Inhaltsangabe "Rabenschlacht"

Aus MediaeWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Der folgende Artikel fasst den Inhalt des historischen Heldenliedes Rabenschlacht zusammen. Die Strophenzählung folgt dabei der Textausgabe von Elisabeth Lienert.[Lienert 2005]

Einführung

Karte des Handlungsraumes
(Anklicken zum Vergrößern)

Die Dichtung knüpft in ihrer Handlung direkt an den Ausgang von Dietrichs Flucht an:
Dietrich von Bern hat einen entscheidenden Sieg über seinen Onkel Ermenrich errungen und ihn bis nach Ravenna (Raben) vertreiben können. Er ist nach der Rückeroberung Mailands in sein früheres Exil, dem Etzelhof in der Stadt Gran im Hunnenreich, zurückgekehrt, um die Toten zu beklagen und sein Bündnis mit Etzel zu bekräftigen. Er verfällt in eine melancholische Trauer darüber, dass er in den Schlachten vor Mailand zahlreiche treue Gefolgsleute und Helden verloren hat. Derweil mobilisiert Ermenrich erneut ein gewaltiges Heer und sucht vor der Küstenstadt Ravenna den entscheidenden Kampf mit den Bernern. Neben Dietrich und Etzel stehen im Fokus der Erzählung außerdem die beiden Söhne Etzels; Orte und Scharphe, die gemeinsam mit Dietrichs Bruder Diether auf ihrer Erkundung des Grenzlandes mit dem zum Feind übergelaufenen Witege konfrontiert werden.






Von Dietrichs Ehevollzug und dem Auszug der Etzelsöhne aus dem Hunnenland (Str. 1-200)

Erste Seite zur Rabenschlacht aus dem Ambraser Heldenbuch, entstanden 1514-1517.
(Wien, ÖNB, Cod. Ser. nova 2663, fol. 75r)
Erste Seite zur Rabenschlacht aus dem Codex Palatinus Germanicus 314,
entstanden 1443-1449.
(UB Heidelberg, CPG 314, fol. 162r)
Erste Seite zur Rabenschlacht aus dem Codex 2779, entstanden 1310-1350.
(Wien, ÖNB, Cod. 2779, fol. 112r)
Erste Seite zur Rabenschlacht aus der Riedegger Handschrift, entstanden um 1300.
(Berlin, Staatsbibl., mgf 1062, fol. 102l)

(UB Heidelberg, CPG 314, fol. 162r)]] (Aventiur, da nam Dietrich vrǒn Herrate; Aventiur, da nam Dietrich vron Herraten ze rehter e; Aventiur, wie sune baten vater unde muter umbe die reise)

Strophen Inhalt
Str. 1 - 14 Eingangs werden die Ereignisse aus Dietrichs Flucht noch einmal rekapituliert;

wie Dietrich seinen Kriegszug gegen den "ungetriwen" Ermenrich begann, der ihn seines Erbes beraubte, indem er Bern eroberte -- Teil seiner Absicht Badowe, Bern und Garte zu einen. Wie er mit "roube und mit brande" Dietrichs Reich verwüstet hat. Und welch "starchz leit" er ihm damit zugefügt hat, der zahlreicher treuer Lehnsmänner Tode zu beklagen und betrauern hat "alle den winder". Frau Helche möchte Dietrich sein schier endloses Leid nehmen.

Str. 15 - 29 Markgraf Rüdiger empfielt sich Helche als Ratgeber und wird zu Dietrich geschickt, um Trost zu spenden. Diesem gelingt es, an Dietrichs maze zu appelieren ("ez sol nieman trube sehen diniu ougen") und ihm die Hoffnung in Aussicht zu stellen, dass Etzel ihm bei der Rückeroberung des "romisch lant" helfen werde. Daher suchen die beiden sogleich Etzel auf.
Str. 30 - 44 Etzel empfängt Dietrich freudig und lobt ihn überdies, dass er keinen seiner Gefolgsmänner gleichermaßen ehrwürdig empfangen würde. Frau Helche tritt mit ihrem Gefolge ein und es wird zu Tisch geladen. Ein Fest wird geplant und Etzel stellt Dietrich eine gemeinsame Nacht mit seiner Verlobten Herrat in Aussicht (Ehevollzug). Außerdem kündigt er an, Dietrich 100.000 seiner Männer zur Verfügung zu stellen um den Sieg zu erreichen, ob durch Ermenrichs Kapitulation oder dessen Tod. Ihm folgen im Gestus seine Lehnsmänner: Rüdiger verspricht 2000 Helden bereit zu stellen, der junge degen Nudung möchte 3000 Recken in die Schlacht führen, Biterolf der Steier macht es ihm gleich, während Dietleib gar 4000 Krieger mit Dietrich reiten lassen will. Auch der Grenzhüter ("marcman") Gotel will Dietrich nicht "ane helfe" lassen und verspricht 2000 Helden mit sich zu führen.
Str. 45 - 59 Blödelin untermauert seinen Willen in die Schlacht zu ziehen mit 1.200 Recken und betont, man solle sich ob seiner Verarmung nicht sorgen und sein Angebot nicht schmähen. Der starke Hornboge von Bolan stellt all seine 5000 berüchtigten Krieger ("degne mære") in Aussicht, während Walther vorallem seine eigene Kampfkraft bewirbt und weitere 800 Recken stellen will. Ysolt von Ungarn, welcher 9000 Mann an den Etzelhof mitgebracht hat, will all diese nach Bern weiterempfehlen. Auch Helphrich von Lunders ist nur zu Gast, aber verspricht 6.000 Ritter und Knechte, um sich nicht bloß an Ermenrich zu rächen, sondern auch "an wiben und chinden". (Widerspruch zum Herrscherideal)

Dietrich von Griechen zeichnet das Bild eines "bluotigiun velt", um seine Entschlossenheit zu demonstrieren. Der legendäre Iring stellt 7.000 Krieger ("wigande"), Norprecht von Brůveninge 10.000 Recken, Erwin von Elsentroye 12.000 Degen, Herr Baltran 1000 Recken. Der mutige ("cheche") Sintram verpflichtet sich und "manec reckchen".

