|
|
Zeile 1: |
Zeile 1: |
| ''„Die hohe Dame des Minnesangs - so lautet das gängige Handbuchwissen - zeichnet sich aus durch ihre Idealität und Unerreichbarkeit; sie gilt als der Inbegriff der Schönheit und Tugend, als erstrebenswertes Wunschobjekt des Sänger-Ichs in seiner Rolle als unermüdlich Werbender und im Glück seiner Werbung zugleich Leidender.“''<ref>Manlîchiu wîp, wîplîch man Zur Konstruktion der Kategorien 'Körper' und 'Geschlecht' in der deutschen Literatur des Mittelalters. Hrsg. von Ingrid Bennewitz und Helmut Tervooren. Berlin: Erich Schmidt Verlag, 1999, S. 264.</ref>
| |
|
| |
|
| | ==in Bearbeitung== |
|
| |
|
| So beschreibt Edith Wenzel in ihrem Buch "Manlîchiu wîp, wîplîch man"das typische Frauenbild im Minnesang. Die Frau ist ein Wunschobjekt des Sängers, die sich meistens ohne zu Wort zu kommen, hingibt.Doch bei Neidhart ist das anders. Er lässt Frauen zu Wort kommen, Probleme austauschen und sogar miteinander streiten.
| |
|
| |
|
| In diesem Artikel wird versucht auf die Frauenrollen in Neidharts Sommer und Winterliedern einzugehen und insbesondere zu untersuchen wann, wie und warum die Frauen hier zu Wort kommen.
| | <big>''Die hohe Dame des Minnesangs - so lautet das gängige Handbuchwissen - zeichnet sich aus durch ihre Idealität und Unerreichbarkeit; sie gilt als der Inbegriff der Schönheit und Tugend, als erstrebenswertes Wunschobjekt des Sänger-Ichs in seiner Rolle als unermüdlich Werbender und im Glück seiner Werbung zugleich Leidender.''</big> |
| | <ref>Manlîchiu wîp, wîplîch man Zur Konstruktion der Kategorien 'Körper' und 'Geschlecht' in der deutschen Literatur des Mittelalters. Hrsg. von Ingrid Bennewitz und Helmut Tervooren. Berlin: Erich Schmidt Verlag, 1999, S. 264.</ref> |
|
| |
|
| | So beschreibt Edith Wenzel in ihrem Buch "Manlîchiu wîp, wîplîch man"das typische Frauenbild im Minnesang. Die Frau ist ein Wunschobjekt des Sängers, die sich meistens ohne zu Wort zu kommen, hingibt. Doch bei Neidhart ist das anders. Er lässt Frauen zu Wort kommen, Probleme austauschen und sogar miteinander streiten. |
|
| |
|
| | In diesem Artikel wird versucht auf die Frauenrollen in Neidharts Sommer und Winterliedern einzugehen und insbesondere zu untersuchen wann, wie und warum die Frauen hier zu Wort kommen. |
|
| |
|
| | ==Sommer und Winterlieder== |
| | Neidharts Lieder werden in Sommer und Winterlieder unterteilt, die jeweils mit einem Natureingang beginnen. Dieser Natureingang besteht bei den Sommerliedern aus fröhlichen Klängen über den Sommerbeginn und das Blühen der Natur. Weiteres dazu : [[Natureingang und Symbolik in den Liedern Neidharts]] |
|
| |
|
| Neidharts Lieder werden in Sommer und Winterlieder unterteilt, die jeweils mit einem Natureingang beginnen. Dieser Natureingang besteht bei den Sommerliedern aus fröhlichen Klängen über den Sommerbeginn und das Blühen der Natur. ( Weiteres dazu : [[Natureingang und Symbolik in den Liedern Neidharts]] )
| | Beispiel Sommerlied 4 Strophe I |
|
| |
|
| Beispiel Sommerlied 4 Stoffe I
| |
| :{| | | :{| |
| | sî wir alle || Wir sind froh
| |
| |- | | |- |
| | frô mit schalle! || und jubeln!
