Benutzer:Felix H.: Unterschied zwischen den Versionen
Zur Navigation springen
Zur Suche springen
(53 dazwischenliegende Versionen desselben Benutzers werden nicht angezeigt) | |||
Zeile 545: | Zeile 545: | ||
| Dô kam schiere ein geteline geloufen von dem strîte: || Da kam bald ein Bursche von dem Streit herbeigerannt; | | Dô kam schiere ein geteline geloufen von dem strîte: || Da kam bald ein Bursche von dem Streit herbeigerannt; | ||
|- | |- | ||
| den frâgt ich der maere. "Willeher mit ellen streit. || den fragte ich nach der Geschichte. „Willeher streitet mit | | den frâgt ich der maere. "Willeher mit ellen streit. || den fragte ich nach der Geschichte. „Willeher streitet mit Kraft. | ||
|- | |- | ||
| Hildeboltes schapperûn der ist zerzerret wîte || Hildebolts Mantel ist überall zerissen | | Hildeboltes schapperûn der ist zerzerret wîte || Hildebolts Mantel ist überall zerissen | ||
Zeile 607: | Zeile 607: | ||
| hie ze Medelicke bin ich immer âne ir aller danc. || Hier in Medelicke bin ich immer ohne ihr aller Dank. | | hie ze Medelicke bin ich immer âne ir aller danc. || Hier in Medelicke bin ich immer ohne ihr aller Dank. | ||
|- | |- | ||
| mir ist leit, daz ich von Eppen und von Gumpen ie ze Riuwental sô vil gesanc. || | | mir ist leit, daz ich von Eppen und von Gumpen ie ze Riuwental sô vil gesanc. || Ich bin traurig, dass ich so viel von Eppen und von Gumpen von jeher beim Reuental gesungen habe. | ||
|} | |} | ||
Zeile 615: | Zeile 615: | ||
| IXa | | IXa | ||
|- | |- | ||
| Her Nîthart hât uns hie verlâzen als diu krâ den stecken, || | | Her Nîthart hât uns hie verlâzen als diu krâ den stecken, || Herr Neidhart hat uns hier verlassen wie die Krähe den Stock, | ||
|- | |- | ||
| diu dâ hinne fliuget unde sitzet ûf ein sât. || | | diu dâ hinne fliuget unde sitzet ûf ein sât. || die dort fortfliegen und auf ein Saatfeld sitzen. | ||
|- | |- | ||
| ez sol ein man mit fremden frouwen niht ze vil gezecken, || | | ez sol ein man mit fremden frouwen niht ze vil gezecken, || Es soll ein Mann nicht zu viel Scherz treiben mit fremden Frauen, | ||
|- | |- | ||
| der der wâren schulde an sîner keine vunden hât. || | | der der wâren schulde an sîner keine vunden hât. || der keine wahre Schuld bei sich gefunden hat. | ||
|- | |- | ||
| er niez sîn tegelîche spîse (der hât er dâ heime genouc), || | | er niez sîn tegelîche spîse (der hât er dâ heime genouc), || Er genießt seine tägliche Speise (davon hat er zuhause genug), | ||
|- | |- | ||
| lâz Hildebolten mit gemache! ez was ein eichel, die er bî im in dem biutel truoc. || | | lâz Hildebolten mit gemache! ez was ein eichel, die er bî im in dem biutel truoc. || lass Hildebolt mitmachen! Es war eine Eichel, die er bei sich im Beutel trug. | ||
|} | |} | ||
Zeile 633: | Zeile 633: | ||
| X | | X | ||
|- | |- | ||
| Rädelohte sporen treit mir Fridepreht ze leide, || | | Rädelohte sporen treit mir Fridepreht ze leide, || Runde Sporen führt Friedepreht zu meinem Leid, | ||
|- | |- | ||
| niuwen vezzel hât er baz dan zweier hende breit. || | | niuwen vezzel hât er baz dan zweier hende breit. || er hat einen neuen Schwertgurt, mehr als zwei Hände breit. | ||
|- | |- | ||
| rucket er den afterreif hin wider ûf die scheide, || | | rucket er den afterreif hin wider ûf die scheide, || Er rückt das Band wieder auf die Schwertscheide, | ||
|- | |- | ||
| wizzet, mîne vriunde, daz is mir ein herzenleit! || | | wizzet, mîne vriunde, daz is mir ein herzenleit! || wisst, meine Freunde, das ist mir ein Herzensleid! | ||
|- | |- | ||
| zwêne niuwe hantschuoh er unz ûf den ellenbogen zôch. || | | zwêne niuwe hantschuoh er unz ûf den ellenbogen zôch. || Er zog uns zwei neue Handschuhe bis zum Ellenbogen hinauf. | ||
|- | |- | ||
| mugt ir hoeren, wie der selbe gemzinc von der lieben hiuwer ab dem tanze vlôch? || | | mugt ir hoeren, wie der selbe gemzinc von der lieben hiuwer ab dem tanze vlôch? || Könnt ihr hören, wie derselbe Gemsbock jetzt wegen dem Tanz vor der Geliebten geflohen ist? | ||
|} | |} | ||
Zeile 651: | Zeile 651: | ||
| Xa | | Xa | ||
|- | |- | ||
| Er gap versengelt wol, rehte als im waer an gebunden || | | Er gap versengelt wol, rehte als im waer an gebunden || Er lief sichder davon, geradeaus als ob er angebunden wäre. | ||
|- | |- | ||
| ein swînes blâse, alsô man den wilden hunden tuot. || | | ein swînes blâse, alsô man den wilden hunden tuot. || Eine Schweineblase, wie man sie den wilden Hunden gibt. | ||
|- | |- | ||
| ofte brach er sînen zelt, als sî doch wol befunden, || | | ofte brach er sînen zelt, als sî doch wol befunden, || Oft unterbrach er seinen Schritt, als sie diesen doch sicher bemerkten, | ||
|- | |- | ||
| Hatze und Pletze und jeniu ir gespile Hademuot. || | | Hatze und Pletze und jeniu ir gespile Hademuot. || Hatze und Pletze und jene, ihre Gespielin Hademuot. | ||
|- | |- | ||
| frâget Engeltrûten, wiez laeg umbe ir bruoder Fridebreht! || | | frâget Engeltrûten, wiez laeg umbe ir bruoder Fridebreht! || Engeltrut fragt, wie es um ihren Bruder Fridebreht steht! | ||
|- | |- | ||
| "ach ach, er hât verrenket sich vor vorhte", alsô hât si mir geseit, "der toersche kneht." || | | "ach ach, er hât verrenket sich vor vorhte", alsô hât si mir geseit, "der toersche kneht." || „Ach, ach, er ist aus Angst umgeknickt“, so hat sie mir erzählt, „der dumme Knecht.“ | ||
|} | |} | ||
Zeile 669: | Zeile 669: | ||
| Xb | | Xb | ||
|- | |- | ||
| Sach ab ieman jenen mit der gickelvêhen täcken? || | | Sach ab ieman jenen mit der gickelvêhen täcken? || Ob jemand jenen mit der bunt (gescheckten) Zacke sah? | ||
|- | |- | ||
| die treget er ûf der hende und klopfet ûf sîn niuwez swert: || | | die treget er ûf der hende und klopfet ûf sîn niuwez swert: || Diese trägt er in den Händen und klopft auf sein neues Schwert: | ||
|- | |- | ||
| dâ mite er uns des nahtes ab der gazzen wil erschrecken. || | | dâ mite er uns des nahtes ab der gazzen wil erschrecken. || Damit will er uns nachts aus der Gasse scheuchen. | ||
|- | |- | ||
| der selbe dünket sich noch mêr dan drîer bônen wert, || | | der selbe dünket sich noch mêr dan drîer bônen wert, || Derselbe hält sich noch für mehr als drei Bohnen wert, | ||
|- | |- | ||
| als er danne gerûzet unde gedraeset, der vil übele man, || | | als er danne gerûzet unde gedraeset, der vil übele man, || wenn er dann schnarcht und belästigt, der sehr jämmerliche Mann, | ||
|- | |- | ||
| und im sîn täcke ringeleht erklinget dem gelîche, als er trage ein goller an. || | | und im sîn täcke ringeleht erklinget dem gelîche, als er trage ein goller an. || und ihm ertönt dementsprechend seine ringförmige Zacke, als ob er einen Brustharnisch träge. | ||
|} | |||
== Übersetzung Winterlied 13 == | |||
{| | |||
|- | |||
! Mittelhochdeutsch !! Übersetzung | |||
|- | |||
| I. | |||
|- | |||
| Wi überwinde ich beide || Wie bewältige ich beides, | |||
|- | |||
| mîn liep und die sûmerzît? || meine Liebe und die Sommerzeit? | |||
|- | |||
| ine kan die wolgetânen schiere niht verklagen. || Ich kann die Schönen nicht gleich vergessen. | |||
|- | |||
| von sô grôzem leide, || Von so großem Kummer, | |||
|- | |||
| mir riuwe âne vröude gît, || mir Schmerz ohne Freude bereitet, | |||
|- | |||
| trûre ich wol von schulden nû ze disen trüeben tagen, || betrauere ich wohl mit Recht nun diese trüben Tage, | |||
|- | |||
| di uns den winder kündent, der uns manger vröude roubet. || die uns den Winter ankündigen, der uns manche Freude raubt. | |||
|- | |||
| sanges habent sich diu kleinen vogelîn geloubet: || Die Vöglein haben das Singen aufgegeben: | |||
|- | |||
| alsô möhte ich wol mit mînem sange stille dagen. || So will ich gewiss mit meinem Gesang still schweigen. | |||
|- | |||
| || <br /> | |||
|- | |||
| II. | |||
|- | |||
| Sol mich niht vervâhen || Es soll mich nicht einnehmen, | |||
|- | |||
| mîn trôst und mîn wân, || mein Trost und meine Hoffnung, | |||
|- | |||
| sô enweiz ich, was genâden ich mich trœsten mac. || so weiß ich, mit welchem Beistand ich mich trösten kann. | |||
|- | |||
| wol mac ir versmâhen || Ihr könnt wohl meinen Dienst | |||
|- | |||
| mîn dienest, den ich ir hân || verachten, den ich ihr | |||
|- | |||
| lange her geleistet und des ie mit triuwen phlac. || bis jetzt lange geleistet habe und deshalb immer mit Treue ausübte. | |||
|- | |||
| alsô phlæge ichs immer gerne, möhte ich des geniezen, || So würde ich es immer gerne machen, ich möchte davon profitieren, | |||
|- | |||
| sô daz mich die dörper mînes lônes iht verstiezen. || sodass mich die Dörper wegen meinem Lohn nicht verstoßen. | |||
|- | |||
| des ist Uoze grîfic und sîn rûher schavernac. || Danach ist Uoze gierig und nach seiner struppigen Pelzmütze. | |||
|- | |||
| || <br /> | |||
|- | |||
| III. | |||
|- | |||
|Engelwân und Uoze || Engelwan und Uoze, | |||
|- | |||
|die zwênè sint mír geház|| ich hasse die beiden | |||
|- | |||
|(schaden unde nídes muoz ich mich von in versehen)|| (Mit Schaden und Neid muss ich bei ihnen rechnen) | |||
|- | |||
|und der geile Ruoze:|| und der übermütige Ruoze: | |||
|- | |||
|wie tíuwèr er sích vermáz,|| Wie prächtig er sich rühmte, | |||
|- | |||
|der bestüende mich durch sî! die drîe widerwehen|| er übertreffe mich durch sie! Die drei stellen sich mir | |||
|- | |||
|râtent unde brüevent, daz ich ane lôn belîbe. || ratend und beurteilend entgegen, dass ich ohne Lohn bleibe. | |||
|- | |||
|niht envolge ir lêre, vrouwe, liebist aller wîbe! || Folge nicht ihren Ratschlägen, Dame, liebste aller Frauen! | |||
|- | |||
|lone mîner jâre; lâz in leit an mir geschehen! || Belohne mich für mein Alter; lass ihnen Leid wegen mir widerfahren! | |||
|- | |||
| || <br /> | |||
|- | |||
| IV. | |||
|- | |||
|Vrouwe, dîne güete|| Dame, deine Barmherzigkeit | |||
|- | |||
|di erkénne ìch sô mánicvált,|| die erkenne ich so vielfältig, | |||
|- | |||
|daz ich liebes lônes von dir noch gedingen hân.|| dass ich noch auf deinen Liebeslohn hoffe. | |||
|- | |||
|daz mich ie gemüete,|| ich war immer darum besorgt, | |||
|- | |||
|die spränzlér und ír gewált,|| die Bauern und ihre Gewalt, | |||
|- | |||
|daz was mit den bluomen hin. nu wil mir Engelwân|| da war es mit den Blumen vorbei. Nun will Engelwan mich | |||
|- | |||
|dîne hulde verren: daz im müeze mísselingen, || von deiner Gunst fernhalten: Das muss ihm misslingen, | |||
|- | |||
|sô daz hundert swert ûf sînem kophe lûte erklingen!|| sodass hundert Schwerter auf seinem Kopf laut erklingen! | |||
|- | |||
|snîdent sî ze rehte, sî zerüttent im den spân. || Sie schneiden <ihn> zurecht, sie verderben ihm das Glied. | |||
|- | |||
| || <br /> | |||
|- | |||
| V. | |||
|- | |||
|Seht an Engelwânen, || Seht Engelwan an, | |||
|- | |||
|wie hôhe ér sîn hóubet tréit!|| wie hoch er sein Haupt trägt! | |||
|- | |||
|swanne er mit gespannem swerte bî dem tanze gât,|| Immer wenn er mit gespanntem Schwert zum Tanz geht, | |||
|- | |||
|sô ist er niht âne|| so ist er nicht ohne | |||
|- | |||
|der vlaemìschen höveschéit,|| flämische Ritterlichkeit, | |||
|- | |||
|dâ sîn vater Batze wênic mit ze schaffen hât.|| da sein Vater Batze wenig damit zu tun hat. | |||
|- | |||
|nu ist sîn sun ein oeder gouch mit sîner rûhen hûben: || Nun ist sein Sohn ein törichter Dummkopf mit seiner struppigen Mütze: | |||
|- | |||
|ich gelîche sîn gephnaete ze einer saten tûben, || Ich setze seine Aufgeblasenheit mit einer gesättigten Taube gleich, | |||
|- | |||
|diu mit vollem krophe ûf einem korenkasten stât. || die mit vollem Kropf auf einem Getreidespeicher steht. | |||
|- | |||
| || <br /> | |||
|- | |||
| VI. | |||
|- | |||
|Swer in sîner tougen || Wer auch immer in seinem Innersten | |||
|- | |||
|ie líep òde leit gewán,|| immer Liebe oder Leid erlebte, | |||
|- | |||
|dem sint mîne sorgen und mîn kumber wol bekant.||dem sind meine Sorgen und meinen Kummer wohl bekannt. | |||
|- | |||
|sît ich mînen ougen|| Seit ich meinen Augen | |||
|- | |||
|den stîc nìht verbíeten kán,|| den Stoß nicht vorenthalten kann, | |||
|- | |||
|sî enblicken hin, dâ Rouze tanzet an ir hant,|| sehen sie hin, wenn Rouze an ihrer Hand tanzt, | |||
|- | |||
|sô verlâze ich kûme, deich mich selben niht enroufe: || So gehe ich mit Mühe (und Not) davon, damit ich mich selbst nicht schlage: | |||
|- | |||
|solhen wehsel nement, die dâ minnent, an ir koufe. || Einen solchen Wechsel nehmen sie, die da lieben, in Kauf. | |||
|- | |||
|Minne, lâ mich vrî! mich twingent sêre dîniu bant.|| Liebe, lass mich frei! Mich beherrschen deine Fesseln völlig. | |||
|- | |||
| || <br /> | |||
|- | |||
| VII. | |||
|- | |||
|Minne, dîne snüere || Liebe, deine Schnüre | |||
|- | |||
|die twíngènt daz hérze mîn,|| die quälen mein Herz, | |||
|- | |||
|daz ich hân ze strîte wider dich deheine wer.|| dass ich mich gegen dich mit irgendeiner Hilfe gewehrt habe. | |||
|- | |||