Str. 60 - 74 Astolt von Moutæren meint für das Heer 1.500 castillische Pferde bereitstellen zu können und möchte Ermenrich klagen sehen über die Männer, die dagegen aus seinen Satteln fallen werden. Dietmar von Wien versichert seine Unterstützung mit 15.000 starken Helden, Herzog Herman von Ostfranken seine mit 11.000 Recken und stellt darüber eine erfolgreiche Rache an Ermenrich in Aussicht, dem Wolfhart nur zu gerne beipflichtet. Diepolt von Bayern will 8.000 edle Recken und Wolfger von Gran ganze 20.000 Recken beisteuern. Es folgt Herrats Bruder Tybalt von Siebenbürgen, auch seine 16.000 Recken soll Dietrich nicht verschmähen. Richolt von Ormenie und seine drei Brüder führen 30.000 Mann an, die er Dietrich für 2 Jahre "nahen und verre" verspricht. Berchtram von Salnike (Saloniki), Wichker von Chunstenobl (Konstantinopel) und der Markgraf Berchtung beteuern ihre Treue und Auxilia. Letzterer preist Dietrich als "aller tugende ursprunc".
Str. 75 - 89 Herrat zum Schutzgeleit sollen 11.000 Mann gestellt werden. Damit endet die Anreihung von Hilfsbekundungen. Als Analepse wird noch einmal abschließend von Ermenrich erzählt, wie er das Land brandschatzte und den Einwohnern großes Leid zufügte.
Str. 90 - 104 Helche lässt die Pferde und neue Schilder auf das Feld vor dem Hof bringen, ein Rittertunier (buhurt) wird bis in die Nacht hinein veranstaltet. Aus den kostbaren Schilden fallen Edelsteine und zieren den Hof. Sie kleidet alle in samtene Gewänder und rote Felle, zeigt jedem, der es so will, große "milte". Der Erzähler aber klagt diese Maßlosigkeit an und beruft sich auf Jesus Christus, sieht hierin ein Vorzeichen für Unheil. Zur Nacht hin wird erneut gespeist, Frau Helche kommt in Begleitung vieler schöner, edler Damen und Maiden, im Palast ist der Andrang groß und der Gastgeber Etzel erntet viele anerkennende Blicke.
Str. 105 - 119 Frau Helche wird für ihre unvergleichliche Schönheit bewundert. Etzel bittet Dietrich und Herrat nach vorn zu treten, es wird ihnen ein "Kemenatenbett" bereitet. Herrat wird von vielen Jungfrauen und Dietrich von Rüdiger, Hildebrand, Wolfhart, Ilsan, Hunolt und Berchtram von Polen begleitet. Zahlreiche edle Herren erneuern vor Dietrich kniend ihren Treueid, um seine Freude zu mehren, ehe Helche allen den Befehl gibt sich zurück zu ziehen, um Dietrich und Herrat allein zu lassen, zugleich erteilt auch Sie ihnen ihren Segen für die gemeinsame Nacht.
Str. 120 - 134 Herrats roter Mund wird umschrieben. Beide liegen umschlungen bis in den frühen Morgen, Dietrich ist seines Leides befreit. Helche hingegen hat einen unheilvollen Traum, der sich um ihre beiden Söhne dreht, die auf dem Schlachtfeld von einem Greifen gerissen werden. (vgl. Parzival: Herzeloydes Traum, Kudrun: Greifenentführung) Im leidvollen Erwachen offenbart der Erzähler den Wahrheitsgehalt, werde Helche ihre beiden Söhne, die sie Dietrich anvertraut, doch bald nicht mehr am Leben sehen. Sie lässt Blödelin nach Rüdiger schicken, neben den beiden finden sich auch Dietrich und Etzel in der Kemenate ein. (Auf den Traum kommt es hier jedoch nicht mehr zu sprechen)
Str. 135 - 143 Dietrich äußert seine Dankbarkeit gegenüber Helche. Wieder wird das Ritterspiel seiner zu Ehren bis in den späten Mittag fortgesetzt. Der niemals schönere Glanz der Sonne soll die Stimmung am Hof verbildlichen.
Str. 144 - 158 Nach sechs Wochen endet das Fest. Erneut wird Frau Helches milte umschrieben, wenn sie die Recken mit Gold und Edelsteinen verseht, ihnen die castillischen Pferde übergibt und sie mit neuen Schildern rüstet. Am Tag des Ritterheiligen Georg schließlich ist das gesamte, unvergleichlich große Heer zur Etzelburg gekommen, um mit Dietrich nach Bern zu ziehen. Auch die beiden Etzelsöhne treffen ein; Scharphe bittet im Namen beider seine Mutter um Erlaubnis, mit Dietrich ziehen zu dürfen. Die besorgte Helche will es ihnen ausreden.
Str. 159 - 182 Etzel kommt hinzu, diesmal bittet sein zweiter Sohn namens Orte ihn darum, dass sie ziehen dürfen. Auch Etzel will seine Söhne um keinen Preis ziehen lassen, doch Dietrich stellt ihnen sicheres Geleit in Aussicht. Orte droht Helche, dass sie ihn nie mehr zu Gesicht bekäme, sollte sie beide nicht ziehen lassen, worauf diese zu weinen beginnt. Und so kommt es, dass Etzel doch dem Willen seiner Söhne entspricht.
Str. 183 - 200 12.000 Krieger stellt Helche ihren Söhnen zur Obhut. Dietrich stellt sie 8000 Recken "zu stiwer" und verabschiedet ihn. So verlässt das Heer um Dietrich das Hunnenland. Ausführlich wird Helches Klagen und Leiden umschrieben und wie sie Recht behalten sollte mit ihrem versagten Rat.