| | ! Mittelhochdeutsch !! Übersetzung |
| |- | | |- |
| | sumer ist komen in diu lant. ||Sommer ist in das Land gekommen. | | | Heid, anger , walt in fröuden stât;|| Wiese, Anger und Wald stehen in Freude |
| | |- |
| | | diu hânt sich bereitet mir ir besten wât, || denn diese haben ihre besten Gewänder angezogen , |
| | |- |
| | | die in der meie hât gesant. || die ihnen der Mai gebracht hat. |
| | |- |
| | | sî wir alle || Wir alle sind froh |
| | |- |
| | | frô mit schalle! || und jubeln! |
| | |- |
| | | sumer ist komen in diu lant. || Sommer ist in das Land gekommen. |
| | |- |
| | | <br /> |
| |- | | |- |
| |} | | |} |
| | |
|
| |
|
| Der Wintereingang dagegen ist trist und beinhaltet Klagen über den vergangenen Sommer. Oft spricht der Sänger von der genommenen Freude bei Wintereinbruch. | | Der Wintereingang dagegen ist trist und beinhaltet Klagen über den vergangenen Sommer. Oft spricht der Sänger von der genommenen Freude bei Wintereinbruch. |
| Beispiel Winterlied 24 : | | Beispiel Winterlied 24 : |
|
| |
|
| :{| | | :{| |
Zeile 32: |
Zeile 47: |
| |- | | |- |
| |} | | |} |
| Doch eins haben beide Lieder gemeinsam. Bei beiden steht der Tanz und Feierei im Mittelpunkt. Im Sommer unter schönen Linden, während im Winter in den Stuben getanzt wird. Und das ist auch der Ort des ganzen Geschehens. Die Tänze sind nicht zur Unterhaltung gedacht, sondern eher zur sexuellen Kontaktaufnahme mit dem anderen Geschlecht<ref>Bennewitz, Ingrid: "Wie ihre Mütter?" Zur männlichen Inszenierung des weiblichen Streitgesprächs in Neidharts Sommerliedern. Stuttgart : Heinz, 1994, S. 181.</ref> | | Doch eins haben beide Lieder gemeinsam. Bei beiden steht der Tanz und Feierei im Mittelpunkt. Im Sommer unter schönen Linden, während im Winter in den Stuben getanzt wird. Und das ist auch der Ort des ganzen Geschehens. Die Tänze sind nicht zur Unterhaltung gedacht, sondern eher zur sexuellen Kontaktaufnahme mit dem anderen Geschlecht.<ref>Bennewitz, Ingrid: "Wie ihre Mütter?" Zur männlichen Inszenierung des weiblichen Streitgesprächs in Neidharts Sommerliedern. Stuttgart : Heinz, 1994, S. 181.</ref> |
|
| |
|
| = Die Rolle der Frau in Neidharts Winterliedern am Beispiel Winterlied 9 = | | =Die Rolle der Frau in Neidharts Winterliedern am Beispiel Winterlied 9= |
|
| |
|
| Winterlieder sind oft Monologlieder des Sänger- Ichs. Das Lied beginnt, wie gewohnt, mit einem klassischen winterlichen Natureingang . Hier werden die schweigenden Vögel und die schlafenden Blumen erwähnt, die Hinweise auf den vergangenen Sommer darstellen. Gleichzeitig spricht das Sänger-Ich von der unerwiderten Lieber seiner Angebeteten, was oft mit dem Ende des Sommers und des Winterbeginns verglichen wird. Doch der Sänger will nicht aufgeben und malt sich eine Zukunft mit ihr aus | | Winterlieder sind meist Monologlieder des Sänger- Ichs, in denen es oft zum Streit mit den ''dörpern'' führt. |
| | | Beispiel Winterlied 13 Strophe III |
| ''„Nu ist der kleinen vogelîne singen und der liehten bluomen schîn vil hast zergân. wolde ein wîp mir liebez ende bringen, mir waer, als ichs immer bêde solde hân, diu mich ir genâden ie verzêch von kindes beine; doch bit ich die guoten, dazs ir triuwe an mir erscheine, mînes herzen küneginne ich meine.''
| | :{| |
| | |- |
| | |Engelwân und Uoze || Engelwân und Uoze |
| | |- |
| | |die zwéne sint mír geház|| sind von mir beide gehasst. |
| | |- |
| | |(schaden unde nîdes muoz ich mich von in versehen)|| (vor ihrem Schaden und Neid muss ich mich in Acht nehmen) |
| | |- |
| | |und der geile Ruoze:|| und der übermütige Ruoze: |
| | |- |
| | |wie tíuwer er sich vermáz,|| wie sehr er sich rühmt, |
| | |- |
| | |der bestüende mich durch sî! die drîe widerwehen|| und dachte mich zu bekämpfen! Die drei Widersacher |
| | |- |
| | |râtent unde brüevent, daz ich âne lôn belîbe. || beraten und schreien untereinander , um mich um mein Lohn zu berauben. |
| | |- |
| | |niht envolge ir lêre, vrouwe, liebist aller wîbe! || Folge nicht ihrer Anweisung,Frau , Liebste aller Frauen! |
| | |- |
| | |lône mîner jâre; lâz in leit an mir geschehen! || Belohne meine Jahre; lass ihnen für mich Schlimmes widerfahren! |
| | |- |
| | |} |
|
| |
|
| Doch der Sänger will nicht aufgeben und malt sich eine Zukunft mit ihr aus. Der eigentliche Streitpunkt der beiden beginnt erst später, als dem Leser mitgeteilt wir, als ''„der getrat ich leider alsô nâhen, daz ich ûz ir hende ein glesin grüffel nam“.'' (Vers 3,4/Str.2) | | Seltener aber handelt es sich bei einem Winderlied um ein Dialoglied. Dies aber ist bei Winderlied 9 der Fall. In diesem Lied gibt es einen Konflikt zwischen dem Sänger-Ich und seiner Dame. |
| Er hat ihr ihren Griffel gestohlen, was man wörtlich oder auch metaphorisch verstehen kann.Der Raub eines Gegenstandes oder eine Phallusmethaphorik.( Vergleich [[Spiegelmotivik im Sommerlied 22 (Neidhart)]] Dies nimmt er als Pfand zu sich.