|swie verholne ich rüere|| Wie verborgen ich | |||
|- | |||
|den zímbèl der zélle dîn,|| die Glocke in deiner Kammer bewege, | |||
|- | |||
|sô bin ich betwungen des, daz ich dir hulde swer.|| so bin ich dazu gezwungen, dass ich dich huldige. | |||
|- | |||
|vrouwe Minne, dîn gewalt ist wider mich ze strenge;|| Frau Minne, deine Macht ist zu gewaltig für mich; | |||
|- | |||
|küneginne, dîner ungenâde niht verhenge, || Königin, lass deine Unbarmherzigkeit nicht zu, | |||
|- | |||
|daz si mich verderbe! ja ist si über mich ein her.|| sodass sie mich vernichten würde! Ja sie ist mir überlegen. | |||
|} | |||
== Übersetzung Winterlied 1 == | |||
{| | |||
!Mittelhochdeutsch !! Übersetzung | |||
|- | |||
|I | |||
|- | |||
|Winder, uns wil din gewalt || Winter, uns will deine Gewalt | |||
|- | |||
|in die stuben dringen|| in die Stuben drängen | |||
|- | |||
|von der linden breit:|| von der großen Linde. | |||
|- | |||
|dine winde die sint kalt.|| Deine Winde, die sind kalt. | |||
|- | |||
|lerche, la din singen!|| Lerche, unterlasse dein Singen! | |||
|- | |||
|dir hat widerseit|| Dir haben sich beide entgegengestellt; | |||
|- | |||
|beide rife und ouch der sne; || Reif und auch der Schnee; | |||
|- | |||
|du muost stille swigen:|| Du musst still schweigen: | |||
|- | |||
|so klag ich den grüenen kle. || so beklage ich den grünen Klee. | |||
|- | |||
|meie, ich wil dir nigen;|| Mai, ich will mich vor dir verneigen, | |||
|- | |||
|mir tuot der winder we. || mir tut der Winter weh. | |||
|- | |||
|} | |||
II | |||
{| | |||
|- | |||
|Tanzet, lachet weset vro! || Tanzt, lacht, seid froh! | |||
|- | |||
|daz zimt wol den jungen|| Das steht wohl den Jungen | |||
|- | |||
|disen winder lanc.|| diesen Winter lang an. | |||
|- | |||
|iu ze stiuwer gibe ich so|| Als Steuer gebe ich so | |||
|- | |||
|hiwer von miner zungen|| jetzt von meiner Zunge, | |||
|- | |||
|einen niuwen sanc,|| einen neuen Gesang, | |||
|- | |||
|daz ir ane swaeren muot || damit ihr ohne schweres Gemüt | |||
|- | |||
|vreude mugt erbiten.|| Freude erhoffen könnt. | |||
|- | |||
|Engelmar, din stube ist guot: || Engelmar, deine Stube ist gut: | |||
|- | |||
|küele ist an der liten.|| kühl ist es am Abhang. | |||
|- | |||
|der winder schaden tuot. || Der Winter richtet Schaden an. | |||
|- | |||
|<br/ > | |||
|- | |||
| III | |||
|- | |||
| Etzel, Ruoze und Adelber || Etzel, Ruoze und Adelber | |||
|- | |||
| und der geile Rüele. || und der übermütige Rüele. | |||
|- | |||
| zesamen hânt gesworn || Zusammem haben sie sich | |||
|- | |||
| alle ûf einen dörper hêr: || alle gegen einen hochmütigen Dörper verschworen. | |||
|- | |||
| derst von Wîtenbrüele || Der ist von Witenbrüele | |||
|- | |||
| und brüevet grôzen zorn. || und erfährt großen Hass. | |||
|- | |||
| daz enkunde ich ê noch sît || Ich erfahre seitdem noch früher, | |||
|- | |||
| nie voltagedingen. || dass es nie geschlichtet wird. | |||
|- | |||
| Rüele enwolte enwiderstrît || Rüele wollte um die Wette | |||
|- | |||
| an dem reien springen: || beim Tanzen springen: | |||
|- | |||
| daz was Lanzen nît. || damit Lanzen neidisch war. | |||
|- | |||
|<br/ > | |||
|- | |||
| IV | |||
|- | |||
| Lanze eine treien treit, || Lanze tanzt einen Tanz, | |||
|- | |||
| diu ist von barchâne, || der ist von brachane, | |||
|- | |||
| grüene alsô der klê. || grün wie der Klee. | |||
|- | |||
| ze wîge hât er sich bereit: || Auf die Weihe hat er sich vorbereitet: | |||
|- | |||
| er lebet in dem wâne, || Er lebt in dem Glauben, | |||
|- | |||
| daz im niht widerstê. || dass sich ihm nichts entgegensteht. | |||
|- | |||
| dar in er gesteppet hât || Da hat er | |||
|- | |||
| ein guot îsnîn hemde, || ein gutes Eisenhemd genäht, | |||
|- | |||
| limmende als ein ber er gât; || brummender als ein Bär geht er; | |||
|- | |||
| guot muot ist im vremde. || eine gutes Herz ist ihm fremd. | |||
|- | |||
| erst kint, der in bestât. || er ist ein Kind, der ihn überwältigt. | |||
|- | |||
|<br/ > | |||
|- | |||
| IVa | |||
|- | |||
| Lanze der hât noch die frünt, || Lanze, der hat noch die Freunde, | |||
|- | |||
| die in niht enlâzen, || die ihn nicht im Stich lassen, | |||
|- | |||
| swie gar er sî ein kint. || als sei er gar ein Kind. | |||
|- | |||
| drî hân ich iu schîere gekünt, || Ich habe euch drei sofort bekannt gemacht, | |||
|- | |||
| die im ûf der strâzen || die auf der Straße | |||
|- | |||
| bîgestendic sint: || zu ihm halten: | |||
|- | |||
| Îsenbolt und Îsenhart || Isenbolt und Isenhart | |||
|- | |||
| und der junge Vrîte. || und der junge Vrite. | |||
|- | |||
| Rüele der wart nie sô zart, || Rüele, der war nie so lieb, | |||
|- | |||
| er wær an dem strîte || er war bei dem Streit | |||
|- | |||
| ze verhe wol bewart. || wohl bewahrt. | |||
|- | |||
|<br/ > | |||
|- | |||
| IVb | |||
|- | |||
| Sô lâz wirs vehten umb den lîp. || So lassen wir sie um Leib (und Leben) kämpfen. | |||
|- | |||
| und gê wir zuo dem tanze: || und wir gehen zu dem Tanz: | |||
|- | |||
| dâ spring wir schône enbor. || Dort springen wir schön empor. | |||
|- | |||
| nu wol ûf, meide und jungiu wîp, || Nun wohl auf, Mädchen und junge Frauen, | |||
|- | |||
| Afrâ, Englîn, Franze, || Afra, Englin, Franze, | |||
|- | |||
| diu wil uns singen vor. || die wollen uns vorsingen. | |||
|- | |||
| Metze beit …. || Metze zögert …. | |||
|- | |||
| und kumet Adelheite || und Adelheit kommt | |||
|- | |||
| und über … Engellint || und über … Engellint | |||
|- | |||
| und Irmengart gemeite, || und die fröhliche Irmengart , | |||
|- | |||
| daz sint gar schœniu kint. || das sind sehr schöne Mädchen. | |||
|- | |||
|<br/ > | |||
|} | |||
== Übersetzung Winterlied 27 == | |||
{| | |||
|- | |||
! Mittelhochdeutsch !! Übersetzung | |||
|- | |||
| I | |||
|- | |||
| Mirst von herzen leide, || Mir tut es von Herzen leid, | |||
|- | |||
| daz der küele winder || dass der kalte Winter | |||
|- | |||
| verderbet schœner bluomen vil: || viele schöne Blumen zerstört: | |||
|- | |||
| sô verderbet mich ein senelîchiu arebeit. || So stürzt mich ein schmerzliches Leid ins Verderben. | |||
|- | |||
| dise sorge beide || Diese beiden Sorgen | |||
|- | |||
| dringent mich hin hinder || drängen mich zurück | |||
|- | |||
| ze ende an mîner vreuden zil. || zum Ende an den Endpunkt meiner Freude. | |||
|- | |||
| owê, daz diu guote mit ir willen daz vertreit, || Oh weh, dass die Gute das bewusst/gerne erträgt, | |||
|- | |||
| sît si wol geringen mac || seitdem sie wohl verringern kann | |||
|- | |||
| alle mîne swaere! || all mein Kummer! | |||
|- | |||
| hei, gelebte ich noch den tac, || Hei, würde ich nur noch den Tag erleben, | |||
|- | |||
| daz sî genaedic wære! || an dem sie gütig wäre. | |||
|} | |||
{| | |||
|- | |||
| II | |||
|- | |||
| Swenne ich mich vereine || Immer wenn ich mich vereine | |||
|- | |||
| unde an sî gedenke, || und an sie denke, | |||
|- | |||
| waer inder wîbes güete dâ, || wäre dort Güte innerhalb einer Frau, | |||
|- | |||
| diune haete sich sô lange bî ir niht verholn. || die eine hätte sich bei ihr nicht so lange verborgen. | |||
|- | |||
| sît si lônet kleine || Wenn sie meine neuen Klänge | |||
|- | |||
| mîner niuwen klenke, || wenig belohnt, | |||
|- | |||
| wan mag ich dienen anderswâ? || wodurch kann ich anderswo dienen? | |||
|- | |||
| nein, ich wil mit willen disen kumber langer doln. || Nein, ich will diesen Kummer bewusst nicht länger erleiden. | |||
|- | |||
| waz, ob noch ein saelic wîp || Was, wenn noch eine glückliche Frau | |||
|- | |||
| gar den muot verkêret? || gar den Mut aufgibt? | |||
|- | |||
| vreu mîn herze und troeste den lîp! || Erfreue mein Herz und tröste das Bewusstsein! | |||
|- | |||
| diu zwei diu sint gesêret. || Die zwei sind verletzt. | |||
|} | |||
{| | |||
|- | |||
| III | |||
|- | |||
| Zuo dem ungemache, || Zusätzlich zu dem Leid, | |||
|- | |||
| den ich von ir lîde, || das ich von ihr erfahre, | |||
|- | |||
| sô twinget mich ein ander leit, || so quält mich ein anderes Leid, | |||
|- | |||
| daz vor allem leide mich sô sêre nie betwanc, || das mich von allem Leid nie so stark quälte, | |||
|- | |||
| swiech dar umbe lache || weshalb ich darum lache | |||
|- | |||
| und gebâre blîde: || und mich fröhlich verhalte: | |||
|- | |||
| mir hât ein dörper widerseit || Ein Dörper hat sich mir entgegengestellt | |||
|- | |||
| umb anders niht wan umbe den mînen üppeclîchen sanc. || um nichts anderes als um meinen überflüssigen Gesang. | |||
|- | |||
| derst geheizen Adeltir, || Er hieß Adeltir, | |||
|- | |||
| bürtic her von Ense, || gebürtig aus Ense, | |||
|- | |||
| zallen zîten drôt er mir || zu allen Zeiten er droht mir | |||
|- | |||
| als einer veizten gense. || wie einer dicken Gans. | |||
|} | |||
{| | |||
|- | |||
| IV | |||
|- | |||
| Hiwer an einem tanze || Dieses Jahr bei einem Tanz | |||
|- | |||
| gie er umbe und umbe. || ging er hin und her. | |||
|- | |||
| den wehsel het er al den tac: || Den Wechsel hat er jeden Tag: | |||
|- | |||
| glanziu schapel gap er umbe niuwiu krenzelîn. || Glänzende Bänder wickelte er um die neuen Kränze. | |||
|- | |||
| Etzel unde Lanze, || Etzel und Lanze, | |||
|- | |||
| zwêne knappen tumbe, || zwei törichte Burschen | |||
|- | |||
| die phlâgen ouch, des jener phlac. || die auch das zu tun pflegten, was jener zu tun pflegte. | |||
|- | |||
| Lanze der beswæret ein vil stolzez magedîn; || Lanze, der bedrängte ein sehr edles Mädchen; | |||
|- | |||
| eine kleine rîsen guot || ein kleines Laubgeflecht | |||
|- | |||
| zarte er ab ir houbet, || riss er ihr fest vom Kopf, | |||
|- | |||
| dar zou einen bluomenhuot: || dazu einen Hut mit Blumen: | |||
|- | |||
| wer het im daz erloubet? || Wer hat ihm das erlaubt? | |||
|} | |||
{| | |||
|- | |||
| V | |||
|- | |||
| Owê sîner hende! || Ohwe seine Hände! | |||
|- | |||
| daz si sîn verwâzen! || Dass sie ihn verdammen! | |||
|- | |||
| die vinger müezen werden vlorn, || Die Finger müssen verdammt werden, | |||
|- | |||
| dâ mit er gezerret hât den schedelîchen zar! || womit er den schlimmen Riss aufgerissen hat! | |||
|- | |||
| hiete er ir gebende || Hätte er ihren Kopfschmuck | |||
|- | |||
| ungezerret lâzen, || unzerrissen gelassen, | |||
|- | |||
| daz kränzel hiete ouch sî verkorn. || hätte auch das Kränzchen sie ausgewählt. | |||
|- | |||
| er ist ungevüeger danne wîlen Engelmâr, || Er ist viel ungestümer als einst Engelmar, | |||
|- | |||
| der gewalticlîchen nam || der gewaltsam Friderun | |||
|- | |||
| den spiegel Vriderûne. || den Spiegel wegnahm. | |||
|- | |||
| des bin ich dem dörper gram, || deshalb bin ich dem Dörper böse, | |||
|- | |||
| den selben Walberûne. || genauso dem Walberun. | |||
|} | |||
{| | |||
|- | |||
| VI | |||
|- | |||
| Dise alten schulde || Dieses alte Unrecht | |||
|- | |||
| wecket mir diu niuwe: || weckt mir ein neues: | |||
|- | |||
| ez hât ein geiler getelinc || Es hat ein fröhlicher Bursche | |||
|- | |||
| hiwer an mir erwecket, swaz mir leides ie geschach. || mich jetzt wachgerüttelt, was für ein Leid mir je geschah. | |||
|- | |||
| ê ichz lange dulde, || Ehe ich es länger erdulde, | |||
|- | |||
| sêt des mîne triuwe, || seht daher meine Beständigkeit, | |||
|- | |||
| gespringe ich zuo zim in den rinc, || mit der ich zu ihm in den Ring springe, | |||
|- | |||
| er bestât sîn buoze, daz er ir ze vrouwen jach, || er erhält seine Strafe, dass er sich auf die Frau stürzt, | |||
|- | |||
| der ich lange gedienet hân || der ich lange gedient habe | |||
|- | |||
| her mit ganzer staete! || mit ganzer Treue! | |||
|- | |||
| wolde er sî gerouwet lân, || Wollte er sie in Ruhe lassen, | |||
|- | |||
| wie rehte er danne taete! || dann würde er das Richtige tun! | |||
|} | |||
{| | |||
|- | |||
| VII | |||
|- | |||
| Wê, waz hât er muochen! || Wehe, was hat er für Flausen <im Kopf>! | |||
|- | |||
| si kumt im niht ze mâze. || Sie kommt ihm nicht zugute. | |||
|- | |||
| zwiu sol sîn pîneclîch gebrech? || Was soll sein qualvoller Lärm? | |||
|- | |||
| im enmac gehelfen niht sîn hovelîch gewant. || Ihm kann seine höfische Kleidung nicht helfen. | |||
|- | |||
| er sol im eine suochen, || Er soll ihm eine suchen, | |||
|- | |||
| diu in werben lâze. || die ihn werben lässt. | |||
|- | |||
| diu sînen rôten buosemblech || Seine rote Brustplatten | |||
|- | |||
| diu sint ir ungenaeme gar, dar zuo sîn hiufelbant. || die sind für sie ganz und gar abstoßend, dazu sein Brustband. | |||
|- | |||
| enge ermel treit er lanc, || Enge Ärmel trägt er lang, | |||
|- | |||
| die sint vor gebraemet, || diese sind vorne am Saum | |||
|- | |||
| innen swarz und ûzen blanc. || innen schwarz und außen weiß verziert. | |||
|- | |||
| mit sîner rede er vlaemet. || Er spricht wie ein Flame. | |||
|} | |||
{| | |||
|- | |||
| VIIa | |||
|- | |||
