Ecidemon: Unterschied zwischen den Versionen

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== Fremdbestimmung durch das Ecidemon ==
Das Ecidemon übernimmt im Parzival eine einzigartige Funktion. Es übernimmt die Herrschaft über Personen und agiert dabei als gottähnliche Instanz, welche Verantwortung übernimmt. Wenn alle Mittel zur Reinigung von Anfortas Wunde versagen, sucht die Medizin in Mittelalter nach übernatürlichen Wesen, wie dem Ecidemon. Der kräftige Ritter Feirefiz trägt auf seinem Helm ein Ecidemon, das ihm Glück bringen soll, obwohl er selbst als stark und  im Kampf mit Parzival als mächtig beschrieben wird (737,19-745,1). Es scheint, als würde ihn das Tier auf dem Helm zu fast übernatürlichen Taten bewegen.


= Literaturnachweise =
= Literaturnachweise =

Version vom 9. Juli 2015, 08:16 Uhr

Hinweis: Dieser Artikel entsteht derzeit im Rahmen des Haupt- und Oberseminars zu Wolframs Parzival (Sommersemester 2015) und wird konstant überarbeitet. Einzelne Unterkapitel werden kontinuierlich mit Inhalt gefüllt.



Das Ecidemon (mhd.: ecidemôn) ist ein Fabelwesen.
In der Fachliteratur wird es als "Wunderthier" [Gerhard 1868: 37] oder drachenähnliche Gestalt [Sussman 1995: xx] beschrieben. Laut Lewis kann es keinem real existierenden Tier zugeordnet werden.[Lewis 1974: 116] Neuere Fachliteratur führt das Ecidemon unter der Kategorie Echidna auf und beschreibt diese als "Urschlange, Mischwesen, halb Frau, halb Schlange". [Kern & Ebenbauer 2003: 235] Die Identität des Ecidemon ist nicht abschliessend geklärt. Wolfram von Eschenbach "reiht es im Parzival zunächst unter die Giftschlangen, bezeichnet es aber als deren Feind" [Kern & Ebenbauer 2003: 235]. Eine Übereinstimmung mit dem katzenartigen Raubtier Ichneumon ist denkbar, jedoch nicht belegt. In der Literatur des Mittelalters finden sich für das Ichneumon fast keine Belege. [Kern & Ebenbauer 2003: vgl. 235] Eine Verbindung mit der Schlupfwespe Ichneumon eumerus ist ausgeschlossen, da dieser wissenschaftliche Name erst seit 1857 besteht.
Ebenfalls wird das Ecidemon bei Hermann von Sachsenheim (Sp 1125) erwähnt. Dort wird es als Salamander bezeichnet. Laut Huschenbett ist dies jedoch die Folge einer Verwechslung innerhalb der Handlung. [Huschenbett 2007: vgl. 84] Groos vertritt die Haltung, dass Wolfram das Ecidemon sowohl als Schlange als auch als Tier versteht. Dabei existiert die These, dass Wolfram aufgrund mangelnder Lateinkenntnisse den Begriff aspis ecidemon falsch zusammengesetzt oder interpretiert hat. [Groos 1995: vgl. 44]

Beschreibung im Parzival

Nachdem der Gralskönig Anfortas in einer Tjost mit einem vergifteten Speer verletzt wird, entfernt ein Arzt die Splitter aus der Wunde (479,5-480, 10). Im Roman wird in den Versen 481,6-18 detailliert beschrieben, mit welchen möglichen Gegenmittel die Medizin auf die Vergiftung reagieren könnte. Dabei wird das Ecidemon als böse Schlange bezeichnet. Wörtlich heisst es:

Original Übersetzung
swaz man der arztebuoche las,

diene gâben keiner helfe lôn.

gein aspîs, ecidemon

ehcontîus unt lisîs,

jêcîs und mêatrîs

(die argen slangenz eiter heiz tragent),

swaz iemen da für weiz,

unt für ander würm diez eiter tragent,

swaz die wîsen arzt dâ für bejagent

mit fisiken liste an würzen,

(lâ dir die rede kürzen)

der kein gehelfen kunde:

got selbe uns der verbunde.


