Diskussion:Motive und Themen im Winterlied 24 (Neidhart): Unterschied zwischen den Versionen

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Liebe Tamara,
vorneweg gefällt mir deine Übersetzung des WL 24 wirklich gut. Sie liest sich extrem flüssig und gerade Stellen, die wortwörtlich nicht so leicht ins Gegenwartsdeutsche übertragbar sind, hast du meiner Meinung nach sehr elegant paraphrasiert oder umschrieben.
Auch der Fokus auf die Ingwerwurzel ist interessant und anschaulich dargeboten. Wenn du die Ingwerwurzel aufgrund ihres Raubs in die Nähe des Spiegelraubs rückst, würde ich aber sogar noch weiter gehen, denn wie der Spiegel ist auch die Ingwerwurzel, wie du ja in deinem Artikel beschrieben hast, ein sehr wertvolles Gut. Damit kann sie also auch als Teil der adligen Lebenswelt verstanden werden, wie auch der Spiegel und trägt das gleiche Attribut des Fremden, das Corinna Laude in ihrem Text aus dem Reader u.a. diesem zuschreibt: '''Laude, Corinna: Walthers „Enzwischen“ und Neidharts Spiegelraub. Beobachtungen zur poetologischen Funktion von Leerstellen im Minnesang, in: Der mittelalterliche und der neuzeitliche Walther. Beiträge zu Motivik, Poetik, Überlieferungsgeschichte und Rezeption, hg. von Thomas Bein, Frankfurt am Main u. a. 2007 (Walther-Studien 5), S. 227 f.'''
Demzufolge verdeutlicht die Ingwerwurzel nicht nur durch die verbalisierte Bezugsetzung zu Friederun, dem Spiegel und Engelmar eine Gewalttat und den potenziellen Verlust adligen Lebensgefühls, sondern auch durch die schon allein ihr innewohnende Attribution (nämlich Reichtum/Schatz (vgl. Friederuns evtl. größter Schatz). So ist es gut möglich dass für ein Dorfmädchen eine so besondere Pflanze wie Ingwer durchaus das Wertvollste ist, was dieses Dorfmädchen besitzt.
Dieses Verständnis würde auch zu der im Vergleich zum Spiegelraub gesteigerten Leiderfahrung passen, denn die sich dahinter verbergende Vergewaltigung kann wohl nur durch eine noch extremere Beraubung des höchsten Gutes einer Frau/ der weiblichen Selbstbestimmung "übertroffen" werden.
Demnach wäre die Ingwerwurzel im WL 24 also als dem Spiegel gleichrangiges Motiv zu betrachten, das sich nur in seiner Frequenz im neidhart`schen Werk vom Spiegel unterscheidet. Die zusätzlichen Verweise wären auch in dieser Deutung nicht außer Acht gelassen, da sie immer noch eine Funktion hätten: Einen Vergleich zwischen Ingwer- und Spiegelraub, aus dem ersterer als dem Sänger-Ich in diesem Lied noch schlimmere Untat hervorgeht. Ungeachtet der von dir auch erwähnten Komik/Unglaubwürdigkeit durch solche Hyperbeln würde dann auch die Aufwertung des Ingwers als nicht nur vom Spiegelraub abhängiges Motiv funktionieren.
Ich weiß aber, dass eine solche verstärkende oder absolutere Deutung vielleicht auch individuell abhängig ist, mir persönlich scheint es aber als eine weitere Interpretationsmöglichkeit. Jedoch finde ich auch die von dir als Belege für einen Verweischarakter der Ingwerwurzel gedeuteten Spiegelrauberwähnungen mehr als einleuchtend und definitiv spannend.
Und noch ein Hinweis zum Verständnishintergrund, den du aus Schulze zitierst: Laude nennt dieses Phänomen ''imaginatio'', die durch das Füllen von Erzählungslücken seitens des Publikums entsteht. Diese Bezeichnung ist u.a auf den '''Seiten 214 bis 216''' im selben Text wie oben beschrieben, falls du die Formulierung auch passend finden solltest :)
Zum Schluss will ich dir noch mitteilen, dass ich vor allem die Beschreibung der ''dörper'' und den Hinweis auf die Orte sehr interessant und gelungen finde. Besonders über die Lokalitäten habe ich noch nicht allzu viel nachgedacht, sodass das hier für mich eine schöne Ergänzung ist.
Liebe Grüße
Elisa
Liebe Tamara,<br />
Liebe Tamara,<br />
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Liebe Grüße,<br />
Liebe Grüße,<br />
Ina <br />
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[[Benutzer:Ina Klompmaker|Ina Klompmaker]] ([[Benutzer Diskussion:Ina Klompmaker|Diskussion]]) 17:55, 6. Mär. 2021 (CET)
[[Benutzer:Ina Klompmaker|Ina Klompmaker]] ([[Benutzer Diskussion:Ina Klompmaker|Diskussion]]) 17:55, 6. Mär. 2021 (CET)
Liebe Tamara,<br/ >
ich schreibe dir noch so spät einen Kommentar, weil ich die Leistung verschieben musste. <br/ >
Zunächst möchte ich dir sagen, dass ich deinen Artikel sehr interessant fand, da das Winterlied 24 ein häufig besprochenes Lied in der Literatur ist. Aus diesem Grund bietet sich ein zusammenfassender Artikel an. Ich finde gut, dass du die Strophen trotz deiner gelungenen Übersetzung zusammengefasst hast, da dies einem ''fachfremden'' Leser die Orientierung erleichtert kann. <br/ >
In deiner Einführung würde es sich vielleicht anbieten, zu erklären, was unter ''dörperkontroverse'' Winterlieder gemeint ist, da dieses Begriff immer in Relation zu ''dörperkonform'' steht (siehe Schweikle, Günther: Neidhart, Stuttgart 1990 der dieses Begriffpaar verwendet). Diese Relation ist bei Schweikle wichtig in Bezug auf die Unterteilung der Winterlieder, die er vornimmt. <br/ >
Darüber hinaus finde ich gut, dass du die Trutzstrophen hervorhebst. Hier würde ich allerdings einen Schritt weiter gehen und mir die Funktion der Trutzstrophen ansehen. Was bezwecken die Trutzstrophen bei Neidhart? Und da du auf den Ortswechsel eingehst, wäre der Artikel von Wachinger zu den Trutzstrophen, den du zitierst, in Bezug auf die Trutzstrophen interessant. Er ist der Meinung, dass das WL 24 zwei Erklärungen für diesen Ortswechsel bietet und dass die Trutzstrophen auf beide Erklärungen Bezug nehmen (S. 152). Dies wäre in Bezug auf den angesprochenen Ortswechsel vielleicht noch interessant. <br/ >
Außerdem würde ich dir gerne noch einen Tipp geben. Du zitierst mehrfach sehr lange Textpassagen (darunter auch Definitionen). Es würde sich anbieten, diese in eigenen Worten zu formulieren oder diese zumindest als einen Einschub in die Arbeit zu integrieren, da sie doch sehr lang sind. <br/ >
Ich hoffe, dass dir das etwas weiterhelfen kann! <br/ >
Liebe Grüße und einen schönen Semesterstart <br/ >
Viktoria