| Sîner snüere strangen || Seine Schnürstränge | |||
|- | |||
| tengelnt an den orten: || baumeln <dort> an dem Saum: | |||
|- | |||
| dâ hanget wunder pfeffers an, || Daran hängt eine Menge Pfeffer, | |||
|- | |||
| muscât, negele, pfâwenspiegel: dêst der dörper glanz. || Muskat, Nelken und Pfauenkraut: Das ist das Aussehen der Dörper. | |||
|- | |||
| er wil überdrangen || Er will ein Mädchen | |||
|- | |||
| ein meit mit süezen worten, || mit süßen Worten überwältigen, | |||
|- | |||
| des im doch niht gehelfen kan || wobei ihm doch seine übertriebene Kleidung nicht helfen kann | |||
|- | |||
| sîn üppiclîch gewant und dar zuo sîn vil waeher swanz. || und dazu seine sehr prächtiges Tanzkleid/Schleppe. | |||
|- | |||
| ein vil guotez lînîn tuoch, || Ein sehr kostbares Leinentuch, | |||
|- | |||
| sehzehn elen kleine, || genau sechzehn Ellen, | |||
|- | |||
| hât sîn hemde und ouch sîn bruoch: || hat sein Hemd und auch seine Hose: | |||
|- | |||
| der site ist ungemeine. || Sein Verhalten ist ungewöhnlich/fremd. | |||
|} | |||
{| | |||
|- | |||
| VIIb | |||
|- | |||
| Her Nîthart, mugt irz lâzen? || Herr Neidhart, könnt ihr es unterlassen? | |||
|- | |||
| iu mac misselingen. || Es kann euch misslingen. | |||
|- | |||
| nu habt ez ûf die triuwe mîn, || Nun nehmt es bei meinem Wort, | |||
|- | |||
| und mag ich, ez muoz iu bî dem tanze werden leit! || und ich möchte, dass es euch beim Tanze leid tun wird! | |||
|- | |||
| welt ir uf der strâzen || Wollt ihr euch auf der Straße | |||
|- | |||
| vil mit uns gedringen, || mit uns drängeln, | |||
|- | |||
| swie breit ab iuwer multer sîn, || auch wenn euer Mehltrog breit ist, | |||
|- | |||
| dâ gelpfe schînet under iuwer ringelehte pfeit, || dort strahlt Glanz unter eurem geringelten Hemd, | |||
|- | |||
| und sult ir sîn der tiuvel gar || und solltet ihr gar der Teufel sein | |||
|- | |||
| mit iuwerm glitzeden huote, || mit eurem glänzenden Hut, | |||
|- | |||
| zwâre ich mache in bluotes var || verrichte ich wahrhaft ein Blutbad | |||
|- | |||
| mit mînem swerte guote. || mit meinem guten Schwert. | |||
|} | |||
{| | |||
|- | |||
| VIIc | |||
|- | |||
| "Nû dar, ziere gesellen, || "Nun dann, prächtige Freunde, | |||
|- | |||
| nu stât mir algelîche, || nun steht mir allesamt bei, | |||
|- | |||
| helfet, daz wir in bestân, || helft, dass wir ihn überwältigen, | |||
|- | |||
| der uns bî dem tanze mit gemache niht enlât! || der uns beim Tanzen nicht in Ruhe lässt! | |||
|- | |||
| ich trûwe in wol ervellen", || Ich hoffe ihn wohl zu Fall zu bringen", | |||
|- | |||
| sô sprach Amelrîche: || so sprach Amelrîche: | |||
|- | |||
| "die hant die muoz er mir hie lân, || "Die Hand muss er mir hier lassen, | |||
|- | |||
| dâ der spreckelehte vogel oben ûfe stât, || da der gesprenkelte Vogel oben drauf steht | |||
|- | |||
| und dar zuo dem zeswen fuoz, || und dazu mit dem rechten/starken Fuß, | |||
|- | |||
| dar an der spore klinget. || an dem die Spore erklingt. | |||
|- | |||
| jâ geschaffe ich mir sîn buoz, || Ja ich sorge für seine Strafe, | |||
|- | |||
| daz er von uns niht singet." || sodass er nicht mit uns singt." | |||
|} | |||
== Übersetzung c1 == | |||
{| | |||
! Mittelhochdeutsch !! Neuhochdeutsch | |||
|- | |||
| I | |||
|- | |||
| Der swarcze dorn ist worden weis, || Der schwarze Dorn ist weiß geworden, | |||
|- | |||
| nun hat der maie seinen vleis || nun hat der Mai seinen Leib | |||
|- | |||
| geleget an den anger, || auf die Wiese gelegt, | |||
|- | |||
| gar zergangen ist der schne, || der Schnee ist völlig geschmolzen, | |||
|- | |||
| man siht hewer aber als ee || man sieht aber dieses Jahr sehr früh | |||
|- | |||
| die liechten plumblein swanger. || die hellen vollen Blüten. | |||
|- | |||
| der maie hat die veld gar schön beseczet || Der Mai hat die Felder gar schön besetzt | |||
|- | |||
| mit gamillen plúmlein fein, || mit feinen Kamillenblumen, | |||
|- | |||
| fro so singen die vogelein, || froh singen die Vöglein, | |||
|- | |||
| irs laids sind sie ergeczet. || ihr Leid haben sie vergessen. | |||
|- | |||
| <br/ > | |||
|- | |||
| II | |||
|- | |||
| Da fúr ich lob die rainen weib, || Dafür lobe ich die untadeligen Frauen, | |||
|- | |||
| der wolgetraut globter leib || deren vertrauensvoll gelobter Leib | |||
|- | |||
| kan pringen hoch gemúte. || ein Hochgefühl/Hochherzigkeit verursachen kann. | |||
|- | |||
| die sich vor valsche hand behút, || Diejenige, die sich vor falscher Hand hütet, | |||
|- | |||
| die lob ich fur alles gut, || die lobe ich für alles Gute, | |||
|- | |||
| so wol dir, weibes gute! || so sei dir wohl, gute Frau! | |||
|- | |||
| weib, behalt dein er, das will ich dir raten, || Frau, behalte deine Ehre, das will ich dir raten, | |||
|- | |||
| durch dein frölich weiblich zucht || durch deinen fröhlichen weiblichen Anstand | |||
|- | |||
| weib, du auserwelte frucht, || Frau, du auserwählte Frucht, | |||
|- | |||
| la túme minner braten! || lass den törichten Liebhaber braten! | |||
|- | |||
| <br/ > | |||
|- | |||
| III | |||
|- | |||
| Nun sung ich gern der frawen mein, || Nun singe ich gerne für meine Frauen, | |||
|- | |||
| so irret mich ein ander pein, || so hält mich ein anderes Bein auf, | |||
|- | |||
| ich sahe die dörper raien || ich sah die Dörper | |||
|- | |||
| gar uppiglichen auf dem plan, || gar übermütig auf dem Platz tanzen/sich paaren, | |||
|- | |||
| baide, frawen unde man, || alle, Frauen und Männer, | |||
|- | |||
| die empfiengen schön den maien. || die empfingen den schönen Mai. | |||
|- | |||
| her langer Lancze, daz sult ir mir rechen, || Herr lange Lanze, das sollt ihr mir antun, | |||
|- | |||
| darczu so clag ich euch, herr Pflug, || sodass ich euch dabei Klage gegen euch erhebe, Herr Pflug, | |||
|- | |||
| ir rechet mir diesen ungefug, || ihr tut mir diese Grausamkeit an, | |||
|- | |||
| das in ir rúcken brechen. || dass ihnen ihr Nacken breche. | |||
|- | |||
| <br/ > | |||
|- | |||
| IV | |||
|- | |||
| Ich kam dohin gein Zeisselmaur, || Ich kam dorthin richtung Zeisselmaur, | |||
|- | |||
| die fart ward mir eins tails zu sawer, || die Fahrt wurde mir teilweise zu schwer, | |||
|- | |||
| ich hört da fremde mere. || ich hörte dort seltsame Geschichten. | |||
|- | |||
| do fand ich einen lobetancz || Ich hörte da von einem Ehrentanz | |||
|- | |||
| und von rosen mangen krancz, || und so manchen Rosenkränzen, | |||
|- | |||
| zergangen was mein swere. || so vergaß ich meinen Schwager. | |||
|- | |||
| ich zogt zu einem wirte, der was ziere, || Ich ging zu einem Wirt, der war edel, | |||
|- | |||
| des ward Engelmair gewar, || das wurde Engelmar bewusst, | |||
|- | |||
| elen weit was im sein har, || Ellen lang war sein Haar, | |||
|- | |||
| da hin so eilt er schiere || da eilt er schnell davon | |||
|- | |||
| <br/ > | |||
|- | |||
| V | |||
|- | |||
| zu vierczig gattelingen gut, || gut vierzig Gefärten, | |||
|- | |||
| uppiglich stund in ir mut, || übermütig hat ihre Absicht Bestand, | |||
|- | |||
| die tanczten bei der linden. || die tanzten bei der Linde. | |||
|- | |||
| er sprach: "herr Neithart der ist hie, || Er sprach: "Herr Neidhart der ist hier, | |||
|- | |||
| der uns gespöttes nie erlie, || der uns nie den Spott erließ, | |||
|- | |||
| wol auf, das wir in finden. || wohl auf, dass wir ihn finden. | |||
|- | |||
| ir solt euch keines argen nicht gedencken, || Ihr sollt euch keine Sorgen machen, | |||
|- | |||
| ir get mir zúchtiglichen nach, || ihr geht folgt mir beherrscht nach, | |||
|- | |||
| auch seit zu fechten nicht zu gache, || ihr seid auch beim Kampf nicht zu schnell, | |||
|- | |||
| wir sond im frolich schencken." || wir werden ihm fröhlich den Abschiedstrunk reichen." | |||
|- | |||
| <br/ > | |||
|- | |||
| VI | |||
|- | |||
| Vierczig käntelin mit wein || Sie vierzig Kännlein Wein | |||
|- | |||
| sie trungen in ein gertelein, || trugen sie in ein Gärtchen, | |||
|- | |||
| gar gros was ir geraisse: || so groß war ihre Erregung: | |||
|- | |||
| "seit got wilkum, herr Neithart, || "Seid Gott willkommen, Herr Neidhart, | |||
|- | |||
| euch sei geschenckt an diser fart." || euch sei eingeschenkt auf dieser Fahrt." | |||
|- | |||
| ich saß in einem swaisse, || ich saß im Schweiß, | |||
|- | |||
| ich sprach:"ich pin dem Neidhart ungeleiche, || ich sprach: "Ich bin dem Neidhart ungleich, | |||
|- | |||
| ich pin ein jeger, mir ist zorn, || ich bin ein Jäger, ch bin voller Zorn, | |||
|- | |||
| ich hab die hunde sein verlorn, || ich habe die Hunde des Fürsten | |||
|- | |||
| des fursten von Osterreiche." || von Österreich verloren." | |||
|- | |||
| <br/ > | |||
|- | |||
| VII | |||
|- | |||
| Engelmair in da gepot || Engelmair versprach ihm da | |||
|- | |||
| bei dem Leben an den todt, || bei seinem Leben den Tod, | |||
|- | |||
| das sie sich saczten alle. || dass sie sich alle setzten. | |||
|- | |||
| so zuhant da schankt man ein || Sogleich schenkte man dann | |||
|- | |||
| den vil klaren osterwein, || den sehr klaren österreichischen Wein ein, | |||
|- | |||
| den truncken sie mit schalle. || den tranken sie mit Freude. | |||
|- | |||
| er sprach: "und wolt ir gogelfur erkennen, || Er sprach: "Und wenn ihr den Übermut erkennen wollt, | |||
|- | |||
| so siczt und seit ein frolich man, || so setzt euch und seid ein fröhlicher Mann, | |||
|- | |||
| ich hilf euch mit gemach hin dan, || ich helfe euch mit Vergnügen hinaus, | |||
|- | |||
| wolt ir mich nimmer nennen." || dass ihr mich nicht mehr erwähnen wollt." | |||
|- | |||
| <br/ > | |||
|- | |||
| VIII | |||
|- | |||
| "Dir sei gelobet an die hant: || Dir sei in die Hand versprochen: | |||
|- | |||
| du wirst von mir nicht mer genant, || du wirst von mir nicht mehr erwähnt, | |||
|- | |||
| was ich will furbas singen, || <in dem>, was ich weiter singen will, | |||
|- | |||
| und auch was gedichten kan, || und auch was ich dichten kann, | |||
|- | |||
| du haist der ungenante man, || du wirst der namenlose Mann genannt, | |||
|- | |||
| du solt frolichen springen, || du sollst fröhlich springen, | |||
|- | |||
| und hais die öden schaiden aus dem garten." || und befehle den Öden aus dem Garten zu gehen." | |||
|- | |||
| "wol auf, ir herrn, wir sollen gan || "Wohl auf, ihr Herren, wir sollen gehen | |||
|- | |||
| gar zuchtiglichen auf den plan || gar ehrfurchtsvoll auf den Platz | |||
|- | |||
| und dienen frauen zarten." || und den schönen Frauen dienen." | |||
|- | |||
| <br/ > | |||
|- | |||
| IX | |||
|- | |||
| Die verswunden so zuhant, || Sie verschwanden sofort, | |||
|- | |||
| do bracht man mir ein gut gewant, || da brachte man mir ein gutes Gewand. | |||
|- | |||
| das must ich dannen furen || Dadurch musste ich von dannen fahren | |||
|- | |||
| darczu so gabns mir ein pfert, || dazu gaben sie mir ein Pferd, | |||
|- | |||
| das was wol dreissig pfunde werdt || das war wohl dreißig Pfund wert | |||
|- | |||
| und zeltet nach den schnúren. || und ging im Passgang an den Zügeln. | |||
|- | |||
| des danckt ich schon den manen und den frawen || Dafür dankte ich den Männern und den Frauen schon | |||
|- | |||
| und rait daczu in auf den plan, || und ritt zu ihnen auf den Platz, | |||
|- | |||
| da mochten siben hundert stan, || da könnten siebenhundert Menschen stehen, | |||
|- | |||
| die mich begunden schawen. || die begannen mich anzuschauen. | |||
|- | |||
| <br/ > | |||
|- | |||
| X | |||
|- | |||
| Auf die rais so was mir gah, || Auf der Reise hatte ich es eilig, | |||
|- | |||
| mir ward ein michel kaffen nach || mir war als ob mir einer heftig nachschaute, | |||
|- | |||
| von liechten augen schöne. || mit leuchtenden schönen Augen. | |||
|- | |||
| Friderunen näckelin, || Frideruns Nacken | |||
|- | |||
| das gab fur die andern schein, || der gab für die anderen Schein, | |||
|- | |||
| mit lob ichs imber kröne. || das kröne ich immer mit Lob, | |||
|- | |||
| ich rait gein Wien und sagt die abenteure, || Ich ritt nach Wien und erzählte die Geschichten, | |||
|- | |||
| wie sie mir alle trúgen has, || wie sie mir alle Hass entgegentrugen, | |||
|- | |||
| da ich in dem garten saß, || als ich dem Garten saß, | |||
|- | |||
| iedoch ward mir ir stewre. || jedoch wurde ich von ihnen gescholten. | |||
|- | |||
| <br/ > | |||
|- | |||
| XI | |||
|- | |||
| Der herczog sandt gein Zeisselmaur, || Der Herzog sandte eine Botschaft nach Zeisselmaur, | |||
|- | |||
| er lie frei den selben pauer || er ließ denselben Bauern frei | |||
|- | |||
| und all sein hausgenossen. || und alle seine Hausgenossen. | |||
|- | |||
| des ward fro der Engelmar, || Darüber war Engelmar froh, | |||
|- | |||
| der mir half frölich von der schar || der half mir glücklich aus der Menge, | |||
|- | |||
| wol auf des reiches strassen. || wohl auf die Straße. | |||
|- | |||
| und Engelmair wil ich nimmer nennen, || Und Engelmair will ich nicht mehr erwähnen, | |||
