Der Rosengarten zu Worms (A) — Übersetzung

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Der folgende Artikel übersetzt die 390 Strophen des historischen Heldenliedes Der Rosengarten zu Worms in der älteren Vulgat-Fassung A ins Neuhochdeutsche. Die Strophenzählung folgt dabei der Textausgabe von Georg Holz.[Holz 1982]

Übersetzung

Strophe Rosengarten (A) Übersetzung
Str. 1 Ein stat lit an dem Rine, diu ist so wünnesam /
und ist geheizen Wormze. sie weiz noch manec man.
darinne saz ein recke, der hete stolzen muot:
er war geheizen Gibeche un was ein künec guot
Eine Stadt liegt am Rhein, welche sehr schön ist und Worms heißt.
Jedermann kennt sie. Dort gab es einen stolzen Helden, der Gibeche hieß und ein mächtiger König war.
Str. 2 Der hete bi siner vrouwen dri süne hochgeborn
und ouch ein schoenez megedin. durch die wart verlorn
manec küener degen so man uns von in seit
Kriemhilt was si geheizen, diz keiserliche meit.
Dieser hatte seiner Gattin drei adelige Söhne und ein Mädchen (eine Jungfrau) geschenkt.
Durch sie gingen, wie man sagt, schon einige mutige Krieger verloren. Dieses königliche Mädchen hieß Kriemhilt.
Str. 3 Sie begunde vrien ein stolzer wigant,
der was geheizen Sivrit, ein helt ûz Niderlant.
der pflac sô grozer sterke, daz er die lewen vienc
und sie mit den zegeln über die mûren hienc.
Ein stolzer Kämpfer wollte sie heiraten,

der Sivrit genannt wurde, ein Held vom Niederrhein.
Dieser hatte eine so große Kraft, dass er Löwen fing
und sie an den Zügeln über die Mauern hielt.

Str. 4 Dô wart ir von dem Berner wunders vil geseit.
si gedâhte ir manege liste, diu keiserlîche meit,
wie si ze samene braehte die zwêne küenen man,
durch daz man saehe, von welhem daz beste würde getân.
Da wurden ihr von dem Berner viele Heldentaten erzählt.
Mit ihrem scharfen Verstand überlegte sich die kaiserliche Jungfrau, wie sie
die zwei tapferen Männer zusammen bringen könnte, um zu sehen
wer der bessere sein würde.
Str. 5 Si hête einen anger mit rôsen wol gekleit,
der was einer mîlen lanc und einer halben breit.
darumbe gienc ein mûre von eim vadem sîdîn.
si sprach: 'trutz sî allen vürsten, daz keiner kome darîn.
Sie hatte einen mit Rosen reich geschmückten Garten,
der eine Meile lang und eine halbe breit war.
Drumherum war eine Wand aus seidenem Faden.
Sie sagte: "Sie soll allen Herren widerstehen, sodass keiner hineinkommt.
Str. 11 Dô sprach der helt Walther, ein küener degen guot:
'solhe wiedertrutze durch iuweren übermuot
enpietet ir rîchen künegen, die iu sint unbekannt?
man vünde noch snelle helde, die vüeren durch diu lant,
Da sprach der Held Walther, ein kühner und ehrenhafter Krieger:
'Seid ihr so hochmütig, mächtigen Königen, die ihr nicht einmal
kennt, eine solche Herausforderung zu unterbreiten?
Man fände schnell allerhand Ritter, die durch das Land zögen,
Str. 12 Die wol getörsten vehten vor künegen hôchgemuot.
Gevrieschen'z die Wülfingen, ez diuhte sie niemer guot
her Dietrîch von Berne und sîne dienestman,
die hânt bî unsern zîten daz beste ie getân.
doch nur die Dümmsten sind stolz vor Königen zu kämpfen.
Erführen es die Wülflinge, so würde es ihnen ehrenlos erscheinen,
Herrscher Dietrich von Bern und sein Gefolge
haben zu unseren Zeiten das Größte geleistet.
Str. 13 Ervüeren sie diu maere, sie vüeren über Rîn.
Des müeste enkelten manec helt, des sült ir sicher sîn:
der anger würde geroetet und von bluote naz.'
dô sprach diu küneginne: 'wie möhte uns wesen baz!
Hörten sie die Geschichte, so würden sie über den Rhein kommen.
Mancher Ritter müsste dafür büßen, das sollte euch gewiss sein:
der Garten würde rot gefärbt und getränkt werden vom Blut.'
Da sprach die Königin: 'Was gibt es Besseres für uns!
Str. 54 'Nummer dumme amen!' sô sprach her Dietrich,
'wie sint diese vrouwen so rehte wunderlich,
das ir vil selten keiniu will nemen einen man,
ich enhabe mit ime gestriten oder muoz in noch bestan.
'In Gottes Namen!', sagte Herrscher Dietrich,
'Wie wahrhaftig unbegreiflich sind diese Edelfrauen,
dass von ihnen selten eine keinen Mann nehmen will,
mit dem ich gekämpft habe oder den ich noch bekämpfen werde.
Str. 61 Der edeln herzoginne zergienc ir gleite zehant.
si gienc mit trûregem muote, dâ sie Wolfharten vant.
si sprach: `Wolfhart, herre, lâz dir sin gekleit,
vil tugendhafter ritter, daz min herzeleit.´
Die noble Herzogin nahm die Situation selbst in die Hand.
Mit mutiger Entschlossenheit ging sie zu Wolfhart.
Sie sagte: „Höre meine Klage an,
du mutiger Held, was dir mein Herz zu sagen hat.“
Str. 62 Si sprach: ´der Bernære versinnet sich niht baz,
er hât gein den gesten gewendet sinen haz.
nu hilf den edeln gesten, des hâst du êre und vrum,
sô will ich dir ze lône geben minen magetuom.´
Sie sagte: „Der Berner kann sich nicht besinnen.
Er hat seinen Hass gegen die Gäste gerichtet.
Jetzt hilf den edlen Gästen, dadurch erhältst du Ehre und Ruhm.
Dann möchte ich dir zum Lohn meine Jungfräulichkeit geben.“
Str. 70 'Wir müezen zu dem Rine', sprach der Hiltebrant,
'da sül wir helme houwen', so sprach der wigant,
'daz daz bluot dahin vliuzet und git den widerswal'.
'danc habe', sprach do Wolfhart,'so wil ich uf die wal'.
„Wir müssen zum Rhein“, sagte Herr Hiltebrant,
"um da ein paar Helme einzuschlagen". Der Krieger sagte weiter noch:
"Dass das Blut nur so dahinfließt und die Gier zurück strömt
Wolfhart sprach ihm seinen Dank aus und sagte: "So will ich auf das Schlachtfeld!"
