Konstruktion der Tierfiguren (Reinhart Fuchs): Unterschied zwischen den Versionen
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Der ''Reinhart Fuchs'' erzählt eine lange Literatur von Textgattungen fort, die Fragen menschlicher Moral und Gesellschaft im Spiegel von Tierfiguren verhandeln (Fabel, Tierepos, Physiologus u.a.m.). Diese Reflexionsbeziehung erweist sich bei näherem Blick als diffiziler, als sie zunächst scheint: | Der ''Reinhart Fuchs'' erzählt eine lange Literatur von Textgattungen fort, die Fragen menschlicher Moral und Gesellschaft im Spiegel von Tierfiguren verhandeln (Fabel, Tierepos, Physiologus u.a.m.). Diese Reflexionsbeziehung erweist sich bei näherem Blick als diffiziler, als sie zunächst scheint: | ||
* Wozu von Tieren erzählen, wenn Menschliches gemeint ist? | * Wozu von Tieren erzählen, wenn Menschliches gemeint ist? | ||
- als Deckmantel zur Kritik (Bsp. Löwe) | |||
- erleichtert Negativzuschreibungen | |||
- Komisierung i.S. von Verzerrung / Überzeichnung | |||
- Ungleichheit naturalisieren | |||
- Fabeltradition: verstärkt Typisierung (Erzählung + Deutung), lange Erzähltradition | |||
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* Welcher Art ist die Relation von Menschlichem und Tierischem genau? | * Welcher Art ist die Relation von Menschlichem und Tierischem genau? | ||
* Wo verläuft die Grenze, bleibt sie innerhalb eines Textes konstant gewahrt und reproduziert? | * Wo verläuft die Grenze, bleibt sie innerhalb eines Textes konstant gewahrt und reproduziert? | ||
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Nicht nur die historischen Erzähltraditionen der Tierepik als Textgegenstand sondern auch moderne Theorieansätze der Animal Studies können dazu Denkanstöße liefern: | Nicht nur die historischen Erzähltraditionen der Tierepik als Textgegenstand sondern auch moderne Theorieansätze der Animal Studies können dazu Denkanstöße liefern: | ||
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* '''"Hier kommt der Begriff des Anthropomorphismus […] zum Tragen, womit die Übertragung von menschlichen Eigenschaften auf Tiere […] gemeint ist."''' [Kompatscher-Gufler u.a. 2017: 36] | * '''"Hier kommt der Begriff des Anthropomorphismus […] zum Tragen, womit die Übertragung von menschlichen Eigenschaften auf Tiere […] gemeint ist."''' [Kompatscher-Gufler u.a. 2017: 36] | ||
* '''"(...) Indem wir Tieren zu einem gewissen Grad an menschlichen Emotionen, Motive und Intentionen zusprechen, können wir Analogien ziehen und auf diese Weise einen Einblick in ihre Welt und ihr Erleben erhalten."''' (2x) | * '''"(...) Indem wir Tieren zu einem gewissen Grad an menschlichen Emotionen, Motive und Intentionen zusprechen, können wir Analogien ziehen und auf diese Weise einen Einblick in ihre Welt und ihr Erleben erhalten."''' (2x) | ||
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* "Die Kriterien für die Abgrenzung waren Vernunft, Sprachvermögen, teils auch Moral und Rechtsfähigkeit." "Je mehr Vernunft ein Lebewesen besitzt, desto mehr ist es wert." [Kompatscher-Gufler u.a. 2017: 32f.] | * "Die Kriterien für die Abgrenzung waren Vernunft, Sprachvermögen, teils auch Moral und Rechtsfähigkeit." "Je mehr Vernunft ein Lebewesen besitzt, desto mehr ist es wert." [Kompatscher-Gufler u.a. 2017: 32f.] | ||
* "Es gibt also folgende zwei Ansätze: den Gleichheitssatz (wenn Tiere bezüglich bestimmter moralisch relevanter Eigenschaften uns gleichen, müssen sie geschützt werden [Egalitarismus]) und einen differenzorientierten Ansatz (Tiere sind anders als wir, aber trotzdem müssen sie geschützt werden)“ | * "Es gibt also folgende zwei Ansätze: den Gleichheitssatz (wenn Tiere bezüglich bestimmter moralisch relevanter Eigenschaften uns gleichen, müssen sie geschützt werden [Egalitarismus]) und einen differenzorientierten Ansatz (Tiere sind anders als wir, aber trotzdem müssen sie geschützt werden)“ | ||