Der Blutige Tjost um Badowe und Diethers Wagemut (Str. 201 - 360)

(Aventiur, wie Rudeger und die rekchen vor Badowe tjostirten von dem strite; Aventiur, wie vrǒn Helchen sune und Diether vor Raben erslagen wrden)

Strophen Inhalt
Str. 201 - 220 Etzel begleitet das Heer bis nach Saders (Zadar, Kroatien), kehrt dann aber um. Von Saders aus legt Dietrichs Heer einen Marsch bis nach Isterîch (Istrien) zurück und befindet sich damit wieder auf "sine eigne marche". Dietrich wird auf der Durchreise von den Lamparten (Langobarden) schallend begrüßt und kehrt schließlich in Meilan (Mailand) ein. Reicher von Meilan und Berchtram von Polen kommen ihn zu empfangen aus der Burg. Reicher erzählt ihnen von dem Märe, dass Ermenrich sein "gewaltecliche" Heer Raben entgegen ziehen lässt. Dietrich und Rüdiger kommen darüber ein, dass sie ihn dort zum Kampf stellen werden, wenn Gott so will. ("Daz fuge got der guote") So ziehen sie weiter gen Badowe (Padua). Unterwegs schlagen sie bereits "manigem Ermriches man". Auf einem Feld nahe Badowe lässt sich das Berner Heer nieder, Dietrich und seine Gefährten aber möchten zur Burg vorausreiten, um zu erfahren, wer derzeit unter Ermenrichs Befehl die Stadt hält.
Str. 221 - 240 Am Burggraben angekommen, ist es Helphrich, der zu den Stadtmauern um Auskunft ruft. Reinolt der degen antwortet ihm, dass Rumolt von Burgonie (Burgund) die Stadt hält, der durch seinen Kampfruhm unter den Bernern bekannt ist. Dietrich appeliert an die Ehre der Besatzer. Helphrich behauptet überdies, ein Kamerad des Burgherren zu sein. Womit sich jedoch der Kampf gegen Rumolt und sein Heer nicht verhindern lässt. Gerüstet reiten Helphrich, Nudung und Rüdiger mit Gefolge auf Rumolts Heer zu und Rüdiger stellt Rumolt mitten in der Schlacht zum ritterlichen Zweikampf.
Str. 241 - 260 Schilde krachen aneinander, Speere schlagen auf die Helme und bohren sich durch Schilde und Ringe. Rumolt ist niedergeschlagen und "bluot uz beiden ougen", konnte aber Rüdiger ebenso schwer verletzen. Beide werden fortgetragen, Helphrich kämpft nun mit Sigebant von Jerslant. Beider Männer Stärke wird betont, doch stellt der Erzähler die vernichtende, ehrlose Niederlage der Gefolgsleute Ermenrichs unweigerlich fest und bricht damit die detaillierte Darstellung abrupt ab. Im stolzen Siegesruhm bewegt sich Dietrichs Heer weiter Richtung Bern. In Pracht ("hohvart") und "schalle" schlagen sie erneut ihre Zelte nahe der Stadt auf.
Str. 261 - 280 Dietrich möchte vom Boten Alpher wissen, wie groß Ermenrichs Heer ist. Dieser entgegnet ihm, unter besonderer Bezeugung seiner Aussage, dass er nie ein größeres Heer gesehen habe, er habe 900 Fahnen wehen und mindestens 11.000 Recken reiten sehen. Er rät Dietrich, die Burg im Rücken zu behalten als möglichen Rückzugsort, was dieser befürwortet und deshalb schon am nächsten Morgen weiterziehen will. Desweiteren sucht er Rat bei seinen engsten Gefolgsleuten, wo man die "chiunt" (Etzelsöhne) unterbringen solle. Dietleib der Styrære meint, dass man sie in Bern sicher und unbesorgt bleiben lassen könne. ("Da sint sie wol verborgen vor aller missetat") Dietrich stimmt darin überein, doch will er weiterhin denjenigen bestimmen, der für den Schutz der Königssöhne bürgen kann. Markgraf Rüdiger empfielt, Ilsan diese Aufgabe anzuvertrauen.
Str. 281 - 300 Ilsan zu bringen werden Boten ausgesendet. Der "starche" Ilsan trifft schnell ein und wird ehrenvoll empfangen. Dietrich erinnert ihn an seine triwe und verpflichtet ihn, wie dem Heiligen Apostel Johannes aufgetragen wurde über die "muoter gotes" zu wachen, so auch die Etzelsöhne zu hüten. Er begründet die Wichtigkeit des Überlebens beider pragmatisch damit, dass Helche seine Herrin sei und er nicht mehr mit ihrer Unterstützung rechnen dürfe, sollte ihnen etwas zustoßen. Außerdem betont er, dass Ilsan das "zurnen" der Brüder ignorieren solle und sie nicht an die Stadttore ziehen lassen dürfe. Diether, Dietrichs Bruder und Berner König wird ebenfalls mit der Obhut anvertraut, "die tugenthaften Helches chint" zu versorgen. Ihm wird angeraten, die Stadt solange nicht zu verlassen, sodass ihm keine Schuldzuweisung widerfahren kann.
Str. 301 - 320 Beiden zugewandt, mahnt Dietrich noch einmal zur Erfüllung der Verpflichtung. Auf Ilsans Frage meint Dietrich, im Falle seiner Niederlage oder Kapitulation sollen Diether und Ilsan die Stadt unter Etzels Befehl halten und im schlimmsten Fall mit den Etzelsöhnen zurück ins Hunnenland fliehen. Zum Schluss wendet sich Dietrich an Gott und Christus, betet für das Gelingen seines Kriegszugs gegen Ermenrich. Besagte Söhne kommen hinzu und klagen ihre Unzufriedenheit unter der Begründung, dass sie Dietrich und sein Gefolge vermissen würden. Rüdiger versucht sie zu beruhigen, doch unterlassen sie nicht ihr Weinen und Klagen.
Str. 321 - 340 Der Reihe nach geben Rüdiger, Dietleib und Herr Baltran den Söhnen Abschiedsküsse und appelieren an ihre Ehre. Baltran errinnert sie überdies an das unvergleichlich leidvollere Klagen im Abschied der Frau Helche und ihres Vaters, als sie aus dem Hunnenland geritten sind. "beidiu junge und alde" folgen der Abschiedszeremonie. Die Söhne folgen Diether, knien sich dann aber vor Ilsan nieder und küssen ihm die Hand, um ihn dazu zu bringen, ihrem Willen zu entsprechen.
Str. 341 - 360 Orte bittet Ilsan darum, dass sie gemeinsam aus der Stadt reiten und die Burg von außen betrachten können. Doch Ilsan bleibt konsequent in seinem Auftrag. Diether allerdings will dem Wunsch entsprechen und aus der Stadt reiten, ohne in kämpferische Verwicklungen zu geraten und verspricht "wider schire" zurückzukehren. Dem will Ilsan darum Folge leisten und sie bis "ouf die strazen" begleiten.

