Elisabethlegende

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Überlieferung der Elisabethlegende

l.Es gibt nicht viele Heilige des Mittelalters über denen so eine reiche Legendentradition sich entwickelt hat wie Elisabeth von Thüringen. Als erstes kann man hier Von Sant Elßpeter aus Der Heiligen Leben nennen, die als Hauptquelle für diesen Artikel dient. Es gibt auch die Elisabethenlegende im Passional, die nicht auf die Legenda aurea basiert ist, sondern auf Konrads von Marburg Summa Vitae. Eine andere Version kann man auch in Legenda aurea finden, „welche in einer losen und extrem knapp gehaltenen Aneinanderreihung möglichst viele Wunder und Tugenderweise...eine Art Sammlung von Einzelbelegen ohne große innere Kohärenz schafft“. [1] Als letzte zu erwähnen ist im ersten Viertel des 15. Jhs. entstandene Elisabethleben von Johannes Rothe. Hier wird Elisabeth und ihre Heiligkeit „in Beziehung zur konkreten Geschichte der Stadt Eisenach und der Landgrafschaft Thüringen“ “ [2] dargestellt.

II.

Das Leben der Heiligen Elisabeth

Elisabeth war die Tochter des ungarischen Königs Andreas II und der Gräfin von Andechs-Meranien, Gertrud von Andechs. Sie wurde schon als Kleinkind dem ältesten Sohn des Landgrafen Hermann von Thüringen versprochen und wurde mit 4 Jahren zur Wartburg bei Eisenach mit reicher Mitgift geschickt, wie es damals in Adelsfamilien üblich war. Nicht eindeutig ist, welchen der Landgrafensöhne sie eigentlich heiraten sollte. Hermann, der 1197 geboren war und vermutlich der Älteste war, starb zu Silvester 1216 unerwartet. Eine Passage des „Libellus“ (ein Sammlung von Zeugenaussagen, die man im Verfahren der Heiligsprechung gesammelt hat), berichtet, dass nach dem Tod Hermanns erwogen wurde, die Königstochter wieder nach Ungarn zurückzuschicken. 1221 heiratete Elisabeth mit dreizehn den Landgrafen Ludwig IV. Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor. Laut späteren Berichten erfüllte die junge Landgräfin alle Pflichten und Erwartungen, die ihre Position verlangte. Der Landgraf übertrug die Regentschaft an Elisabeth jedes Mal, wenn er abwesend wegen eines Kreuzzuges war. Der Kreuzprediger Konrad von Marburg wird Elisabeths Seelenführer und Beichtvater und sie verpflichtet sich ihm gegenüber zu absolutem Gehorsam, soweit dieser Ludwigs Rechte nicht verletzte. Im Juni 1227 nimmt Elisabeth Abschied von ihrem Gemahl, da er zum Kreuzzug gegangen ist. Wenige Wochen danach erreichte sie die Nachricht vom Ludwigs Tod. Ihr Schwager, Heinrich Raspe, versagte ihr die Nutzung der Witwengüter und deshalb musste sie Wartburg verlassen. Doch nach einem Jahr schafft Konrad von Marburg die Auszahlung des Wittums zu verhandeln und die Nutzung einiger Ländereien bei Marburg, wo man bald mit dem Bau eines Hospitals anfängt. Hier kümmerte sie sich mit viel Hingabe um die Kranken. Elisabeth starb am 17 November 1231 und wurde 1235 heiliggesprochen.

lll.

Elisabeth von Thüringen als Bekennerin

Die Elisabethlegende aus Der Heiligen Leben zeigt Elisabeth als Bekennerin nicht nur inhaltlich, durch das Leben, das sie führt und hier erzählt wird, sondern auch durch einige narrative Merkmale, durch einen besonderen Erzählaufbau, die für Bekennerlegenden spezifisch ist. Im Gegensatz zu Märtyrerlegenden, die sich auf die zum Martyrium führende Phase konzentrieren, gibt es bei der Bekennerlegende „das Bedürfnis, die narrative Basis möglichst weit über das ganze Leben zu spannen, um die Exemplarizität des Heiligen umso wirksamer zu illustrieren.“ [3] Deshalb beginnt auch im Elisabeths Fall die Legende mit einem Bericht über ihre Geburt. Der König und Königin von Ungarn wünschten sich sehr ein Kind und begannen deshalb, an Gott zu beten. Als der König zum Kaiser wegreisen musste, sahen die beiden ein Stern auf dem Himmel, dessen Bedeutung war, dass die Königin von Ungarn eine Tochter haben wird. Ein anderes Merkmal der Bekennerlegende ist, dass sie keinen spezifischen geschlossenen Geschehenszusammenhang hat. Die verschiedenen Momente, in denen die Heilige Wunder durch Gott gemacht hat, werden einfach aufgezählt, ohne dass der Autor versucht, einen narrativen Zusammenhang zu erstellen. In direkter Verbindung mit dem oben genannten Merkmal steht auch der paradigmatische Charakter der Bekennerlegenden, der darin besteht, dass die Legende durch eine Aneinanderreihung von Einzelepisoden aufgebaut wird. „Wegen ihres paradigmatischen Charakters müssen die einzelnen Episoden weder in ihrer Zahl noch in ihrer Reihenfolge notwendig festgelegt sein, denn die Heiligkeit des Helden resultiert nicht erst aus der Summe der Episoden, sondern ist im Idealfall schon in jeder einzelnen Episode beschlossen.” [4] Wie ober schon erwähnt, stellt auch inhaltlich die Legende Elisabeth als Bekennerin vor. Obwohl verheiratet und mit Kinder, praktiziert die Heilige Askese, in dem sie versucht, einige weltlichen Sachen aufzugeben. In diesem Sinne sind viele Episoden sehr illustrativ. Elisabeth stellte eine Magd an, sie immer zu Mitternacht durch ein leichtes Ziehen an der Zehe zu wecken, so dass sie beten kann. Nach dem Tod ihres Mannes wurde sie aus ihrem Land vertrieben und musste betteln um Essen zu bekommen, aber gegen Gott beschwerte sie sich nie. Manche Wunder, die sie bewirkte, sind eine totale Imitation der Wunder, die Jesus auch bewirkt hat. z.B. waren einmal viele arme Leute vor der Heiligen Elisabeths Tür und warteten, dass sie Essen bekämen. Und dann nahm sie, wie Jesus damals, Brot und Wein in geringen Mengen und gab sie ihnen zu essen. Nach dem Essen blieben noch 12 Körbe Brot übrig. Auch wie Jesus, schafft sie es mehrmals, Tote wieder zum Leben zu bringen.

