruoze und Adelber Etzel, Ruoze und Adelber
und der geile Rüele und der üppige Rüele
zesamen hânt gesworn haben sich alle
alle ûf einen dörper hêr: gegen einen Bauern verschworen:
derst von Wîtenbrüele Der kommt aus Wîtenbrüele
und brüevet grôzen zorn. und erwies sich als zornig.
daz enkunde ich ê noch sît das erfuhr ich noch bevor
nie voltagedingen, der Wettkampf begann,
Rüele enwolte enwiderstrît Rüele fing beim Tanz
an dem reien springen: an zu streiten:
daz was Lanzen nît. Das wollte Lanzen nicht.

Lanze eine treien treit, Lanze trägt einen Wamms,
diu ist von barchâne, der aus einem dicken Baumwollstoff besteht,
grüene alsô der klê. grüner als der Klee.
ze wîge hât er sich bereit: Zur Weihe hält er sich bereit:
er lebet in dem wâne, Er lebt in dem Glauben,
daz im niht widerstê. dass ihm nichts und niemand Wiederstehen kann.
dar in er gesteppet hât darin hater sich
ein guot îsnîn hemde. ein gutes Eisenhemd genäht.
limmende als ein ber er gât; Er knurrt wie ein Bär;
guot muot ist im vremde. gute Stimmung ist ihm fremd.
erst kint, der in bestât. nur die Kinder bestätigen ihn.

Lanze der hât noch die frünt, Lanze der hat noch Freunde,
die in niht enlâzen, die ihn nicht los lassen,
swie gar er sî ein kint. als sei er ein Kind.
drî hân ich iu schiere gekünt, Drei habe ich sogleich erkannt,
die im ûf der strâzen die ihm auf der Straße
bîgestendic sint: beigestanden haben:
Îsenbolt und Îsenhart Îsenbolt und Îsenhart
und der junge Vrîte. und der junge Vrîte.
Rüele der wart nie sô zart, Rüele war nie so lieb,
er waer an dem strîte der wurde von dem Streit
ze verhe wol bewart. wohl verschont.

Sô lâz wirs vehten umb den lîp. So lasst uns um unser Leben kämpfen.
und gê wir zuo dem tanze: Wir gehen zum Tanze:
dâ spring wir schône enbor. Da springen wir auf freundliche Weise in die Höhe.
nu wol ûf, meide und jungiu wîp, Nun wohl auf, Mädchen und junge Frauen,
Afrâ, Englîn, Franze, Afrâ, Englîn und Franze
diu will uns singen vor. wollen uns vorsingen.
Metze beit ................. Metze zögert...
und kumet Adelheite und kommt Adelheit
und über ... Engellint und über...Engellint
und Irmengart gmeite, und die fröhliche Irmengart,
daz sint gar schoeniu kint. das sind sehr schöne Töchter.

Winterlied 27

Mittelhochdeutsch Übersetzung
Mirst von herzen leide, Es tut mir im Herzen weh,
daz der küele winder dass der kalte Winter
verderbet schœner bluomen vil: die vielen schönen Blumen zu nichte macht:
sô verderbet mich ein senelîchiu arebeit. So richtet mich eine leidvolle Not zugrunde.
dise sorge beide Diese beiden Sorgen
dringent mich hin hinder drängen mich derweil zurück
ze ende an mîner vreuden zil. vom Grund meiner Freude.
owê, daz diu guote mit ir willen daz vertreit, Oh weh, möge die Gute mit ihrem Willen mir das verwehren,
sît si wol geringen mac womit sie später
alle mîne swaere! mein ganzes Leid verringert!
hei, gelebte ich noch den tac, Hei, wenn ich nur noch den Tag erleben könnte,
daz sî genaedic wære! an dem sie ganz barmherzig ist.