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Diskussionsfrage zum Reinhart Fuchs: Sind Tierfiguren tendenziell als menschliche Identifikationsfiguren oder Abgrenzungsfiguren entworfen? Sind die tierische Protagonisten verkappte Menschen oder Tiere? | |||
* Darstellung von Instinkthandeln: Triebe und Gelüste bringen Tiere zu Fall | |||
* Zuschreibung von menschlichen Eigenschaften: z.B. Arroganz (), Machtstreben und Egoismus (Löwe), Klugheit (Reinhart), Begehren (), Gerechtigkeitssinn (Kamel, Elefant), Opportunismus (Ameisenherr) | |||
* soziale Ausgleichshandlungen: Rache und Vergeltung, | |||
* soziale Normdiskurse: 'triuwe' als Leitwert | |||
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Identifikationsfiguren: | Identifikationsfiguren: | ||
* zugeschriebene Motive sind spezifisch menschlich: Treue, Habgier, Religiosität | * zugeschriebene Motive sind spezifisch menschlich: Treue, Habgier, Religiosität | ||
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* Opposition von Mensch und Tier intradiegetisch vorhanden (Differenz im Text) | * Opposition von Mensch und Tier intradiegetisch vorhanden (Differenz im Text) | ||
* naive Tiere (fehlendes Lernen) | * naive Tiere (fehlendes Lernen) | ||
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=Literaturverzeichnis= | |||
[*Kompatscher-Gufler u.a. 2017] | [*Kompatscher-Gufler u.a. 2017] | ||
Gabriela Kompatscher, Reingard Spannring, Karin Schachinger: Human-animal studies. Eine Einführung für Studierende und Lehrende. Mit Beiträgen von Reinhard Heuberger und Reinhard Margreiter, Münster/New York 2017. | Gabriela Kompatscher, Reingard Spannring, Karin Schachinger: Human-animal studies. Eine Einführung für Studierende und Lehrende. Mit Beiträgen von Reinhard Heuberger und Reinhard Margreiter, Münster/New York 2017. |
Aktuelle Version vom 1. Mai 2024, 18:59 Uhr
Der Reinhart Fuchs erzählt eine lange Literatur von Textgattungen fort, die Fragen menschlicher Moral und Gesellschaft im Spiegel von Tierfiguren verhandeln (Fabel, Tierepos, Physiologus u.a.m.). Diese Reflexionsbeziehung erweist sich bei näherem Blick als diffiziler, als sie zunächst scheint:
- Wozu von Tieren erzählen, wenn Menschliches gemeint ist?
- als Deckmantel zur Kritik (Bsp. Löwe) - erleichtert Negativzuschreibungen - Komisierung i.S. von Verzerrung / Überzeichnung - Ungleichheit naturalisieren - Fabeltradition: verstärkt Typisierung (Erzählung + Deutung), lange Erzähltradition -
- Welcher Art ist die Relation von Menschlichem und Tierischem genau?
- Wo verläuft die Grenze, bleibt sie innerhalb eines Textes konstant gewahrt und reproduziert?
- Wo wird sie überschritten? Und welche Funktion haben solche Überschreitungen und Transformationen?
Nicht nur die historischen Erzähltraditionen der Tierepik als Textgegenstand sondern auch moderne Theorieansätze der Animal Studies können dazu Denkanstöße liefern:
Diskussionsfrage zum Reinhart Fuchs: Sind Tierfiguren tendenziell als menschliche Identifikationsfiguren oder Abgrenzungsfiguren entworfen? Sind die tierische Protagonisten verkappte Menschen oder Tiere?
- Darstellung von Instinkthandeln: Triebe und Gelüste bringen Tiere zu Fall
- Zuschreibung von menschlichen Eigenschaften: z.B. Arroganz (), Machtstreben und Egoismus (Löwe), Klugheit (Reinhart), Begehren (), Gerechtigkeitssinn (Kamel, Elefant), Opportunismus (Ameisenherr)
- soziale Ausgleichshandlungen: Rache und Vergeltung,
- soziale Normdiskurse: 'triuwe' als Leitwert
Literaturverzeichnis
[*Kompatscher-Gufler u.a. 2017] Gabriela Kompatscher, Reingard Spannring, Karin Schachinger: Human-animal studies. Eine Einführung für Studierende und Lehrende. Mit Beiträgen von Reinhard Heuberger und Reinhard Margreiter, Münster/New York 2017.