Str. 71 'Wol dan,ir werten geste', sprach Wolfhart sa zehant,
'leit abe und lat behalten iuwer stehelin gewant
und ezzet mines herren brot und trinket sinen win,
man git es iu willecliche, swie lange ir hie wellet sin'.
"Also dann, Liebe Gäste", sagte Wolfhart sogleich,
"Leider aber, habt ihr eure stählernen Rüstungen an gelassen
und esst das Essen meines Vorgesetzten (Herren) und trinkt auch seinen Wein,
Man gibt euch das freiwillig, solange ihr hier sein wollt".
Str. 72 Des vröuten sich die geste mit vroelicher art.
vil manec liehter halsberc do behalten wart.
pfeller unde samit leiten sie mit vröuden an.
man sach die edeln geste zühtecliche gan.
Wegen dieser Worte freuten sich die Gäste auf eine lebhafte Art und Weise.
Dennoch blieb der ein, oder andere Teil der Rüstung, die den Hals und Oberkörper bedeckte, doch angezogen.
Feines, kostbares Seidenzeug und Samt zogen sie gerne an.
Man konnte beobachten, wie sie sich der Etikette entsprechend verhielten.
Str. 73 Do gap man den küenen recken ein groze kraft,
daz man uf der vürsten hove heizet wirtschaft.
do beliben sie ze Berne unz an den zehnden tac,
die wile manec ritter it in kurzewile pflac.
Dann gab man den ehrenhaften Kriegern eine große Kraft (?...eine große Motivation??)
Die man am Hof des Fürsten Wirtschaft nannte.
Dann blieben sie zehn Tage lang in Bern
Bis das Anwesen einige Ritter mit Langeweile plagte.
Str. 74 Zehen hunderrt marc goldes gap in der Berne do
die hochgelobten geste machete er alle vro
und kleite sie alle geliche in guot pfellergewant,
beslagen wol mit golde: daz namen sie zehant.
Da gab der Berner ihnen 10 000 Goldmark
und machte den hochgewürdigten Gästen eine Freude
und kleidete sie alle mit kostbaren Gewändern.
Völlig mit Gold überschüttet nahmen sie es sogleich an.
Str. 75 Do gienc der herzoge mit vünf hundert siner man
vil gezogenliche vür den Berner stan.
er sprach: 'vil edeler vürste, möht ez in hulden sin,
den urloup heten wir gerne: wir wollten an den Rin'.
Da ging der Hezrog mit 500 seiner Männer
die für den berner stramm standen.
Er sagte: "Edler Fürst, kann es in ihrem Sinne sein,
wenn wir gerne die Erlaubnis hätten an den Rhein gehen zu können.
Str. 76 Do sprach der Voget von Berne, der degen unverzeit:
'min urloup und min hulde diu istiu unverseit.
ich geleite iuch uz mimlande mit vünf hundert man.
welt ir hie langer beliben, daz ist liebe mir getan'
Da sagte der Fürst von Bern, der unerschorckene Krieger:
Sowhol meine Erlaubnis zu gehen, als auch mein Wohlwollen bleibt euch verwehrt.
ICh werde euch mit 500 Man aus meine Land geleiten/begleiten.
Hättet ihr länger bleiben wollen, hättet ihr mir eine große Freude bereitet".
Str. 77 Des dankete im tugentlche der herzoge Sabin:
'vil edeler voget von Berne, wir wolten an den Rin'
die herren von dem Rine wurden in stahel do gekleit.
der edel vürste von Berne do selbe mit in reit
In seiner Besonnenheit dankte ihm der Herzog Sabin:
"Edeslter HErzog von bern, wir wollten an den Rhein".
Die Männer vom Rhein legten darauf ihre Rüstungen an
und der edle Fürst von Bern ritt mit ihnen mit.
Str. 78 Mit vünf hundert siner man, so er sie tiurest vant.
er geleite sie mit eren durch Lampartenlant.
do sie von Berne kamenund Garte sahen an,
do sprach der herzoge ze dem Berner lobesam:
Mit 500 seiner Männer, die er unbedingt dabei haben wollte.
Er führte sie ausgezeichnet durch die Lombardei.
Als sie aus Bern ankamen und den Garten erblickten,
sagte der Herzog zum Berner feierlich:
Str. 79 'Nu keret wider, herre, heim in iuwer lant,
ir hat uns verre gedient mit [iuwren] helden hochgenant.
swaz ir nu welt enpieten der keiserlichen meit,
daz wirt ir endeliche da von mir geseit'
"Herr, nun kehrt wieder in eure Heimat/euer Land zurück.
Ihr habt uns gut geholfen mit euren tapferen Helden.
Was ihr dem kaiserlichen Mädchen anbieten wollt,
ich habe es der Herrin bereits ausgerichet.
Str. 80 Do sprach der Bernaer: 'nu saget der Künegin,
si müeze ir widertrutze selbe triben in,
die si mir hat enpoten in min eigen lant.
des mac wol entkelten manec küener wigant.
Da sagte der Berner: "Nun richte der Königin aus:
Dass sie ihren Widerstand/Trotz, wieder loswerden muss,
den sie mir in mein eigenes Land gebracht hat.
Das sollte so manchen Helden entlohnen.
Str. 81 Saget ir, ich habe ze Berne rosen also vil,
wan daz ich irhochvart nht übersehen wil.
sehzec tusent recken bringe ich über Rin
die wol getürren vehten umb rosenkrenzelin.
Teilt ihr mit, dass ich in Bern genauso viele Rosen habe,
dass man ihre Pracht nicht übersehen kann.
Sechzig Tausend Krieger bringe ich über den Rhein mit,
damit sie utiig um Rosenkränze kämpfen (fechten)
Str. 82 Dannoch bringe ich zwelve uf den grüenen plan,
die in dem rosengarten wol ir zwelve getürren bestan'
urloup nam mit zühten der von Brabant.
der edel vürste von Berne reit heim in sin lant.
Dann bringe ich noch Zwölf auf den grünen Platz (Garten?)
die in dem Rosengarten ihre Zwölf tapfer überwinden werden".Der von Brabant nahm höflich Abschied
und der edle Fürst von Bern kehrte in sein Land zurück.
Str. 83 Kriemhilte der küneginne wurden diu maere geseit,
des vröute sich heimliche diu keiserliche meit.
Kriemhilt diu küneginne do niht langer beit,
it ir juncvrouwen si sich do bereit.
Der Königin Kriemhilte wurden die Neuigkeiten mitgeteilt,
wobei sie sich über die Nachrichten heimlich freute (ins Fäustchen lachte)
Kriemhilt, die Königin, zögerte nicht lange,
bisweilen tauschte sie sich mit ihren Beraterinnen aus.