Swenne ich mich vereine Wann auch immer ich mich mit ihr vereine
unde an sî gedenke, und an sie denke,
waer inder wîbes güete dâ, wäre irgendeine Frau voller Güte,
diune haete sich sô lange bî ir niht verholn. die eine hätte sich bei ihr nichts verdient.
sît si lônet kleine Nachdem sie meine neuen Gesängen
mîner niuwen klenke, nur zierlich Beachtung schenkt,
wan mag ich dienen anderswâ? wo soll ich sonst anderswo meine Dienste leisten?
nein, ich wil mit willen disen kumber langer doln. Nein, ich will diesen Schmerz nicht länger ertragen.
waz, ob noch ein saelic wîp Was, wenn noch eine glückliche Frau
gar den muot verkêret? gar den Mut verliert?
vreu mîn herze und troeste den lîp! Erfreue mein Herz und tröste die Seele!
diu zwei diu sint gesêret. Die beiden sind verwundet.


Zuo dem ungemache, Zu allem Unglück,
den ich von ir lîde, das ich von ihr erfahre,
sô twinget mich ein ander leit, belastet mich ein anderer Schmerz,
daz vor allem leide mich sô sêre nie betwanc, der mich von allem Kummer am meisten schmerzt,
swiech dar umbe lache weshalb ich darum lache
und gebâre blîde: und mich fröhlich verhalte:
mir hât ein dörper widerseit Ein Bauer hat sich gegen mich aufgelehnt
umb anders niht wan umbe den mînen üppeclîchen sanc. und meinen überflüssigen Gesang.
derst geheizen Adeltir, Er hieß Adeltir,
bürtic her von Ense, geboren in Ense,
zallen zîten drôt er mir und er droht mir immer
als einer veizten gense. wie einer gemästeten Gans.


Hiwer an einem tanze In diesem Jahr bei einem Tanz
gie er umbe und umbe. kam er von allen Seiten.
den wehsel het er al den tac: Er wechselte die ganze Zeit:
glanziu schapel gap er umbe niuwiu krenzelîn. Glänzende Kränze gab er als neuen Schmuck.
Etzel unde Lanze, Etzel und Lanze,
zwêne knappen tumbe, zwei törichte Jünglinge
die phlâgen ouch, des jener phlac. die auch das taten, was alle zu tun pflegten.
Lanze der beswæret ein vil stolzez magedîn; Lanze belästigte ein sehr prächtiges Mädchen;
eine kleine rîsen guot Er zerrte ihr ein
zarte er ab ir houbet, schlechtes Rohrgeflecht vom Kopf,
dar zou einen bluomenhuot: und gab ihr einen Hut mit Blumen:
wer het im daz erloubet? Wer hat ihm das erlaubt?


Owê sîner hende! Oh seine Hände!
daz si sîn verwâzen! Sie sollen ihm zugrunde gehen!
die vinger müezen werden vlorn, Die Finger soll er verlieren,
dâ mit er gezerret hât den schedelîchen zar! die für die schlimmen Tränen verantwortlich waren!
hiete er ir gebende Hätte er ihre Haarschleife
ungezerret lâzen, nicht zerrissen,
daz kränzel hiete ouch sî verkorn. hätte das Kränzchen auch sie in seine Arme getrieben.
er ist ungevüeger danne wîlen Engelmâr, Er ist viel unhöflicher als Engelmar,
der gewalticlîchen nam der Friderun gewaltsam
den spiegel Vriderûne. den Spiegel wegnahm.
des bin ich dem dörper gram, deshalb hege ich Zorn gegen die Bauern,
den selben Walberûne. genauso auf Walberun.


Dise alten schulde Diese alte Schuld
wecket mir diu niuwe: erweckt in mir eine neue:
ez hât ein geiler getelinc Ein fröhlicher Geselle hat mich an all das
hiwer an mir erwecket, swaz mir leides ie geschach. Leid erinnert, was mir je geschah.
ê ichz lange dulde, Ehe ich das lange ertragen muss,
sêt des mîne triuwe, nehmt meine Aufrichtigkeit wahr,
gespringe ich zuo zim in den rinc, mit der ich im Ring auf ihn springe,
er bestât sîn buoze, daz er ir ze vrouwen jach, er wird seine Strafe dafür erhalten, dass er zu der Frau eilt,
der ich lange gedienet hân der ich lange meine Dienste erwiesen habe,
her mit ganzer staete! mit ganzer Beständigkeit!
wolde er sî gerouwet lân, Wenn er sie in Ruhe lassen würde,
wie rehte er danne taete! würde er das richtige tun!