Aktuelle Version vom 3. Oktober 2021, 23:09 Uhr

Liebe Tamara,

vorneweg gefällt mir deine Übersetzung des WL 24 wirklich gut. Sie liest sich extrem flüssig und gerade Stellen, die wortwörtlich nicht so leicht ins Gegenwartsdeutsche übertragbar sind, hast du meiner Meinung nach sehr elegant paraphrasiert oder umschrieben.

Auch der Fokus auf die Ingwerwurzel ist interessant und anschaulich dargeboten. Wenn du die Ingwerwurzel aufgrund ihres Raubs in die Nähe des Spiegelraubs rückst, würde ich aber sogar noch weiter gehen, denn wie der Spiegel ist auch die Ingwerwurzel, wie du ja in deinem Artikel beschrieben hast, ein sehr wertvolles Gut. Damit kann sie also auch als Teil der adligen Lebenswelt verstanden werden, wie auch der Spiegel und trägt das gleiche Attribut des Fremden, das Corinna Laude in ihrem Text aus dem Reader u.a. diesem zuschreibt: Laude, Corinna: Walthers „Enzwischen“ und Neidharts Spiegelraub. Beobachtungen zur poetologischen Funktion von Leerstellen im Minnesang, in: Der mittelalterliche und der neuzeitliche Walther. Beiträge zu Motivik, Poetik, Überlieferungsgeschichte und Rezeption, hg. von Thomas Bein, Frankfurt am Main u. a. 2007 (Walther-Studien 5), S. 227 f.