Str. 84 Diu junge herzoginne gienc ir an der hant,
die wolte si ze wibe geben deme von Brabant.
[diu selbe junvvrouwe truoc ein kleit an,
dardurch da schein ir lip, der was so wolgetan.
Die junge Herzogin, die sie dem von Brabant zur Frau geben wollte,
nahm ihre Hand.
Die besagte Frua hatte ein Kleid an,
welches ihre schöne Gestalt/Figur betonte.
Str. 85 Ir arme waren wiz, blanc als ein hermelin.
under den juncvrouwen mohte si i diu schoenste sin.]
mit den slben meiden si ime engegene ginec,
wie rehte güetliche in diu künegin enpfienc:
Ihre Arme waren so weiß, so weiß (weiser als?) wie Hermelinfell.
Unter den jungen Frauen war sie die Schönste.
Mit den gleichen jungen Frauen, mit denen sie Zeit verbrachte (???)
Die Königin empfieng ihn freundlich:
Str. 86 'Wis gote willekommen,ein herzoge uz Brabant!
waz enpiutet uns der von Berne in unser eigen lant?'
er sprach: 'edeliu künegin, des werdet itr wol gewar,
er wil vür iuch bringen eine ungevüege schar.
"Grüß Gott Herzog aus Brabant!
Was bietet uns der von Bern auf unserem eigenen Boden an?"
Er sagte: "Eure Hoheit, ihr solltet euer Augenmerk darauf richten,
dass der Berner wegen Euch eine ungestüme Horde her bringen will.
Str. 87 Iu enpiutet der von Berne, vil edeliu künegin,
ir müezet iuweern widertutz triben wider in,,
den ir im hat enpoten in sin eigen lant,
und des müge wol enkelten manec stolzer wigant.
Eure Majestät, es bittet euch der Berner,
dass sie den Unmut abwenden, den Sie in sein Land gebracht haben
und dass, das so manchen stolzen Helden entlohnen sollte.
Str. 88 Er sprichet, er habe ze Berne rosen also vil,
wan daz er iuwer hochvart niht übersehen wil.
sehzec tusent recken bringet er über Rin,
die wol getürren vehten umb rosenkrenzelin.
Er behauptete, er hätte ni Bern so viele Rosen
dass er eure Pracht (an Rosen) gar nicht sehen will.
Sechzig Tausend Mann wird er über den Rhein hier her bringen,
die mutig um die Rosenkränze kämpfen sollen.
Str. 89 Darzuo bringet er zwelve 8f den grüenen plan,
die in dem rosengarten iuwer zwelve wol türren bestan'.
'wol mich, ein werder vürste, ein herzoge uz Brabant,
daz ich dich ie gein Berne ze Boten han gesant!
Des Weiteren bringt er noch zwölf Weitere,
die im Rosengarten eure zwölf Mutigsten besiegen sollen".
"Zolle mir Anerkennung, werter Fürst, Herzog aus Brabant,
dass ich dich jemals als Boten nach Bern geschickt habe!
Str. 90 Des gat ez an ein houwen, daz man siht daz bluot,
so siht man helme schroten manegen ritter guot.
swer vrume boten sendet, der verliuset niht daran.
nu wil ich dir geben, swaz ich dir gelobet han'.
Dabei handelt es sich um eine Schlacht, bei der man viel Blut fließen shen wird.
Wo Hellebarden so manchen tapferen Krieger verwunden werden.
Wer Boten schickt, die brauchbar sind, hat nichts zu verlieren.
Nun will ich dir geben, was ich dir versprochen habe".
Str. 105 'Noch weiz ich dort einen, vor deme ich sorge han:
wer sol uns in den rôsen den zwelften held bestân?
der ist geheizen Walther von dem Wasgenstein
und ist an dem Rîne der küensten recken ein.'
"Einen kenne ich dort noch, vor dem ich Sorge habe:
Wer soll für uns im Rosengarten den zwölften Helden überwältigen?
Dessen Name ist Walther von dem Wasgenstein
und er ist am Rhein einer der tapfersten Krieger."
Str. 106 'Deme ich sînen kempfen, weiz got, niht vinden kann,
was Dietleip von Stîre, der ist ein starker man.
hülf uns der degen junge, vil lieber herre min,
so möhten wir mit vröuden wol riten an den Rin.'
"Für ihn kann ich, weiß Gott, keinen Kämpfer finden,
außer Dietleip von Steiermark, der ein starker Mann ist.
Sollte uns dieser junge Ritter helfen, mein lieber Herr,
so können wir gewiss voller Freude an den Rhein reiten."
Str. 107 Dô sprach der wol gezogene von Berne her Dietrich:
'ich hân ime gedienet kleine, daz riuwet iezuo mich,
wist er diu rehten maere von Kriemhilte übermuot,
so rite mit uns an den Rin der edel degen guot.
Da sprach der wohlerzogene Fürst Dietrich von Berne:
"Ich habe ihm nur kurze Zeit gedient, das bedauere ich jetzt.
Wüsste er die wahren Geschichten von Kriemhilts Hochmut,
würde der mächtige und ehrenhafte Ritter mit uns an den Rhein reiten.
Str. 108 Hêt ich nu einen boten', sprach her Dietrich,
'der mir wolte werben die boteschaft endelich,
mit deme sô wolte ich teilen bürge unde lant.'
dô sprach der junge Sigestap: 'ich wirbe ez al zehant.'
Hätte ich doch nur einen Boten", sprach Herr Dietrich,
"der mir die Botschaft unverzüglich überbringen könnte,
so würde ich Burg und Landbesitz mit ihm teilen."
Da sprach der junge Sigestap: "Ich überbringe die Botschaft auf der Stelle."
Str. 109 Des dankete ime in zühten der Berner unverzeit.
Sigestap der junge gein Stire balde reit,
er suochte Dietleiben, den vil snellen degen.
gein vünf hundert rittern was er in strîte erwegen.
Das dankte ihm der Berner in Ehrerbietung.
Der Jüngling Sigestap ritt bald in die Steiermark,
und suchte Dietleib,den sehr gewandten Kämpfer.
Dieser konnte sich in der Schlacht gegen fünfhundert Ritter behaupten.
Str. 110 Sigestap der junge gein Stîre geriten kam,
als eime degen küene harte wol gezam.
dô enpfienc in tugentlîche Biterolf zehant,
er vrâgete in der maere: diu tete er ime bekant.
Der junge Sigestap kam in die Steiermark geritten,
und taugte so zu einem ganz besonders tapferen Krieger .
Da empfing ihn Biterolf auf der Stelle edelmütig
und fragte nach der Geschichte: Er machte sie ihm bekannt.