Wê, waz hât er muochen! Oh, was hat er für einen Unsinn im Kopf!
si kumt im niht ze mâze. Er kann ihr das Wasser nicht reichen.
zwiu sol sîn pîneclîch gebrech? Was soll sein peinlicher Lärm?
im enmac gehelfen niht sîn hovelîch gewant. Sein höfisches Gewand wird ihm dabei nicht helfen.
er sol im eine suochen, Er soll ihm eine suchen,
diu in werben lâze. die ihn um sich werben lässt.
diu sînen rôten buosemblech Seine rot verzierte Brustbekleidung
diu sint ir ungenaeme gar, dar zuo sîn hiufelbant. gefällt ihr ganz und gar nicht, dazu sein Hüftband.
enge ermel treit er lanc, Die schmalen Ärmel trägt er lang,
die sint vor gebraemet, sie sind
innen swarz und ûzen blanc. innen schwarz und außen weiß eingefasst.
mit sîner rede er vlaemet. Er spricht nach Art der Flamen.


Sîner snüere strangen Seine Schnürstränge
tengelnt an den orten: schlagen in den Orten ein:
dâ hanget wunder pfeffers an, Da hängen Pfeffer, Muskat, Nelken
muscât, negele, pfâwenspiegel: dêst der dörper glanz. und Pfauenkraut daran: Das ist der Glanz der Bauern.
er wil überdrangen Er will ein Mädchen
ein meit mit süezen worten, mit süßen Worten überwältigen,
des im doch niht gehelfen kan doch dabei kann ihm sein übertriebenes Gewand nicht helfen
sîn üppiclîch gewant und dar zuo sîn vil waeher swanz. und dazu seine schöne Schleppe.
ein vil guotez lînîn tuoch, Aus sehr gutem Leinentuch,
sehzehn elen kleine, 16 feine Ellen lang,
hât sîn hemde und ouch sîn bruoch: ist sein Hemd und auch seine Hose:
der site ist ungemeine. Seine Hüfte ist uneins.


Her Nîthart, mugt irz lâzen? Herr Neidhart, werdet ihr es lassen?
iu mac misselingen. Es soll euch misslingen.
nu habt ez ûf die triuwe mîn, Nun habt ihr es bei meiner Treue,
und mag ich, ez muoz iu bî dem tanze werden leit! und ich würde gerne sehen, wie es euch beim Tanze leid wird!
welt ir uf der strâzen Wollt ihr euch
vil mit uns gedringen, auf der Straße mit uns drängen,
swie breit ab iuwer multer sîn, obwohl ihr gebogene Brustharnischplatten tragt,
dâ gelpfe schînet under iuwer ringelehte pfeit, dort strahlt Glanz unter eurem geringelten Hemd,
und sult ir sîn der tiuvel gar und solltet ihr gar der Teufel sein
mit iuwerm glitzeden huote, mit eurem glänzenden Hut,
zwâre ich mache in bluotes var richte ich mit meinem guten Schwert
mit mînem swerte guote. wahrhaft ein Blutbad an.


"Nû dar, ziere gesellen, "Wohlan, ihr kostbaren Freunde,
nu stât mir algelîche, tut es mir gleich und
helfet, daz wir in bestân, helft, ihm stand zu halten,
der uns bî dem tanze mit gemache niht enlât! der uns beim Tanzen nicht in Ruhe lässt!
ich trûwe in wol ervellen", ich hoffe das bringt ihn zu Fall",
sô sprach Amelrîche: so sprach Amelrîche:
"die hant die muoz er mir hie lân, "Die Hand muss er mir hier lassen,
dâ der spreckelehte vogel oben ûfe stât, dort steht der gefleckte Vogel oben auf
und dar zuo dem zeswen fuoz, und dazu erklingt am rechten Fuß
dar an der spore klinget. der Sporn daran.
jâ geschaffe ich mir sîn buoz, Ich werde ihn zur Buße bringen,
daz er von uns niht singet." damit er nicht mehr von uns singt."