Witeges Morde auf der Mark (Str. 361 - 465)

(Aventiur, wie vrǒn Helchen sune und Diether vor Raben erslagen wrden; Aventiur, wie Helchen sune und Diether mit Witegen striten, do er si slůch)

Strophen Inhalt
Str. 361 - 380 Diether und die Etzelsöhne sind weit ins Niemandsland geritten. Sie beschließen nach einiger Zeit, zu rasten. (Unwissentlich sind sie dabei der Küstenregion bei Raben entgegen geritten.) Diether bereut seinen Leichtsinn, und beklagt seine Orientierungslosigkeit ("Wir sin misecheret") bei einbrechender Nacht und beständigem Nebel. Selbst Orte wird nun pessimistisch, doch bei Tagesanbruch lichtet sich das Feld und die Sonne erstrahlt. Scharphe gewinnt dadurch an neuer Freude und Orte teilt überschwänglich seine Euphorie. Als die beiden die sich annähernden "reckche" empfangen wollen, wird Diether unbehaglich, er beginnt zu leiden und zu weinen, da er einen von ihnen als Witege erkennt.
Str. 381 - 410 Diether erklärt den Brüdern, um wen es sich handelt und welches Leid ihm derjenige zugefügt habe mit seinem Verrat. Nach wenigen Worten, die die Verhältnisse erhärten, fordert Witege sie zum Kampf auf der "mark" heraus. Scharphe wird beim Anrennen mit Pferd und Schwert eine tiefe Wunde in die Brust geschlagen. Ihm selbst gelingt es im weiteren Verlauf, Witege 3 Wunden zu schlagen und ihn mit einem Schlag auf den Kopf von seinem Pferd Schemming runter zu holen. Der Erzähler hat Scharphes Tod seiner Schilderung bereits vorangestellt, der tödliche Stich geht zwischen seine Augen. Darauf wird Witege vom wütenden Orte angegriffen.
Str. 411 - 440 Der Topos des wilden Feuers, das aus den Schwertern schießt und aus den Helmen staubt, wird einmal mehr zur Kampfschilderung bedient. Witege bietet Orte eine ehrbare Flucht an, doch dieser möchte lieber den Mörder ("mordære") seines Bruders rächen und straft Witege einen "Bosewicht aller tugende". Eine Stunde kämpfen sie miteinander und Orte schlägt Witege weitere 3 neue Wunden. Dann greift auch Diether, der "vil edel furste stark", in den Kampf ein, der sich damit bis in den Abend zieht. Witege richtet den jungen Hunnen mit seinem Schwert Mimung bis auf den zehnten Teil ("unz an den zenten") hin, er schneidet ihm durch das Hirn und durch die Gurgel, und enthauptet ihn schließlich. Das führt bei Diether zu noch größerem Leid und Zorn.
Str. 441 - 465 Diether kämpft bereits mit blutenden Augen, als Witege das Schwert durch seinen Schulterknochen ("achselbein") bohrt und weiter durch seinen Körper zieht. Leber und Herz werden dabei entzwei geschlagen. Seine letzten Worte beklagen, dass er seinen Bruder Dietrich niemals wiedersehen werde und er bittet Gott, ihn von seinem Leiden zu erlösen. Über diesen Anblick beginnt der "ungetriwe" Witege zu weinen und küsst alle geschlagenen Wunden des Toten, ehe er entkräftet davon reitet.

Zwölf Tage und Nächte - Die Schlacht vor Ravenna (Str. 466 - 868)

(Aventiur, wie diu her mit ein ander striten da; Aventiur, von dem grozen strite, wie Ermrich siglos wart)