Str. 111 Dô sprach der alte Biterolf: 'ir müget tôren sin,
daz ir durch rôsen willen ritet an den Rin,
und daz ir welt volgen einer unsinnigen meit
diu durch ir grôze affenheit daz mort zesamene treit.'
Da sagte der alte Biterolf: "Ihr müsst verrückt sein,
dass ihr wegen Rosen an den Rhein reitet
und dass Ihr einer irren Jungfrau folgt,
die durch ihre große Albernheit ein Blutbad verursacht."
Str. 112 Dô sprach aber Sigestap: 'ez enwirt mir niemer leit.
ich bin deste holder der keiserlîchen meit,
daz si gerne siht vehten die recken unverzeit.
des versuochet dâ manec ritter die sîne manheit.'
Da aber sprach Sigestap: "Es tut mir nicht mehr leid.
Umso mehr bin ich der herrlichen Jungfrau wohlgesonnen,
dass sie gerne die furchtlosen Helden kämpfen sieht.
Da möchte mancher Ritter seine Männlichkeit auf die Probe stellen."
Str. 113 Do sprach der alte Biterolf: 'got gebe iu allen heil,
daz ir von dem Rine bringet rosen ein michel teil.
Dietlein ist niht hie heime, er ist ze Bechelar
bi dem milten marcgraven, daz sage ich dir vürwar.'
Da sagte der alte Biterolf: Gott schütze euch alle,
auf, dass ihr vom Rhein eine große Anzahl Rosen mitbringt.
Dietleip ist nicht zu Hause, er ist in Bechelaren
bei dem freigebigen Marktgrafen, das kannst du mir glauben.".
Str. 114 Sigestrap der junge urloup von dannen nam
und reit hin gein Bechelaren, der degen lobesam.
do enpfienc in tugentliche der [milte] marcgrave starc
und darzuo manec ritter, ir keiner daz verbarc.'
Daraufhin nahm der junge Sigestap Abschied
und der ruhmreiche Ritter ritt weiter nach Bachelaren.
Edel empfing ihn dort der [freigebige und] starke Marktgraf
und dazu mancher Ritter, wie nicht zu übersehen war.
Str. 115 Sie vrâgeten in der maere, diu wurden in kunt getân.
dô der milte marcgrâve diu maere dô vernam,
er sprach: 'ritet ir ze dem Rîne, daz ist kintllch getân,
ir möhtet alsô sanfte ze Berne rôsen gezogen hân.
Sie fragten ihn nach den Geschichten, diese wurden ihnen bekannt gemacht.
So vernahm auch der freigebige Markgraf diese Geschichten
und sprach: "Es ist unüberlegt, an den Rhein zu reiten.
Ihr mögt also gerne Rosen nach Bern bringen.
Str. 116 Die zwelve in dem garten sint mir wol bekant,
daz sint wol die küensten, die haben alliu lant.
werdet ir in dem garten sigelôs oder erslagen,
sô wirt alliu disiu werlt ir spot ûf iuch tragen,
[daz ir alle volget einer vâlandin
und welt durch rôsen willen riten an den Rin.']
Ich kenn die Zwölf in dem Garten sehr gut,
sie sind wohl die Tapfersten aller Länder.
Bleibt ihr im Garten sieglos oder werdet erschlagen,
so wird euch der Spott der ganzen Welt zu Teil.
[dass ihr alle einer Teufelin folgt
und wegen Rosen an den Rhein reiten wollt."]
Str. 117 Dô sprach Sigestap der junge: 'des hân wir uns erwegen,
daz wir in dem garten strîtes wellen pflegen,
swer uns hât vür tôren, der tôret sêre daran,
sie slahent uns niht sêre, komen wir ûf den plân,
[wir hân in schiere vergolten mit starken siegen grôz,
wir machen sie under den helmen aller vröuden blôz.]
Da sprach der junge Sigestap: "Wir haben uns dazu entschieden,
dass wir im Garten kämpfen wollen.
Wer uns für Dummköpfe hält,der täuscht sich darin gewaltig.
Sie werden uns nicht viel Schaden zufügen, wenn wir auf den Kampfplatz kommen.
[Wir werden uns in aller Schnelle mit gewaltigen Schlägen rächen
und entledigen sie unter den Helmen aller Freuden.]
Str. 118 Vünde ich niuwan Dietleiben, den küenen jungen man,
ob er uns in dem garten wolte bî gestân,
zergangen waer unser swaere', sprach der vürste klâr,
'und vröute sich min gemüete, daz sage ich iu vürwar.'
Fände ich doch nur Dietleib, den tapferen, jungen Mann,
wenn er uns im Garten beistehen wolle,
wäre unser Kummer vergessen", sprach der Fürst mit Nachdruck,
"und mein Gemüt wäre erheitert, das könnt ihr mir glauben."
Str. 119 Des dankete ime mit zühten der milte marcman:
'Dietleip ist niht hie heime, wil ich dich wizzen lân:
er ist ze den Sibenbürgen, dâ ist er worden wunt
von eime merwunder des lîbes ungesunt.'
Dafür dankte ihm der gütige Markgraf mit Höflichkeit:
"Du sollst wissen, dass Dietleip nicht zu Hause ist.
Er ist in Sibenbürgen, da wurde er verwundet
von einem Meerungeheuer des schädlichen Leibes."
Str. 120 Dô sprach Sigestap der junge: 'ich muoz ze ime dar.
jâ sol man in den rôsen werden wol gewar,
.........................................................
swenn einer gein dem andern durch die rôsen beginnet.'
Da sprach der junge Sigestap: Ich muss zu ihm gehen.
Ja man soll sich im Rosengarten auf etwas gefasst machen,
.........................................................
wenn einer nach dem anderen wegen den Rosen loslegt."
Str. 121 Dô sprach der marcgrâve: 'got gebe iu allen heil,
daz ir von dem Rîne bringet rôsen ein michel teil,
ich spriche ez zewâre, ich gan iu der êren wol.'
Sigestap reit von dannen, als er von rehte sol.
Da sprach der Markgraf: Gott schütze euch alle,
auf dass ihr vom Rhein eine große Anzahl Rosen mitbringt.
Ich sage es euch fürwahr, ich gönne euch die Ehren sehr.
Sigestap ritt davon, um der Pflicht nachzukommen.
Str. 122 Er wolte zen Sibenbürgen, dô er gein Wiene kam,
dô vant er Dietleiben vor eime münster stân.
dâ wart er schône enpfangen von dem degene dô.
daz er in hête vunden, des wâren sie beide vrô.
Er wollte nach Siebenbürgen, als er nach Wien kam,
dort fand er Dietleiben vor einem Münster stehend.
Er wurde von dem Helden freundlich empfangen
und beide waren sie froh, dass er ihn gefunden hatte.