| | Es beginnt, wie gewohnt, mit einem klassischen winterlichen Natureingang . Hier werden die schweigenden Vögel und die schlafenden Blumen erwähnt, die Hinweise auf den vergangenen Sommer darstellen. Gleichzeitig spricht das Sänger-Ich von der unerwiderten Lieber seiner Angebeteten, was oft mit dem Ende des Sommers und des Beginns des Winter verglichen wird. Doch der Sänger will nicht aufgeben und malt sich eine Zukunft mit ihr aus.In diesem Lied ist das Hauptthema der Raub des Griffels der Dame. Dieser Griffel wurde ihr widerwillig entwendet und der Dieb nimmt diesen als Pfand zu sich. Dieses Griffel Symbol kann man wörtlich oder metaphorisch verstehen. Entweder es wurde ihr ein Gegenstand entwendet oder ihre Jungfräulichkeit geraubt. Weiteres dazu findet sich z.B. hier [[Spiegelmotivik im Sommerlied 22 (Neidhart)]] |
| Ab Strophe 3, Vers 3, beginnt der eigentliche Dialog:
| |
| Strophe 3, Vers 3-7:
| |
|
| |
|
| ''„sagt mir, liupper herre, dûhte ich iuch sô blas,
| | ....... |
| daz ir mir mîn grüffel nâmet unverdienter dinge?
| |
| Jâne will ich nimmer iuwern treieros gesingen
| |
| Noch nâch iu den reien niht enspringen“''
| |
|
| |
|
| Die Frau kommt zu Wort und spricht über den Griffel-Raub. Sie fühlt sich nicht wohl damit und bestraft ihn mit abwesender Aufmerksamkeit. Der Sänger möchte sie natürlich nicht verlieren und versucht sie zu beruhigen. Doch beide erwarten etwas anderes voneinander und der Streit geht weiter. Die Frau reagiert aber, wie wir es vom Minnesänger nicht gewöhnt sind, selbstbewusst und bestimmt.Sie betont auch, dass er kein Recht auf den Pfand hätte, der er erwähnte.
| |
| ''„Wâ gesâht ir ie wîp die man alsô gephenden? Jâ getrûwe ichz sust nâch mînem willen wol volenden.“/ nâch dem grüffelîne muose ich senden.“'' (Vers 5,6,7/ Str. IV)
| |
|
| |
|
|
| |
|
| | Die Frau kommt zu Wort und spricht über den Griffel-Raub. Sie fühlt sich nicht wohl damit und bestraft ihn mit abwesender Aufmerksamkeit. Der Sänger möchte sie natürlich nicht verlieren und versucht sie zu beruhigen. Doch beide erwarten etwas anderes voneinander und der Streit geht weiter. Die Frau reagiert aber, wie wir es vom Minnesänger nicht gewöhnt sind, selbstbewusst und bestimmt.Sie betont auch, dass er kein Recht auf den Pfand hätte, der er erwähnte. |
|
| |
|
| Neidharts Frauenbild in diesem Winterlied ist sehr modern. Sie wirken selbstbestimmt, sagen was sie denken und wie sie sich fühlen. Wird eine Frau enttäuscht oder nicht so behandelt wie sie es gerne hätte, scheut sie sich nicht zu zeigen und zu sagen dass sie das nicht gut findet, egal was die Gesellschaft sagt.
