Die Inszenierung des Spotts in Neidharts Sommerliedern: Unterschied zwischen den Versionen

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====Strophe IV====
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| Der muoter der wart leit, || Die Mutter war es leid,  
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| jâne wil ich nimmer widerkêren, || Ja, ich will niemals wieder zurückkommen,
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| er muoz mich sîne geile sprünge lêren." || er muss mir seine wilden Sprüngen beibringen."  
| er muoz mich sîne geile sprünge lêren." || er muss mir seine wilden Sprüngen beibringen."
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====Strophe V====
====Strophe V====

Version vom 29. September 2021, 20:58 Uhr

Im Rahmen dieses Artikels soll die Frage beantwortet werden, wie der Spott in Neidharts Sommer- und Winterliedern inszeniert wird und welche Funktion er innerhalb der Diegese hat.
Hierzu soll zunächst der Spottbegriff mithilfe des Aufsatzes Neidhart als Spötter – Spott bei Neidhart von Seraina Plotke definiert werden. Des Weiteren soll anhand ihrer zwei gewählten Beispiele gezeigt werden, wie sie die Inszenierung des Spottes bei Neidhart beschreibt, um dies in einem nächsten Schritt auf ausgewählte Lieder anzuwenden und mithilfe einer sprachlichen, strukturellen und inhaltlichen Analyse zu erweitern.
Folglich soll mit dieser Analyse gezeigt werden, wer in den Liedern der Spottende und wer der Verspottete ist und wie sich diese Relation bei näherer Betrachtung und unter Einbezug der Aufführungssituation umkehren kann.
Das was in den jeweiligen Kapiteln zum Spott in den Sommerliedern und Winterlie-dern behandelt werden soll, steht aus Gründen der Übersichtlichkeit beim jeweiligen Kapitel.

Spott bei Seraina Plotke

Seraina Plotke behandelt in ihrem Aufsatz Neidhart als Spötter – Spott bei Neidhart die Ebenen des Spottes in den Liedern Neidharts. Diese Ebenen sind zum einen die textinterne dialogische Handlungsdramatik und die narrativ-monologische Vortragsdramatik und zum anderen die externe Ebene der Aufführungssituation [Plotke 2010: 25-26]. Diese sollen in diesem Kapitel des Artikels erklärt und mit dem Spottbegriff Plotkes ins Verhältnis gesetzt werden.

Definition des Spottbegriffs im Kontext einer szenischen Konstellation

Plotke beschreibt den Spott als einen Relationsbegriff, weil er immer eine spottende und eine verspottete Instanz voraussetzt. Ohne dieses Verhältnis kann es nach Plotke zu keinem Spott kommen, da er sich immer auf ein Objekt beziehen müsse. Dennoch hebt sie hervor, dass der Spott keinen Rezipienten außerhalb der genannten Relation braucht, weil er sich durch die Beziehung eines Subjekts zu einem Objekt konstituiert, indem der Spottende Merkmale und Eigenschaften des Verspotteten, die negativ konnotiert sind, hervorhebt. Somit beinhalte der Spott immer ein expositorisches Element, da die Merkmale und Eigenschaften präsentiert und artikuliert werden. [Plotke 2010: 23-24]
Diese Artikulation des Spottenden beinhaltet „eine scherzende oder scharf-verletzende Herabsetzung des verspotteten Objekts“[Plotke 2010: 23], was beispielsweise durch die verächtliche Nachahmung körperlicher Attribute seitens des Spottenden gezeigt werden kann. Darüber hinaus muss der Spottende nach Plotke beim Verweis auf ein Objekt mithilfe der Verwendung von Hyperbeln eine Distanz zu ihm aufbauen. Dies bedeutet, dass der Spottende „Eigenschaften übertrieben wiedergibt und karikiert und sich damit vom Nachgeahmten absetzt.“[Plotke 2010: 24]. [Plotke 2010: 24]
Diese Herabsetzung des verspotteten Objekts durch die negative Bewertung seiner Merkmale und Eigenschaften führe aber zu einer Selbsterhebung des Spottenden, wodurch er „riskiert, mitverächtlich zu werden, da die Gefahr groß ist, im Akt des Spottens und der Selbsterhebung ebenfalls mit den betreffenden Normen zu brechen.“[Plotke 2010: 24] Somit kann der Spottende selbst zu einem Objekt des Spottes werden. Folglich setzt sich der Spott nach Plotke aus der Darstellung des Spottobjekts und der Distanzierung zu ihm zusammen.[Plotke 2010: 24]
Aus diesem Grund ist Plotke der Meinung, dass Gattungen, die eine szenische Konstellation voraussetzen, für die Darstellung des Spottes geeignet sind. Hierzu gehöre der Minnesang, da er sowohl szenisches Potenzial als auch dramatische Elemente enthält, da sich ein Sänger vor einem Publikum inszeniert und die Lieder Neidharts zudem häufig Dialoge enthalten, die als dramatisches Element angesehen werden können. Demzufolge enthalten seine Lieder eine dialogische Handlungsdramatik und eine narrativ-monologische Vortragsdramatik, da der Sänger seinen „Spott als Sprechakt vollzieht“[Plotke 2010: 25].[Plotke 2010: 25] Diese Ebenen werden als interner Sprechakt bezeichnet. [Plotke 2010: 26]
Im Gegensatz dazu bezeichnet Plotke die Aufführungssituation, die bei Gattungen mit einer szenischen Konstellation mitgedacht werden muss, als externen Sprechakt, da die Lieder der Aufführungspraxis vor einem Publikum dienten. Aus diesem Grund nennt Plotke die „Spottszenen im Minnesang immer doppelschichtig“[Plotke 2010: 26].[Plotke 2010:26] Diese Aussage soll im Folgenden anhand ihrer Beschreibung des SL 18 und des WL 27 erklärt werden. Hierfür wird Plotkes Analyse lediglich kurz zusammengefasst.

