Der Erzähler (Gottfried von Straßburg, Tristan)

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Die Geschichte von Tristan und Isolde wird von einem auktorialen Erzähler geschildert. Er kann sowohl in die Figuren hinein sehen, als auch übergreifende Zusammenhänge erkennen und bringt außerdem sein eigenes Ich zur Sprache.[1]

Erzählerrolle

Selbstdarstellung

Der Erzähler versucht sich gleich am Anfang von anderen Erzählern und besonders von anderen Tristanversionen abzusetzen, indem er seine Tristangeschichte als die am besten recherchierte darstellt. Durch die Beschreibung seiner Recherche als eine „manege suoche“ (163) (=umfangreiche Nachforschung) in „walschen und latînen“ (159) Büchern, hebt er hervor, dass er ein gebildeter, da bücherkundiger Mann ist, der zudem dem Französischen und dem Lateinischen kundig ist.[2]

Der Erzähler setzt sich auch mit den Werken anderer Autoren auseinander. Dadurch wird zum einen das literarische Wissen des Erzählers hervorgehoben, zum anderen zeugt die Kritik an der Schreibkunst anderer, die beispielsweise in folgenden Auszügen ersichtlich wird:

„swer nû des hasen geselle sî
und ûf der wortheide
mit bickelworten wellen sîn
und ûf daz lôrschapelekîn
wân âne volge welle hân,
der lâze uns bî dem wâne stân.“
(4638-4644)
„Si lesent an Tristande,
daz ein swalwe z’Irlande
von Curnewâle kaeme,
ein vrouwen hâr dâ naeme
z’ir bûwe und z’ir geniste
(ine weiz, wâ sî’z dâ wiste)
und vuorte daz wider über sê.
geniste ie kein swalwe mê
mit solhem ungemache,
sô vil sô sî bûsache
bî ir in dem lande vant,
daz s’über mer in vremdiu lant
nâch ir bûrgeraete streich?
weiz got, hie spellet sich der leich,
hie lispet daz maere.“
(8600-8615)

auch von einem hohen Selbstbewusstsein des Erzählers, der sich nicht zurücknimmt, sich seiner Schreibkunst sicher ist und sich daher z. B. auch über die Beschreibung eines Turniers erhaben fühlt, da er „ir buhurdieren niht allez becrôieren“ (=ihre Kämpfe nicht alle wie ein Herold ausrufen) (5061/2) will. Dies sollen stattdessen die Burschen machen, die schließlich dabei gewesen seien („daz suln die garzûne sagen: die hulfen ez zesamene tragen“ (5059)).[3]

Ebenso unterbricht der Erzähler die Handlung mehrmals für Exkurse und gebraucht viele Sentenzen, wodurch er sein Hintergrundwissen und seine eigenen Erfahrungen demonstriert und gleichzeitig an die Erfahrungen des Publikums anknüpfen möchte.[4]

Anmerkungen

  1. Tomasek 2007: 118
  2. Tomasek 2007: 118
  3. Tomasek 2007: 118
  4. Tomasek 2007: 120

Literatur

Textausgabe

  • Gottfried von Straßburg: Tristan. Nach dem Text von Friedrich Ranke neu herausgegeben, ins Neuhochdeutsche übersetzt, mit einem Stellenkommentar und einem Nachwort von Rüdiger Krohn. Bd. 1–3. Stuttgart 1980 (RUB 4471-3).

Forschungsliteratur

Tomasek, Tomas: Gottfried von Straßburg. Stuttgart 2007.