| | .... |
|
| |
|
|
| |
|
| | Obwohl der Sänger ein deutlich höheren sozialen Stand besitzt als die Dame, nimmt sie sich das Recht Selbstbestimmt zu agieren. Sie wirkt als moderne, mutige Frau. Bestätigt wird dies sogar vom Sänger-Ich selbst. |
|
| |
|
| = Die Rolle der Frau in Neidharts Sommerliedern =
| | ''„Ich gesach nie jungez wîp sô lôse, |
| Neidharts Sommerlieder zeigen mehrere Arten von Frauengesprächen auf. Diese werden nun folgend einzeln besprochen
| | diu ir lîp den mannen kunde baz versagen.“'' (Vers 1,2/Str.V) |
|
| |
|
| ==Mutter-Tochter Gespräche==
| | Siegfrieg Beyschlag übersetz diesen Vers wie folgt : |
| Mutter-Tochter Dialoge sind, wie der Name schon sagt, Gespräche zwischen Mutter und Tochter. In diesen findet meist eine Auseinandersetzung der beiden Frauen statt, in der die fürsorgliche Mutter ihre Tochter vor den Männern warnt. Die Mutter ist der Meinung, ihre Tochter sollte sich für Männer, mit dem gleichen Stand interessieren und nicht für einen Ritter. Doch auf den Rat der Mutter hört die Tochter nicht. Meistens droht die Mutter mit Gewalt und ihrer Autorität, wenn die Tochter nicht auf sie hört. Dies ist z.B. in den Sommerliedern 16,19 und 23 auch der Fall.
| |
| (Für weitere Informationen : [[Mutter-Tochter-Dialoge am Beispiel von Sommerlied 18 (Neidhart)]]
| |
|
| |
|
| Im Sommerlied 19 macht sich die Mutter nur Sorgen um ihre Tochter, während in anderen Lieder die Mutter sogar mit Gewalt droht und handgreiflich wird. Doch der Tochter ist jedes Mittel recht um am Ende nur zum Tanze zu kommen. Siegfried Beyschlag macht in seinen Handschriften "Die Lieder Neidharts"<ref>Beyschlag, Siegfried :Die Lieder Neidharts. Der Textbestand der Pergament-Handschriften und der Melodien. Hrsg. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1975, S. 560.</ref> klar, dass in den Sommerliedern Neidharts deutlich wird, dass die Rollenfunktionen so verkehrt wurden, sodass sie die Funktionen nicht mehr erfüllen können. Die Tochter darf nicht ohne Aufsicht zu einem Tanzabend, dass könnte ihr nämlich sogar die Jungfräulichkeit rauben, wenn sie nicht aufpasst.
| | ''„Noch nie erlebt’ ich junges Weib so schnippisch, die sich die Männer so vom Hals zu halten wußt’.“<ref>Beyschlag, Siegfried. „Die Lieder Neidharts. Der Textbestand der Pergament- Handschriften und die Melodien.“'' Darmstadt 1975 S.151</ref> |
| Die Druckmittel der Mutter sind meist nicht nachvollziehbare Argumente die sie mit jeglichen Druckmitteln , wie Gewalt oder Arbeit, noch einmal verstärkt.
| |
| Trotz allem ist die Tochter, in fast allen Lieder, der Mutter überlegen. Trotzdem vergessen beide eins, sie sind immer noch dem Vater unterlegen, der hier aber nie zu Wort kommt.<ref>Bennewitz, Ingrid: "Wie ihre Mütter?" Zur männlichen Inszenierung des weiblichen Streitgesprächs in Neidharts Sommerliedern. Stuttgart : Heinz, 1994, S. 192ff.</ref>
| |
|
| |
|
| Es gibt diese Mutter-Tochter Gespräche auch mit vertauschten Rollen. Hier spielt die Tochter die fürsorgliche Rolle, die sonst die Mutter übernimmt. Neidhart verwendet diesen Rollentausch in einigen Liedern wie z.B. im Sommerlied 1. Das Verhalten der Mutter entspricht hier einem liebeslustigen Mädchens die übermütig und naiv handelt.
| |
| Aber auf die Warnungen der Tochter hört die Mutter nicht. Sie rebelliert, wie es normalerweise ihre Tochter tun würde, und versucht durch Autorität zu überzeugen.
| |
|
| |
|
| „tohter lâ mich âne nôt!“ (Vers 3/Str. II)
| | ==Das Frauenbild in Neidharts Winterliedern== |
| | | Neidharts Frauenbild in diesem Winterlied ist sehr modern. Sie wirken selbstbestimmt, sagen was sie denken und wie sie sich fühlen. Wird eine Frau enttäuscht oder nicht so behandelt wie sie es gerne hätte, scheut sie sich nicht zu zeigen und zu sagen dass sie das nicht gut findet, egal was die Gesellschaft sagt. |
| Hier sieht man, dass nicht nur die Mädchen bei einem Tanz einen Ritter überzeugen wollen, sondern auch deren Mütter.