lV. Die Nähestiftung zur Heiligen [5]

Das hochmittelalterliche Erzählen über Elisabeth hat sich in enger Verbindung mit der Veränderung ihrer kultischen Verehrung entwickelt. Dieses Erzählen hat eine besondere Funktion gewonnen und zwar die der Nähestiftung zur Heiligen. Kurz nach dem Tod der Heiligen Elisabeth haben die Leute freien Zugang zu ihrem Grab. Das ändert sich mit der Heiligsprechung Elisabeths. Jetzt hat man begrenzten Zugang zum Elisabethschrein. Danach wird der Schrein in die Sakristei gebracht und der Einlass zum Schrein begrenzt. Es werden Kompensationsleistungen für den Verlust der Nähe zur Heiligen entwickelt: Öl wird zur Verfügung gestellt, das “als wundersam aus den Gebeinen geflossen gilt“. [6] Das Erzählen aus der Libellus, das auf Zeugenaussagen von vier Dienerinnen basiert, stellt auch einige Aspekte von Elisabeths Alltag dar, ihr Bild wird nicht zur exemplarischen Heiligen stilisiert, so wie es im Fall Konrad von Marburg in Summa Vitae geschah, wo er ein nicht so authentisches Bild von Elisabeth gibt, da der Text auf das Kanonisationsverfahren ausgerichtet war. Auf diese Weise bringt der Libellus mehr Nähe zur Heiligen. Auch die Caesarius von Heisterbachs Vita sancte Elysabeth enstanden nach der nach der Kanonisierung, spiegelt die institutionalisierte und professionalisierte Verehrung der Heiligen wider, indem er über Geißelung und Selbstkasteiungen berichtet, die von biblischen Zitaten gerahmt sind. Dietrich von Apoldas Vita Sancte beschreibt mehr ihr Lebensumfeld und macht Elisabeth für die Gläubigen wieder zugänglich. Schlussendlich kann man bemerken, dass das Erzählen über Elisabeth sich als Gegenbewegung zur Distanz zwischen den Gläubigen und ihre Reliquien entwickelt hat.

Literatur:

1. Hrg. Brand, Margit, Jung, Bettina und Williams-Krapp, Werner, Der Heiligen Leben, Band II: Der Winterteil, Max Niemeyer Verlag, Tübingen, 2004

2. Seidl, Stephanie: Nähestiftung: Das hochmittelalterliche Erzählen über Elisabeth von Thüringen, in Weitbrecht, Julia u.a. Hg Legendarisches Erzählen: Optionen und Modelle in Spätantike und Mittelalter, Erich Schmidt Verlag, Berlin, 2019

3. Krauß, Jutta, Die Heilige Elisabeth von Thüringen, Verlag Schnell & Steiner GmbH, Regensburg, 2007

4. Hammer, Andreas, Ein kurzer Ausblick auf die Elisabethlegende, in: Andreas Hammer, Erzählen vom Heiligen, De Gruyter, Berlin, 2015

5. Strohschneider, Peter, Johannes Rothes Verslegende über Elisabeth von Thüringen und seine Chroniken : Materialien zum Funktionsspektrum legendarischen und hagiographischen Erzählens im späten Mittelalter, Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg, 2012

6. Feistner, Edith, Historische Typologie der deutschen Heiligenlegende des Mittelalters von der Mitte des 12. Jahrhunderts bis zur Reformation, Dr. Ludwig Reichert Verlag, Wiesbaden, 1995

  1. Hammer, Andreas, Ein kurzer Ausblick auf die Elisabethlegende, in: Andreas Hammer, Erzählen vom Heiligen, De Gruyter, Berlin, 2015, S.437.
  2. Strohschneider, Peter, Johannes Rothes Verslegende über Elisabeth von Thüringen und seine Chroniken : Materialien zum Funktionsspektrum legendarischen und hagiographischen Erzählens im späten Mittelalter, Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg, 2012.
  3. Feistner, Edith, Historische Typologie der deutschen Heiligenlegende des Mittelalters von der Mitte des 12. Jahrhunderts bis zur Reformation, Dr. Ludwig Reichert Verlag, Wiesbaden, 1995, S. 30.
  4. Ebd., S. 34
  5. Seidl, Stephanie: Nähestiftung: Das hochmittelalterliche Erzählen über Elisabeth von Thüringen, in Weitbrecht, Julia u.a. Hg Legendarisches Erzählen: Optionen und Modelle in Spätantike und Mittelalter, Erich Schmidt Verlag, Berlin, 2019
  6. Ebd., S. 219