Ebenen des Spotts im Sommerlied 18

Plotke beschreibt die Inszenierung des Spottes auf der Ebene der dialogischen Handlungsdramatik in den Sommerliedern anhand von SL 18. Bei diesem handelt es sich um ein Mutter-Tochter-Gespräch, in dem der Sänger nicht als Figur szenisch auftritt, sondern nur von der Mutter und der Tochter beschrieben wird. [Plotke 2010: 27]
Die Tochter preist den sogenannten Riuwental, der ihr Geschenke macht, an und leugnet die Perspektive der Mutter, die nicht begeistert von den Handlungen der Tochter ist und ihr ihr Verhalten vor Augen hält. Somit verspotten sie sich nach Plotke auf der Ebene der dialogischen Handlungsdramatik gegenseitig und das „Lied steht im Zeichen des spöttischen Dialogs“[Plotke 2010: 28] . Des Weiteren wird auch der Sänger Riuwental von der Mutter verspottet, da sie sein schlechtes Verhalten gegenüber Frauen darstellt, indem sie auf das Ereignis mit Jiute referiert. Da die Tochter ihrer Meinung nach auf den Sänger hereinfällt, gibt sie sie nach Plotke der Lächerlichkeit preis. Die Tochter dagegen stellt ihre „Mutter als überängstliche Behüterin dar"[Plotke 2010: 29]. [Plotke 2010: 27-29]
Plotke betrachtet neben dieser internen Sprechsituation auch die externe Sprechsituation. Bei dieser handelt es sich um die Aufführungssituation. Im Zusammenhang mit der internen Sprechsituation wird die Spottszene des Liedes durch die externe Sprechsituation doppelschichtig.[Plotke 2010: 27]
Auf der Ebene der Aufführungspraxis machen sich gemäß Plotke sowohl Mutter als auch Tochter mit ihren eigenen Aussagen lächerlich. Zudem erscheint der Sänger auf dieser Ebene stärker karikiert, da sich das Publikum durch die Aussagen der Mutter und der Tochter ein eigenes Bild von ihm machen kann, in dem er als „verächtliche Sänger-Figur“[Plotke 2010:29] erscheint.[Plotke 2010: 29]

Ebenen des Spotts im Winterlied 27

Laut Plotke steht in den Winterliedern eine andere Ebene im Vordergrund als in den vom Dialog geprägten Sommerliedern. Die Winterlieder behandeln die Inszenierung eines Sänger-Ichs, das in einigen Winterliedern über sein erfolgloses Werben klagt. Dieses wird häufig in Form eines Monologs wiedergegeben, wodurch es sich bei den Winterliedern häufig um die narrativ-monologische Vortragsdramatik handelt, die Plotke anhand des WL 27 erklärt. [Plotke 2010: 30]
In diesem Winterlied äußert sich der Sänger auf der Ebene der Vortragsdramatik spottend über seine Konkurrenten, die ebenfalls Interesse an einer vrouwe haben. Demnach inszeniert er sich aus der Distanz als Richter, der Urteile über seine Konkurrenten fällt und erhebt sich somit selbst, indem er ihre negativen Eigenschaften hervorhebt. [Plotke 2010: 32]
Auf der Ebene der Vortragssituation ändert sich die Spottszene in Bezug auf die Verteilung der Rolle des Spottenden und des Verspotteten. Denn der Sänger selbst wird auf dieser Ebene zum Spottobjekt, weil er sich über seine Konkurrenten erhebt, obwohl er selbst nicht von seiner Geliebten erhört wird. Des Weiteren wird deutlich, dass der Sänger mit den kulturellen Normen der höfischen Gesellschaft bricht, da mit der ländlichen Bevölkerung außerhalb der höfischen Kultur interagiert, obwohl er sich selbst des höfischen Sangs bedient. [Plotke 2010: 32-34]
Darüber hinaus ist Plotke der Meinung, dass die ergänzenden Trutzstrophen, die im Verlauf des Artikels näher betrachtet werden sollen, die Verspottung des Sängers nochmals verdeutlichen, da sie von dem störenden Verhalten und Singen des Sängers handeln. Folglich äußern sich sowohl der Spottende als auch das Spottobjekt verächtlich über den jeweils anderen. [Plotke 2010: 32-33]