c1

Mittelhochdeutsch Übersetzung

I
Der swarcze dorn ist worden weis, Der schwarze Dorn ist weiß geworden,
nun hat der maie seinen vleis nun hat sich der Mai
geleget an den anger, auf dem Ackerland bemerkbar gemacht,
gar zergangen ist der schne, geschmolzen ist der Schnee,
man siht hewer aber als ee man sieht jetzt wieder
die liechten plumblein swanger. die leuchtenden Blümlein blühen.
der maie hat die veld gar schön beseczet Der Mai hat die Felder mit
mit gamillen plúmlein fein, schönen Kamillenblüten übersät,
fro so singen die vogelein, vergnügt singen die Vögelchen,
irs laids sind sie ergeczet. sie haben ihr Leid schon vergessen.

II
Da fúr ich lob die rainen weib, Dafür lobe ich die Frauen, die frei von Sünden sind,
der wolgetraut globter leib der wohlgetraut gelobte Leib
kan pringen hoch gemúte. kann ein edles Gemüt hervorbringen.
die sich vor valsche hand behút, die, welche sich vor falschen Händen hütet,
die lob ich fur alles gut, die werde ich für alles tüchtig loben,
so wol dir, weibes gute! Wohl dir, gute Frau!
weib, behalt dein er, das will ich dir raten, Frau, behalte deine Ehre, das rate ich dir!
durch dein frölich weiblich zucht durch deine fröhliche weibliche Erziehung
weib, du auserwelte frucht, Frau, du auserwählte Frucht,
la túme minner braten! lass den törichten Liebhaber plaudern!

III
Nun sung ich gern der frawen mein, Nun singe ich gerne für meine Frauen,
so irret mich ein ander pein, aber es stört mich etwas anderes,
ich sahe die dörper raien ich sah die Bauern, wie sie sich
gar uppiglichen auf dem plan, übertrieben auf dem freien Platz versammelten,
baide, frawen unde man, alle, Frauen wie Männer,
die empfiengen schön den maien. so empfingen sie den schönen Mai.
her langer Lancze, daz sult ir mir rechen, Herr lange Lanze, das sollt ihr mir rechen,
darczu so clag ich euch, herr Pflug, dazu werde ich euch anklagen, Herr Pflug,
ir rechet mir diesen ungefug, ihr werdet diesen Unsinn rechen,
das in ir rúcken brechen. dass ihnen ihre Rücken brechen.

IV
Ich kam dohin gein Zeisselmaur, Ich kam in Richtung Zeisselmaur,
die fart ward mir eins tails zu sawer, auf der Fahrt wurde mir oft übel,
ich hört da fremde mere. ich hörte dort seltsame Geschichten.
do fand ich einen lobetancz Da sah ich einen Ehrentanz
und von rosen mangen krancz, und so manche Rosenkränze,
zergangen was mein swere. so vergaß ich meine Schmerzen.
ich zogt zu einem wirte, der was ziere, Ich begab mich zu einem prächtigen Gastwirt,
des ward Engelmair gewar, dem Engelmar schaden zugefügt hatte,
elen weit was im sein har, Ellen lang war sein Haar,
da hin so eilt er schiere da eilte er schnell davon

V
zu vierczig gattelingen gut, zu gut vierzig Gesellen,
uppiglich stund in ir mut, Eitelkeit begleitete ihren Übermut,
die tanczten bei der linden. sie tanzten um die Linde.
er sprach: "herr Neithart der ist hie, Er sprach: "Herr Neidhart der ist hier,
der uns gespöttes nie erlie, der uns mit seinem Spot nie in Ruhe gelassen hat,
wol auf, das wir in finden. wohl auf, dass wir ihn finden.
ir solt euch keines argen nicht gedencken, Ihr sollt euch keine sorgenvollen Gedanken machen,
ir get mir zúchtiglichen nach, ihr geht folgt mir diszipliniert nach,
auch seit zu fechten nicht zu gache, seit auch beim Fechten nicht zu schnell,
wir sond im frolich schencken." wir werden ihm fröhlich einschenken."

