Beowulf: Unterschied zwischen den Versionen

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==Die Kämpfe mit den Monstern==
==Die Kämpfe mit den Monstern==
===Kampf mit Grendel===
===Kampf mit Grendel (V.86–1250)===
===Grendels Mutter===
<!-- Grendel ist ein Monstrum, bezeichnet als ein ''ellengaest earfoðlîce'' (V.86) <ref> Alle folgenden Versangaben beziehen sich auf diese Textausgabe: Beowulf, eine Textauswahl mit Einleitung, Übersetzung, Kommentar und Glossar, hg. von Ewald Standop, Berlin 2005.  </ref>, der als Schwellenwesen (wörtlich ''mearcstapa'', V.104) die dänischen Moore bewohnt.  Genealogisch wird er dem biblischen Kainsgeschlecht zugeordnet. (V.107) Der Text kennzeichnet das Kainsgeschlecht als Ursprung aller Ungeheuer, die der göttlichen Ordnung zuwider stehen. Grendel wird in einem christlichen Kontext als dämonischer, von Gott verstoßener Unhold dargestellt. Er verfügt über keinerlei Waffen und Rüstung und tötet schlafende Gefolgsleute in der Festhalle mit bloßen Händen. Zwölf Jahre lang besetzt er Heorot in der Rolle eines Hallenhalters.
===Der Kampf mit dem Drachen===
Beowulf entschließt sich zum Kampf gegen Grendel, um dem König der Dänen zu helfen und ihm die Nutzung Heorots wieder zu ermöglichen. Er lauert dem Ungeheuer nachts in der Festhalle auf, indem er sich schlafend stellt. Grendel greift nach dem Helden. Beowulf packt das Ungeheuer und besiegt ihn im Kampf mit bloßen Händen, indem er ihm einen Arm abreißt. Der tödlich verwundete Grendel flieht zurück in sein Unterwasserversteck in den Mooren.  Den Arm nagelt Beowulf als Beweis seines Sieges über den Eingang der Festhalle. Der Kampf kann im Gesamtkontext des Werks als der Beginn einer Fehde, die sich im Kampf gegen Grendels Mutter fortsetzt, gewertet werden. <ref> Für eine ausführliche Auseinandersetzung mit dem Fehden-Motiv im Beowulf, siehe Kahrl, Stanley J. Feuds in Beowulf: A Tragic Necessity? The University of Chicago Press Journals, Modern Philology, 1972,  69 Jg., Nr.3, S.189–197.  </ref> -->
===Grendels Mutter (V.1251–1800)===
<!-- Der Kampf mit Grendels Mutter wird oftmals in der Abfolge der Kampfepisoden vernachlässigt. Die Episode ist ein Bindeglied zwischen den zwei anderen Kämpfen, welches eine sinnvolle Aufteilung des Epos erschwert: Der Kampf steht einer gleichmäßigen Zweiteilung des Werks nach Beowulfs Alter und Jugend im Wege, da sie den Jugendteil um einige hundert Verse verlängert, und hat insgesamt weniger Verse als die Grendel- oder die Drachenepisode. <ref> Nitzsche, Jane C. The Structural Unity of Beowulf: The Problem of Grendel's Mother. Texas Studies in Literature and Language,  1980, 22 Jg., Nr. 3, S.287. </ref>  Häufig wird Grendels Mutter lediglich als eine Doppelung ihres Sohnes aufgefasst, nicht als eigenständige Gegnerin Beowulfs.<ref> Frühe Beowulfstudien übergehen Grendels Mutter oft ganz, oder behandeln sie als eine Art zweiten Grendel, siehe unter anderem Adrien Bonjour und J.R.R. Tolkien (Literaturverzeichnis) </ref>
Das Motiv für diesen zweiten Kampf ist Rache. Grendels Mutter rächt den Tod ihres Sohnes, indem sie zunächst einen von Hrothgars engsten Vertrauten, Æschere, in der Festhallte packt und tötet.  Grendels Mutter kann als Inversion des im Beowulf exemplifizierten angelsächsichen Frauenideals interpretiert werden: sie übernimmt neben der Rolle als Mutter Grendels auch die des männlichen Rächers, indem sie die Heorot angreift.<ref> Nitzsche, Jane C. The Structural Unity of Beowulf: The Problem of Grendel's Mother. Texas Studies in Literature and Language,  1980, 22 Jg., Nr. 3, S.299. </ref>  Ihr entgegengestellt sind die beiden menschlichen Königinnen Wealtheow und Hygd, deren Aufgaben im Epos sich auf Friedensstiftung und Vermittlung beschränken. <ref> ebd. </ref>  Nach der Tötung Æscheres flüchtet das Grendels Mutter zurück in ihr Moorversteck, wo sich auch die Leiche Grendels befindet.  Beowulf verfolgt sie in die Tiefe und es folgt ein handgreiflicher Kampf, der in ihrem Tod endet. Der Held bemächtigt sich eines Riesenschwerts, dass er in dem Versteck findet, köpft die Leiche Grendels, und kehrt zurück an die Oberfläche. -->