| |
| | |
| „wa umbe sollte ich hie bestân/ sît ich sô vil geverten hân?“ (Vers 4,5/ Str.III)
| |
| | |
| Ingrid Bennewitz versucht in ihrem Aufsatz , dieses Rollenverhalten mit Aussagen von Nancy Friday über die Strukturen von Mutter-Tochter zu vergleichen. Nach Nancy Friday waren viele neidisch auf ihre Freundinnen oder Töchter und darauf gab es zweierlei Verhaltensweisen. Entweder sie entzogen sich dem Wettbewerb, weil sie keine Chance sahen oder legten ein Konkurrenzverhalten auf.<ref>Bennewitz. S. 181</ref>
| |
| | |
| | |
| == Die Mutter== | |
| Nicht nur die angebeteten Mädchen stehen im Zentrum Neidharts, sondern auch ihre Mütter. Diese übernehmen ebenso die sommerliche Freude und fühlen sich auf einmal wieder jung und wollen mit zum Tanz. Sandra Linden stellt in ihrem Text "Die Lebenslustige Alte" <ref>Linden, Sandra: Die liebeslustige Alte. Ein Topos und seine Narrativierung im Minnesang. In: Elm/Fitzon/Liess/Linden 2009, S. 137–164.</ref>fest, dass die die Figur der Lebenslustigen Alten als Gegenfigur zur Tochter steht.
| |
| Lieder die diese Situation darstellen sind das Sommerlied 1,9 und 17.
| |
| Im Sommerlied 17 freut sich die Tochter auf einen bevorstehenden Tanz. Diese Freunde geht über auf die Mutter, die sich plötzlich wieder jung fühlt.
| |
| | |
| ''wan daz mînem hâre
| |
| die locke sint grîse:
| |
| die will ich bewinden mit sîden.
| |
| tohter, wâ ist mîn rîse?'''
| |
| (SL7 Stophe 6)
| |
| | |
| Sie will ihre Tochter zum Tanz begleiten, doch die Tochter übernimmt nun die fürsorgliche Rolle und will sie davon abhalten und rät ihr lieber zu Bett zu gehen. | |
| ''wer hât iuch beroubet
| |
| der sinne gar?
| |
| slâfe't!''
| |
| (SL 17 Strophe 6)
| |
| | |
| Doch die Mutter überredet sie schließlich und begleitet sie zu dem Tanz.
| |
| | |
| ''Wie si den strît liezen, will ich iu bescheiden:
| |
| daz magedîn begunde sîner muoter leiden.''
| |
| | |
| In diesem Lied merkt man sofort, dass die Rollen vertauscht wurden. Die Mutter wirkt ungeduldig und will umbedingt zum Tanz und die Tochter spielt hier die Rolle der Beschützerin und rät ihr davon ab.
| |
| | |
| Ebenso ist es in Sommerlied 9.
| |
| | |
| | |
| | |
| == Gespielinnen Lieder ==
| |
| | |
| In diesen Dialogen unterhalten sich zwei Freundinnen miteinander und reden meistens über gemeinsame Wünsche und Interessen, sowie ihr Vertrauen dem anderen gegenüber. Im Zentrum ihrer Gespräche steht natürlich ihre Werber. Ähnlich wie bei bei den Mutter- Tochter Gesprächen lassen sich die Frauen nicht auf einen Mann gleiches Standes ein, sondern auf einen Mann mit einem höheren Stand.
| |
| Das höfische, was sie vorgeben zu sein, verfliegt sofort bei einem Streit um einen Mann. (siehe Beispiel unten Sommerlied 20)
| |
| | |
| Ein Beispiel für ein Gespräch unter Freundinnen finden wir im Sommerlied 14. Dieses beginnt mit einem sommerlichen Natureingang .
| |
| | |
| ''„Ine gesach die heide
| |
| nie baz gestalt,
| |
| in liehter ougenweide
| |
| den grüenen walt“''
| |
| | |
| Der Sänger fordert die Mädchen auf, sich einen Partner für den nächsten Tanz zu suchen um den Sommer zu empfangen.
| |
| ''ir mägde, ir sult iuch zweien,
| |
| gein dirre liehten sumerzît in hôhem muote reien.''
| |
| Ab Strophe 4 kommt das erste Mädchen zu Wort und klagt über die Männer. Sie will sich nicht hübsch machen, um dann nicht umworben zu werden. Doch ihre Freundin ermutigt sie und weiß sicher, dass es jemanden gibt der sich für sie interessiert.
| |
| Hier unterstützen sich die Mädchen gegenseitig, so wie es in einer Freundschaft auch sein sollte.