VI
Vierczig käntelin mit wein Sie trugen vierzig Käntlein Wein
sie trungen in ein gertelein, in ein Gärtchen,
gar gros was ir geraisse: so groß war ihr Hass:
"seit got wilkum, herr Neithart, "Seid Gott willkommen, Herr Neidhart,
euch sei geschenckt an diser fart." euch sei eingeschenkt auf diesem Weg."
ich saß in einem swaisse, ich kam ins Schwitzen
ich sprach:"ich pin dem Neidhart ungeleiche, und sprach: "Ich bin dem Neidhart ungleich,
ich pin ein jeger, mir ist zorn, ich bin ein Jäger und voller Zorn,
ich hab die hunde sein verlorn, ich habe die Hunde des Fürsten
des fursten von Osterreiche." von Österreich verloren."

VII
Engelmair in da gepot Engelmair bot ihm da
bei dem Leben an den todt, bei dem Leben an den Tod,
das sie sich saczten alle. dass sie sich alle setzten.
so zuhant da schankt man ein Sogleich schenkte man
den vil klaren osterwein, den sehr klaren österreichischen Wein ein,
den truncken sie mit schalle. den sie mit Geräuschen tranken.
er sprach: "und wolt ir gogelfur erkennen, Er sprach: "Und wenn ihr das Treiben von Torheiten erkennen werdet,
so siczt und seit ein frolich man, so seid ruhig und seid ein fröhlicher Mann,
ich hilf euch mit gemach hin dan, ich helfe euch mit Wohlbehagen dann aus,
wolt ir mich nimmer nennen." dass ihr mich nicht mehr beim Namen rufen werdet."

VIII
"Dir sei gelobet an die hant: Dir sei auf die Hand versprochen:
du wirst von mir nicht mer genant, du wirst von mir nicht mehr genannt,
was ich will furbas singen, was ich weiter singen will,
und auch was gedichten kan, und auch in meinen Gedichten,
du haist der ungenante man, wirst du der namenlose Mann sein,
du solt frolichen springen, du sollst fröhlich springen,
und hais die öden schaiden aus dem garten." und befehle den öden ??? den Garten zu verlassen."
"wol auf, ir herrn, wir sollen gan "Wohl auf, ihr Herren, wir sollen
gar zuchtiglichen auf den plan züchtig auf den Platz gehen
und dienen frauen zarten." und den lieben Frauen dienen."

IX
Die verswunden so zuhant, Sie verschwanden so eilig,
do bracht man mir ein gut gewant, da brachte mir ein gutes Gewand.
das must ich dannen furen dann musste ich von dannen fahren
darczu so gabns mir ein pfert, dazu gaben sie mir ein Pferd,
das was wol dreissig pfunde werdt das war wohl dreißig Pfund wert
und zeltet nach den schnúren. und ging im Passgang an den Zügeln.
des danckt ich schon den manen und den frawen Dafür dankte ich den Männern und den Frauen
und rait daczu in auf den plan, und ritt zu ihnen auf den Platz,
da mochten siben hundert stan, da standen gut siebenhundert Menschen,
die mich begunden schawen. die mich anschauten.

X
Auf die rais so was mir gah, Auf der Reise war es mir so,
mir ward ein michel kaffen nach als ob mir jemand hinterher gaffte,
von liechten augen schöne. von leuchtend schönen Augen.
Friderunen näckelin, Frideruns Nacken
das gab fur die andern schein, das wurde für die anderen Sichtbar,
mit lob ichs imber kröne. das kröne ich immer mit Lob,
ich rait gein Wien und sagt die abenteure, Ich ritt nach Wien und erzählte von den Abenteuern,
wie sie mir alle trúgen has, wie sie mir alle Hass entgegentrugen,
da ich in dem garten saß, als ich dem Garten saß,
iedoch ward mir ir stewre. jedoch hatte ich ihre ?Unterstützung?.

XI
Der herczog sandt gein Zeisselmaur, Der Herzog sandt gen Zeisselmaur,
er lie frei den selben pauer er ließ den selben Bauern
und all sein hausgenossen. und alle seine Hausgenossen frei.
des ward fro der Engelmar, Darüber freute sich Engelmar,
der mir half frölich von der schar der mir fröhlich aus der Schar half,
wol auf des reiches strassen. auf die Straße zu kommen.
und Engelmair wil ich nimmer nennen, Und Engelmair will ich nicht mehr erwähnen,
er haist der ungenante man, er ist der ungenannte Mann,
der wol mit Friderúnen kan, der wohl bei Friederun war,
ir múgt in wol erkennen. ich glaube ihr kennt ihn.