===Der Kampf mit dem Drachen (V.2200–2710)===
<!-- Der Drache gilt in der mittelalterlichen Literatur als größter und gefährlichster Gegner eines Helden. <ref> „Drache.“ Enzyklopädie des Märchens, Handwörterbuch zur historischen und vergleichenden Erzählforschung, Band 3, hg. von Kurt Ranke, Hermann Bausinger, Wolfgang Brückner et al. Berlin/New York, 1981, S. 788. </ref>  In diesem Epos ist Beowulf als außergewöhnlicher Held der Einzige, der gegen das Ungeheuer bestehen kann. Der Drache als heldenepisches Ungeheuer ist ausgestattet mit einer Vielzahl an gefährlichen Eigenschaften: Beschrieben als eine krokodilartiger ''wyrm'' (V.2343) verfügt er über einen giftigen Biss, Feueratem, und die Fähigkeit zu Fliegen. (V.2522-2524) Bis auf seinen Unterbauch ist er, ähnlich wie Fafnir in der Nibelungensage, unverwundbar. Der Drachenkampf ist räumlich vor der Schatzhöhle des Ungeheuers situiert. Das Motiv des Drachens als Hortwächter ist ein bekanntes Motiv in mittelalterlichen Erzählschemata, und findet sich unter anderem auch im Drachentöterschema nach Aarne und Thompson. <ref> Uther, Hans-Jörg: The types of international folktales, 1. Animal tales, tales of magic, religious tales and realistic tales, with an introduction, Band 1, Helsinki 2004, S.174. </ref>  Der Kampf gegen den Drachen dient jedoch im ''Beowulf'' nicht dem Erwerb einer Frau oder der Heldeninitiation, sondern bildet den tragischen Abschluss eines Heldenlebens. <ref> Für eine Einführung Motive und Funktionen verbunden mit der Figur des Drachen in der mittelalterlichen Literatur siehe, wie zuvor zitiert, „Drache.“ Enzyklopädie des Märchens, Handwörterbuch zur historischen und vergleichenden Erzählforschung, Band 3, hg. von Kurt Ranke, Hermann Bausinger, Wolfgang Brückner et al. Berlin/New York, 1981, S. 792 – 815. </ref>  Die Schilderung der Drachenkampfepisode antizipiert gleich mehrmals ausdrücklich den nahenden Tod Beowulfs.(V.2419; V.2340–2343)
Der Kampf lässt sich in drei Abschnitte gliedern, die jeweils mit einem Angriff des Drachens korrespondieren. <ref> Sisam, Kenneth. Beowulf's Fight with the Dragon. The Review of English Studies, 1958, 9 Jg., Nr.34, S. 136–139. </ref> Während des ersten Angriffs versagt Beowulfs Schwert Nægling: es vermag die Drachenhaut nicht zu durchdringen. Auch sein Eisenschild hält den heißen Drachenflammen nur mit Mühe stand. Die Kampfhandlung wird an dieser Stelle unterbrochen, um Wiglaf, einen Verwandten Beowulfs, in den Kampf einzuführen. Nach einer vorwurfsvollen Rede an Beowulfs Gefolgsleute, welche aus Angst vor dem Drachen geflohen sind, kommt Wiglaf dem König zu Hilfe, um den zweiten Angriff des Drachen zu überstehen. Geschützt hinter dem Eisenschild schlägt Beowulf nochmals zu, und diesmal zerbricht sein Schwert. Der dritte Angriff des Ungeheuers erweist sich als verheerend: Der Drache fügt Beowulf eine lebensgefährliche Halswunde zu. Wiglaf schafft es, den Drachen an einer verletzlichen Stelle zu treffen, und der Feueratem versiegt. Der tödlich verwundete Beowulf zückt ein Messer und besiegt den Drachen mit einem Stoß on middan (V.2705), in den Bauch des Drachen.
Tolkien sieht in der Figur des Drachen im Beowulf einerseits eine Personifikation von Gier, Bösartigkeit und Zerstörung auf einer zwischenmenschlichen Ebene, aber andererseits auch ein übergeordnetes, schicksalhaftes Übel welches nicht zwischen ‚Gut‘ oder ‚Böse‘ zu unterscheiden vermag. <ref> Tolkien, J.R.R. Beowulf: The monsters and the critics. Proceedings of the British Academy. 1936, 22 Jg., S. 245–295. </ref>
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==Die Funktion der Monster im Werk==
==Die Funktion der Monster im Werk==
===Grendel und Grendels Mutter===  
===Grendel und Grendels Mutter===  