| |
| Anders verhalten sich die befreundete Mädchen in Sommerlied 20. In diesem Lied erzählt eine der anderen von ihrem Verehrer, doch will seinen Namen nicht nennen. Das macht die andere Freundin sauer und es kommt zu einem Streit mit derber Wortwahl. Hier wird, wie schön erwähnt, die höfische Sprache total vergessen und sie verfallen in einen derben Streit.
| |
| | |
| ''Ich mac wol dîn ungevüege schelden:
| |
| dû muost immer wider mich sô gelfer worte enkelden.
| |
| wir hieten beide baz gedagt.
| |
| hiute sî dir widersagt
| |
| dienest unde triuwe!
| |
| dîn muot istiteniuwe.“' ( Stophe 7)
| |
| | |
| Nach diesem Streit entzweit die Freundschaft und die beiden sehen sich nie wieder. Man könnte sogar davon sprechen, dass ein Mann die Freundinnen entzweit. Es endet leider mit derben Beschimpfungen und dem Ende einer Freundschaft.
| |
| ''„si wurden beide ein ander gram.“'' (Strophe 8)
| |
| | |
| | |
| | |
| | |
| | |
| == Sänger - Mädchen Dialoge ==
| |
| | |
| Aber nicht nur Frauen reden bei Neidhart miteinander, so wie es bisher aufgezeigt wurde. Unterhaltungen zwischen einem Mädchen und einem Ritter findet man z.B. in den Sommerliedern 13, 22 und 24. Meist beginnen diese mit einem Selbstgespräch des Mädchens ,wie im Sommerlied 13. Sie beklagt sich über die Gesellschaft aber freut sich auf den bevorstehenden Tanz mit ihrem Angebeteten. ''“Worte des liebenden Mannes, Bekenntnis steter gegenseitiger Herzensverbundenheit, Leid des Getrenntseins und Beglückung im Wissen um vriunt und triuwe“'' zeichnet diese Gattung der Lieder Niedharts aus.<ref>Die Lieder Neidharts. Der Textbestand der Pergament-Handschriften und der Melodien. Hrsg. von Siegfried Beyschlag. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1975, S. 549.</ref>
| |
| So sehnt sich im Sommerlied 13 der Mann nach dem Mädchen und in Sommerlied 24 das Mädchen nach dem auf sie wartenden Mann.
| |
| In diesen Liedern wird die Freunde über das Zusammensein und die Liebe nicht verschwiegen , sondern frei raus geäußert, trotz dass die Gesellschaft sie nicht zusammen sehen will.
| |
| | |
| | |
| = Fazit =
| |
| Das typische Frauenbild des Mittelalters gilt hier nicht mehr. Bei Neidhart ändert sich aber das ganze und die Frau, die eigentlich begehrt wird, begehrt nun die Männer. ''„Sie erscheint in dieser Rolle nicht länger als passive Statue, sonder als aktive Handelnde, die von sexueller Lust getrieben zu sein scheint“''<ref>Manlîchiu wîp, wîplîch man Zur Konstruktion der Kategorien 'Körper' und 'Geschlecht' in der deutschen Literatur des Mittelalters. Hrsg. von Ingrid Bennewitz und Helmut Tervooren. Berlin: Erich Schmidt Verlag, 1999, S. 265.</ref>
| |
| Doch scheint es als würde ihr Trieb die Frauen bestimmen. Oft, vor allem während eines Streites, wird unhöfliche Sprache verwendet, was auf einen niedrigeren Stand hinweist. Das ist ein weiterer Hinweis auf den Rollentausch Neidharts. In seinen Liedern ist der Ritter der mit dem höheren Stand und nicht wie sonst die Dame.
| |
| | |
| Insgesamt darf man auch behaupten ,dass Neidhart ein modernes Frauenbild aufzeigt. Seine Frauenrollen sind sehr verschieden, sodass man annehmen kann, er habe sich viel mit den verschiedenen Seiten der Frauen beschäftigt damit er sie vielseitig darstellen kann.