Man mochte noch so viele medizinische

Bücher lesen, keines wusste ein Mittel,

keines konnte helfen. Aspîs, ecidemon,

ehcontiûs, lisîs, jêcîs und mêantrîs, das sind

böse Schlangen, die haben heisses Gift;

jedes Mittel, das man kennt dagegen und gegen andere Würmer, die giftig sin,

alles, was gelehrte Ärzte als Medizin dafür aus Kräutern gewinnen wissen

mit Klugheit und Chemie - ich kann es

dir auch kürzer sagen, also: keins von

alledem hat helfen können, Gott selber will es us nicht gönnen.

das hatte er auch zum Lohn für ruhmreiche

Taten geschenkt bekommen. Dieses Tierlein

hat an sich die Kraft, daß alle die

giftigen Würmer es nur zu riechen brauchen,

und haben dann keinen Tag mehr zu leben.


Feirefiz trägt auf seinem Helm ein totes Ecidemon, welches er geschenkt bekommen hat (736, 9-14) und weil es ihm von der Königin Secundille befohlen wurde (768, 24-25).
Neben dem Parzival findet das Tier auch in Wolframs Willhelm (369, 26. 444, 8) und im Titurel Erwähnung (2959,3 - 2960, 2).


Original Übersetzung
er truog ouch durch prîses lôn

ûf dem helme ein ecidemôn:

swelhe würm sint eiterhaft,

von des selben tierlînes kraft

hânt si lebens decheine vrist,

swenn ez von in ersmecket ist.

Auf dem Helm trug er ein Ecidemôn,

das hatte er auch zum Lohn für ruhmreiche

Taten geschenkt bekommen. Dieses Tierlein

hat an sich die Kraft, dass alle die

giftigen Würmer es nur zu riechen brauchen,

und haben dann keinen Tag mehr zu leben.


Fremdbestimmung durch das Ecidemon

Das Ecidemon übernimmt im Parzival eine einzigartige Funktion. Es übernimmt die Herrschaft über Personen und agiert dabei als gottähnliche Instanz, welche Verantwortung übernimmt. Wenn alle Mittel zur Reinigung von Anfortas Wunde versagen, sucht die Medizin in Mittelalter nach übernatürlichen Wesen, wie dem Ecidemon. Der kräftige Ritter Feirefiz trägt auf seinem Helm ein Ecidemon, das ihm Glück bringen soll, obwohl er selbst als stark und im Kampf mit Parzival als mächtig beschrieben wird (737,19-745,1). Es scheint, als würde ihn das Tier auf dem Helm zu fast übernatürlichen Taten bewegen.

Literaturnachweise

<HarvardReferences/> [*Gerhard 1868] Gerhard, Eduard: Gesammelte akademische Abhandlungen und kleine Schriften. Berlin 1868.
[*Groos 1995] Groos, Arthur: Romancing the Grail: Genre, Science, and Quest in Wolfram's Parzival. New York 1995.
[*Huschenbett 2007] Huschenbett, Dietrich: Hermann von Sachsenheim: Namen und Begriffe : Kommentar zum Verzeichnis aller Namen und ausgewählter Begriffe im Gesamtwerk. Würzburg 2007.
[*Kern & Ebenbauer 2003] Kern, Manfred & Ebenbauer, Alfred (Hrsg.): Lexikon der antiken Gestalten in den deutschen Texten des Mittelalters. Berlin 2003.
[*Lewis 1974] Lewis, Gertrud J.: Das Tier und seine dichterische Funktion in Erec, Iwein, Parzival und Tristan. Bern und Frankfurt/M. 1974.
[*Sussman 1995] Sussman, Linda: The Speech of the Grail: A Journey Toward Speaking that Heals and Transforms. Hudson 1995.