Sommerlied 22

Mittelhochdeutsch Neuhochdeutsch
Der winter hât ein ende. Der Winter ist vorüber.
komen ist uns der meie, Der Mai ist nun gekommen
der uns bluomen bringet mager leie. und bringt uns mancherlei Blumen.
ich hoer diu vogelîn singen. Ich höre die Vögelein singen.
wir suln alle springen, Wir sollen alle tanzen
sîn gemeit. und fröhlich sein.
der walt ist wol geloubet, Der Wald ist voller Laub,
diu linde guldîn tolden treit. die Linde trägt goldene Baumkronen.

Der linden welnt ir tolden Die Linde wählt ihre Kronen aus,
von niuwem loube rîchen; die von neuem Laub besetzt werden;
da under lâzent nahtigal dar strîchen: darunter macht sich die Nachtigall zurecht:
si singent wol ze prîse Sie singt wohl, um
vremde süeze wîse, die schöne Wiese aus der Ferne zu preisen,
doene vil. viele Töne.
si vreunt sich gein dem meien: Sie freut sich über den Mai:
sîn kunft diu ist ir herzen spil. Seine Ankunft vergnügt ihr Herz.

Si sprechent, daz der winder Sie sagen, dass der Winter
hiuwer sî gelenget. dieses Jahr lange war.
nu ist diu wise mit bluomen wol gemenget, Nun ist die Wiese mit schönen Blumen übersät,
mit liehter ougenweide ein strahlender Anblick sind
rôsen ûf der heide die Rosen auf der Heide,
durch ir glanz. die durch und durch schimmernd.
der sante ich Vriderûnen Davon sandte ich Friderun
einen wolgetânen kranz. einen wohl beschaffenen Kranz.

Die vogele in dem walde Die Vögel im Wald
singent wünneclîchen. singen wonniglich.
stolze mägde, ir sult ein niuwez tîchen. Ihr stolzrn Mädchen, ihr sollt Neues schaffen.
vreut iuch lieber maere! Freut euch über diese gute Nachricht!
manedes herzen swaere Die Schwere mancher Herzen
wil zergân. wird vergehen.
tuot, als ich iuch lêre, Tut, so wie ich es euch gelehrt habe
strîchet iuwer kleider an! und pflegt eure Kleidung!

Ir brîset iuch zen lanken, Schnürt euch die Hüften zu
stroufet ab die rîsen! und streift den Schleier ab!
wir sulnz ûf dem anger wol wikîsen. Wir sollen auf der Wiese tanzen.
Vriderûn als ein tocke Friderun tanzte wie eine Puppe
spranc in ir reidem rocke in ihrem Kleid
bî der schar: um die Schar:
des nam anderthalben Das nahm Engelmar auf der anderen Seite
Engelmâr vil tougen war. ganz im Verborgenen wahr.

Dô sich aller liebes Als sich alle Liebenden
gelîch begunde zweien, gewährten, sich zu zweit aufzustellen,
dô sold ich gesungen haben den reien, da sollte ich den Reigen singen,
wan daz ich der stunde gleichwohl ich mich von diesem Moment
niht bescheiden kunde nicht losreißen konnte
gegen der zît gemäß der Jahreszeit
sô diu sumerwünne gibt die Sommerwonne so
manegem herzen vreude gît. manchem Herzen Freude.

Nu heizent sî mich singen; Nun sollte ich also singen;
ich muoz ein hûs besorgen, Ich muss ein Haus suchen,
daz mich sanges wendet manegen morgen. an manchen Morgen am Gesang hindert.
wie sol ich gebâren? Was soll ich tun?
mirst an Engelmâren Engelmar scheint mir
ungemach, unfreundlich zu sein,
daz er Vriderûnen da er Friderun
ir spiegel von der sîten brach. den Spiegel aus der Seite riss.