Str. 123 Do vrâgete er in der maere, diu wurden im kunt getan.
'welher ist der eine, der mich sol bestân?'
'er ist geheizen Walther von dem Wasgenstein
und ist an dem Rîne der küensten vürsten ein.'
Dietleiben fragte nach der Geschichte und sie wurde ihm bekannt gemacht.
"Welcher ist derjenige, der gegen mich antreten soll?"
"Sein Name ist Walther von dem Wasgenstein
und er ist am Rhein einer der tapfersten Fürsten."
Str. 124 'Jâ daz tuon ich gerne, ich hoere von deme wol sagen,
er habe bî sinen zîten recken vil erslagen,
und sleht er mich ze tôde, er ist ein biderman.
ich wil in ûf mîne triuwe willeclîche bestân.'
"Ja das mache ich gerne, ich höre gewiss von ihm,
er habe zu seiner Zeit viele Ritter getötet.
Und sollte er mich zu Tode schlagen, ist er ein Ehrenmann.
Bei meiner Ehre, ich will entschlossen gegen ihn antreten.
Str. 131 'Noch hêten sie niht alle die zwelfe ûz erkorn.
‚wie bringen wir ûz dem klôster den münech wolgeborn
Do zogete der von Berne mit sehze tûsent man
Vil balde gein Inselbürge ûf einen grüenen plân
Noch hatte sie nicht alle zwölf erwählt.
„Wie bringen wir den adligen Mönch aus dem Kloster dazu?“
Da brach der Herr von Berne mit 16.000 Mann
schon bald nach Inselbürge auf einer grünen Ebene auf.
--Loreley (Diskussion) 22:55, 2. Dez. 2016 (CET)
Str. 132 'Dô sluoc man ûf den herren vil manec schoene gezelt,
Vür daz selbe klôster ûf ein wîtez velt
Dô gienc der münech Ilsân eines morgens vür ein wer:
Er sach ûf der heiden ligen ein vil breitez her
Da schlug das Heer viele schöne Zelte auf
Vor dem selben Kloster auf einem weiten Feld
Da ging der Mönch Ilsan eines Morgens für eine Gabe.
Er sah auf der Wiese ein breites Heer lagern. --Loreley (Diskussion) 19:14, 5. Dez. 2016 (CET)
Str. 133 Sie lâgen ûf ir eigen, daz was im alsô zorn.
‚waz diutet disiu hervart?’ Sprach der münech ûzerkorn,
‚ach richer got von himel, wie sol es nu ergân?
Nu ware ich gein gote vil gerne ein guoter man.
Sie lagen auf ihrem Grundstück, was in ihn zornig machte.
„Was bedeutet dieses Geschehen?“, sprach der auserwählte Mönch.
„Ach prächtiger Gott im Himmel, was soll nun geschehen?
Nun war ich vor Gott gerne ein guter Mann. --Loreley (Diskussion) 16:17, 7. Dez. 2016 (CET)
Str. 134 Des enwellen übel herren und boese liute niht
Ich hebe mich wider an den mort, swaz mir dâvon geschiht.’
Dô verkêrte sich diu varwe an dem grimmen man:
Gel und bi wilen grüene sîn varwe wart getân.
Deshalb wollte ich schlechte Herren und böse Töne nicht.
Ich denke wieder an den Totschlag, was mir deshalb auch wiederfahren wird.“
Da wandelte sich das Gesicht des grimmigen Mannes.
Gelb und sogar grün wurde sein Gesicht. --Loreley (Diskussion) 14:54, 8. Dez. 2016 (CET)
Str. 150 Dar sülzn wir zwelve bringen,
die sie türren dâ bestân.
der Rosen ze eime kranze
gît man dâ ie dem man,
ein helsen und ein küssen
von der künegin.
ouch sol er vor der recken
getiuret iemer sin.
Str. 165 'Dô riten gein dem Rine die sehzec tûsent man.
sie sâhen manegen bûren neben in ze acker gân.
dirre herren site was guot und wol geriht:
keime armen manne nâmen sie des sinen niht.'
Da ritten sechzig tausend Mann in Richtung Rhein,
sie sahen manchen Bauern neben ihnen im Acker gehen.
Dieser Herren Sitte war wohlwollend und gut gesinnt:
Keinem armen Mann nahmen sie den Erlös weg.
Str. 156 'Dô sprach der abbet:'herre, ez enist niht unser reht,
daz wir iht süln vehten. wir in gotes kneht.
wir süln tac unde naht ze dinste sin bereit
dem gote der uns geschaffen hat. der münech si iu verseit'
Da sagte der Abt: "Herr, es ist nicht unser Recht zu kämpfen
denn wir sind Gottes Knechte.
Wir sollen Tag und Nacht zum Dienst unseres Schöpfers bereit stehen.
Ansonsten soll dir dass Mönchtum verwehrt sein.
Str. 158 Da sprach der abbet schiere: 'vil lieber bruoder min
welt ir mir danne bringen ein rozenkrenzelin
der wile wellen wir büezen, sit ir gerne ritet da'
Dis begunden lachen dei herren alle gar.
Da sprach der Abt sogleich: "Mein lieber Bruder,
würdet Ihr mir dann einen Rosenkranz bringen?
Bis dahin werden wir Buße tun, obwohl ihr dahinreitet".
Da spotteten alle Herren.
Str. 291 In dem rôsengarten huop sich ein michel spil.
sie trâten in den anger der liehten rôsen vil
sie striten krefteclîche, [die zwêne küenen man.
ez wurden tiefe wunden mit den swerten geslân
durch helm und durch brünne,] alsô wir'z hân vernomen.
In dem Rosengarten entstand ein großer Wettkampf.
Sie traten in das Schlachtfeld zwischen den vielen, leuchtenden Rosen
sie kämpften heftig [die zwei mutigen Männer.
Es wurden durch Helm und Kettenhemd tiefe Wunden mit den Schwertern geschlagen,] so haben wir es gehört.
Str. 292 Aller êrste wart erzürnet der getriuwe Eckehart:
an lief er den helt Hagenen mit einer snellen vart.
er sluoc im tiefe wunden, dem mortgrimmen man.
Hagene muoste vliehen vor im ûf dem plân.
Als erstes wurde der aufrichtige Eckehart zornig,
er rannte in einem schnellen Kampfzug auf den Held Hagen zu.
Er fügte dem mordgierigen Mann tiefe Wunden zu.
Hagen musste vor ihm auf dem Feld fliehen.
Str. 293 Dô kam diu küneginne ze der selben zît
unde schiet mit listen der zweier recken strît.
ûf satzte's Eckehart ein rôsenkrenzelîn,
dô wolte si in küssen. 'des enmac niht gesîn.
