Die Struktur des Doppelwegs: "Parzival" und "Erec" im Vergleich: Unterschied zwischen den Versionen

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Die [[Doppelwegstruktur]] ist typisch für einen Artusroman. Das Vorzeigebeispiel dieser Struktur ist der Artusroman 'Erec' von Hartmann von Aue. Ob der Doppelweg auch die bestimmende Struktur in Wolfram von Eschenbachs 'Parzival' ist, gilt es zu klären. Dafür wird das Strukturmodell des "Erecs" dem des "Parzivals" gegenübergestellt. Es soll anhand der Grobstrukturen der Texte aufgezeigt werden, ob die Doppelwegstruktur, die Kuhn bei "Erec" entdeckt hat, das passende Strukturmodell ist.
== Die grobe Struktur des Doppelwegs ==


Die [[Doppelwegstruktur]] ist typisch für einen Artusroman. Das Vorzeigebeispiel dieser Struktur ist der Artusroman 'Erec' von Hartmann von Aue. Ob der Doppelweg auch die bestimmende Struktur in Wolfram von Eschenbachs 'Parzival' ist, gilt es zu klären. Dafür wird das Strukturmodell des "Erecs" dem des "Parzivals" gegenübergestellt. Es soll anhand der Grobstrukturen der Texte aufgezeigt werden, ob die Doppelwegstruktur, die Kuhn bei "Erec" entdeckt hat, das passende Strukturmodell ist.
Die Struktur ist so aufgebaut, dass der Protagonist des Werkes, eine Kränkung, die dem 'Artushof' von Außen zugetragen wird, tilgt. Während dieser Aventüre gelingt es dem Helden eine Dame für sich zu gewinnen, die er zu Frau nimmt. Es scheint so als würde der Ritter in einem idealen Zustand leben. Doch diese scheinbare Harmonie, Minne und Rittertum sind im Einklang, wird durch eine Krise zerstört. Daraufhin muss der Held den verloren Zustand wiederherstellen und bei einer zweiten Aventüre beweisen, um so den ideal Zustand wieder zu erlangen.


== Die Struktur des 'Erecs' bei Kuhn ==
== Die Struktur des 'Erecs' bei Kuhn ==
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Die Strukturanalyse beim 'Parzival' scheint nicht nur wegen der Größe des Werks ungemein schwerer zu sein, sondern das Werk bricht aus dem Rahmen, der für die Doppelstruktur vom Alter her abgesteckt ist, wie z.B. bei 'Erec' und 'Iwein' von der 'adolescentia' bis zur 'iuventus'. 'Parzival' fällt Gattungstechnisch in den Rahmen eines 'Entwicklungsroman'. Das Werk bezieht sich auf das ganze Leben von 'Parzival', ja es wird sogar von der Liebesgeschichte der Eltern erzählt. Der Leser erfährt schon bevor der Protagonist geboren ist von ihm. Darum gilt es zunächst den Rahmen für die Doppelwegstruktur zu finden.
Die Strukturanalyse beim 'Parzival' scheint nicht nur wegen der Größe des Werks ungemein schwerer zu sein, sondern das Werk bricht aus dem Rahmen, der für die Doppelstruktur vom Alter her abgesteckt ist, wie z.B. bei 'Erec' und 'Iwein' von der 'adolescentia' bis zur 'iuventus'. 'Parzival' fällt Gattungstechnisch in den Rahmen eines 'Entwicklungsroman'. Das Werk bezieht sich auf das ganze Leben von 'Parzival', ja es wird sogar von der Liebesgeschichte der Eltern erzählt. Der Leser erfährt schon bevor der Protagonist geboren ist von ihm. Darum gilt es zunächst den Rahmen für die Doppelwegstruktur zu finden.
== Quellennachweis ==

Version vom 8. Juli 2015, 11:34 Uhr

Die Doppelwegstruktur ist typisch für einen Artusroman. Das Vorzeigebeispiel dieser Struktur ist der Artusroman 'Erec' von Hartmann von Aue. Ob der Doppelweg auch die bestimmende Struktur in Wolfram von Eschenbachs 'Parzival' ist, gilt es zu klären. Dafür wird das Strukturmodell des "Erecs" dem des "Parzivals" gegenübergestellt. Es soll anhand der Grobstrukturen der Texte aufgezeigt werden, ob die Doppelwegstruktur, die Kuhn bei "Erec" entdeckt hat, das passende Strukturmodell ist.