Version vom 24. März 2021, 10:50 Uhr

Stoffkreis

Historisch

Sagenhaft

Sutton Hoo

Christliche Elemente

Entstehungsgeschichte und Eckdaten

Entstehungszeit und Entstehungsort

Der Autor

Inhalt und Struktur mit Textbeispiel

Die Kämpfe mit den Monstern

Kampf mit Grendel (V.86–1250)

Grendels Mutter (V.1251–1800)

Der Kampf mit dem Drachen (V.2200–2710)

Die Funktion der Monster im Werk

Grendel und Grendels Mutter

Hier ist die Funktion der beiden Monster, Beowulf verschiedene Kämpfe zu bieten, bei welchen er sich bewähren kann. Die Monster sind eine Landplage und eine Bedrohung für die Bevölkerung. Indem Beowulf sie besiegt, kann er sich als mutiger, tapferer und guter König bewähren.

Der Drache

Der Drache dient im Beowulf zum einen als Hüter des Schatzes, solange bis ihm ein Becher aus dem Schatz gestohlen wird. Dann wandelt sich seine Funktion. Daher ist es zum anderen die Funktion des Drachen, Rache auszuüben. Durch seine Wut über den Diebstahl rächt sich der Drache und wird dadurch zur Landplage, was Beowulf dazu provoziert, den Kampf mit dem Drachen auszuüben. Der Drache initiiert somit den Endkampf.

Durch den Kampf mit dem Drachen kann sich der Held normalerweise bewähren, etwa bei der Brautwerbung oder während seiner Ausbildung als Ritter. Der Drache trägt hier somit zur Entwicklung des Helden bei. Indem der Heilige in der Literatur den Drachen besiegt, findet eine Legitimation des Christentums statt. Der Drache stellt dabei eine Figur des Bösen dar, die nur aus der Hölle stammen kann. Indem ein Heiliger den Drachen besiegt, kann die Macht der Kirche und des christlichen Glaubens aufgezeigt werden. Nicht so im Heldenepos Beowulf, denn hier stirbt der Held. Er kann sich nicht gegen den Drachen bewähren und stirbt im Kampf gegen ihn.
Wenn der Drache im Beowulf weder der Bewährung des Helden, noch der Legitimation der christlichen Kirche dient, so stellt sich die Frage, welche Funktion der Drache im Werk hat. Beowult ist kein Heiliger und auch kein Ritter in der Ausbildung. Er hat seine Entwicklung schon hinter sich und hat sich bereits in vielen Kämpfen bewährt. Demnach hat er keine Bewährung durch den Kampf mit dem Drachen nötig. Er legitimiert sich auch nicht als Heiliger. Viel mehr wird durch Beowulfs persönliches Schicksal die Rolle eines perfekten Christen gezeigt, was der Drache erst ermöglicht. Denn durch den Drachen stirbt Beowulf und kann damit einem befriedigenden und gottesfürchtigen Tod entgegensehen. Die Funktion des Drachen am Ende des Werkes ist demnach, Beowulf zu töten, um dessen ehrenvollen Heldentod zu ermöglichen. Zum anderen hat der Tod des Drachen dennoch die Funktion, den Sieg des christlichen Glaubens und des tapferen Kampfes, auch Wiglafs, aufzuzeigen, der alle bösen Mächte besiegen kann.