Da kam die Königin sofort,
und beendete geschickt den Kampf der zwei Männer.
Sie setzte Eckehart einen Rosenkranz auf,
daraufhin wollte ihn küssen. "das sollte nicht sein.
Str. 294 Daz mir daz widervüere, daz wære mir iemer leit:
ich enlân mich niht küssen eine ungetriuwe meit.'
dô gienc ûz dem garten der degen lobesam.
wol enpfienc in der von Berne und alle sîne man.
Es wäre mir für immer peinlich, wenn das passierte:
ich möchte eine unaufrichtige Jungfrau nicht küssen.“
Daraufhin ging der stolze Kämpfer aus dem Garten.
Wohlwohllend empfingen ihn [Dietrich] von Bern und allen seinen Kämpfer.
Str. 295 'Owê dirre schanden!' sprach der künec Gêrnôt
'ê daz ich in laster lebete, vil lieber wære ich tôt.'
dô hiez er ime bringen sînen goltvarwen schilt.
'uns hât brâht ze laster mîn swester Kriemhilt.'
"Oje, diese Schande!", sprach der kühne Gêrnôt,
"ich wäre lieber tot, als ewig in Schande zu leben."
Daraufhin ließ er sich sein goldfarbenes Schild bringen
"Meine Schwester Kriemhilt hat Schande über uns gebracht."
Str.296 Dô spranc in den garten der vürste lobesam
man sach in ritterlîche durch die rôsen gân
dô rief ûz dem garten der künec Gêrnôt
'swer mit mir welle strîten, der springe in dise rôsen rôt.'
Da sprang der ehrenvolle Herrscher in das Feld,
man sah ihn ritterlich durch die Rosen schreiten.
Der kampflustige Gêrnôt rief aus dem Garten:
"Wer auch immer mit mir kämpfen will, der soll in diese roten Rosen springen!"
Str.297 Dô sprach meister Hiltebrant: 'hœrst du daz, Helmschrôt?
dir enpiuzez ûz dem garten der künec Gêrnôt,
daz du zu ime springest in die rôsen rôt.'
Da sprach der Stratege Hiltebrant: „Hörst du das, Helmschrôt?
Dich fordert aus dem Garten der entschlossene Gêrnôt auf,
zu ihm in die roten Rosen zu springen.“
Str.298 Dô sprach der junge Helmschrôt: 'ich wil in gerne bestân.'
den schilt begunde vazzen, er spranc ûf den plân.
dô wuot er durch die rôsen, sô wir ez han vernomen
zwêne werde vürsten zesamene wâren komen.
Da sprach der junge Helmschrôt: „Ich will ihn gerne bekämpfen.“
Er griff nach seinem Schild und sprang ins Feld.
Da tobte er durch die Rosen, so haben wir es gehört,
zwei würdige Herren waren zusammen gekommen.
Str.299 Sie sluogen ûf einander, die zwêne küenen man.
wie gar ritterliche sie striten ûf dem plân!
sie teilten dô eigen bluot ûf dem anger wît
von den helden beiden huop sich ein vil grôzer strît.
Die zwei mutigen Männer schlugen aufeinander ein.
Wie ritterlich sie auf dem Feld kämpften!
Sie vergossen ihr eigenes Blut auf dem großen, weiten Feld.
Zwischen den beiden Männern entstand ein gewaltig großer Kampf.
Str.300 Aller êrste wart erzürnet Helmschrôt der degen:
an lief er Gêrnôten mit herteclichen slegen.
dô muoste von im wîchen der küenec Gêrnôt.
er lief vor den vrouwen umbe, sô sêr vorhte er den tôt.
Anfangs wurde der Ritter Helmschrôt zornig:
er lief mit heftigen Schlägen auf Gêrnôt zu.
Der furchtlose Gêrnôt musste ihm ausweichen.
Er lief vor den Frauen um sein Leben, so sehr fürchtete er den Tod.
Str.301 Dô sûmte sich niht langer Kriemhilt diu künegin
und satzte ûf Helmschrôte ein rôsenkrenzelin.
ein helsen und ein küssen gap si dem jungen man,
Helmschrôt der junge gienc ûz dem garten dan.
Da zögerte die Königin Kriemhilt nicht länger
und setzte Helmschrôt einen Rosenkranz auf.
Sie umarmte den jungen Mann und gab ihm einen Kuss,
der junge Helmschrot, verließ daraufhin den Garten.
Str.302 Dô sprach vil zornlîche der künec Gunther:
'unser keiner ist sô küene, der sich setze ze wer,
er enmüeze vor in vliehen oder vallen ûf dem plân.
darumbe enlân ich's niht, ich wil den mînen ouch bestân.'
Da sprach der König Gunther sehr zornig:
Ist keiner von uns tapfer genug, sich ihm entgegen zu stellen,
ohne dass er fliehen oder auf dem Feld fallen muss?
Doch ich gebe nicht auf, ich will meinen Leuten beistehen.
Str.303 Dô sprach meister Hiltebrant: 'hœrst du daz, Amelolt?
der recke klaget sêre, mit deme du vehten solt.
daz sie sint worden sigelôs, wie vaste er daz kleit!
sprinc ze ime in den garten, stolzer degen vil gemeit.'
Da sprach der Trainer Hiltebrant: Hörst du das, Amelolt?
Der Mann, mit dem du kämpfen sollst, beklagt sich so sehr
Dass sie besiegt worden sind, wie heftig er das beklagt!
Spring zu ihm in den Garten, stolzer, beliebter Held!
Str.304 'Ich bestân in willeclîche,' sprach herzoge Amelot,
'swaz des geslehtes ist, dem wirde ich niemer holt.
kein helt wart nie so küene, sie habent in vür niht.
es enhât mich niht wunder daz in smâcheit dâvon geschiht.‘
"Ich bekämpfe ihn gerne", sprach Herzog Amelolt,
denn diese Familie werde ich nie mehr leiden können.
Kein Mann war je so respektlos, wendet euch ihm nicht zu
Es wundert mich nicht, dass ihm Schande davon geschieht.“
Str.305 Den schilt begunde vazzen der unverzeite degen.
dô spranc in die rôsen der herzoge ûzerwegen.
des erschrac niht sêre der künec Gunther,
er entsûme sich niht langer, er spranc gein ime her.
Der Ritter verzagte nicht und fasste sein Schild am Griff.
Daraufhin sprang der entschlossene Herzog in die Rosen.
Das aber beeindruckte den furchtlosen Gunther nicht wirklich,
er zögerte nicht lange und sprang ihm entgegen.
Str.306 Dô sie zesamene kâmen, die vürsten unverzeit,
dô wart vîntlîche von in beiden widerseit.
ir goltvarwe schilte schrieten sie von der hant.
helm unde brünne wart von in durch entrant.