Die grobe Struktur des Doppelwegs

Die Struktur ist so aufgebaut, dass der Protagonist des Werkes, eine Kränkung, die dem 'Artushof' von Außen zugetragen wird, tilgt. Während dieser Aventüre gelingt es dem Helden eine Dame für sich zu gewinnen, die er zu Frau nimmt. Es scheint so als würde der Ritter in einem idealen Zustand leben. Doch diese scheinbare Harmonie, Minne und Rittertum sind im Einklang, wird durch eine Krise zerstört. Daraufhin muss der Held den verloren Zustand wiederherstellen und bei einer zweiten Aventüre beweisen, um so den ideal Zustand wieder zu erlangen.

Die Struktur des 'Erecs' bei Kuhn

Hugo Kuhn fasst den 'Erec', das „Jugendwerk eines wachsenden Dichters“[1], in zwei Hauptteile: „I Geschichte Erecs und Enites bis zu Hochzeit – II die spätere Abenteuerfahrt des Paares, nach Handlung und Zeit völlig getrennt, nur durch die Einheit der Hauptpersonen damit verbunden.“*[*Kuhn 1973:S.18]<HarvardReferences />

Der erste Teil soll aus vier Geschichten bestehen: (1) Die Jagd auf den weißen Hirsch, (2) die Zwergenbeleidgung, (3) der Sperberpreis und (4) die arme Herberge in Tulmein.*[*Kuhn 1973:S.18ff]<HarvardReferences /> Am Ende des ersten Teil hat Erec eine Dame, die unglaubliche schöne Enite, für sich gewonnen. Er und Enite reisen nach Karnant. Dort 'verligen' die beiden allerdings, was die Hofesfreude raubt und den Ruhm kostet. *[*Kuhn 1973:S.19ff]<HarvardReferences /> Deswegen begeben sie sich auf Abenteuerfahrt um ihren Ruhm wiederzuerlangen. Der zweite Handlungszyklus kann durch die Tabelle von Schulz aufgezeigt werden.

A: ungemach, Arbeit für Erec und Enite B: Vreude
(1) Doppeltes Räuberabenteuer
(2) Graf Galoeinl (5) Graf Oringles
(3) Guivreiz (6) Guivreiz
(7) Joi de la curt
(4) Zwischeneinkehr am Hof (8) Schlußeinkehr am Hof

[2]

Kuhn kann durch die Doppelungen und die Steigerungen, die im 'Erec' existieren, eine Struktur erkennen, die seine Interpretation des Werkes stützt, wenn nicht sogar ermöglicht. Die Doppelwegstruktur ist zwingend für die Interpretation des Werks. An ihr wird der Lernprozess des Protagonisten deutlich.

Allerdings sollte erwähnt werden, dass Erec nicht von Geburt an begleitet wird. Es wird nur ein kurzer Ausschnitt seines Lebens dargestellt. Erec ist bereits ein jungen Ritter. Seine Geschichte handelt von der 'adolescentia' hin zur 'iuventus'(mehr dazu Parzival als Entwicklungsroman (Wolfram von Eschenbach, Parzival)).

Die Struktur des 'Parzivals'

Die Strukturanalyse beim 'Parzival' scheint nicht nur wegen der Größe des Werks ungemein schwerer zu sein, sondern das Werk bricht aus dem Rahmen, der für die Doppelstruktur vom Alter her abgesteckt ist, wie z.B. bei 'Erec' und 'Iwein' von der 'adolescentia' bis zur 'iuventus'. 'Parzival' fällt Gattungstechnisch in den Rahmen eines 'Entwicklungsroman'. Das Werk bezieht sich auf das ganze Leben von 'Parzival', ja es wird sogar von der Liebesgeschichte der Eltern erzählt. Der Leser erfährt schon bevor der Protagonist geboren ist von ihm. Darum gilt es zunächst den Rahmen für die Doppelwegstruktur zu finden.

Quellennachweis

  1. Kuhn Hugo (1973): >Erec<. In: Hartmann von Aue, hrsg. Kuhn, Hugo und Cormeau, Christoph, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, S.17.
  2. Vgl. Schluz, Armin (2012): Erzähltheorie in mediävistischer Perspektive, Berlin: de Gruyter. S.248.