Diskussion:Antikes Geistesgut im Roman

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Auch bei diesem Artikel ist es euch natürlich unbedingt freigestellt, eure Einfälle, euer Fachwissen und eure Textkenntnisse einzubringen, bis ich weitere Informationen erarbeitet habe :)

--Elisabeth

Ich möchte die folgenden Abschnitte aus der "Musenanrufung" gerne in diesen Artikel "verpflanzt", weil mir scheint, sie zählen nicht mehr zur reinen Invocatio dazu.

Vulkan

In der klassischen Mythologie

Lat. vulcanos, ist der Gott des Feuers und der Schmiedekunst. Unter anderem fertigte er die Rüstung des Apoll, ebenso dessen Pfeile und das goldene Szepter des Jupiter. Von seiner Gemahlin Venus wird er aufgrund seiner Hässlichkeit und Behinderung (er hinkt) ständig betrogen, unter anderem mit Mars, dem Gott des Krieges.

Gottfried gibt an, Vulkan habe auch Tristans Rüstung und Waffen geschmiedet. Diese Stelle wurde von der Forschung als Anspielung auf die "Eneide" Henrichs Von Veldeke gewertet. Dort wird ausführlich geschildert, wie Vulkan Waffen und Rüstung für Eneas anfertigt. Damit trägt der Held hier wie dort göttliche Artefakte, die eine Niederlage und den Schwund seines Muts unmöglich und ihn selbst unverwundbar machen. Gleichzeitig wird der Held mit dem schönen Apoll gleichgesetzt, dem Vulkan wie schon erwähnt seine Rüstungsteile schmiedete. Auf Tristans Schild prangt ein Eber, ein Tier, das in zahlreichen Werken der mittelalterlichen Literatur für Kampfzorn und Kühnheit steht. Allerdings besteht auch eine Deutungstradition, die den Eber als "inbegriff zerstörerischer Kraft" interpretiert. Auch der Truchsess Marjodo träumt einen Ebertraum, in dem ein wütender Eber das Ehebett Markes zerwühlt und beschmutzt. Hierin sieht die Forschung einen deutlichen Bezug.

Allerdings prangt ein Feuerstrahl zum Zeichen der Liebesqual auf Tristans Helm. Hier lässt sich eine Parallele zu Vulkan erkennen: Der Feuerstrahl ist seine Insignie (er ist der Gott des Feuers) und die Liebesqual litt er genauso wie Tristan sie leiden wird, denn seine Frau Venus betrügt ihn immer wieder mit dem Kriegsgott Mars (bis er die beiden in flagranti erwischt). Durch diese Symbolik werden der Siegeszug und die Qualen der Liebe Tristans vorweg genommen.

und seite iu daz, wie Vulkân
der wîse, der maere,
der guote listmachaere
Tristande sînen halsperc,
swert unde hosen und ander werc,
daz den ritter sol bestân,
durch sîne hende lieze gân
schône und nâch meisterlîchem site;
wie er‘m entwürfe unde snite;
den kuonheit nie bevilte,
den eber an dem schilte;
wie er‘m den helm betihte
und oben dar ûf rihte
al nâch der minne quâle
die viurîne strâle; (V. 4932-4946)
(und [erzählte ich Euch][...], wie Vulkan, der kluge, berühmte und tüchtige Schmiedekünstler, Tristans Brustpanzer, Schwert, Beinlinge und andere Rüstungsteile, die zum Ritter gehören, durch seine Hände gehen ließ herrlich und meisterhaft; wie er ihm entwarf und ausschnitt, den Kühnheit nie verließ, den Eber für den Schild; wie er ihm den Helm fertigte und oben befestigte, als Sinnbild der Liebesqual, einen Feuerstrahl;[Gottfried von Straßburg 2007: S. 303])

Im Mittelalter

Kassandra

In der klassischen Mythologie

Kassandra begegnet uns in der antiken Mythologie als Tochter von Priamos, dem König von Troja, und der Hekabe. Aus Liebe zu ihr schenkte der Gott Apoll ihr die Gabe der Vorhersehung, doch als sie seine Liebe zurückwies und er seine Gabe nicht wieder rückgängig machen konnte, fügte er stattdessen den Fluch hinzu, dass ihre Vorhersagen niemals Glauben finden sollten.

Im Mittelalter

Im Mittelalter galt Kassandra auch als Meisterin der Web- und Stickereikunst. Dazu Rüdiger Krohn: "Womöglich hat bei dieser Umdeutung die tradierte germanische Vorstellung von den Nornenm die den Schicksalsfaden der Menschheit spinnen, eine gewisse Rolle gespielt."

In Gottfrieds Tristan-Roman tritt Kassandra in eben der Rolle der Weberin von Tristans Gewand auf [Gottfried von Straßburg 2007: V. 4950-4960]

Krohn verweist in seinem Stellenkommentar auf eine Passage aus dem "Moritz von Craûn", in der ebenfalls von Kassandra als Webmeisterin die Rede ist.