| |
| | |
| | |
| = Literaturverzeichnis =
| |
| | |
| '''Primärliteratur'''
| |
| | |
| Die Lieder Neidharts. Hrsg. von Edmund Wießner, fortgeführt von Hanns Fischer. 5., verbesserte Auflage hrsg. von Paul Sappler. Mit einem Melodieanhang von Helmut Lommnitzer. Tübingen: Niemeyer 1999
| |
| | |
| | |
| '''Sekundärliteratur'''
| |
| | |
| BENNEWITZ, Ingrid: "Wie ihre Mütter"? : zur männlichen Inszenierung des weiblichen Streitgesprächs in Neidharts Sommerliedern. In: Sprachspiel und Lachkultur / hrsg. von Angela Bader 1994
| |
| | |
| BENNEWITZ, Ingrid : Manlîchiu wîp, wîplîch man Zur Konstruktion der Kategorien 'Körper' und 'Geschlecht' in der deutschen Literatur des Mittelalters. Hrsg. von Ingrid Bennewitz und Helmut Tervooren. Berlin: Erich Schmidt Verlag, 1999,
| |
| | |
| BEYSCHLAG, Siegfried. „Die Lieder Neidharts. Der Textbestand der Pergament- Handschriften und die Melodien.“ Darmstadt 1975
| |
| | |
| LINDEN, Sandra: Die liebeslustige Alte. Ein Topos und seine Narrativierung im Minnesang. In: Elm/Fitzon/Liess/Linden 2009,
| |
| | |
| LOLEIT, Simone : Zeit- und Alterstopik im MinnesangEine Untersuchung zu Liedern Walthers von der Vogelweide, Reinmars, Neidharts und Oswalds von Wolkenstein, 2018
| |
| | |
| SCHWEIKLE, Günther: Neidhart. Stuttgart 1990 (SM 253)
| |
|
| |
|
| = Kommentar =
| | Neidhart thematisiert aber nicht nur die Rolle der Frau als Geliebte. Im nächsten Abschnitt ,zum Thema Sommerlieder , werden weitere Rollen vorgestellt. |
in Bearbeitung
Die hohe Dame des Minnesangs - so lautet das gängige Handbuchwissen - zeichnet sich aus durch ihre Idealität und Unerreichbarkeit; sie gilt als der Inbegriff der Schönheit und Tugend, als erstrebenswertes Wunschobjekt des Sänger-Ichs in seiner Rolle als unermüdlich Werbender und im Glück seiner Werbung zugleich Leidender.
[1]
So beschreibt Edith Wenzel in ihrem Buch "Manlîchiu wîp, wîplîch man"das typische Frauenbild im Minnesang. Die Frau ist ein Wunschobjekt des Sängers, die sich meistens ohne zu Wort zu kommen, hingibt. Doch bei Neidhart ist das anders. Er lässt Frauen zu Wort kommen, Probleme austauschen und sogar miteinander streiten.
In diesem Artikel wird versucht auf die Frauenrollen in Neidharts Sommer und Winterliedern einzugehen und insbesondere zu untersuchen wann, wie und warum die Frauen hier zu Wort kommen.
Sommer und Winterlieder
Neidharts Lieder werden in Sommer und Winterlieder unterteilt, die jeweils mit einem Natureingang beginnen. Dieser Natureingang besteht bei den Sommerliedern aus fröhlichen Klängen über den Sommerbeginn und das Blühen der Natur. Weiteres dazu : Natureingang und Symbolik in den Liedern Neidharts
Beispiel Sommerlied 4 Strophe I
Mittelhochdeutsch |
Übersetzung
|
Heid, anger , walt in fröuden stât; |
Wiese, Anger und Wald stehen in Freude
|
diu hânt sich bereitet mir ir besten wât, |
denn diese haben ihre besten Gewänder angezogen ,
|
die in der meie hât gesant. |
die ihnen der Mai gebracht hat.
|
sî wir alle |
Wir alle sind froh
|
frô mit schalle! |
und jubeln!
|
sumer ist komen in diu lant. |
Sommer ist in das Land gekommen.
|
|
Der Wintereingang dagegen ist trist und beinhaltet Klagen über den vergangenen Sommer. Oft spricht der Sänger von der genommenen Freude bei Wintereinbruch.
Beispiel Winterlied 24 :
Summer, dîner süezen weter |
Sommer, auf dein schönes Wetter
|
müezen wir uns ânen: |
müssen wir verzichten:
|
dirre kalte winder trûren unde senen gît. |
dieser kalte Winter erweckt Trauer und Sehnsuchtsschmerz.
|
Doch eins haben beide Lieder gemeinsam. Bei beiden steht der Tanz und Feierei im Mittelpunkt. Im Sommer unter schönen Linden, während im Winter in den Stuben getanzt wird. Und das ist auch der Ort des ganzen Geschehens. Die Tänze sind nicht zur Unterhaltung gedacht, sondern eher zur sexuellen Kontaktaufnahme mit dem anderen Geschlecht.[2]
Die Rolle der Frau in Neidharts Winterliedern am Beispiel Winterlied 9
Winterlieder sind meist Monologlieder des Sänger- Ichs, in denen es oft zum Streit mit den dörpern führt.