Strophen Inhalt
Str. 466 - 490 Der Erzähler beschließt damit die Erzählung über die Etzelsöhne und kehrt zurück zu Dietrich, der mit seinem Heer bis vor Raben gezogen ist und die Zeltstätte bezieht. Dieser möchte, dass Hildebrand die Fahnen zählt, denn aus aller Welt seien Männer ins "romisch lande" gezogen. Hildebrand beschreibt die nahenden Feinde sogleich: Die rote Fahne mit dem rotgoldenen Löwen führt König Frůte von Tenelant. 30.000 Helden werden in dessen Heeresabteilungen ("vanen") gezählt. Herman von Normandie und seine drei Brüder führen eine rotgrüne Fahne und 20.000 Recken Ermenrich zum Dienst. Walker von Messye zieht mit 30.000 Recken "oder mere" heran. König Gunther führt sein großes Gefolge unter einer grasgrünen Fahne an.
Str. 491 - 520 Das Hauptheer vom Grenzhüter Ellewin von Westfalenland besteht aus 12.000 Kriegern ("wigande"), weitere 40.000 Schilder werden den Westfalen nachgezählt. Ellewins Fahne ziert ein schwarzer Strauss auf weißem Grund. Sturmbger von Hessen bietet 6 Heldenscharen auf, Siegfried von Niederland stellt 26.000 "degne" unter einer roten Fahne, Fürst Morunch von England 40 Scharen unter einer Fahne mit einem silbernem Panther und Herzog Stritger von Grůnlande 15.000 Krieger unter einer besonders wertvollen Fahne. Weitere 54 reiche Fürsten werden gezählt, bleiben aber unbenannt. Der Kampflärm ist groß, als Ermenrichs Heer seine Stellung bezieht. Dietrich wendet sich darauf in einer Kampfrede an sein eigenes Heer, meint, man solle die vergangenen Feste vergessen und zu Gott beten, dass er sie stärke und die Feinde kränke. Rüdiger geht repetitiv auf das Leiden Christi ein und meint, ihnen stehe in jedem Fall das Martyrium zu, wenn ihr Tod denn bestimmt sei. Er appeliert an den Einheitsgedanken des Heeres und stellt für das Hunnenheer Etzels darüber hinaus eine reiche Belohnung für den Sieg in Aussicht. Dietrichs Männer knien sich nieder und ein Bischof nimmt ihnen die Beichte ab (poenitentia publica, vgl. Rolandsied). Wolfharts Rede appeliert an die Kampflust und den Blutdurst der Berner.
Str. 521 - 550 Dietrich mahnt, die im Kampf erfahrenen Feinde nicht zu unterschätzen. Wolfhart erwidert, er wisse darum, fürchte sie aber nicht. Er spornt Dietleib von Styraere an und meint, die Raben und Geier würden das Schlachtfeld erwarten. Die Beratung wird mit der Aufteilung des Heeres fortgesetzt: Rüdiger rät dazu 30.000 der besten Männer, Dietleib inbegriffen, unter Dietrichs Fahne zu stellen, er selber werde 20.000 anführen. Dietrich von Griechen möchte seine 18.000 Helden unter seiner eigenen Fahne anführen. Helphrich von Lunders folgt mit 12.000 Helden, Iring mit 16.000 Recken, Bruder Erewin mit seiner Schar, Grenzhüter Gotel mit 26.000 Recken, Ymian von Antiochia mit 40.000 Recken, Norbrecht von Bruveninge mit 36.000 guten Helden und Ysolt von Großungarn mit 15.000 Mann. Die Größe des Heeres wird von Rüdiger bewundert, der seine "vane" gemeinsam mit Nudung anführt.
Str. 551 - 580 Walther möchte der Hauptmann der 50.000 Recken sein, die Frau Helche Dietrich verplichtet hatte und kündigt eine denkwürdige Schlacht an, die "muter und chint beweinen můz". Obwohl der Erzähler meint, nun jeden aufgezählt zu haben, wiederholt er die Reihenfolge der vordersten Helden mit Gefolge noch einmal und erwähnt nun auch Blödelin mit seinen 18.000 Schilden unter eigener Fahne. Helphrich gibt Dietrich den Rat, unerbittlich zu kämpfen bis in die tiefe Nacht, sodass am nächsten Morgen Ermenrichs endgültige Niederlage feststehe. Er empfielt sich, Ortwin, Dietleib, Sindolt, Ysolt, Sintram, Baltran, Blödelin, Dietrich von Griechen, Nudung, Gotel und Hildebrand als diejenigen, die die Fahnen der Feinde einsammeln werden.
Str. 581 - 610 Der Lärm dringt durch Berg und Tal, den Ermenrichs Heer verursacht, als es losmarschiert; König Ermenrich bläst in sein Kriegshorn. Helphrich fordert repetitiv die Recken auf Berner Seite auf, sich zu rüsten und sie erwidern ihm ihre Bereitschaft. Unter dem Kampfruf "Ahtschavelir Berne!" greifen sie an. Im Anritt werfen sie ihre Speere, dann ziehen sie ihre Schwerter und reiten feindliche Krieger wie Stroh nieder. Auf dem Schlachtfeld häufen sich die Toten und die Schwertschläge schallen durch das Land. Die Härte des Kampfes wird als abscheulich ("eislich") beschrieben, die Schäfte der Schwerter splittern ("schiwer"). Hunnen wie Amelungen kommen ums Leben. (Amelungen hier wohl bezogen auf Dietrichs/Ermenrichs Gefolge im Gesamten)
Str. 611 - 640 Im Kampflärm sammeln sich die Berner um Dietrich, entgürten ihre Helme und steigen auf ihre Pferde. Wolfhart wird vom Wunden überzeichneten Starcher angegriffen und mit dem Speerwurf vom Pferd geholt. Starcher eignet sich sein Pferd an. Dietrich bemerkt das und verfällt in einen "unmaezlich grimmigen zorn". Starcher reitet auf Valke, dem beste Pferd, "daz die welt ie gewan". Beidhändig schlägt Dietrich auf Starcher ein und zerbirst ihm Helm und Schädel, was zu dessen Tod führt. Starcher gelingt es nur noch, Dietrichs Schild mit seiner Faust zu zertrümmern. Dietrich gewinnt damit das edle Ross Valke. Siegfried nähert sich als nächstes den Bernern mitsamt Gefolge an und Dietrich will ihm offensiv entgegen reiten.
Str. 641 - 670 Rüdiger beklagt, gegen Siegfried von Niederland und die anderen ehrenhaften Helden kämpfen zu müssen. Dietrichs Rotte ("rote") geht in dichtesteste Distanz zu Siegfrieds Männern, ehe Dietrich und Siegfried einen Zweikampf mit dem Speer suchen. Siegfried schlägt ihm durch seinen Schild und durch den Halsschutz ("halsperc"). Sein seidenes Hemd (Taufhemd seines Ahnen Wolfdietrich), dass von vier Reliquien ("hertuom") versiegelt ist, verwehrt jedoch jegliche Verwundung, weshalb der Speerschaft daran zerbricht. Dietrich sticht Siegfried seinen Speer dagegen seitlich, bis ans Ende, durch den Helm. (stilistische Hyperbolie, führt nicht zu Siegfrieds Tod) Der Kampf mit Siegfrieds Gefolge zieht sich bis in die Nacht. Wieder werden zur Schilderung zahlreiche Topoi bedient, wie das Durchschlagen von Schädel und Hirnschale, das Zerbersten der Schulterknochen, etc.