Sîner basen bruoder Dem Bruder seiner Base
hiet sis wol erlâzen. hätte sie es wohl erlassen.
er kan sich deheiner dinge mâzen; Er kann sich nicht mäßigen,
er ist ein toerscher Beier. er ist ein törichter Bayer.
er un der junge meier Er und der junge Meier
tuont ir leit. haben ihr Leid angetan.
noch hât sî den vriunt, Noch hat sie den Freund,
der imz die lenge niht vertreit. der ihr das lange Zeit nicht verwehrte.

Dar umbe wil sie aber Darum will sie aber
ein Engelmâr vertrîben. den Engelmar vertreiben.
er ist ein gemzinc under jungen wîben. Er ist wie ein Gemsbock unter den jungen Weibern.
er ist ein ridewanzel, er ist einer der den Ridewanzel tanzt,
in dem geu vortanzel. ein Vortänzer in der Gegend.
sîn gewalt Seine Gewalt
der ist an dem reien ist beim Tanz
under den kinden manicvalt. unter den Mädchen wohl bekannt.

Daz ist Friderûne Das ist Friderune
ein lange werndiu swaere die lange Zeit unter
von Engelmâre dem toerschen tanzprüevaere, Engelmar, dem törichten Tanzleiter leiden musste,
daz er ir torste lâgen. dass er ihr mutig nachstellte,
daz klagtes al ir mâgen. beklagte die ganze Menge.
umbe den schal Auf das Getöse
solt dû dich nu hüeten, sollst du nicht achten,
Friderûn! fliuch gein Riuwental! Friderun! Fliehe nach Reuental!

Der het ir genomen Er hat ihr im Scherz
in schimphe ein tockenwiegel. eine Puppenwiege weggenommen.
daz hiet wir verklagt, niewan den spiegel Das hätten wir verkraftet, aber nicht den Spiegel
(der was von helfenbeine, (Er war aus glänzendem Elfenbein
waehe, ergraben kleine), und schön verziert),
den sîn hant den seine Hand
ir nam gewalticlîche; ihr gewaltsam entriss;
dâ von al mîn vreude swant. Deshalb verschwand meine Freude.

Ir sult mirz wol gelouben, Ihr könnt mir ruhig glauben,
ich sag iz niht gerne: ich sage es nicht gerne:
diu spiegelsnuor diu kom her von Iberne Die seidene Schnur des Spiegels kam aus Iberien
ez was ein waeher borte. es war eine kunstreiche Einfassung.
niden an dem orte unten im Ort
stuonden tier standen Tiere
geworht von rôtem golde. gewirkt in rotem Gold.
nie geschach sô leide mir. Nie geschah mir ein solches Leid.

Daz ich niht froelîch singe, Dass ich nicht fröhlich singe,
daz wendet mir ein swaere, bereitet mir Schmerzen,
von der ich alsô gerne ledic waere. von denen ich so gerne frei wäre.
diese dorfgebûwer Für diese Dorfbauern
die nimt des gar untûwer; ist das alles unbedeutend;
sie tragent mir haz. sie sind mir verhasst.
ob si niht enwaeren, Wenn sie es wahr machen,
sô sunge ich für wâr fürebaz. so singe ich wahrlich weiter.

Erkenbreht und Uoze Erkenbreht und Uoze
und der ungenante, und der ungenannte,
Gôzbreht, der mich ofte sanges wante, Gôzbreht, der mich oft vom Singen abgehalten hatte,
die sint nu gar gesweiget die sind nun ganz verstummt
unde ihr freude seiget und ihre Freude
hin und her. wiegt hin und her.
ir schîbe, diu gienc ebene, Ihr Kreis, der ging gleichmäßig,
diu ust gestrûchet nû entwer. er kam wahrhaftig ins Straucheln.

Frou Hilde und getelinge, Frau Hilde und Gesellen
die sprungen an ir hende, tanzten an ihren Händen.
ir tanz der was dô âne missewende. Ihr Tanz war nicht vergeblich.
nu habent sî erworben, Nun haben sie erreicht,
daz er ist verdorben. dass er zu Schaden kommt.
ir üppekeit Ich vermute, ihre Übertriebenheit
ich waen diu hât geprüevet ist für so manches
in manec gespötte unde leit. Gespött und Leid verantwortlich.