|- | |||
| er haist der ungenante man, || er heißt der ungenannte Mann, | |||
|- | |||
| der wol mit Friderúnen kan, || der sich wohl mit Friederun versteht, | |||
|- | |||
| ir múgt in wol erkennen. || ihr könnt ihn sicher erkennen. | |||
|} | |||
== Übersetzung Sommerlied 22 == | |||
{| | |||
! Mittelhochdeutsch !! Neuhochdeutsch | |||
|- | |||
| I* | |||
|- | |||
|Der winter hât ein ende. || Der Winter hat ein Ende. | |||
|- | |||
| komen ist uns der meie, || Der Mai ist zu uns gekommen, | |||
|- | |||
| der uns bluomen bringet mager leie. || der uns so mancherlei Blumen bringt. | |||
|- | |||
| ich hoer diu vogelîn singen. || Ich höre die Vöglein singen. | |||
|- | |||
| wir suln alle springen, || wir sollen alle tanzen, | |||
|- | |||
| sîn gemeit. || fröhlich sein. | |||
|- | |||
| der walt ist wol geloubet, || Der Wald ist wohl belaubt, | |||
|- | |||
| diu linde guldîn tolden treit. || die Linde trägt eine goldene Baumkrone. | |||
|- | |||
| <br/ > | |||
|- | |||
| I | |||
|- | |||
| Der linden welnt ir tolden || Die Linden wollen ihre Baumkronen | |||
|- | |||
| von niuwem loube rîchen; || mit neuem Laub schmücken. | |||
|- | |||
| da under lâzent nahtigal dar strîchen: || Darunter nisten sich die Nachtigallen ein: | |||
|- | |||
| si singent wol ze prîse || Sie besingen wohl herrlich | |||
|- | |||
| vremde süeze wîse, || die fremde schöne Wiese, | |||
|- | |||
| doene vil. || mit vielen Tönen. | |||
|- | |||
| si vreunt sich gein dem meien: || Sie freuen sich über den Mai: | |||
|- | |||
| sîn kunft diu ist ir herzen spil. || Seine Ankunft ist ihnen eine Herzensfreude. | |||
|- | |||
| <br/ > | |||
|- | |||
| II | |||
|- | |||
| Si sprechent, daz der winder || Sie sprachen, dass der Winter | |||
|- | |||
| hiuwer sî gelenget. || jetzt aufgeschoben sei. | |||
|- | |||
| nu ist diu wise mit bluomen wol gemenget, || Nun ist die Wiese wohl mit Blumen durchsetzt, | |||
|- | |||
| mit liehter ougenweide || mit einer schönen Augenweide | |||
|- | |||
| rôsen ûf der heide || Rosen auf der Heide | |||
|- | |||
| durch ir glanz. || durch ihren Glanz. | |||
|- | |||
| der sante ich Vriderûnen || Da schickte ich Vriderun | |||
|- | |||
| einen wolgetânen kranz. || einen prächtigen Kranz. | |||
|- | |||
| <br/ > | |||
|- | |||
| III | |||
|- | |||
| Die vogele in dem walde || Die Vögel im Wald | |||
|- | |||
|singent wünneclîchen. || singen wunderschön. | |||
|- | |||
| stolze mägde, ir sult ein niuwez tîchen. || Stolze Mädchen, ihr sollt etwas Neues treiben. | |||
|- | |||
| vreut iuch lieber maere! || Freut euch über die schöne Geschichte! | |||
|- | |||
| manedes herzen swaere || Manches Herzen Schwere | |||
|- | |||
| wil zergân. || wird verschwinden. | |||
|- | |||
| tuot, als ich iuch lêre, || Macht es, wie ich euch lehre, | |||
|- | |||
| strîchet iuwer kleider an! || zieht eure Kleider an! | |||
|- | |||
| <br/ > | |||
|- | |||
| IV | |||
|- | |||
| Ir brîset iuch zen lanken, || Ihr kleidet euch bis zur Taille, | |||
|- | |||
| stroufet ab die rîsen! || streift den Schleier ab! | |||
|- | |||
| wir sulnz ûf dem anger wol wikîsen. || Wir sollen auf der Wiese schön tanzen. | |||
|- | |||
| Vriderûn als ein tocke || Vriderun sprang wie eine Puppe | |||
|- | |||
| spranc in ir reidem rocke || in ihrem gefältetelten Rock | |||
|- | |||
| bî der schar: || bei der Schar: | |||
|- | |||
| des nam anderthalben || Das nahm andererseits | |||
|- | |||
| Engelmâr vil tougen war. || Engelmar ganz heimlich wahr. | |||
|- | |||
| <br/ > | |||
|- | |||
| V | |||
|- | |||
| Dô sich aller liebes || Als alle Liebenden | |||
|- | |||
| gelîch begunde zweien, || gleich begannen sich zu paaren, | |||
|- | |||
| dô sold ich gesungen haben den reien, || da sollte ich das Tanzlied gesungen haben, | |||
|- | |||
| wan daz ich der stunde || außer dass ich über diese Stunde | |||
|- | |||
| niht bescheiden kunde || nicht aufklären konnte | |||
|- | |||
| gegen der zît || gegen die Zeit | |||
|- | |||
| sô diu sumerwünne || sodass die Sommerwonne | |||
|- | |||
| manegem herzen vreude gît. || manchem Herzen Freude schenke. | |||
|- | |||
| <br/ > | |||
|- | |||
| VI | |||
|- | |||
| Nu heizent sî mich singen; || Nun lassen sie mich singen; | |||
|- | |||
| ich muoz ein hûs besorgen, || ich muss ein Haus besorgen, | |||
|- | |||
| daz mich sanges wendet manegen morgen. || sodass mich mancher Morgen am Gesang hindert. | |||
|- | |||
| wie sol ich gebâren? || Wie soll ich mich verhalten? | |||
|- | |||
| mirst an Engelmâren || Engelmar ist mir | |||
|- | |||
| ungemach, || unangenehm, | |||
|- | |||
| daz er Vriderûnen || da er Vriderun | |||
|- | |||
| ir spiegel von der sîten brach. || ihren Spiegel von der Seite zerbrach. | |||
|- | |||
| <br/ > | |||
|- | |||
| VIa | |||
|- | |||
| Sîner basen bruoder || Dem Bruder seiner Tante | |||
|- | |||
| hiet sis wol erlâzen. || hätte er es wohl erlassen. | |||
|- | |||
| er kan sich deheiner dinge mâzen; || Er kann sich irgendwelchen/keinen Dingen enthalten; | |||
|- | |||
| er ist ein toerscher Beier. || er ist ein törichter Bayer. | |||
|- | |||
| er un der junge meier || Er und der junge Meier | |||
|- | |||
| tuont ir leit. || tun ihr leid. | |||
|- | |||
| noch hât sî den vriunt, || Noch hat sie den Freund, | |||
|- | |||
| der imz die lenge niht vertreit. || der die Distanz nicht erträgt. | |||
|- | |||
| <br/ > | |||
|- | |||
| VIb | |||
|- | |||
| Dar umbe wil sie aber || Darum will sie aber | |||
|- | |||
| ein Engelmâr vertrîben. || Engelmar vertreiben. | |||
|- | |||
| er ist ein gemzinc under jungen wîben. || Er ist der Gemsbock unter den jungen Frauen. | |||
|- | |||
| er ist ein ridewanzel, || Er ist ein Tänzer des Ridewanz, | |||
|- | |||
| in dem geu vortanzel. || auf dem Land er tanzt er vor. | |||
|- | |||
| sîn gewalt || Seine Gewalt | |||
|- | |||
| der ist an dem reien || ist beim Tanz | |||
|- | |||
| under den kinden manicvalt. || unter den Mädchen zahlreich. | |||
|- | |||
| <br/ > | |||
|- | |||
| VIc | |||
|- | |||
| Daz ist Friderûne || Das ist für Friderune | |||
|- | |||
| ein lange werndiu swaere || ein langwieriges Leid | |||
|- | |||
| von Engelmâre dem toerschen tanzprüevaere, || von Engelmar dem törichten Tanzleiter, | |||
|- | |||
| daz er ir torste lâgen. || als er es wagte ihr aufzulauern. | |||
|- | |||
| daz klagtes al ir mâgen. || Das alles beklagte ihr Magen. | |||
|- | |||
| umbe den schal || Vor dem Geräusch | |||
|- | |||
| solt dû dich nu hüeten, || sollst du dich nun hüten, | |||
|- | |||
| Friderûn! fliuch gein Riuwental! || Friderun! Flieh nach Reuental! | |||
|- | |||
| <br/ > | |||
|- | |||
| VId | |||
|- | |||
| Der het ir genomen || Der hat ihr | |||
|- | |||
| in schimphe ein tockenwiegel. || im Scherz eine Puppenwiege weggenommen. | |||
|- | |||
| daz hiet wir verklagt, niewan den spiegel || Das hat uns beklagt, vor allem den Spiegel, | |||
|- | |||
| (der was von helfenbeine, || (der war aus Elfenbein, | |||
|- | |||
| waehe, ergraben kleine), || kostbar, fein graviert), | |||
|- | |||
| den sîn hant || den seine Hand | |||
|- | |||
| ir nam gewalticlîche; || ihr mit Gewalt wegnahm; | |||
|- | |||
| dâ von al mîn vreude swant. || daraufhin verschwand all meine Freude. | |||
|- | |||
| <br/ > | |||
|- | |||
| VIe | |||
|- | |||
| Ir sult mirz wol gelouben, || Ihr sollt es mir wohl glauben, | |||
|- | |||
| ich sag iz niht gerne: || ich sag es nicht gerne: | |||
|- | |||
| diu spiegelsnour diu kom her von Iberne, || Das Band des Spiegels kommt aus Iberne, | |||
|- | |||
| ez was ein waeher borte. || es war ein kostbares Band. | |||
|- | |||
| niden an dem orte || An der unteren Stelle | |||
|- | |||
| stuonden tier || befanden sich Tiere | |||
|- | |||
| geworht von rôtem golde. || hergestellt aus rotem Gold. | |||
|- | |||
| nie geschach sô leide mir. || Nie widerfuhr mir so viel Leid. | |||
|- | |||
| <br/ > | |||
|- | |||
| VIf | |||
|- | |||
| Daz ich niht froelîch singe, || Dass ich nicht fröhlich singe, | |||
|- | |||
| daz wendet mir ein swaere, || das bereitet mir viel Leid, | |||
|- | |||
| von der ich alsô gerne ledic waere. || von dem ich so gerne frei wäre. | |||
|- | |||
| diese dorfgebûwer || Diese Dorfbauern | |||
|- | |||
| die nimt des gar untûwer; || die kümmert das gar nicht; | |||
|- | |||
| sie tragent mir haz. || sie bringen mir Hass entgegen. | |||
|- | |||
| ob si niht enwaeren, || Wenn sie nicht wären, | |||
|- | |||
| sô sunge ich für wâr fürebaz. || dann würde ich fürwahr anderswo singen. | |||
|- | |||
| <br/ > | |||
|- | |||
| VIg | |||
|- | |||
| Erkenbreht und Uoze || Erkenbrecht und Uoze | |||
|- | |||
| und der ungenante, || und der Ungenannte, | |||
|- | |||
| Gôzbreht, der mich ofte sanges wante, || Gozbrecht, der mich oft am Singen hinderte, | |||
|- | |||
| die sint nu gar gesweiget || die nun ganz und gar still | |||
|- | |||
| unde ihr freude seiget || und ihre Freude schwankt | |||
|- | |||
| hin und her. || hin und her. | |||
|- | |||
| ir schîbe, diu gienc ebene, || Ihre Kugel, die stand gleichmäßig hinaus, | |||
|- | |||
| diu ust gestrûchet nû entwer. || die ist nun hin und her gefallen. | |||
|- | |||
| <br/ > | |||
|- | |||
| VIh | |||
|- | |||
| Frou Hilde und getelinge, || Frau Hilde und die Burschen, | |||
|- | |||
| die sprungen an ir hende, || die tanzen an ihrer Hand, | |||
|- | |||
| ir tanz der was dô âne missewende. || ihr Tanz der war damals tadellos. | |||
|- | |||
| nu habent sî erworben, || Nun haben sie es erreicht, | |||
|- | |||
| daz er ist verdorben. || dass er verdorben ist. | |||
|- | |||
| ir üppekeit || Ihr Übermaß, | |||
|- | |||
| ich waen diu hât geprüevet || glaube ich, das hat | |||
|- | |||
| in manec gespötte unde leit. || manches Gespött und Leid hervorgerufen. | |||
|} | |} |
Aktuelle Version vom 25. Januar 2021, 15:56 Uhr
Übersetzung Winterlied 10
Mittelhochdeutsch | Übersetzung |
---|---|
I | |
Dô der liebe summer | Weil der liebe Sommer |
ureloup genam, | Abschied genommen hatte, |
dô muose man der tänze | musste man auf die Tänze |
ûfm anger gar verphlegen. | auf der Wiese gänzlich verzichten. |
des gewan sît kummer | Das bereitete seitdem |
der herre Gunderam: | Herr Gunderam Kummer: |
der muose ouch sîn gestränze | Er musste auch seine Angeberei |
dô lazen under wegen. | unterwegs aufgeben. |
der ist bickelmeister disen winder: | Er ist diesen Winter Aufseher beim Würfelspiel: |
oeder gouch ist in dem lande ninder, | nirgendwo in diesem Land gibt es einen törichteren Dummkopf. |
sîn rûmegazze kaphet zallen zîten wol hin hinder. | Sein Gassenräumer schaut wohl immer zu seinem Hintern. |
II | |
Waz er an den meiden | Was er an den Mädchen |
wunders dâ begât, | da für Wundertaten tat, |
ê daz mîn vrouwe Schelle | Noch bevor die Glocken meiner Frau |
volende ir gebot! | ihren Dienst vollenden würden! |
erst vil unbescheiden, | Er ist sehr rücksichtslos, |
wan swelhe er bestât, | denn welche er auch immer belagert, |
diu wirt von slegen helle | sie wird bleich wegen der Schläge |
und mîdende den spot; | und von dem Spott zieht sie sich zurück; |
dâ von lâzen alle ir smutzemunden, | Aus diesem Grund sollen alle mit dem Schmunzeln aufhören, |
des die jungen niht verheln enkunden! | das die Jungen nicht verbergen können! |
des hât ir hant von solher meisterschefte dicke enphunden. | Daher hat ihre Hand unter solcher Überlegenheit schon häufig gelitten. |
III. | |
Immer, sô man vîret, | Immer wenn man feiert, |
sô hebent sî sich dar | begeben sie sich dorthin |
mit einer samenunge, | mit einem Gefolge, |
den ich wol schaden gan. | dem ich wohl gerne schaden werde. |
Werenbreht der lîret, | Werenbrecht spielt auf der Leier |
sô sumbert Sigemâr. | und Sigmar trommelt. |
daz in dâ misselunge, | Dass ihm das misslingt, |
daz laege et eben an! | das wäre nur gut! |
daz sich doch vil lîhte mac verrîden: | was doch sehr leicht umkippen kann: |
wellents ir getelse niht vermîden, | wenn sie ihre Zügellosigkeit nicht unterlassen, |
sich mugen zwêne an mîner weibelruoten wol versnîden. | können sich zwei an meinem Gerichtsstab wohl verletzen. |
IV. | |
Koeme ich zeinem tanze, | Käme ich zu einem Tanz, |
dâs alle giengen bî, | wo alle hingingen, |
dâ wurde ein spil von hende | dann würde es ein Spiel mit Händen |
mit beiden ekken zuo. | und beiden Schwertern geben. |
lîhte geviele ein schanze, | Leicht ergäbe sich der Zufall, |
daz vor mir laegen drî. | dass vor mir drei daniederliegen. |
ich hielte ez âne wende, | Ich hielt es für sicher, |
verbüte ez einer vruo. | auch wenn es einer früh verhindern würde |
sige und saelde hulfen mir gewinnen, | Sieg und Glück würden mir gewinnen helfen, |
daz si halbe müesen dan entrinnen. | sodass sie fast davonkommen müssen. |
nu ziehen ûf und lâzen in ir gogelheit zerinnen! | Nun macht euch auf und die Ausgelassenheit soll zerinnen! |