Str. 671 - 700 Siegfried und Dietrich kämpfen nun unberitten mit dem Schwert. Zuerst drängt ihn Dietrich in eine Richtung, dann gewinnt Siegfried kurze Zeit die Überhand. Aber Dietrich versetzt ihm einen solch harten Schlag, dass er sieglos und ausgestreckt am Boden liegt. Siegfried bittet ihn um Gnade und übergibt ihm sein Schwert Balmung (als Eingeständnis seiner Niederlage). Dietrich befielt darauf acht Recken, Siegfried zu versorgen und widmet sich mit 8.000 Helden wieder der Schlacht. Nudung greift mit seiner Schar die 17.000 Mann von Frůte von Tenemarche an. Einmal mehr werden die zahlreichen Toten genannt, denen das Kämpfen nicht nutzte. ("vehtens nit entouch"). Der Erzähler breitet hierbei besonders lange die Topoi der Kampfdarstellung aus, die bereits genannt wurden. Blumen und Gras sind vom Blut übersät.
Str. 701 - 730 Der Kampf zwischen Nudung und Frůte setzt sich fort. Folgend werden weitere Zweikämpfe aufgezählt: (Dietrichs Helden werden zur besseren Übersichtlichkeit in dieser Inhaltsangabe immer zuerst genannt) Dietleib der Styraere kämpft gegen den Recken Marche, Herr Baltran gegen Volker von Alzeie. Helphrich greift Baldung von Paris an und beide teilen harte Schläge aus. Gotel nimmt es mit dem "reckchen lobesam" Wiker auf, Iring reitet Huzolt von Grunelande entgegen. Blödelin kämpft gegen Sturmholt von Swangiu (Schwangau). Dieser führt 12.000 Recken an, von denen die meisten durch Blödelin ihr Ende finden. Walther der Lengesære kämpft mit Heime auf zwei guten Pferden, Dietrich von Griechen mit Bitrung von Morlande, Ysolt mit Gerolt von Sachsen, Berchtram von Salnike mit Sigeher von Zæringen. Wolfhart nimmt es mit dem als "chunisten und besten" bekannten auf; Bůzolt von Norwegen. Die Markgrafen Rüdiger von Bechelaren und Palther von Etzelingen bekämpfen ebenfalls einander. Hildebrand wird von Tyban von Gurdenwale (Cornwall) herausgefordert, Ymian bekommt es mit Gunther von Burmz (Worms) zutun, Ekewart kämpft dagegen mit dessen Bruder Gernot. Næntwin von Elsentroye bekämpft Volker den Starken. Rudwein von Treisenmover (Treisemauer) wird Frideger von Selande entgegen gestellt, Studenfuchs vom Rhein kämpft mit Siegmar von England, dem 20.000 Krieger folgen. Herr Sigebant nimmt es mit Fürst Tyrolt von Brǒnswich (Braunschweig) auf, Ortwin von Metz kämpft gegen Landgraf Markeis von Duringen.
Str. 731 - 760 Der legendäre Sindolt kämpft gegen Witegoun und Berchtram gegen Witegisen, Dietrich ("vogt von Berne") kämpft unterdessen gegen Liudegast von Sachsen, Markgraf Biterolf gegen Herrn Liudider von Michsen, Herr Albrant gegen Landgraf Ulrich von Tegelingen, Norbrecht von Bruveninge gegen den Recken Morung von England, Marholt von Siebenburgen mit dem Helden Gerbart. Damit endet die Aufzählung. Helme zerbersten, Schwerter zerspringen, Lungen und Herzen springen entzwei, die Heide färbt sich rot (inkl. aller weiterer bekannten Topoi). Wolfhart ermutigt die Berner, weiter zu kämpfen. Ermenrichs beginnende Niederlage wird inmitten der ausführlichen Schilderungen konstatiert.
Str. 761 - 790 Wolfhart schlägt sich durch das feindliche Heer, sein Helm und Schild sind zerhauen und er ist rot überlaufen vom Blut der Feinde. Dietrich allein hat 2000 Männer geschlagen. Der Erzähler betont die Unvergleichbarkeit der Schlacht um Raben mit allem vorher dagewesenen. Dietrich nimmt es mit vier Männern gleichzeitig auf und schlägt alle grausam ("eisiglich") nieder. Frůte nähert sich ihm ebenso hart kämpfend an. Der Zweikampf beginnt; beide lassen ihre Schilder fallen. Aus tiefstem Herzen ("uz sinem herzen tief") schlägt Dietrich Frůte so hart auf den Helm, dass diesem das Blut aus den Augen läuft.
Str. 791 - 820 Frůte ist damit geschlagen und ergreift Dietrichs Hand, um bei ihm um Gnade zu flehen. Wieder zeigt der König "von romisch lant" milte und verschont seinen Gegenüber. Hildebrand wird ihm zum Geleit befohlen. Repetitiv möchte Dietrich den Kampf gegen Ermenrich fortsetzen und seine Kraft wird dabei mit der eines Drachen verglichen. Zwei Recken reiten auf Dietrich zu, einer von ihnen schwer verwundet, den Dietrich darauf als Helphrich wiedererkennt. Dietrich wird deshalb zornig und tötet den Recken Morung, der für Helphrichs Zustand verantwortlich ist. Dafür möchte sich Morholt von Jerlande an ihm rächen, der einen scharfen Wurfspieß mit sich führt. Dietrich, weiterhin zürnend, holt ihn vom Sattel und sticht ihm durch seinen "halsperc". Gemeinsam kämpfen Rüdiger und Dietrich als nächstes gegen Gunther und sein Heer an. Freunde und Fremde ("vriund und gest") sterben dabei zahlreich.
Str. 821 - 850 Der Krieg dauert bereits elf Tage an. Ermenrich klagt am zwölften Morgen über den Verlauf der Schlacht und fordert seine Heeresführer auf, gegen Dietrich weiter anzukämpfen. Sturmbger stellt die Situation aussichtslos dar, zu Dietrich vorzudringen. Heime schätzt Dietrichs verbleibende Truppen auf 40.000 Mann ein, was Ermenrich an seinem Sieg zweifeln lässt. Heime und Witegisen führen 18.000 degen gegen Rüdiger in den Kampf, der 16.000 Schilde befehligt. Heime führt die Fahne Ermenrichs und läuft selbst gegen Rüdiger an. Der Stahl kann unter ihren Schlägen nicht standhalten. Bis zum Mittag sind 12.000 von Heimes Männer geschieden, weshalb er die Flucht antritt und Ermenrich ihre Sieglosigkeit in Aussicht stellt. Als nächstes führt Wenher von Wernhersmark 10.000 starke Recken gegen Wolfharts gleichwertige Truppe an.
Str. 851 - 868 Die Krieger beider Seiten fallen wie Hopfen. Mit Anbruch der Nacht sind nahezu alle Recken Wernhers gleich ihm selbst getötet, die wenigen Überlebenden ergreifen die Flucht. Ekkehart verfolgt die fliehenden Ermenrich und Sibeche und setzt sie schließlich fest, mit der Erwartung, Ermenrich zu erhängen und seine Herren zu rächen. (vermutl. Anspielung auf die Harlungen, die von Ekkehart gelehrt und durch Ermenrich getötet wurden). 900 weitere Männer Ermenrichs sind bei der Verfolgung ums Leben gekommen. Derweil gibt Dietrich seinen Männern Befehl, die verwundeten Überlebenden unter den Toten auf dem Schlachtfeld aufzulesen.