Als die beiden furchtlosen Fürsten zusammen kamen,
da stellten sich die beiden einander feindlich entgegen,
Ihre goldfarbenen Schilder trennten sie voneinander,
Helm und Panzerhemd wurden von ihnen gespalten.
Str.307 Amelolt der küne was gar ein starker man,
er lief gar grimmeclîche dô den künec an
und sluoc im tiefe wunden, alsô wir'z hœren sagen.
wan sîn swester Kriemhilt, sô wære er ze tôde erslagen.
Der mutige Amelolt war ein sehr starker Mann,
er lief grimmig auf den kühnen Gegner zu
und schlug ihm tiefe Wunden, so haben wir's gehört.
Wäre seine Schwester Kriemhilt nicht gewesen, wäre er tot geschlagen worden.
Str.308 Dô kam diu küneginne in einer kurzen zit
und gevriste ir bruoder sînen jungen lîp
ûf satzte's Amelote ein rôsenkrenzelîn,
ein helsen und ein küssen gap ime diu künegîn.
Doch die Königin kam schnell herbeigeeilt
und rettete ihrem Bruder sein junges Leben.
Sie setzte Amelolt einen Rosenkranz auf
Und gab ihm eine Umarmung und einen Kuss.
Str.309 Dô gienc ûz dem garten der herzoge Amelot.
er sprach: 'ich hân dem künege gegeben sînen solt.
des begunde lachen der alte Hiltebrant.
wol enpfienc in der von Berne und manec wigant.
Da ging der Heerführer Amelolt aus dem Garten
Er sprach: Ich habe dem König gegeben was er verdiente.
Der alte Hiltebrand begann zu lachen.
Wohlgelaunt empfingen ihn Dietrich von Bern und manch anderer Kämpfer.
Str.310 Dô sprach der künec Gibeche: 'waz sol unser leben,
sît ich und mîne recken müezen in schanden sterben?
wir hân in dem garten keineer sæelde niht.
ich wil selbe in die rôsen, swaz mir dâvon geschiht.'
Da sprach der König Gibeche: Was bringt uns unser Leben,
wenn ich und meine Kämpfer in Schande sterben müssen?
Wir haben in dem Garten kein Glück
Ich will selbst in die Rosen, was auch immer mir dadurch geschieht."
Str.311 Dô spranc in den garten der künec al zehant.
'dort vert der künec hêre ', sô sprach Hiltebrant.
wie balde künec Gibeche dô sînen kempfen vant!
Hiltebrant der alte ze ime in den garten spranc.
Sogleich sprang der König in den Garten.
"Ich werde diesen Übermut bekämpfen", sprach Hiltebrant.
Wie schnell kam der König Gibeche doch zu seinem Kampf!
Denn der alte Hiltebrant sprang zu ihm in den Garten.
Str.371 Dô reit in den garten der münech Ilsân:
'wâ sint zwêne und vünfzec, die mich süln bestân?'
zwêne und vünfzec helde kâmen ûf den plân,
die bestuont ze rosse der münech Ilsân.
Darauf ritt der Mönch Ilsan in den Garten:
„Wo sind die 52, die mir standhalten sollen?“ 52
Krieger kamen auf das Schlachtfeld, denen hielt
der Mönch Ilsan zu Ross stand.
Str.372 Under den zwein und vünfzegen reit in einer an.
er hafte ûf sîme lîbe ein sper der münech Ilsân.
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
die stach er durch einander nider ûf den plân,
Unter den 52 ritt einer auf ihn zu.
Der Mönch Ilsan befestigte an seinem Körper einen Speer.
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Die stach er auf dem Schlachtfeld kreuz und quer nieder,
Str.373 Er valte sie zer erden der vil küene degen:
under der zwei und vünfzegen verlurn zwelve ir leben,
die andern brâhte der münech in solhe angest und nôt,
daz sie die vinger ûf racten, wan sie vorhten den tôt.
er beugte sie zu Boden, der überaus kampfeslustige Held:
Unter den 52 verloren zwölf ihr Leben,
die Anderen versetzte der Mönch in solche Angst und Bedrängnis,
dass sie die Finger erhoben, außer sie kämpften mit dem Tode.
Str.374 Ze der küneginne spranc der münech unverzeit:
'wâ sint zwei und vünfzec krenzelîn, keiserlîchiu meit?
swenne die rôsen gewahsent, sô lât mich wider darîn'
zwei und vünfzec krenzelîn gab ime diu künegîn.
Da sprang der Mönch tapfer zur Königin:
„Wo sind 52 Kränze, herrliche Jungfrau?
Wenn die Rosen gewachsen sind, so lasst mich wieder
herein.“ Die Königin gab ihm 52 Kränze.
Str.375 Er sprach: 'zwei und vünfzec küssen wil ich von iu hân,
ich spriche ez ûf mîne tiuwe, ir werdet es niht erlân.'
swenne sie in solte küssen, den münech Ilsân,
sô reip er sie sô harte, die künegîn wolgetân,
Er sprach: „52 Küsse will ich von euch haben,
ich verspreche es bei meiner Treue, ihr bekommt
es nicht erlassen.“ Als sie den Mönch Ilsan küssen sollte,
rieb er sich so stark an der schönen Königin.
Str.376 Mit sîme langen barte, den der münech truoc,
daz der küneginne darnâch ran daz rôte bluot.
'also sol ich küssen eine ungetriuwe meit.
wær iuwer wille vollebrâht, daz wære mir vil leit.'
Mit seinem langen Bart, den der Mönch trug,
dass der Königin danach das rote Blut floss.
„Also soll ich eine untreue Jungfrau küssen.
Wäre eure Wille vollbracht, würde ich das sehr bereuen.“
Str.377 Dô sprach der von Berne ze der künegîn:
'iuwer vater Gibeche muoz mîn eigen sîn:
stete bürge liute und ouch darzuo diu lant
muoz er zu lêhen enpfâhen von unser vrîen hant.
Da sprach der Berner zur Königin:
„Euer Vater Gibeche soll mein Vasall sein:
Städte, Burgen, Leute und auch dazu das
Land muss er von uns als Lehen nehmen.
Str.378 In reisen und in stürmen muoz er uns sîn undertân
mit lande und mit liuten, daz welle wir von im hân.'
alsô wart der künec eigen und ouch al sîn guot.
daz machete vrou Kriemhilt und ir übermuot.
Auf Reisen und im Kampf muss er uns untertan sein,
mit Land und Leuten, das wollen wir von ihm haben.“
So war der König leibeigen und auch all sein Besitz.
Das brachten die Frau Kriemhilt und und ihre Arroganz hervor.