V. | |
Sîne weidegenge | Seine Jagdausflüge, |
die verewent mich grâ, | lassen mich grau werden, |
swenn er verwendeclîchen | wann auch immer er hochmütig |
vür mîne vrouwen gât. | vor meiner Dame geht. |
trîbet erz die lenge, | Betreibt er es auf Dauer, |
bestât er danne dâ, | bleibt er dann dort, |
man hilft im ûz der kîchen, | hilft man ihm aus seinem Keuchen, |
daz er vil riuwic stât. | dass er sehr leidvoll dasteht. |
er und etelîcher sîn geselle, | Ihn und seine Gesellen, |
den ich tanzent an ir hant ersnelle, | die ich tanzend an ihrer Hand erwische, |
des sî gewis, ich slahe in, daz sîn offen stât ein elle! | das sei gewiss, die schlage ich, dass ihre Elle heraustritt! |
VI. | |
Im hilft niht sîn treie | Weder sein Wams hilft ihm |
noch sîn hiubelhuot; | noch seine Haube; |
ez wirt im in getrenket: | man wird sich an ihm rächen: |
er zuhte ir einen bal. | Er entriss ihr einen Ball. |
erst ein toerscher leie; | Er ist ein dummer Laie; |
sîn tumbelîcher muot | sein törichter Mut |
der wirt im dâ bekrenket. | wird ihn dabei verletzen. |
wil er vür Riuwental | Will er beim Jammertal |
hin und her sô vil gewentschelieren, | so sehr hin und her gehen, |
er wirt wol zezeiset under vieren. | er wird wohl von Vieren zerzaust, |
her Werenbreht, waz mag ich des, wirt im der umberieren? | Herr Werenbrecht, was kann ich dafür, wird ihn das zu Fall bringen? |
VIa | |
Die wîl ich die klingen | Die Schwerter will ich |
um mîne sîten trage, | an meinen Seiten tragen, |
sô darf mir durch mîn sumber | so kann mir niemand |
niemen stechen nieht. | durch mein Geflecht stechen. |
er mouz vil wîte springen: | Er muss sehr weit springen: |
begrîfe ichn mit dem slage, | ich erwische ihn mit dem Schlag, |
ich slahe in, daz er tumber | ich schlage ihn, dass er |
schouwet nimmer lieht. | kein Licht mehr sieht. |
ich hilf im des lîbes in den aschen | Ich bringe seinen Körper in den Schmutz |
und slah im mit willen eine vlaschen, | und gebe ihm mit Absicht einen Hieb, |
daz im die hunt daz hirne ab der erde müezen naschen. | dass ihm die Hunde das Gehirn von der Erde lecken können. |
VIb | |
Her Nîthart hât gesungen, | Herr Neidhart hat gesungen, |
az ich in hazzen wil | dass ich ihn hassen werde |
durch mînes neven willen, | meinem Verwandten zuliebe, |
des neven er beschallt. | dessen Verwandten er beschuldigt hatte. |
lieze ers unbetwungen! | Es ließ ihn unbekümmert! |
es ist im gar ze vil. | Es ist ihm gar zu viel. |
enpflæge er sîner grillen | Wenn er seine Grillen kultivieren würde, |
und het ouch der gewalt! | hätte er auch Gewalt! |
ez ist ein schelten, daz mich freuden letzet. | Es ist eine Beleidigung, die mich der Freude beraubt. |
wirt diu weibelroute mir gewetzet, | Wird für mich das Gerichtsschwert gewetzt, |
ich trenne in ûf, daz man wol einen sezzel in in setzet. | schneide ich ihn auf, sodass man wohl einen Sessel in ihn stellen könnte. |
Übersetzung Sommerlied 4
Mittelhochdeutsch | Übersetzung |
---|---|
I | |
Heid, anger, walt in fröuden stât; | Heide, Wiese, steht in Freuden; |
diu hânt sich bereitet mit ir besten wât, | sie haben sich mit ihrem schönsten Kleid geschmückt, |
die in der meie hât gesant. | das ihnen der Mai gegeben hat. |
sî wir alle | Sieh wir alle |
frô schalle! | jubeln glücklich mit Freude! |
sumer ist komen in diu lant. | Der Sommer ist ins Land gekommen. |
II | |
Wol ûz der stuben, ir stolzen kint, | Wohl aus der Stube, ihr prächtigen Kinder, |
lât iuch ûf der strâze sehen! Hin ist der scherfe wint | lasst euch auf der Straße sehen! Der scharfe Wind ist vorbei |
unde ouch der vil kalte snê. | und auch der sehr kalte Schnee. |
hebt iuch balde | Macht euch schnell |
zuo dem walde! | zum Wald auf! |
vogelîn singent, den was wê. | Die Vöglein singen, sie hatten gelitten. |
III | |
Diu sint ergetzet leides gar. | Die wurden gänzlich für das Leid entschädigt. |
ir sult mirz gelouben! nemt sîn selbe war, | Ihr sollt es mir glauben! Nehmt es selbst wahr, |
waz der sumer erzeiget hât! | was der Sommer offenbart hat! |
er will rîchen | Er wird |
sicherlîchen | sicherlich |
manegem boum mit loubes wât. | manchen Baum mit einem Laubkleid schmücken. |
IV | |
Die nû vor grôzer huote megen, | Die, die schon vorher große Fürsorge haben wollen, |
die suln balde ir bestez vîrtacgwant an legen | die sollen bald ihr bestes Festtagsgewand anziehen, |
lâzen sich dar inne ersehen! | und sich darin erblicken lassen! |
wir suln schouwen | Wir sollen |
vor den ouwen | vor zu den Feldern schauen |
maneger hande bloumen brehen, | wie manche Hände Blumen pflücken. |
V | |
Swie Riuwental mîn eigen sî, | Auch wenn das Jammertal mir gehört, |
ich bin disen sumer aller sorgen frî, | bin ich diesen Sommer von allen Sorgen befreit, |
sît der winter ist dâ hin. | seit der Winter vorbei ist. |
ich will lêren | Ich will |
die jungen êren | den Jungen dieselbe Freude bereiten: |
freude: dar nâch stêt mîn sin. | Danach trachtet mein Sinn. |
Übersetzung Sommerlied 18
Mittelhochdeutsch | Übersetzung |
---|---|
I | |
„Uns wil ein sumer komen“, | „Es wird ein Sommer zu uns kommen“, |
sprach ein magt: „jâ hân ich den von Riuwental vernomen. | sprach ein Mädchen: „ Ja das habe ich von jenem vom Jammertal gehört. |
jâ wil ich in loben. | Wirklich, ich will ihn loben. |
mîn herze spilt gein im vor vreuden, als ez welle toben. | Mein Herz schlägt für ihn vor Freude, als ob es toben wollte. |
ich hœr in dort singen vor den kinden. | Ich höre ihn dort vor den Kindern singen. |
jâne wil ich nimmer des erwinden, | Auf diese Weise will ich das nicht beenden, |
ich springe an sîner hende zuo der linden.“ | ich springe an seinen Händen zu den Linden.“ |
II | |
Diu muoter rief ir nâch: | Die Mutter rief ihr nach: |
sî sprach: „tohter, volge mir, niht lâ dir wesen gâch! | Sie sprach: „Tochter, folge mir, lass dich nicht drängen! |
weistû, wie geschach | Weißt du, was |
dîner spilen Jiuten vert, alsam ir eide jach? | deiner Gespielin Jiute früher passiert ist, wie ihre Mutter sagte? |
der wouhs von sînem reien ûf ir wempel, | Ihr Bauch wuchs von seinem Tanz |
und gewan ein kint, daz hiez si lempel: | und sie bekam ein Kind, das sie Lempel nannte: |
alsô lêrte er sî den gimpelgempel.“ | So zeigte er ihr die Tanzweise/den Penis.“ |
III | |
„Muoter lât iz sîn! | „Mutter lass es sein! |
er sante mir ein rôsenschapel, daz het liehten schîn, | Er legte mir einen Rosenkranz, der hell geleuchtet hat |
ûf daz houbet mîn, | auf meinem Kopf, |
und zwêne rôten golzen brâhte er her mir über Rîn: | und er brachte mir zwei rote Schuhe über den Rhein: |
die trag ich noch hiwer an mînem beine. | die trage ich noch jetzt an meinem Bein. |
des er mich bat, daz weiz ich niewan eine. | Worum er mich bat, das weiß nur ich allein. |
jâ volge ich iuwer ræte harte kleine.“ | Auch folge ich euerem Rat überhaupt nicht.“ |
IV | |
Der mouter der wart leit, | Der Mutter, der war es leid, |
daz diu tohter niht enhôrte, daz si ir vor geseit; | dass die Tochter nicht erhörte, was sie ihr vorhersagte; |
iz sprach diu stolze meit: | Es sprach das stolze Mädchen: |
„ich hân im gelobt: des hât er mîne sicherheit. | „Ich habe ihn zum Mann genommen: Dafür hat er mein Ehrenwort. |
waz verliuse ich dâ mit mîner êren? | Warum soll ich damit meine Ehre aufs Spiel setzen? |
jâne wil ich nimmer widerkêren, | Auf diese Weise will ich nicht wieder zurückkehren, |
er mouz mich sîne geile sprünge lêren.“ | er muss mir seine begierigen Sprünge zeigen. |
V | |
Diu muoter sprach: „wol hin! | Die Mutter sprach: „Auf! |
verstû übel oder wol, sich, daz ist dîn gewin: | Verstehe es wohl oder übel, sieh, das ist dein Gewinn: |
dû hâst niht guoten sin. | du hast keinen guten Sinn. |
wil dû mit im gein Riuwental, dâ bringet er dich hin: | Willst du mit ihm ins Jammertal, dann bringt er dich hin: |
alsô kann sîn treiros dich verkoufen. | So kann sein Tanzlied dich aufgeben. |
er beginnt dich slahen, stôzen, roufen | Er beginnt dich zu schlagen, dich niederzustoßen, dich zu prügeln |
und müezen doch zwô wiegen bî dir loufen.“ | und es müssen doch zwei Wiegen bei dir laufen.“ |
Übersetzung Winterlied 24
Mittelhochdeutsch | Übersetzung |
---|---|
I | |
Sumer, dîner süezen weter müezen wir uns ânen; | Sommer, wir müssen auf dein schönes Wetter verzichten: |
dirre kalte winder trûren unde senen gît. | Dieser kalte Winter verursacht Traurigkeit und Sehnsucht. |
ich bin ungetroestet von der lieben wolgetânen. | Ich bin hoffnungslos auf die lieben Schönheiten. |
wie sol ich vertrîben dise lange swaere zît, | Wie soll ich diese lange schwere Zeit vertreiben, |
diu die heide velwet unde mange bluomen wolgetân? | die die Heide und einige Blumen kräftig entfärbt? |
dâ von sint die vogele in dem walde des betwungen, daz si ir singen müezen lân. | Davon sind die Vögel im Wald gezwungen, dass sie ihr Singen unterlassen müssen. |
II | |
Alsô hât diu vrouwe mîn daz herze mir betwungen, | So hat meine Dame mein Herz erobert, |
daz ich âne vröude muoz verswenden mîne tage. | dass ich ohne Freude meine Tage verschwenden muss. |
ez vervaehet niht, swaz ich ir lange hân gesungen; | Es nützt nichts, was ich ihr lange vorgesungen habe; |
mir ist alsô maere, daz ich mêre stille dage. | so ist es mir gleichgültig, dass ich sehr stillschweige. |
Ich geloube niht, das sî den mannen immer werde holt: | Ich glaube nicht, dass sie den Männern immer wohlgesonnen sein wird: |
wir verliesen, swaz wir dar gesingen unde gerûnen, ich und jener Hildebolt. | Wir gaben auf, was wir da singen und raunen, ich und jener Hildebolt. |
III | |
Der ist nû der tumbist under geilen getelingen, | Dieser ist nun der Dümmste unter den begierigen Burschen, |
er und einer, nennet man den jungen Willegêr: | ihn und <noch> einen nennt man den jungen Willeger: |
den enkunde ich disen sumer nie von ir gedringen, | ich konnte ihn diesen Sommer nie von ihr wegdrängen, |
sô der tanz gein âbent an der strâze gie entwer. | bis der Tanz gegen Abend an der Straße abgelehnt wurde. |
mangen twerhen blic den wurfen sî mich mit den ougen an, | Sie warfen mir mit den Augen so manchen schiefen Blick zu, |
daz ich sunder mînes guoten willen vor in beiden ie ze sweime muose gân. | dass ich gegen meinen guten Willen wegen ihnen beiden immer ins Schwanken kommen werde. |
IV | |
Wê, daz mich sô manger hât von lieber stat gedrungen | Wehe, dass mich so mancher von der günstigen Stelle weggedrängt hat |
beidiu von der guoten unde ouch wîlent anderswâ! | sowohl von der guten und auch einst anderswohin! |
oedelîchen wart von in ûf mînen tratz gesprungen. | Töricht wurde von ihm auf meinen Widerstand hin getanzt. |
ir gewaltes bin ich vor in mînem schophe grâ. | Wegen ihrer Gewalt bin ich vorn auf meinem Kopf grau. |
doch sô neic diu guote mir ein lützel über schildes rant. | Doch so neigte sich die Gute ein wenig über den Rand des Schildes zu mir. |
gerne mugt ir hoeren, wie die dörper sint gekleidet: üppiclîch ist ir gewant. | Gerne könnt ihr hören, wie die Dörper gekleidet sind: übermütig ist ihre Kleidung. |
V | |
Enge röcke tragent sî und smale schaperûne, | Sie tragen enge Obergewänder und knappe Mäntel, |
rôte hüete, rinkelohte schuohe, swarze hosen. | rote Hüte, Schnallenschuhe, schwarze Hosen. |
Engelmâr getet mir nie sô leide an Vriderûne, | Engelmar tat mir nie so <großes> Leid an in Bezug auf Friderun, |
sam die zwêne tuont. ich nîde ir phellerîne phosen, | wie es die beiden tun. Ich hasse ihre seidenen Beutel, |
die si tragent: dâ lît inne ein wurze, heizet ingewer. | die sie bei sich tragen: darin befindet sich eine Wurzel, sie heißt Ingwer. |
der gap Hildebolt der guoten eine bî dem tanze; die gezuhte ir Willegêr. | Hildebolt gab der Guten eine davon beim Tanz, diese entriss ihr Willeger. |
Va | |
Gern west ich, wie es die torpper vnter einander trachten. | Gerne wüsste ich, wie es die Dörper untereinander betrachten. |
sie trugen peckkelhauben, darczu lange swert | Sie trugen Eisenhauben, dazu lange Schwerter. |
ir spottigkeit, ir laster sie gar zu laster brachten: | Ihre Spottlust, ihr Laster brachte sie gar zur Schande: |
des wurdens durch die goller mer denn halb gewert. | dadurch wurden sie durch den Brustharnisch mehr als halb geschützt. |
sie stritten mit einander einen ganczen summer langen tag. | Sie stritten einen ganzen langen Sommertag miteinander. |
das ir geläße sahe herre Neithart, do er in dem vas bey dem wein lag. | Herr Neidhart sah ihr Benehmen, da er bei dem Fass Wein lag. |
VI | |
Sagte ich nû diu maere, wie siz mit ein ander schuofen, | Ich erzählte nun die Geschichte, wie sie es miteinander trieben, |
des enweiz ich niht: ich schiet von danne sâ zehant. | das weiß ich nicht: Ich hielt mich sofort von dort fern. |
manneglîch begunde sînen vriunden vaste ruofen; | Jeder begann seinen Freunden laut zu rufen; |