Beispiel Winterlied 13 Strophe III
Engelwân und Uoze |
Engelwân und Uoze
|
die zwéne sint mír geház |
sind von mir beide gehasst.
|
(schaden unde nîdes muoz ich mich von in versehen) |
(vor ihrem Schaden und Neid muss ich mich in Acht nehmen)
|
und der geile Ruoze: |
und der übermütige Ruoze:
|
wie tíuwer er sich vermáz, |
wie sehr er sich rühmt,
|
der bestüende mich durch sî! die drîe widerwehen |
und dachte mich zu bekämpfen! Die drei Widersacher
|
râtent unde brüevent, daz ich âne lôn belîbe. |
beraten und schreien untereinander , um mich um mein Lohn zu berauben.
|
niht envolge ir lêre, vrouwe, liebist aller wîbe! |
Folge nicht ihrer Anweisung,Frau , Liebste aller Frauen!
|
lône mîner jâre; lâz in leit an mir geschehen! |
Belohne meine Jahre; lass ihnen für mich Schlimmes widerfahren!
|
Seltener aber handelt es sich bei einem Winderlied um ein Dialoglied. Dies aber ist bei Winderlied 9 der Fall. In diesem Lied gibt es einen Konflikt zwischen dem Sänger-Ich und seiner Dame.
Es beginnt, wie gewohnt, mit einem klassischen winterlichen Natureingang . Hier werden die schweigenden Vögel und die schlafenden Blumen erwähnt, die Hinweise auf den vergangenen Sommer darstellen. Gleichzeitig spricht das Sänger-Ich von der unerwiderten Lieber seiner Angebeteten, was oft mit dem Ende des Sommers und des Beginns des Winter verglichen wird. Doch der Sänger will nicht aufgeben und malt sich eine Zukunft mit ihr aus.In diesem Lied ist das Hauptthema der Raub des Griffels der Dame. Dieser Griffel wurde ihr widerwillig entwendet und der Dieb nimmt diesen als Pfand zu sich. Dieses Griffel Symbol kann man wörtlich oder metaphorisch verstehen. Entweder es wurde ihr ein Gegenstand entwendet oder ihre Jungfräulichkeit geraubt. Weiteres dazu findet sich z.B. hier Spiegelmotivik im Sommerlied 22 (Neidhart)
.......
Die Frau kommt zu Wort und spricht über den Griffel-Raub. Sie fühlt sich nicht wohl damit und bestraft ihn mit abwesender Aufmerksamkeit. Der Sänger möchte sie natürlich nicht verlieren und versucht sie zu beruhigen. Doch beide erwarten etwas anderes voneinander und der Streit geht weiter. Die Frau reagiert aber, wie wir es vom Minnesänger nicht gewöhnt sind, selbstbewusst und bestimmt.Sie betont auch, dass er kein Recht auf den Pfand hätte, der er erwähnte.
....
Obwohl der Sänger ein deutlich höheren sozialen Stand besitzt als die Dame, nimmt sie sich das Recht Selbstbestimmt zu agieren. Sie wirkt als moderne, mutige Frau. Bestätigt wird dies sogar vom Sänger-Ich selbst.
„Ich gesach nie jungez wîp sô lôse,
diu ir lîp den mannen kunde baz versagen.“ (Vers 1,2/Str.V)
Siegfrieg Beyschlag übersetz diesen Vers wie folgt :
„Noch nie erlebt’ ich junges Weib so schnippisch, die sich die Männer so vom Hals zu halten wußt’.“[3]
Das Frauenbild in Neidharts Winterliedern
Neidharts Frauenbild in diesem Winterlied ist sehr modern. Sie wirken selbstbestimmt, sagen was sie denken und wie sie sich fühlen. Wird eine Frau enttäuscht oder nicht so behandelt wie sie es gerne hätte, scheut sie sich nicht zu zeigen und zu sagen dass sie das nicht gut findet, egal was die Gesellschaft sagt.
Neidhart thematisiert aber nicht nur die Rolle der Frau als Geliebte. Im nächsten Abschnitt ,zum Thema Sommerlieder , werden weitere Rollen vorgestellt.
- ↑ Manlîchiu wîp, wîplîch man Zur Konstruktion der Kategorien 'Körper' und 'Geschlecht' in der deutschen Literatur des Mittelalters. Hrsg. von Ingrid Bennewitz und Helmut Tervooren. Berlin: Erich Schmidt Verlag, 1999, S. 264.
- ↑ Bennewitz, Ingrid: "Wie ihre Mütter?" Zur männlichen Inszenierung des weiblichen Streitgesprächs in Neidharts Sommerliedern. Stuttgart : Heinz, 1994, S. 181.
- ↑ Beyschlag, Siegfried. „Die Lieder Neidharts. Der Textbestand der Pergament- Handschriften und die Melodien.“ Darmstadt 1975 S.151