Die Flucht ins Meer und die Totenklage (Str. 868 - 990)

(Aventiur, wie man diu chint tote vant und wie her Dietrich chlagte)

Strophen Inhalt
Str. 868 - 900 Ilsan erreicht Dietrich, auf dem Schlachtfeld weht die Siegesfahne der Berner. Auf die Frage, was mit seinem Bruder Diether und den Etzelsöhnen geschehen sei, kann Ilsan nur gestehen, dass er sie verloren hat, was Dietrich zum Weinen bringt. Ilsan fragt, ob nicht hier jemand wisse, wo sie verblieben seien, da er vermutet hat, sie würden zu Dietrichs Heer aufschließen wollen. Helphrich kommt zugelaufen und kniet sich vor Dietrich klagend nieder. Er weiss zu berichten, dass Diether und die Etzelsöhne tot auf der Heide liegen. Dietrich verflucht diesen Tag, die Zeit und den Tag seiner Geburt, fürchtet um Frau Helches Unversöhnlichkeit. Rüdiger stellt Dietrich eine nie enden wollende Klage und keine Rückkehr ins Hunnenland in Aussicht. Vor Trauer zerkratzt sich Dietrich (autoaggressiv) Hände und Füße und bittet die heilige Maria ("muter unde meit, kunegin vom himelrich") um Erlösung von seinem Leiden. Er beißt sich ein Gelenk ("ein gelit") aus seiner Hand. Als er die toten Etzelsöhne auffindet, küsst er ihre Wunden und erkennt, dass sie von der Schneide von Witeges Schwert Mimung geschlagen worden sind.
Str. 901 - 930 Einmal mehr beklagt er Witege als Verräter und falschen Ratgeber. Er kommt zur Leiche seines Bruder und gerät wieder in maßloses Weinen. Er beklagt, dass Gott ihn nicht neben seinem Bruder habe fallen lassen und was alles aus Diether noch hätte werden können. Er preist ihn als Hüter der vortefflichsten Eigenschaften. ("der tugende heye sleht alle zit"). Mit Zorn reitet er über die Heide, bis er Witege vor sich reiten sieht. Rüdiger und das Gefolge haben nicht vermocht, ihm zu folgen. Dietrich stellt Witege zum Zweikampf und appeliert an seine Kriegerehre, um ihn herauszufordern. Witege bittet seinen Neffen Rienolt darum, zu fliehen und versichert ihm sein eigenes Überleben.
Str. 931 - 960 Dietrich will von Witege erfahren, wie sich die Etzelsöhne gegen ihn im unritterlichen ("unsitige") Kampf bewährt haben und welchen Grund er gehabt habe, beide zu töten. Ironisch ruft er Sankt Gangolf und Sankt Zene an, die Witege nun beistehen müssten. Rienolt will nicht abweichen und überredet Witege dazu, dass er an seiner Stelle gegen Dietrich kämpft. Witege meint, Rienolt unterschätze Dietrich, welcher einen Feueratem gleichsam einem brennenden Haus habe und betont wie ungern er seinen Neffen durch diesen verliere, lässt Rienolt dann aber gewähren. Mit dem Speer reitet Rienolt gegen Dietrich und bohrt ihn in seinen "haersnir", Dietrich aber holt ihn mit einem tödlichen Stoß vom Pferd. Wutenbrannt reitet der nur halbgerüstete Dietrich (welcher Helm, Schild und Speer auf dem Schlachtfeld zurück gelassen hat) Witege hinterher. Witege verspricht seinem Pferd Schemming Linsen und Heu, wenn es nur schnell genug hinfort galoppiere, worauf es weite Sprünge zurücklegt.
Str. 961 - 990 Dietrich bemitleidet Witeges Pferd und reitet mit Valche hinterher, bis ihn nur noch ein "rosselouf" (eine Reitlänge) von Witege trennt. Sie erreichen das Meer und eine Meerfrau ("mer minne"), welche mit Witege verwandt ist, kommt ihm zu Hilfe, indem sie ihn mit sich in die Meerestiefen zieht. Dietrich folgt ihm ins Wasser reitend und schwimmt schließlich, muss aber erfolglos abkehren. Am Meeresgrund angekommen befragt Frau Wæchilt Witege, warum er vor Dietrich geflohen sei. Dieser erklärt ihr, dass er Dietrichs Huld verloren habe, da er Diether erschlug. Wæchilt beklagt seine Feigheit (Owe, zweu bistu degen here!). Witege verspricht darauf, gegen Dietrich zu kämpfen, aber Wæchilt meint, dass es nun zu spät sei, da Dietrichs "gesmyde" zwar weich geworden sei mit dem Erglühen durch seinen Feueratem, nun aber umso mehr erhärtet. Dietrich kehrt zurück zu den gefallenen Etzelsöhnen, dort erwarten ihn Rüdiger, Helphrich und Dietleib. Helphrich meint, Dietrich solle das Trauern unterlassen, das könne sie nicht wieder lebendig machen. Er erwidert darauf, ihm sei von Gott so beschieden worden. Seiner Klage folgen Rüdiger und Gotel und sie knien sich auf das Gras nieder. Das Heer setzt sich schließlich in Richtung Raben in Bewegung, wo sie viele weitere Tote liegen sehen. Sie beschließen Ermenrich, der in der Stadt Zuflucht gefunden hat, festzusetzen. Ermenrich fordert unterdessen die Stadtbewohner zur Verteidigung der Mauern auf.

Über Ermenrichs Niederlage und Rüdigers Versöhnungsakt in Gran (Str. 991 - 1139)

(Aventiur, wie man diu chint tote vant und wie her Dietrich chlagte (ff.))