einer der schrê lûte: „hilf, gevater Weregant!“ | einer schrie laut: „Hilf, mein Freund Weregant!“ |
er was lîhte in grôzen noeten, dô er sô nâch helfe schrê. | Er war sicher in großer Verzweiflung, da er so nach Hilfe schrie. |
Hildeboldes swester hôrte ich eines lûte schrîen: „wê mir mînes bruoder, wê!“ | Hildebolts Schwester hörte ich allein laut schreien: „Wehe mir mein Bruder, wehe!“ |
VIa | |
Dô kam schiere ein geteline geloufen von dem strîte: | Da kam bald ein Bursche von dem Streit herbeigerannt; |
den frâgt ich der maere. "Willeher mit ellen streit. | den fragte ich nach der Geschichte. „Willeher streitet mit Kraft. |
Hildeboltes schapperûn der ist zerzerret wîte | Hildebolts Mantel ist überall zerissen |
und dar zuo sîn enger roc wol drîer spannen breit." | und dazu sein enges Obergewand wohl drei Spannen breit.“ |
daz geschach umb eine wurzen, die man ûz der hende ir brach. | Dies geschah wegen einer Wurzel, die man ihr aus den Händen riss. |
des engalt vil mangiu spaehiu hûbe, die man bî dem tanze zerzerret ligen sach. | Daher geht es um viele schöne Hauben, die man bei dem Tanz <dort> zerrissen liegen sah. |
VII | |
Wâ bî sol man mîn geplätze hinne vür erkennen? | Wodurch soll man mein Geschwätz künftig erkennen? |
hie envor dô kande man iz wol bî Riuwental. | Bisher kannte man es wohl dort beim Jammertal. |
dâ von solde man mich noch von allem rehte nennen: | Davon sollte man mich noch zu allem Recht erwähnen: |
nust mir eigen unde lêhen dâ gemezzen smal. | Nun ist mein Eigentum und Lehen dort sehr klein bemessen. |
kint, ir heizet iu den singen, der sîn nû gewaltic sî! | Kinder, ihr werdet in den Gesänge genannt, der Sinn sei nun gewaltig! |
ich bin sîn verstôzen âne schulde: mîne vriunt, nu lâzet mich des namen vrî! | Ich bin ohne Schuld verstoßen worden: Meine Freunde, nun lasst mich frei von diesem Namen! |
VIII | |
Ich hân mînes herren hulde vloren âne schulde: | Ich habe den Wohlwollen meines Herren ohne Schuld verloren: |
dâ von so ist mîn herze jâmers unde trûrens vol. | davon ist mein Herz voller Kummer und Trauer. |
rîcher got, nu rihte mirz sô gar nâch dîner hulde, | Großzügiger Gott, ich strebe so sehr nach deiner Gnade, |
manges werden friundes daz ich mich des ânen sol! | Ich werde Freunde verlieren, wenn ich darauf verzichten soll! |
des hân ich ze Beiern lâzen allez, daz ich ie gewan, | Das alles habe ich in Bayern gelassen, was ich jemals gewann, |
unde var dâ hin gein Ôsterrîche und wil mich dingen an den werden Ôsterman. | und gehe dorthin nach Österreich und will mich bei den würdigen Österreichern verteidigen. |
IX | |
Mîner vînde wille ist niht ze wol an mir ergangen: | Der Wille meiner Feinde gereichte mir nicht zum Wohl: |
wolde ez got, sîn mähte noch vil lîhte werden rât. | Wollte es Gott, werden seine Mächte sicherlich Rettung geben. |
in dem lande ze OEsterrîche wart ich wol enphangen | In dem Land Österreich wurde ich freundlich empfangen |
von dem edeln vürsten, der mich nû behûset hât. | von einem edlen Fürsten, der mich aufgenommen hat. |
hie ze Medelicke bin ich immer âne ir aller danc. | Hier in Medelicke bin ich immer ohne ihr aller Dank. |
mir ist leit, daz ich von Eppen und von Gumpen ie ze Riuwental sô vil gesanc. | Ich bin traurig, dass ich so viel von Eppen und von Gumpen von jeher beim Reuental gesungen habe. |
IXa | |
Her Nîthart hât uns hie verlâzen als diu krâ den stecken, | Herr Neidhart hat uns hier verlassen wie die Krähe den Stock, |
diu dâ hinne fliuget unde sitzet ûf ein sât. | die dort fortfliegen und auf ein Saatfeld sitzen. |
ez sol ein man mit fremden frouwen niht ze vil gezecken, | Es soll ein Mann nicht zu viel Scherz treiben mit fremden Frauen, |
der der wâren schulde an sîner keine vunden hât. | der keine wahre Schuld bei sich gefunden hat. |
er niez sîn tegelîche spîse (der hât er dâ heime genouc), | Er genießt seine tägliche Speise (davon hat er zuhause genug), |
lâz Hildebolten mit gemache! ez was ein eichel, die er bî im in dem biutel truoc. | lass Hildebolt mitmachen! Es war eine Eichel, die er bei sich im Beutel trug. |
X | |
Rädelohte sporen treit mir Fridepreht ze leide, | Runde Sporen führt Friedepreht zu meinem Leid, |
niuwen vezzel hât er baz dan zweier hende breit. | er hat einen neuen Schwertgurt, mehr als zwei Hände breit. |
rucket er den afterreif hin wider ûf die scheide, | Er rückt das Band wieder auf die Schwertscheide, |
wizzet, mîne vriunde, daz is mir ein herzenleit! | wisst, meine Freunde, das ist mir ein Herzensleid! |
zwêne niuwe hantschuoh er unz ûf den ellenbogen zôch. | Er zog uns zwei neue Handschuhe bis zum Ellenbogen hinauf. |
mugt ir hoeren, wie der selbe gemzinc von der lieben hiuwer ab dem tanze vlôch? | Könnt ihr hören, wie derselbe Gemsbock jetzt wegen dem Tanz vor der Geliebten geflohen ist? |
Xa | |
Er gap versengelt wol, rehte als im waer an gebunden | Er lief sichder davon, geradeaus als ob er angebunden wäre. |
ein swînes blâse, alsô man den wilden hunden tuot. | Eine Schweineblase, wie man sie den wilden Hunden gibt. |
ofte brach er sînen zelt, als sî doch wol befunden, | Oft unterbrach er seinen Schritt, als sie diesen doch sicher bemerkten, |
Hatze und Pletze und jeniu ir gespile Hademuot. | Hatze und Pletze und jene, ihre Gespielin Hademuot. |
frâget Engeltrûten, wiez laeg umbe ir bruoder Fridebreht! | Engeltrut fragt, wie es um ihren Bruder Fridebreht steht! |
"ach ach, er hât verrenket sich vor vorhte", alsô hât si mir geseit, "der toersche kneht." | „Ach, ach, er ist aus Angst umgeknickt“, so hat sie mir erzählt, „der dumme Knecht.“ |
Xb | |
Sach ab ieman jenen mit der gickelvêhen täcken? | Ob jemand jenen mit der bunt (gescheckten) Zacke sah? |
die treget er ûf der hende und klopfet ûf sîn niuwez swert: | Diese trägt er in den Händen und klopft auf sein neues Schwert: |
dâ mite er uns des nahtes ab der gazzen wil erschrecken. | Damit will er uns nachts aus der Gasse scheuchen. |
der selbe dünket sich noch mêr dan drîer bônen wert, | Derselbe hält sich noch für mehr als drei Bohnen wert, |
als er danne gerûzet unde gedraeset, der vil übele man, | wenn er dann schnarcht und belästigt, der sehr jämmerliche Mann, |
und im sîn täcke ringeleht erklinget dem gelîche, als er trage ein goller an. | und ihm ertönt dementsprechend seine ringförmige Zacke, als ob er einen Brustharnisch träge. |
Übersetzung Winterlied 13
Mittelhochdeutsch | Übersetzung |
---|---|
I. | |
Wi überwinde ich beide | Wie bewältige ich beides, |
mîn liep und die sûmerzît? | meine Liebe und die Sommerzeit? |
ine kan die wolgetânen schiere niht verklagen. | Ich kann die Schönen nicht gleich vergessen. |
von sô grôzem leide, | Von so großem Kummer, |
mir riuwe âne vröude gît, | mir Schmerz ohne Freude bereitet, |
trûre ich wol von schulden nû ze disen trüeben tagen, | betrauere ich wohl mit Recht nun diese trüben Tage, |
di uns den winder kündent, der uns manger vröude roubet. | die uns den Winter ankündigen, der uns manche Freude raubt. |
sanges habent sich diu kleinen vogelîn geloubet: | Die Vöglein haben das Singen aufgegeben: |
alsô möhte ich wol mit mînem sange stille dagen. | So will ich gewiss mit meinem Gesang still schweigen. |
II. | |
Sol mich niht vervâhen | Es soll mich nicht einnehmen, |
mîn trôst und mîn wân, | mein Trost und meine Hoffnung, |
sô enweiz ich, was genâden ich mich trœsten mac. | so weiß ich, mit welchem Beistand ich mich trösten kann. |
wol mac ir versmâhen | Ihr könnt wohl meinen Dienst |
mîn dienest, den ich ir hân | verachten, den ich ihr |
lange her geleistet und des ie mit triuwen phlac. | bis jetzt lange geleistet habe und deshalb immer mit Treue ausübte. |
alsô phlæge ichs immer gerne, möhte ich des geniezen, | So würde ich es immer gerne machen, ich möchte davon profitieren, |
sô daz mich die dörper mînes lônes iht verstiezen. | sodass mich die Dörper wegen meinem Lohn nicht verstoßen. |
des ist Uoze grîfic und sîn rûher schavernac. | Danach ist Uoze gierig und nach seiner struppigen Pelzmütze. |
III. | |
Engelwân und Uoze | Engelwan und Uoze, |
die zwênè sint mír geház | ich hasse die beiden |
(schaden unde nídes muoz ich mich von in versehen) | (Mit Schaden und Neid muss ich bei ihnen rechnen) |
und der geile Ruoze: | und der übermütige Ruoze: |
wie tíuwèr er sích vermáz, | Wie prächtig er sich rühmte, |
der bestüende mich durch sî! die drîe widerwehen | er übertreffe mich durch sie! Die drei stellen sich mir |
râtent unde brüevent, daz ich ane lôn belîbe. | ratend und beurteilend entgegen, dass ich ohne Lohn bleibe. |
niht envolge ir lêre, vrouwe, liebist aller wîbe! | Folge nicht ihren Ratschlägen, Dame, liebste aller Frauen! |
lone mîner jâre; lâz in leit an mir geschehen! | Belohne mich für mein Alter; lass ihnen Leid wegen mir widerfahren! |
IV. | |
Vrouwe, dîne güete | Dame, deine Barmherzigkeit |
di erkénne ìch sô mánicvált, | die erkenne ich so vielfältig, |
daz ich liebes lônes von dir noch gedingen hân. | dass ich noch auf deinen Liebeslohn hoffe. |
daz mich ie gemüete, | ich war immer darum besorgt, |
die spränzlér und ír gewált, | die Bauern und ihre Gewalt, |
daz was mit den bluomen hin. nu wil mir Engelwân | da war es mit den Blumen vorbei. Nun will Engelwan mich |
dîne hulde verren: daz im müeze mísselingen, | von deiner Gunst fernhalten: Das muss ihm misslingen, |
sô daz hundert swert ûf sînem kophe lûte erklingen! | sodass hundert Schwerter auf seinem Kopf laut erklingen! |
snîdent sî ze rehte, sî zerüttent im den spân. | Sie schneiden <ihn> zurecht, sie verderben ihm das Glied. |
V. | |
Seht an Engelwânen, | Seht Engelwan an, |
wie hôhe ér sîn hóubet tréit! | wie hoch er sein Haupt trägt! |
swanne er mit gespannem swerte bî dem tanze gât, | Immer wenn er mit gespanntem Schwert zum Tanz geht, |
sô ist er niht âne | so ist er nicht ohne |
der vlaemìschen höveschéit, | flämische Ritterlichkeit, |
dâ sîn vater Batze wênic mit ze schaffen hât. | da sein Vater Batze wenig damit zu tun hat. |
nu ist sîn sun ein oeder gouch mit sîner rûhen hûben: | Nun ist sein Sohn ein törichter Dummkopf mit seiner struppigen Mütze: |
ich gelîche sîn gephnaete ze einer saten tûben, | Ich setze seine Aufgeblasenheit mit einer gesättigten Taube gleich, |
diu mit vollem krophe ûf einem korenkasten stât. | die mit vollem Kropf auf einem Getreidespeicher steht. |
VI. | |
Swer in sîner tougen | Wer auch immer in seinem Innersten |
ie líep òde leit gewán, | immer Liebe oder Leid erlebte, |
dem sint mîne sorgen und mîn kumber wol bekant. | dem sind meine Sorgen und meinen Kummer wohl bekannt. |
sît ich mînen ougen | Seit ich meinen Augen |
den stîc nìht verbíeten kán, | den Stoß nicht vorenthalten kann, |
sî enblicken hin, dâ Rouze tanzet an ir hant, | sehen sie hin, wenn Rouze an ihrer Hand tanzt, |
sô verlâze ich kûme, deich mich selben niht enroufe: | So gehe ich mit Mühe (und Not) davon, damit ich mich selbst nicht schlage: |
solhen wehsel nement, die dâ minnent, an ir koufe. | Einen solchen Wechsel nehmen sie, die da lieben, in Kauf. |
Minne, lâ mich vrî! mich twingent sêre dîniu bant. | Liebe, lass mich frei! Mich beherrschen deine Fesseln völlig. |
VII. | |
Minne, dîne snüere | Liebe, deine Schnüre |
die twíngènt daz hérze mîn, | die quälen mein Herz, |
daz ich hân ze strîte wider dich deheine wer. | dass ich mich gegen dich mit irgendeiner Hilfe gewehrt habe. |
swie verholne ich rüere | Wie verborgen ich |
den zímbèl der zélle dîn, | die Glocke in deiner Kammer bewege, |
sô bin ich betwungen des, daz ich dir hulde swer. | so bin ich dazu gezwungen, dass ich dich huldige. |
vrouwe Minne, dîn gewalt ist wider mich ze strenge; | Frau Minne, deine Macht ist zu gewaltig für mich; |
küneginne, dîner ungenâde niht verhenge, | Königin, lass deine Unbarmherzigkeit nicht zu, |
daz si mich verderbe! ja ist si über mich ein her. | sodass sie mich vernichten würde! Ja sie ist mir überlegen. |
Übersetzung Winterlied 1
Mittelhochdeutsch | Übersetzung |
---|---|
I | |
Winder, uns wil din gewalt | Winter, uns will deine Gewalt |
in die stuben dringen | in die Stuben drängen |
von der linden breit: | von der großen Linde. |
dine winde die sint kalt. | Deine Winde, die sind kalt. |
lerche, la din singen! | Lerche, unterlasse dein Singen! |
dir hat widerseit | Dir haben sich beide entgegengestellt; |
beide rife und ouch der sne; | Reif und auch der Schnee; |
du muost stille swigen: | Du musst still schweigen: |
so klag ich den grüenen kle. | so beklage ich den grünen Klee. |
meie, ich wil dir nigen; | Mai, ich will mich vor dir verneigen, |
mir tuot der winder we. | mir tut der Winter weh. |
II
Tanzet, lachet weset vro! | Tanzt, lacht, seid froh! |
daz zimt wol den jungen | Das steht wohl den Jungen |
disen winder lanc. | diesen Winter lang an. |
iu ze stiuwer gibe ich so | Als Steuer gebe ich so |
hiwer von miner zungen | jetzt von meiner Zunge, |
