Tristans Tugenden (Gottfried von Straßburg, Tristan)

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Tugenden als Moment des höfischen Romans

Helden der höfischen Romane werden generell viele Fähigkeiten und Tugenden zugesprochen. Zum einen ermöglicht der Autor dem Leser damit, sich ein relativ feines Bild des Protagonisten zu formen und zum anderen grenzt er seinen Helden von der kollektiven Gruppe ab, sodass er generell immer im Mittelpunkt der Handlungen steht, und sich diese, wenn er nicht selbst beteiligt ist, sich auch um ihn drehen. Im Tristanroman hat Gottfried von Straßburg die typischen Tugenden der höfischen Welt gewählt, jedoch auch zusätzlich einen guten Charakter, wie auch ein gutes Aussehen zugeschrieben, was die negativen Aspekte, wie beispielsweise Rachegedanken, die er trägt viel stärker hervorheben, als es generell schon der Fall ist. Gottfried von Straßburg wiederholt an den verschiedensten Stellen die Tugenden von Tristan, sodass dem Leser kontinuierlich, durch das gesamte Werk das Bild Tristans präsent bleibt.

Tristans höfische Erziehung

Erziehung Tristans durch Rual li Foitenant

Nach dem Tod von Tristans Eltern Riwalin und Blanscheflur nimmt sich deren Marschall, Rual li Foitenant Tristans an. Er und seine Frau Floraete geben vor, Tristan sei ihr Sohn. Rual lässt Tristan die beste Erziehung zukommen und er sowie seine Frau kümmern sich hingebungsvoll um Tristan, als wäre er ihr eigener Sohn. Er erhält Unterricht in allen Künsten und Fertigkeiten, wird zudem mehrfach ins Ausland geschickt um viele fremde Sprachen zu lernen. Ebenso widmet er sich dem Saitenspiel und vielen weiteren musikalischen Fertigkeiten, wie auch dem Gesang. Schließlich bringt er es schon in jungen Jahren in vielen Bereichen bis zur Meisterschaft. Und er weiß auch, wie er sich bei Hofe verhalten muss, sein höfisches Benehmen ist tadellos. Zusammenfassend ist seine Grundausbildung durch Rual perfekt gelungen:

ouch was er an dem lîbe,

daz jungelinc von wîbe

nie saeleclîcher wart geborn.

sîn dinc was allez ûz erkorn

beide an dem muote und an den siten. (V. 2123 - 2127)

Tristan der Jägermeister

Als Tristan sich mit seinem Ziehvater Rual im Hafen die Ware norwegischer Kaufleute ansieht, fällt ihm auf dass diese Schach spielen und er beginnt mit ihnen Schach zu spielen. Die Kaufleute bemerken seine vielfältigen Talente. Sie beschließen ihn heimlich zu entführen und aus ihm Nutzen zu ziehen. Später setzen sie ihn jedoch in der Wildnis aus. Tristan trifft nach einiger Zeit des Wanderns mit zwei Pilgern auf eine Jagdgesellschaft.

Die ausführliche Beschreibung der Jagdszene deutet darauf hin, dass Tristan eine sehr gute Ausbildung genossen hat, denn er beherrscht das Jagen besser als die Jägermeister Markes.

Tristan der Künstler

Vor allem das Künstlertum nimmt einen großen Stellenwert in Gottfrieds Roman ein, wie man an der häufigen Erwähnung feststellen kann. So wird Tristan des öfteren als Künstler am Hof eingeführt, oder er tritt als Tantris unter der Maske dessen auf. Gottfried stellt häufig die künstlerische Ausbildung in den Vordergrund des Tristan-Romans, im Gegensatz zu den ritterlichen Werten. Tristan beherrscht viele Sprachen, was auch aus seiner Erziehung hervorgeht, die durch Kurvenal begründet ist. Am Hof Markes wird er oft in der Rolle des Spielmanns dargestellt, der seine Umwelt mit seiner Musik erfreut. Vor allem bei seinem ersten Erscheinen am Marke-Hof stellt er sich als Spielmann vor, der sich aufs Harfespielen konzentriert hat. Tristan nutzt die Musik, um seine Tugenden besser darzustellen, denn er beherrscht die Künste so gut, dass er von allem am Hof bewundert wird. Durch seine Musik kann er Anerkennung erfahren, denn hier kann er sich als Bester auszeichnen und sich von der Masse abheben.

Vor allem das Künstlertum bietet ihm eine Möglichkeit, sich mit der höfischen Gesellschaft zu identifizieren, denn durch sein Rittertum kann er sich damit nicht mehr identifizieren, vor allem, seit er durch die Liebe zu Isolde sich von der Gesellschaft entfremdet hat.