Str.379 Dô sprach der Bernære: 'küneginne lobesam,
hân wir in den rôsen gesiget, sô lât uns urloup hân.'
si sprach: 'nu rîtet mit heile, ir unverzeiter man.
swer ime selbe koufet spot, der muoz die schande hân.'
Da sprach der Berner: „Liebenswürdige Königin,
wir haben in den Rosen gesiegt, so lass und gehen.“
Sie sprach: „Nun reitet mit Wohlergehen, ihr furchtlosen Männer.
Wer sich selbst Hohn erkauft, der muss die Schande erfahren.“
Str.380 Urloup nam her Dietrich und manec wîgant
und rieten heim gein Berne in sîn eigen lant.
sie hêten bî dem Rîne êren vil bejeit.
keinen garten heget mê Kriemhilt diu schœne meit.
Fürst Dietrich und mancher Held verabschiedeten sich
und ritten Heim nach Verona in ihr eigenes Land.
Sie hatten am Rhein viel Ehre errungen.
Kriemhilt, die schöne Jungfrau, pflegt keinen Garten mehr.
Str.381 Dô sie ze Berne wâren tac und stunde,
manec ritter kurzewîle dâ begunde,
turnieren unde stechen und aller vröuden vil.
daz triben die ritter edel unz an daz selbe zil,
Als sie Tage und Stunden in Verona verweilten,
begann mancher Ritter zum Vergnügen mit Turnieren und Stechen,
gänzlich voller Glück. Das trieben
die Ritter vortrefflich und bis zum Ende,
Str.382 Unz daz sie urloup nâmen von dem vürsten guot.
dô was manec ritter vrisch und hôchgemuot,
daz sie vrœlîche kâmen heim in ir lant
von dem Rîne von Wormze, tuot uns diz buoch bekant,
und sie nahmen vorerst Abschied vom guten Fürsten.
Da war mancher Ritter munter und glücklich, dass sie
fröhlich zurück vom Rhein und von Worms nach Hause kamen,
in ihr Land, so berichtet es uns dieses Buch,
Str.383 Wan sie grôze êre an dem Rîne hêten erstriten,
des kâmen sie vrœlîche alle heim geriten.
dô sprach gezogenlîche der münech Ilsân:
'vil edeler vürste von Berne, lât mich urloup hân.
da sie am Rhein große Ehre erkämpft hatten,
kamen sie alle heiter Heim geritten.
Da sprach der Mönch Ilsan höflich:
„Hochadeliger Fürst von Verona, lasst mich gehen.
Str.384 Ich muoz wider gein Îsenburc in daz klôster guot.
jâ gelobete ich mînen bruodern, ' sprach der hôchgemuot,
'daz ich wolte bringen der rôsen von dem Rîn
und wolt ieglîchem geben ein rôsenkrenzelîn.'
Ich muss wieder nach Îsenburc in das schöne Kloster.
Ja, ich versprach meinen Brüdern“, sprach er freudig,
„dass ich ihnen Rosen vom Rhein brächte
und ich wollte jedem einen Rosenkranz geben.“
Str.385 Dô sprach der von Berne, ein vürste unverzeit:
'mîn lîp und mîn guot ist dir unverseit,
daz teile ich mit dir gerne, du wunderküener man.
du hâst mir bî dînen zîten liebes vil getân.'
Da sprach der von Bern, ein tapferer Fürst,
„Mein Glück und mein Besitz sind dir nicht versagt,
ich teile sie gerne mit dir, du überaus kühner
Gefolgsmann. Du hast mir in deiner Zeit viel Gutes getan.“
Str.386 Des dankete ime der münech, dem vürsten hôchgemuot.
dô reit er gein Îsenburc in daz klôster guot.
dô er in daz klôster kam, alsô wir'z hœren sagen,
dô erschrâken sîne bruoder, daz er niht was erslagen.
Dafür dankte der Mönch dem freudig gestimmten Fürsten.
Darauf ritt er nach Îsenburc in das große Kloster.
Als er in das Kloster kam, so sagt man sich, da erschraken
seine Brüder, dass er nicht getötet worden war.
Str.387 Dô hiez er die müneche alle vür sich gân:
'ich bringe diu rôsenkrenzelîn, als ich gelobet hân.'
ûf satzte er ie dem bruoder ein rôsenkrenzelîn:
dô dructe er's mit den vingern in diu houpt hinîn,
Da ließ er die Mönche alle vor sich treten:
„Ich bringe die Rosenkränze, wie ich versprochen
hatte.“ Er setzte jedem Bruder einen Rosenkranz auf.
Da presste er sie mit den Fingern in die Häupter hinein,
Str.388 Daz in'z bluot beidenthalben über die ôren ran.
er sprach: 'diu rôsenkrenzelîn kâmen mich niht umb sus an.
næmet ir siu ân smerzen, diu rôsenkrenzelîn,
des hêtet ir grôze sünde, vil lieben bruoder mîn.'
sie liten ê ir kumber und ir ungemach,
ir keiner ez widerrette. vor vorhte daz geschach.
dass ihnen das Blut auf beiden Seiten über die Ohren lief.
Er sprach: „Die Rosenkränze bekam ich nicht umsonst.
Nähmet ihr sie ohne Schmerzen an, die Rosenkränze,
so trüget ihr gewaltige Sünde, meine liebe Brüder.“
Sie erlitten lange Zeit ihren Kummer und ihre Unruhe,
aus Furcht geschah es, dass keiner widersprach.
Str.389 Dô sprach gar zornlîche der münech Ilsân:
'ir büezet mîne sünde, die ich hân getân.'
daz gelobeten sie gelîche dem vürsten hôchgeborn,
ir keiner ez widerrette, sie vorhten sînen zorn.
Nun sprach der Mönch Ilsan zornig:
„Ihr büßt meine Sünden, die ich getan habe.“
Das gelobten sie dem edlen Herrn sogleich.
Ihm widersprach keiner denn sie fürchteten seinen Zorn.
Str.390 Sie sprâchen: 'lieber herre, sît ir sît wider komen,
sô hân wir iuwer sünde gar ûf uns genomen,
des vröuwet sich unser gemüete und ist uns allen liep.'
hiemite endet sich daz Rôsengarten liet.
Sie sprachen: „Lieber Herr, da ihr wieder
gekommen seid, haben wir eure Sünden gänzlich
auf uns genommen, daran freuten sich unsere Gemüter
und es ist unser aller Glück."
Hiermit endet das Lied vom Rosengarten.

Siehe außerdem

Inhaltsangabe "Der Rosengarten zu Worms"

Literatur

<harvardreferences />

Primärtext

[*Holz 1982] Die Gedichte vom Rosengarten zu Worms, hg. von Georg Holz, Hildesheim/New York 1982.