einen niuwen sanc, | einen neuen Gesang, |
daz ir ane swaeren muot | damit ihr ohne schweres Gemüt |
vreude mugt erbiten. | Freude erhoffen könnt. |
Engelmar, din stube ist guot: | Engelmar, deine Stube ist gut: |
küele ist an der liten. | kühl ist es am Abhang. |
der winder schaden tuot. | Der Winter richtet Schaden an. |
III | |
Etzel, Ruoze und Adelber | Etzel, Ruoze und Adelber |
und der geile Rüele. | und der übermütige Rüele. |
zesamen hânt gesworn | Zusammem haben sie sich |
alle ûf einen dörper hêr: | alle gegen einen hochmütigen Dörper verschworen. |
derst von Wîtenbrüele | Der ist von Witenbrüele |
und brüevet grôzen zorn. | und erfährt großen Hass. |
daz enkunde ich ê noch sît | Ich erfahre seitdem noch früher, |
nie voltagedingen. | dass es nie geschlichtet wird. |
Rüele enwolte enwiderstrît | Rüele wollte um die Wette |
an dem reien springen: | beim Tanzen springen: |
daz was Lanzen nît. | damit Lanzen neidisch war. |
IV | |
Lanze eine treien treit, | Lanze tanzt einen Tanz, |
diu ist von barchâne, | der ist von brachane, |
grüene alsô der klê. | grün wie der Klee. |
ze wîge hât er sich bereit: | Auf die Weihe hat er sich vorbereitet: |
er lebet in dem wâne, | Er lebt in dem Glauben, |
daz im niht widerstê. | dass sich ihm nichts entgegensteht. |
dar in er gesteppet hât | Da hat er |
ein guot îsnîn hemde, | ein gutes Eisenhemd genäht, |
limmende als ein ber er gât; | brummender als ein Bär geht er; |
guot muot ist im vremde. | eine gutes Herz ist ihm fremd. |
erst kint, der in bestât. | er ist ein Kind, der ihn überwältigt. |
IVa | |
Lanze der hât noch die frünt, | Lanze, der hat noch die Freunde, |
die in niht enlâzen, | die ihn nicht im Stich lassen, |
swie gar er sî ein kint. | als sei er gar ein Kind. |
drî hân ich iu schîere gekünt, | Ich habe euch drei sofort bekannt gemacht, |
die im ûf der strâzen | die auf der Straße |
bîgestendic sint: | zu ihm halten: |
Îsenbolt und Îsenhart | Isenbolt und Isenhart |
und der junge Vrîte. | und der junge Vrite. |
Rüele der wart nie sô zart, | Rüele, der war nie so lieb, |
er wær an dem strîte | er war bei dem Streit |
ze verhe wol bewart. | wohl bewahrt. |
IVb | |
Sô lâz wirs vehten umb den lîp. | So lassen wir sie um Leib (und Leben) kämpfen. |
und gê wir zuo dem tanze: | und wir gehen zu dem Tanz: |
dâ spring wir schône enbor. | Dort springen wir schön empor. |
nu wol ûf, meide und jungiu wîp, | Nun wohl auf, Mädchen und junge Frauen, |
Afrâ, Englîn, Franze, | Afra, Englin, Franze, |
diu wil uns singen vor. | die wollen uns vorsingen. |
Metze beit …. | Metze zögert …. |
und kumet Adelheite | und Adelheit kommt |
und über … Engellint | und über … Engellint |
und Irmengart gemeite, | und die fröhliche Irmengart , |
daz sint gar schœniu kint. | das sind sehr schöne Mädchen. |
Übersetzung Winterlied 27
Mittelhochdeutsch | Übersetzung |
---|---|
I | |
Mirst von herzen leide, | Mir tut es von Herzen leid, |
daz der küele winder | dass der kalte Winter |
verderbet schœner bluomen vil: | viele schöne Blumen zerstört: |
sô verderbet mich ein senelîchiu arebeit. | So stürzt mich ein schmerzliches Leid ins Verderben. |
dise sorge beide | Diese beiden Sorgen |
dringent mich hin hinder | drängen mich zurück |
ze ende an mîner vreuden zil. | zum Ende an den Endpunkt meiner Freude. |
owê, daz diu guote mit ir willen daz vertreit, | Oh weh, dass die Gute das bewusst/gerne erträgt, |
sît si wol geringen mac | seitdem sie wohl verringern kann |
alle mîne swaere! | all mein Kummer! |
hei, gelebte ich noch den tac, | Hei, würde ich nur noch den Tag erleben, |
daz sî genaedic wære! | an dem sie gütig wäre. |
II | |
Swenne ich mich vereine | Immer wenn ich mich vereine |
unde an sî gedenke, | und an sie denke, |
waer inder wîbes güete dâ, | wäre dort Güte innerhalb einer Frau, |
diune haete sich sô lange bî ir niht verholn. | die eine hätte sich bei ihr nicht so lange verborgen. |
sît si lônet kleine | Wenn sie meine neuen Klänge |
mîner niuwen klenke, | wenig belohnt, |
wan mag ich dienen anderswâ? | wodurch kann ich anderswo dienen? |
nein, ich wil mit willen disen kumber langer doln. | Nein, ich will diesen Kummer bewusst nicht länger erleiden. |
waz, ob noch ein saelic wîp | Was, wenn noch eine glückliche Frau |
gar den muot verkêret? | gar den Mut aufgibt? |
vreu mîn herze und troeste den lîp! | Erfreue mein Herz und tröste das Bewusstsein! |
diu zwei diu sint gesêret. | Die zwei sind verletzt. |
III | |
Zuo dem ungemache, | Zusätzlich zu dem Leid, |
den ich von ir lîde, | das ich von ihr erfahre, |
sô twinget mich ein ander leit, | so quält mich ein anderes Leid, |
daz vor allem leide mich sô sêre nie betwanc, | das mich von allem Leid nie so stark quälte, |
swiech dar umbe lache | weshalb ich darum lache |
und gebâre blîde: | und mich fröhlich verhalte: |
mir hât ein dörper widerseit | Ein Dörper hat sich mir entgegengestellt |
umb anders niht wan umbe den mînen üppeclîchen sanc. | um nichts anderes als um meinen überflüssigen Gesang. |
derst geheizen Adeltir, | Er hieß Adeltir, |
bürtic her von Ense, | gebürtig aus Ense, |
zallen zîten drôt er mir | zu allen Zeiten er droht mir |
als einer veizten gense. | wie einer dicken Gans. |
IV | |
Hiwer an einem tanze | Dieses Jahr bei einem Tanz |
gie er umbe und umbe. | ging er hin und her. |
den wehsel het er al den tac: | Den Wechsel hat er jeden Tag: |
glanziu schapel gap er umbe niuwiu krenzelîn. | Glänzende Bänder wickelte er um die neuen Kränze. |
Etzel unde Lanze, | Etzel und Lanze, |
zwêne knappen tumbe, | zwei törichte Burschen |
die phlâgen ouch, des jener phlac. | die auch das zu tun pflegten, was jener zu tun pflegte. |
Lanze der beswæret ein vil stolzez magedîn; | Lanze, der bedrängte ein sehr edles Mädchen; |
eine kleine rîsen guot | ein kleines Laubgeflecht |
zarte er ab ir houbet, | riss er ihr fest vom Kopf, |
dar zou einen bluomenhuot: | dazu einen Hut mit Blumen: |
wer het im daz erloubet? | Wer hat ihm das erlaubt? |
V | |
Owê sîner hende! | Ohwe seine Hände! |
daz si sîn verwâzen! | Dass sie ihn verdammen! |
die vinger müezen werden vlorn, | Die Finger müssen verdammt werden, |
dâ mit er gezerret hât den schedelîchen zar! | womit er den schlimmen Riss aufgerissen hat! |
hiete er ir gebende | Hätte er ihren Kopfschmuck |
ungezerret lâzen, | unzerrissen gelassen, |
daz kränzel hiete ouch sî verkorn. | hätte auch das Kränzchen sie ausgewählt. |
er ist ungevüeger danne wîlen Engelmâr, | Er ist viel ungestümer als einst Engelmar, |
der gewalticlîchen nam | der gewaltsam Friderun |
den spiegel Vriderûne. | den Spiegel wegnahm. |
des bin ich dem dörper gram, | deshalb bin ich dem Dörper böse, |
den selben Walberûne. | genauso dem Walberun. |
VI | |
Dise alten schulde | Dieses alte Unrecht |
wecket mir diu niuwe: | weckt mir ein neues: |
ez hât ein geiler getelinc | Es hat ein fröhlicher Bursche |
hiwer an mir erwecket, swaz mir leides ie geschach. | mich jetzt wachgerüttelt, was für ein Leid mir je geschah. |
ê ichz lange dulde, | Ehe ich es länger erdulde, |
sêt des mîne triuwe, | seht daher meine Beständigkeit, |
gespringe ich zuo zim in den rinc, | mit der ich zu ihm in den Ring springe, |
er bestât sîn buoze, daz er ir ze vrouwen jach, | er erhält seine Strafe, dass er sich auf die Frau stürzt, |
der ich lange gedienet hân | der ich lange gedient habe |
her mit ganzer staete! | mit ganzer Treue! |
wolde er sî gerouwet lân, | Wollte er sie in Ruhe lassen, |
wie rehte er danne taete! | dann würde er das Richtige tun! |
VII | |
Wê, waz hât er muochen! | Wehe, was hat er für Flausen <im Kopf>! |
si kumt im niht ze mâze. | Sie kommt ihm nicht zugute. |
zwiu sol sîn pîneclîch gebrech? | Was soll sein qualvoller Lärm? |
im enmac gehelfen niht sîn hovelîch gewant. | Ihm kann seine höfische Kleidung nicht helfen. |
er sol im eine suochen, | Er soll ihm eine suchen, |
diu in werben lâze. | die ihn werben lässt. |
diu sînen rôten buosemblech | Seine rote Brustplatten |
diu sint ir ungenaeme gar, dar zuo sîn hiufelbant. | die sind für sie ganz und gar abstoßend, dazu sein Brustband. |
enge ermel treit er lanc, | Enge Ärmel trägt er lang, |
die sint vor gebraemet, | diese sind vorne am Saum |
innen swarz und ûzen blanc. | innen schwarz und außen weiß verziert. |
mit sîner rede er vlaemet. | Er spricht wie ein Flame. |
VIIa | |
Sîner snüere strangen | Seine Schnürstränge |
tengelnt an den orten: | baumeln <dort> an dem Saum: |
dâ hanget wunder pfeffers an, | Daran hängt eine Menge Pfeffer, |
muscât, negele, pfâwenspiegel: dêst der dörper glanz. | Muskat, Nelken und Pfauenkraut: Das ist das Aussehen der Dörper. |
er wil überdrangen | Er will ein Mädchen |
ein meit mit süezen worten, | mit süßen Worten überwältigen, |
des im doch niht gehelfen kan | wobei ihm doch seine übertriebene Kleidung nicht helfen kann |
sîn üppiclîch gewant und dar zuo sîn vil waeher swanz. | und dazu seine sehr prächtiges Tanzkleid/Schleppe. |
ein vil guotez lînîn tuoch, | Ein sehr kostbares Leinentuch, |
sehzehn elen kleine, | genau sechzehn Ellen, |
hât sîn hemde und ouch sîn bruoch: | hat sein Hemd und auch seine Hose: |
der site ist ungemeine. | Sein Verhalten ist ungewöhnlich/fremd. |
VIIb | |
Her Nîthart, mugt irz lâzen? | Herr Neidhart, könnt ihr es unterlassen? |
iu mac misselingen. | Es kann euch misslingen. |
nu habt ez ûf die triuwe mîn, | Nun nehmt es bei meinem Wort, |
und mag ich, ez muoz iu bî dem tanze werden leit! | und ich möchte, dass es euch beim Tanze leid tun wird! |
welt ir uf der strâzen | Wollt ihr euch auf der Straße |
vil mit uns gedringen, | mit uns drängeln, |
swie breit ab iuwer multer sîn, | auch wenn euer Mehltrog breit ist, |
dâ gelpfe schînet under iuwer ringelehte pfeit, | dort strahlt Glanz unter eurem geringelten Hemd, |
und sult ir sîn der tiuvel gar | und solltet ihr gar der Teufel sein |
mit iuwerm glitzeden huote, | mit eurem glänzenden Hut, |
zwâre ich mache in bluotes var | verrichte ich wahrhaft ein Blutbad |
mit mînem swerte guote. | mit meinem guten Schwert. |
VIIc | |
"Nû dar, ziere gesellen, | "Nun dann, prächtige Freunde, |
nu stât mir algelîche, | nun steht mir allesamt bei, |
helfet, daz wir in bestân, | helft, dass wir ihn überwältigen, |
der uns bî dem tanze mit gemache niht enlât! | der uns beim Tanzen nicht in Ruhe lässt! |
ich trûwe in wol ervellen", | Ich hoffe ihn wohl zu Fall zu bringen", |
sô sprach Amelrîche: | so sprach Amelrîche: |
"die hant die muoz er mir hie lân, | "Die Hand muss er mir hier lassen, |
dâ der spreckelehte vogel oben ûfe stât, | da der gesprenkelte Vogel oben drauf steht |
und dar zuo dem zeswen fuoz, | und dazu mit dem rechten/starken Fuß, |
dar an der spore klinget. | an dem die Spore erklingt. |
jâ geschaffe ich mir sîn buoz, | Ja ich sorge für seine Strafe, |
daz er von uns niht singet." | sodass er nicht mit uns singt." |
Übersetzung c1
Mittelhochdeutsch | Neuhochdeutsch |
---|---|
I | |
Der swarcze dorn ist worden weis, | Der schwarze Dorn ist weiß geworden, |
nun hat der maie seinen vleis | nun hat der Mai seinen Leib |
geleget an den anger, | auf die Wiese gelegt, |
gar zergangen ist der schne, | der Schnee ist völlig geschmolzen, |
man siht hewer aber als ee | man sieht aber dieses Jahr sehr früh |
die liechten plumblein swanger. | die hellen vollen Blüten. |
der maie hat die veld gar schön beseczet | Der Mai hat die Felder gar schön besetzt |
mit gamillen plúmlein fein, | mit feinen Kamillenblumen, |
fro so singen die vogelein, | froh singen die Vöglein, |
irs laids sind sie ergeczet. | ihr Leid haben sie vergessen. |
II | |
Da fúr ich lob die rainen weib, | Dafür lobe ich die untadeligen Frauen, |
der wolgetraut globter leib | deren vertrauensvoll gelobter Leib |
kan pringen hoch gemúte. | ein Hochgefühl/Hochherzigkeit verursachen kann. |
die sich vor valsche hand behút, | Diejenige, die sich vor falscher Hand hütet, |
die lob ich fur alles gut, | die lobe ich für alles Gute, |
so wol dir, weibes gute! | so sei dir wohl, gute Frau! |
weib, behalt dein er, das will ich dir raten, | Frau, behalte deine Ehre, das will ich dir raten, |
durch dein frölich weiblich zucht | durch deinen fröhlichen weiblichen Anstand |
weib, du auserwelte frucht, | Frau, du auserwählte Frucht, |
la túme minner braten! | lass den törichten Liebhaber braten! |
III | |
Nun sung ich gern der frawen mein, | Nun singe ich gerne für meine Frauen, |
so irret mich ein ander pein, | so hält mich ein anderes Bein auf, |
ich sahe die dörper raien | ich sah die Dörper |
gar uppiglichen auf dem plan, | gar übermütig auf dem Platz tanzen/sich paaren, |
baide, frawen unde man, | alle, Frauen und Männer, |
die empfiengen schön den maien. | die empfingen den schönen Mai. |
her langer Lancze, daz sult ir mir rechen, | Herr lange Lanze, das sollt ihr mir antun, |