Strophen Inhalt
Str. 991 - 1020 8000 feindliche degen reiten aus dem Stadttor den Bernern entgegen. Dietleib, Rüdiger, Wolfhart, Sintram und zahlreiche weitere Recken stellen sich ihnen in den Weg. Es folgen die bekannten Topoi der Kampfschilderung in einer Kurzfassung; Helme werden zerhauen, Augen und Ohren abgeschlagen, Ermenrichs Männer werden von Dietrich niedergerungen. Mit Dietrich kommen 4.000 Mann in die Stadt, um Ermenrich zu stellen. Dieser hingegen verspricht allen, die sich weiterhin wehren, Reichtum. Er selbst satellt gemeinsam mit Morung von Tuscan 200 castillische Pferde und tritt einmal mehr bei Einbruch der Nacht die Flucht an. Die Berner verwüsten zur Rache am nächsten Morgen die Stadt und brennen Turm und Palast nieder. Die Burgmänner und Frauen ergeben sich den Bernern und überlassen ihnen all ihr Hab und Gut. Rüdiger empfielt sich, um Frau Helche die traurige Botschaft der Etzelsöhne zu übermitteln. Zum Abschied lobt Dietrich ihn für seine Treue und küsst jeden von Etzelns Männern, die mit ihm vorziehen.
Str. 1021 - 1051 Etzels Männer setzen sich mit Lärm und Klage in Bewegung, durchqueren Isterich in Richtung der Stadt Gran (Esztergom, Ungarn). Sintram empfielt Rüdiger, er solle Helphrich und Gotel zur Königin vorausschicken. Die sorgvolle Frau Helche und vierzig Jungfrauen ziehen aus dem Palast in den Garten, um Blumen zu bestaunen. Helche erfährt durch den Lärm von der Ankunft ihrer Männer und hofft, ihre Söhne wiederzusehen. Sie empfängt Rüdiger, der ihr nach einiger Umwindung den Tod beider gesteht.
Str. 1052 - 1080 Rüdiger beteuert, die Wahrheit zu sagen. Helche beklagt den Tod ihrer beider Söhne maßlos, zuerst ausführlich den von Scharphe, dann auch Orte. Sie meint, nun könne sie nichts mehr trösten und sie verflucht ihre Bekanntschaft mit Dietrich, der allein Schuld trage und ihre Söhne verraten und verkauft habe. Rüdiger versucht, Dietrich aus der Schuld zu nehmen, indem er sein Leben darauf verwettet, dass Dietrich all sein Land, Ehre und Besitz aufgeben würde, wenn dieser die Etzelsöhne dafür ins Leben zurückbringen könnte. Er berichtet ihr überdies vom Tod Diethers und von Dietrichs unvergleichbarem Leid darüber. Er rät ihr, Dietrich zu verzeihen. ("lat hulde haben den herren von Berne")
Str. 1081 - 1110 Rüdiger muss noch einmal versichern, die Wahrheit gesagt zu haben. Er erzählt Helche davon, wie Dietrich den toten Brüdern die Wunden geküsst und wie er sich vor Leid selbst in die Hand gebissen hat. Darauf wandelt sich Helches Wut in Mitleid um Dietrich. Sie fühlt sich schuldig, Dietrich angeklagt zu haben und bittet Gott um einen schnellen Tod, der ihr nun lieber wäre als das Leben. Rüdiger ergreift noch einmal Partei für Dietrich und Helche versichert ihm, sich bei Etzel für seine Entlastung einzusetzen. Dieser kommt ahnungslos zu Helche gelaufen und befragt sie über den Grund ihres Leidens. Rüdiger versucht das Wort zu ergreifen, bricht aber zusehr in Tränen aus. Ohne weitere Worte erkennt Etzel darin bereits den Tod seiner Söhne.
Str. 1111 - 1139 Ihm wird von Rüdiger berichtet, wie sie gestorben sind; dass Dietrich sie in Bern gelassen hat mit seinem Bruder Diether, dass er sie Ilsan anvertraut hat und dass Witege sie erschlagen hat. Ilsan sei für sein Versagen von Dietrich enthauptet worden. Etzel möchte darauf wissen, ob seine Söhne in der Schlacht vor Raben gefallen seien. Rüdiger erwidert ihm repetitiv, dass sie die Söhne in Bern zurückgelassen haben. Sie seien dann auf der Heide nahe Raben, aber fern von der eigentlichen Schlacht, von Witege und Rienolt besiegt worden. Er erzählt vom Ausgang der Schlacht und wie sie die Toten gefunden haben, dass Dietrich 30 Stunden um die beiden Söhne getrauert habe. Er bittet daher Etzel ebenso um Gnade für Dietrich, die dieser gewähren will. Dann kommt auch Dietrich "nach grozzer hertzen swerre" angeritten und wird von Rüdiger in die "Etzelburch" geführt. Dietrich kniet vor Etzel nieder und legt seinen Kopf auf dessen Fuß. Er bietet Etzel an, sich für den Tod seiner Söhne an ihm zu rächen und ihn zu töten. Dieser verhilft ihm auf und macht ihm klar, dass er ihn keiner Schuld am Tod seiner Söhne verantwortlich mache. Mit der Versöhnung beider endet die Erzählung.

Anmerkung zur Nutzung derivativer Namensformen der Figuren

Strophe 726,4: In der Textausgabe von Lienert [Lienert 2005] heißt die Figur, die mit Rüdwein von Treisenmauer kämpft, eigentlich Friderich von Selande. Um eine sinnvolle Differenzierung zwischen den zahlreichen Figuren der Dietrichepik gleichen Namens für den Leser zu ermöglichen, ist der Artikel auf die alternative Schreibweise Frideger von Selande ausgewichen, die in der Handschrift MS A auftaucht und einzig für diese Figur benannt wird. In Dietrichs Flucht bekommt man es bereits mit 2 Figuren selbigen Namens zutun: Friderich von Raben, einem Botengänger Dietrichs und Friderich, dem Sohn Ermenrichs, der in Raben gehängt wird. Erstgenannter wurde im zugehörigen Artikel aus diesem Grund bereits als Friedrich von Raben ausdifferenziert. Darüber hinaus existiert in der Ahngeschichte in Dietrichs Flucht eine weitere Figur namens Fridger (V. 565), die als Anhänger Dietwarts aufgezählt wird. [1]

Siehe außerdem

Inhaltsangabe "Dietrichs Flucht"

Inhaltsangabe "Der Rosengarten zu Worms"

Literatur

<harvardreferences />

Primärtext

[*Lienert 2005] Rabenschlacht. Textgeschichtliche Ausgabe, hg. von Elisabeth Lienert, Tübingen 2005 (Texte und Studien zur mittelhochdeutschen Heldenepik 2)

Einzelnachweise

  1. Zur Differenzierung der Figuren siehe außerdem: Gillespie, George Turland: A Catalogue of Persons named in German Heroic Literature, Oxford 1973.