Das Motiv des imperfekten Helden im Ausgang des Werkes

Normalerweise werden die Drachen am Ende einer Geschichte getötet. Zahlreiche Beispiele bestätigen diese Regel, etwa die Legende um den heiligen Silvester, Tristan oder das Nibelungenlied. Beowulf stellt jedoch eine Ausnahme dar, denn hier stirbt der Held am Ende des Werkes, indem er von dem Drachen, gegen den er gerade ankämpft, getötet wird. Beowulf stirbt kurz nach dem Kampf an den Verletzungen, die der Drache ihm zugefügt hat. Dieser Ausgang stellt eine Besonderheit da, die sich ansonsten nur noch bei Otnit finden lässt, der ebenfalls durch einen Drachen getötet wird. Er wird von diesem während er schläft zu seinen Jungen gebracht, die ihn aus seiner Rüstung heraussaugen, bis er schließlich den Tod findet. Diese beiden Helden stechen hervor, denn normalerweise wird der Drache in der mittelalterlichen Literatur von einem Helden oder einem Heiligen besiegt. Durch den Kampf mit dem Drachen kann sich der Held bewähren, etwa bei der Brautwerbung oder während seiner Ausbildung als Ritter. Der Drache trägt hier somit zur Entwicklung des Helden bei. Indem der Heilige in der Literatur den Drachen besiegt, findet eine Legitimation des Christentums statt. Der Drache stellt dabei eine Figur des Bösen dar, die nur aus der Hölle stammen kann. Indem ein Heiliger den Drachen besiegt, kann die Macht der Kirche und des christlichen Glaubens aufgezeigt werden. Im Heldenepos Beowulf jedoch stirbt der Held. Er kann sich nicht gegen den Drachen bewähren und stirbt im Kampf gegen ihn. Noch tragischer ist die Niederlage des Otnit, denn dieser stirbt nicht im Kampf, sondern wird im Schlaf von einem Drachen umgebracht.

Wenn der Drache im Beowulf weder der Bewährung des Helden, noch der Legitimation der christlichen Kirche dient, so stellt sich die Frage, welche Funktion der Drache im Werk hat und warum Beowulf am Ende des Epos sterben muss. Dadurch, dass Beowulf am Ende des Werkes stirbt, stellt er einen imperfekten Helden dar. Er hat zwar zuvor bereits viele Kämpfe gewonnen, letztendlich kann er sich jedoch nicht gegen seinen Endgegner, den Drachen, bewähren. Der Tod wird normalerweise negativ konnotiert. Dass Beowulf stirbt, kann als Fehler, Beziehungsweise Imperfektion des Helden angesehen werden. Fraglich ist, was es mit dem Motiv des imperfekten Helden im Beowulf auf sich hat. Der Drache im Werk stirbt zwar letztendlich auch, er wird von Beowulf und seinem Neffen gemeinschaftlich getötet, noch bevor Beowulf den Wunden aus dem Kampf erliegt. Der Glaube an Gott ist im Werk omnipotent [1]. Auch Beowulf ist ein gottesfürchtiger König. Für ihn bedeutet der Tod demnach nicht die letzte Station und das Ende aller Dinge, da er an einen Himmel glaubt. Er sieht demnach dem Tod mutig entgegen und mit dem Wissen, dass er den Drachen getötet hat, auch wenn er dabei ebenfalls sterben muss, und für sein zurückbleibendes Volk den Drachenschatz geborgen hat, den sein Neffe dem Volk zu Gute kommen lassen wird, kann er beruhigt in den Tod gehen[2], denn seinem hinterbliebenen Neffen und seinem Volk geht es gut und Beowulf kann trotzdem als Held sterben. So ist Beowulf zwar ein imperfekter Held, jedoch ist er trotzdem ein Held und ein perfekter Christ, der seine Pflicht über den Tod hinaus erfüllt und sich in Gottes Hände begibt. Um diese Gottesfürchtigkeit und die Präsenz Gottes über den Tod hinaus zu zeigen, muss Beowulf sterben, was diesen jedoch in ein gutes Licht rückt und für diesen ein gutes Ende bedeutet. Demnach hat das Motiv des imperfekten Helden hier keine negative Bedeutung. Durch seinen Tod wird Beowulf noch einmal erhöht und die Erwartungen des christlichen Glaubens werden in seinem Tod widergespiegelt und glorifiziert.

Einzelnachweise

  1. GARDE, Judith. Christian and Folkloric Tradition in the Beowulf: Death and the Dragon Episode. Literature and theology, 1997, 11. Jg., Nr. 4, S. 325.
  2. GARDE, Judith. Christian and Folkloric Tradition in the Beowulf: Death and the Dragon Episode. Literature and theology, 1997, 11. Jg., Nr. 4, S. 341.

Literaturverzeichnis

Garde, Judith. Christian and Folkloric Tradition in the Beowulf: Death and the Dragon Episode. Literature and theology, 1997, 11. Jg., Nr. 4.