darczu so clag ich euch, herr Pflug, | sodass ich euch dabei Klage gegen euch erhebe, Herr Pflug, |
ir rechet mir diesen ungefug, | ihr tut mir diese Grausamkeit an, |
das in ir rúcken brechen. | dass ihnen ihr Nacken breche. |
IV | |
Ich kam dohin gein Zeisselmaur, | Ich kam dorthin richtung Zeisselmaur, |
die fart ward mir eins tails zu sawer, | die Fahrt wurde mir teilweise zu schwer, |
ich hört da fremde mere. | ich hörte dort seltsame Geschichten. |
do fand ich einen lobetancz | Ich hörte da von einem Ehrentanz |
und von rosen mangen krancz, | und so manchen Rosenkränzen, |
zergangen was mein swere. | so vergaß ich meinen Schwager. |
ich zogt zu einem wirte, der was ziere, | Ich ging zu einem Wirt, der war edel, |
des ward Engelmair gewar, | das wurde Engelmar bewusst, |
elen weit was im sein har, | Ellen lang war sein Haar, |
da hin so eilt er schiere | da eilt er schnell davon |
V | |
zu vierczig gattelingen gut, | gut vierzig Gefärten, |
uppiglich stund in ir mut, | übermütig hat ihre Absicht Bestand, |
die tanczten bei der linden. | die tanzten bei der Linde. |
er sprach: "herr Neithart der ist hie, | Er sprach: "Herr Neidhart der ist hier, |
der uns gespöttes nie erlie, | der uns nie den Spott erließ, |
wol auf, das wir in finden. | wohl auf, dass wir ihn finden. |
ir solt euch keines argen nicht gedencken, | Ihr sollt euch keine Sorgen machen, |
ir get mir zúchtiglichen nach, | ihr geht folgt mir beherrscht nach, |
auch seit zu fechten nicht zu gache, | ihr seid auch beim Kampf nicht zu schnell, |
wir sond im frolich schencken." | wir werden ihm fröhlich den Abschiedstrunk reichen." |
VI | |
Vierczig käntelin mit wein | Sie vierzig Kännlein Wein |
sie trungen in ein gertelein, | trugen sie in ein Gärtchen, |
gar gros was ir geraisse: | so groß war ihre Erregung: |
"seit got wilkum, herr Neithart, | "Seid Gott willkommen, Herr Neidhart, |
euch sei geschenckt an diser fart." | euch sei eingeschenkt auf dieser Fahrt." |
ich saß in einem swaisse, | ich saß im Schweiß, |
ich sprach:"ich pin dem Neidhart ungeleiche, | ich sprach: "Ich bin dem Neidhart ungleich, |
ich pin ein jeger, mir ist zorn, | ich bin ein Jäger, ch bin voller Zorn, |
ich hab die hunde sein verlorn, | ich habe die Hunde des Fürsten |
des fursten von Osterreiche." | von Österreich verloren." |
VII | |
Engelmair in da gepot | Engelmair versprach ihm da |
bei dem Leben an den todt, | bei seinem Leben den Tod, |
das sie sich saczten alle. | dass sie sich alle setzten. |
so zuhant da schankt man ein | Sogleich schenkte man dann |
den vil klaren osterwein, | den sehr klaren österreichischen Wein ein, |
den truncken sie mit schalle. | den tranken sie mit Freude. |
er sprach: "und wolt ir gogelfur erkennen, | Er sprach: "Und wenn ihr den Übermut erkennen wollt, |
so siczt und seit ein frolich man, | so setzt euch und seid ein fröhlicher Mann, |
ich hilf euch mit gemach hin dan, | ich helfe euch mit Vergnügen hinaus, |
wolt ir mich nimmer nennen." | dass ihr mich nicht mehr erwähnen wollt." |
VIII | |
"Dir sei gelobet an die hant: | Dir sei in die Hand versprochen: |
du wirst von mir nicht mer genant, | du wirst von mir nicht mehr erwähnt, |
was ich will furbas singen, | <in dem>, was ich weiter singen will, |
und auch was gedichten kan, | und auch was ich dichten kann, |
du haist der ungenante man, | du wirst der namenlose Mann genannt, |
du solt frolichen springen, | du sollst fröhlich springen, |
und hais die öden schaiden aus dem garten." | und befehle den Öden aus dem Garten zu gehen." |
"wol auf, ir herrn, wir sollen gan | "Wohl auf, ihr Herren, wir sollen gehen |
gar zuchtiglichen auf den plan | gar ehrfurchtsvoll auf den Platz |
und dienen frauen zarten." | und den schönen Frauen dienen." |
IX | |
Die verswunden so zuhant, | Sie verschwanden sofort, |
do bracht man mir ein gut gewant, | da brachte man mir ein gutes Gewand. |
das must ich dannen furen | Dadurch musste ich von dannen fahren |
darczu so gabns mir ein pfert, | dazu gaben sie mir ein Pferd, |
das was wol dreissig pfunde werdt | das war wohl dreißig Pfund wert |
und zeltet nach den schnúren. | und ging im Passgang an den Zügeln. |
des danckt ich schon den manen und den frawen | Dafür dankte ich den Männern und den Frauen schon |
und rait daczu in auf den plan, | und ritt zu ihnen auf den Platz, |
da mochten siben hundert stan, | da könnten siebenhundert Menschen stehen, |
die mich begunden schawen. | die begannen mich anzuschauen. |
X | |
Auf die rais so was mir gah, | Auf der Reise hatte ich es eilig, |
mir ward ein michel kaffen nach | mir war als ob mir einer heftig nachschaute, |
von liechten augen schöne. | mit leuchtenden schönen Augen. |
Friderunen näckelin, | Frideruns Nacken |
das gab fur die andern schein, | der gab für die anderen Schein, |
mit lob ichs imber kröne. | das kröne ich immer mit Lob, |
ich rait gein Wien und sagt die abenteure, | Ich ritt nach Wien und erzählte die Geschichten, |
wie sie mir alle trúgen has, | wie sie mir alle Hass entgegentrugen, |
da ich in dem garten saß, | als ich dem Garten saß, |
iedoch ward mir ir stewre. | jedoch wurde ich von ihnen gescholten. |
XI | |
Der herczog sandt gein Zeisselmaur, | Der Herzog sandte eine Botschaft nach Zeisselmaur, |
er lie frei den selben pauer | er ließ denselben Bauern frei |
und all sein hausgenossen. | und alle seine Hausgenossen. |
des ward fro der Engelmar, | Darüber war Engelmar froh, |
der mir half frölich von der schar | der half mir glücklich aus der Menge, |
wol auf des reiches strassen. | wohl auf die Straße. |
und Engelmair wil ich nimmer nennen, | Und Engelmair will ich nicht mehr erwähnen, |
er haist der ungenante man, | er heißt der ungenannte Mann, |
der wol mit Friderúnen kan, | der sich wohl mit Friederun versteht, |
ir múgt in wol erkennen. | ihr könnt ihn sicher erkennen. |
Übersetzung Sommerlied 22
Mittelhochdeutsch | Neuhochdeutsch |
---|---|
I* | |
Der winter hât ein ende. | Der Winter hat ein Ende. |
komen ist uns der meie, | Der Mai ist zu uns gekommen, |
der uns bluomen bringet mager leie. | der uns so mancherlei Blumen bringt. |
ich hoer diu vogelîn singen. | Ich höre die Vöglein singen. |
wir suln alle springen, | wir sollen alle tanzen, |
sîn gemeit. | fröhlich sein. |
der walt ist wol geloubet, | Der Wald ist wohl belaubt, |
diu linde guldîn tolden treit. | die Linde trägt eine goldene Baumkrone. |
I | |
Der linden welnt ir tolden | Die Linden wollen ihre Baumkronen |
von niuwem loube rîchen; | mit neuem Laub schmücken. |
da under lâzent nahtigal dar strîchen: | Darunter nisten sich die Nachtigallen ein: |
si singent wol ze prîse | Sie besingen wohl herrlich |
vremde süeze wîse, | die fremde schöne Wiese, |
doene vil. | mit vielen Tönen. |
si vreunt sich gein dem meien: | Sie freuen sich über den Mai: |
sîn kunft diu ist ir herzen spil. | Seine Ankunft ist ihnen eine Herzensfreude. |
II | |
Si sprechent, daz der winder | Sie sprachen, dass der Winter |
hiuwer sî gelenget. | jetzt aufgeschoben sei. |
nu ist diu wise mit bluomen wol gemenget, | Nun ist die Wiese wohl mit Blumen durchsetzt, |
mit liehter ougenweide | mit einer schönen Augenweide |
rôsen ûf der heide | Rosen auf der Heide |
durch ir glanz. | durch ihren Glanz. |
der sante ich Vriderûnen | Da schickte ich Vriderun |
einen wolgetânen kranz. | einen prächtigen Kranz. |
III | |
Die vogele in dem walde | Die Vögel im Wald |
singent wünneclîchen. | singen wunderschön. |
stolze mägde, ir sult ein niuwez tîchen. | Stolze Mädchen, ihr sollt etwas Neues treiben. |
vreut iuch lieber maere! | Freut euch über die schöne Geschichte! |
manedes herzen swaere | Manches Herzen Schwere |
wil zergân. | wird verschwinden. |
tuot, als ich iuch lêre, | Macht es, wie ich euch lehre, |
strîchet iuwer kleider an! | zieht eure Kleider an! |
IV | |
Ir brîset iuch zen lanken, | Ihr kleidet euch bis zur Taille, |
stroufet ab die rîsen! | streift den Schleier ab! |
wir sulnz ûf dem anger wol wikîsen. | Wir sollen auf der Wiese schön tanzen. |
Vriderûn als ein tocke | Vriderun sprang wie eine Puppe |
spranc in ir reidem rocke | in ihrem gefältetelten Rock |
bî der schar: | bei der Schar: |
des nam anderthalben | Das nahm andererseits |
Engelmâr vil tougen war. | Engelmar ganz heimlich wahr. |
V | |
Dô sich aller liebes | Als alle Liebenden |
gelîch begunde zweien, | gleich begannen sich zu paaren, |
dô sold ich gesungen haben den reien, | da sollte ich das Tanzlied gesungen haben, |
wan daz ich der stunde | außer dass ich über diese Stunde |
niht bescheiden kunde | nicht aufklären konnte |
gegen der zît | gegen die Zeit |
sô diu sumerwünne | sodass die Sommerwonne |
manegem herzen vreude gît. | manchem Herzen Freude schenke. |
VI | |
Nu heizent sî mich singen; | Nun lassen sie mich singen; |
ich muoz ein hûs besorgen, | ich muss ein Haus besorgen, |
daz mich sanges wendet manegen morgen. | sodass mich mancher Morgen am Gesang hindert. |
wie sol ich gebâren? | Wie soll ich mich verhalten? |
mirst an Engelmâren | Engelmar ist mir |
ungemach, | unangenehm, |
daz er Vriderûnen | da er Vriderun |
ir spiegel von der sîten brach. | ihren Spiegel von der Seite zerbrach. |
VIa | |
Sîner basen bruoder | Dem Bruder seiner Tante |
hiet sis wol erlâzen. | hätte er es wohl erlassen. |
er kan sich deheiner dinge mâzen; | Er kann sich irgendwelchen/keinen Dingen enthalten; |
er ist ein toerscher Beier. | er ist ein törichter Bayer. |
er un der junge meier | Er und der junge Meier |
tuont ir leit. | tun ihr leid. |
noch hât sî den vriunt, | Noch hat sie den Freund, |
der imz die lenge niht vertreit. | der die Distanz nicht erträgt. |
VIb | |
Dar umbe wil sie aber | Darum will sie aber |
ein Engelmâr vertrîben. | Engelmar vertreiben. |
er ist ein gemzinc under jungen wîben. | Er ist der Gemsbock unter den jungen Frauen. |
er ist ein ridewanzel, | Er ist ein Tänzer des Ridewanz, |
in dem geu vortanzel. | auf dem Land er tanzt er vor. |
sîn gewalt | Seine Gewalt |
der ist an dem reien | ist beim Tanz |
under den kinden manicvalt. | unter den Mädchen zahlreich. |
VIc | |
Daz ist Friderûne | Das ist für Friderune |
ein lange werndiu swaere | ein langwieriges Leid |
von Engelmâre dem toerschen tanzprüevaere, | von Engelmar dem törichten Tanzleiter, |
daz er ir torste lâgen. | als er es wagte ihr aufzulauern. |
daz klagtes al ir mâgen. | Das alles beklagte ihr Magen. |
umbe den schal | Vor dem Geräusch |
solt dû dich nu hüeten, | sollst du dich nun hüten, |
Friderûn! fliuch gein Riuwental! | Friderun! Flieh nach Reuental! |
VId | |
Der het ir genomen | Der hat ihr |
in schimphe ein tockenwiegel. | im Scherz eine Puppenwiege weggenommen. |
daz hiet wir verklagt, niewan den spiegel | Das hat uns beklagt, vor allem den Spiegel, |
(der was von helfenbeine, | (der war aus Elfenbein, |
waehe, ergraben kleine), | kostbar, fein graviert), |
den sîn hant | den seine Hand |
ir nam gewalticlîche; | ihr mit Gewalt wegnahm; |
dâ von al mîn vreude swant. | daraufhin verschwand all meine Freude. |
VIe | |
Ir sult mirz wol gelouben, | Ihr sollt es mir wohl glauben, |
ich sag iz niht gerne: | ich sag es nicht gerne: |
diu spiegelsnour diu kom her von Iberne, | Das Band des Spiegels kommt aus Iberne, |
ez was ein waeher borte. | es war ein kostbares Band. |
niden an dem orte | An der unteren Stelle |
stuonden tier | befanden sich Tiere |
geworht von rôtem golde. | hergestellt aus rotem Gold. |
nie geschach sô leide mir. | Nie widerfuhr mir so viel Leid. |
VIf | |
Daz ich niht froelîch singe, | Dass ich nicht fröhlich singe, |
daz wendet mir ein swaere, | das bereitet mir viel Leid, |
von der ich alsô gerne ledic waere. | von dem ich so gerne frei wäre. |
diese dorfgebûwer | Diese Dorfbauern |
die nimt des gar untûwer; | die kümmert das gar nicht; |
sie tragent mir haz. | sie bringen mir Hass entgegen. |
ob si niht enwaeren, | Wenn sie nicht wären, |
sô sunge ich für wâr fürebaz. | dann würde ich fürwahr anderswo singen. |
VIg | |
Erkenbreht und Uoze | Erkenbrecht und Uoze |
und der ungenante, | und der Ungenannte, |
Gôzbreht, der mich ofte sanges wante, | Gozbrecht, der mich oft am Singen hinderte, |
die sint nu gar gesweiget | die nun ganz und gar still |
unde ihr freude seiget | und ihre Freude schwankt |
hin und her. | hin und her. |
ir schîbe, diu gienc ebene, | Ihre Kugel, die stand gleichmäßig hinaus, |
diu ust gestrûchet nû entwer. | die ist nun hin und her gefallen. |
VIh | |
Frou Hilde und getelinge, | Frau Hilde und die Burschen, |
die sprungen an ir hende, | die tanzen an ihrer Hand, |
ir tanz der was dô âne missewende. | ihr Tanz der war damals tadellos. |
nu habent sî erworben, | Nun haben sie es erreicht, |
daz er ist verdorben. | dass er verdorben ist. |
ir üppekeit | Ihr Übermaß, |
ich waen diu hât geprüevet | glaube ich, das hat |
in manec gespötte unde leit. | manches Gespött und Leid hervorgerufen. |