Spott in Neidharts Sommerliedern

Gattungskonstitutive Merkmale

Übersetzung von SL 18

Strophe I

Mittelhochdeutsch Übersetzung
"Uns wil ein sumer komen", "Der Sommer wird bald kommen",
sprach ein magt: "jâ hân ich den von Riuwental vernomen. sprach ein Mädchen: "Ja, das habe ich von Reuental gehört.
jâ wil ich in loben. Ja, ich will ihn lobenpreisen.
mîn herze spilt gein im vor vreuden, als ez welle toben. Mein Herz springt ihm so vor Freunde entgegen, als ob es toben wollen würde.
ich hœr in dort singen vor den kinden. Ich höre ihn dort vor den Kindern singen.
jâne wil ich nimmer des erwinden, Damit will ich nicht mehr aufhören,
ich springe an sîner hende zuo der linden." ich springe an seiner Hand zu den Linden."

Strophe II

Diu muoter rief ir nâch; Die Mutter rief ihr hinterher;
sî sprach : "tohter, volge mir, niht lâ dir wesen gâch! Sie sprach: "Tochter, höre mich an, handle nicht so voreilig!"
weistû, wie geschach Weißt du, was
dîner spielen Jiuten vert, alsam ir eide jach? sowohl deiner tanzenden Jiuten als auch ihrer Mutter letztes Jahr widerfahren ist?
der wuohs von sînem reien ûf ir wempel, Der wuchs durch seine Reientänze der Bauch (sie wurde schwanger)
und gewan ein kint, daz hiez si lempel: und sie bekam ein Kind, das sie Lempel nannte:
alsô lêrte er sî den gimpelgempel." So lehrte er sie den Gimpelgempel (Tanz)."

Strophe III

"Muoter, lât iz sîn! "Mutter, lass das sein!
er sante mir ein rôsenschapel, daz het liehten schîn, Er schickte mir einen Rosenkranz, der einen leuchtenden Schein
ûf daz houbet mîn, auf meinem Kopf hat,
und zwêne rôten golzen brâhte er her mir über Rîn: und zwei rote Strümpfe brachte er mir über den Rhein:
die trag ich noch hiwer an mînem beine. die trage ich noch heute an meinen Beinen.
des er mich bat, daz weiz ich niewam eine. Um was er mich bat, das weiß nur ich allein.
jâ volge ich iuwer ræte harte kleine." Ja, deshalb werde ich eurem Rate überhaupt nicht folgen!

Strophe IV

Der muoter der wart leit, Die Mutter war es leid,
daz diu tohter niht enhôrte, daz si ir vor geseit; dass ihre Tochter nicht darauf hörte, was sie ihr zuvor gesagt hatte;
iz sprach diu stolze meit: Da sprach das stolze Mädchen:
"ich hân im gelobt: des hât er mîne sicherheit. "Ich habe es ihm versprochen: daher hat er mein Wort.
waz verliuse ich dâ mit mîner êren? Warum sollte ich damit meine Ehre verlieren?
jâne wil ich nimmer widerkêren, Ja, ich will niemals wieder zurückkommen,
er muoz mich sîne geile sprünge lêren." er muss mir seine wilden Sprüngen beibringen."

Strophe V

Diu muoter sprach: "wol hin! Die Mutter sprach: "Dann geh!
verstû übel oder wol, sich, daz ist dîn gewin: dir wird es wohl oder übel ergehen, aber das ist dein Lohn/deine Angelegenheit:
dû hâst niht guoten sin. Du hast keine gute Wahrnehmung.
wil dû mit im gein Riuwental dâ bringet er dich hin: So wirst du mit ihm ins Reuental gehen, denn da bringt er dich hin:
alsô kan sîn treiros dich verkoufen. So kann seine Melodie dich verkaufen.
er beginnt dich slahen, stôzen, roufen Er beginnt dich zu schlagen, zu stoßen und zu verprügeln
und müezen doch zwô wigen bî dir loufen." und es müssen doch zwei Wiegen bei dir laufen/in Verwendung sein."

Die Rolle der Mutter und der Tochter

Die Rolle des Sängers und des Ritters

Zwischenbemerkung

Spott in Neidharts Winterliedern

Schlussbemerkung

Literaturverzeichnis

Primärliteratur

Sekundärliteratur <HarvardReferences /> [*Plotke 2010] Plotke, Seraina: Neidhart als Spötter – Spott bei Neidhart, in: Mitteilungen des Deutschen Germanistenverbandes 57/1 (2010), S. 23.

Nachschlagewerte