Reinmarklage (Walther von der Vogelweide, Cormeau 55,III)

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Walther von der Vogelweide spricht in einer Strophe des Liedes 55 (in der Zählung Christoph Cormeaus)[1] den Tod Reinmars des Alten an. Die Form der Totenklage nutzt Walther, um zwischen Person ("dich selben") und literarischer Produktion ("dîn edelen kunst") Reinmars pointiert zu unterscheiden.

Originaltext nach der Ausgabe von Cormeau

55,III

Dest wâr, Reimâr, dû riuwest mich
michels harter danne ich dich,
ob dû lebtest und ich wær erstorben.
ich wil ez bî mînen triuwen sagen,
dich selben wolt ich lützel klagen:
ich klage dîn edelen kunst, daz si ist verdorben.
Dû kundest al der werlte fröide mêren,
sô dû ez ze guoten dingen woltes kêren.
mich riuwet dîn wol redender munt und dîn vil süezer sanc,
daz die verdorben sint bî mînen zîten.
daz dû niht eine wîle mohtest bîten!
sô leist ich dir geselleschaft, mîn singen ist niht lanc.
dîn sêle müeze wol gevarn, und habe dîn zunge danc!


Quellen

  1. nach: Walther von der Vogelweide: Leich, Lieder, Sangsprüche. 14., völlig neubearb. Aufl. der Ausg. Karl Lachmanns mit Beiträgen von Thomas Bein und Horst Brunner, hg. von Christoph Cormeau, Berlin/New York 1996.