Demzufolge verdeutlicht die Ingwerwurzel nicht nur durch die verbalisierte Bezugsetzung zu Friederun, dem Spiegel und Engelmar eine Gewalttat und den potenziellen Verlust adligen Lebensgefühls, sondern auch durch die schon allein ihr innewohnende Attribution (nämlich Reichtum/Schatz (vgl. Friederuns evtl. größter Schatz). So ist es gut möglich dass für ein Dorfmädchen eine so besondere Pflanze wie Ingwer durchaus das Wertvollste ist, was dieses Dorfmädchen besitzt. Dieses Verständnis würde auch zu der im Vergleich zum Spiegelraub gesteigerten Leiderfahrung passen, denn die sich dahinter verbergende Vergewaltigung kann wohl nur durch eine noch extremere Beraubung des höchsten Gutes einer Frau/ der weiblichen Selbstbestimmung "übertroffen" werden. Demnach wäre die Ingwerwurzel im WL 24 also als dem Spiegel gleichrangiges Motiv zu betrachten, das sich nur in seiner Frequenz im neidhart`schen Werk vom Spiegel unterscheidet. Die zusätzlichen Verweise wären auch in dieser Deutung nicht außer Acht gelassen, da sie immer noch eine Funktion hätten: Einen Vergleich zwischen Ingwer- und Spiegelraub, aus dem ersterer als dem Sänger-Ich in diesem Lied noch schlimmere Untat hervorgeht. Ungeachtet der von dir auch erwähnten Komik/Unglaubwürdigkeit durch solche Hyperbeln würde dann auch die Aufwertung des Ingwers als nicht nur vom Spiegelraub abhängiges Motiv funktionieren. Ich weiß aber, dass eine solche verstärkende oder absolutere Deutung vielleicht auch individuell abhängig ist, mir persönlich scheint es aber als eine weitere Interpretationsmöglichkeit. Jedoch finde ich auch die von dir als Belege für einen Verweischarakter der Ingwerwurzel gedeuteten Spiegelrauberwähnungen mehr als einleuchtend und definitiv spannend.

Und noch ein Hinweis zum Verständnishintergrund, den du aus Schulze zitierst: Laude nennt dieses Phänomen imaginatio, die durch das Füllen von Erzählungslücken seitens des Publikums entsteht. Diese Bezeichnung ist u.a auf den Seiten 214 bis 216 im selben Text wie oben beschrieben, falls du die Formulierung auch passend finden solltest :)

Zum Schluss will ich dir noch mitteilen, dass ich vor allem die Beschreibung der dörper und den Hinweis auf die Orte sehr interessant und gelungen finde. Besonders über die Lokalitäten habe ich noch nicht allzu viel nachgedacht, sodass das hier für mich eine schöne Ergänzung ist.

Liebe Grüße

Elisa


Liebe Tamara,

an deinem Artikel gefällt mir sehr, dass du das Phänomen der dörper so ausführlich beschreibst und damit interessante Erkenntnisse gewinnst. Außerdem finde ich deinen theoretischen Grundlagenteil über die Trutzstrophe sehr passend und informativ. Zudem beschreibst du den Aspekt der Sänger-Rolle sehr facettenreich.

Ich hätte auch noch ein paar Ideen zu deinem Artikel. Da du oft die Ingwerwurzel erwähnst, fände ich es passend, wenn du diese vielleicht auch noch mit dem Artikel Natureingang und Symbolik in den Liedern Neidharts verlinkst, da es in diesem explizit einen Abschnitt über die Ingwerwurzel gibt. Du hast den Artikel ja schon verlinkt, aber vielleicht möchtest du das ja trotzdem noch hinzufügen, da es einfach sehr schön passt.
Vielleicht kannst du ja die Aspekte des Minneschemas und der Sprechakte noch weiter ausführen. Ersteren lässt du ja schon anklingen, aber vielleicht möchtest du das Minneschema im Winterlied 24 ja noch etwas konkretisieren und unter die Erkenntnisse von Ruh subsumieren. Letzteres lässt du mit deinem Zitat von Haufe ja auch schon anklingen, aber vielleicht kannst du die Sprechsituation in Bezug auf das Machtgefüge zwischen den Figuren ja noch mehr ausführen.
Ansonsten könntest du dich, wenn du möchtest, bei deiner Einordnung am Schluss des Artikels und in Bezug auf die dörperkontroversen Lieder vielleicht noch auf Schweikle beziehen und diesen auch noch als Quelle integrieren. Dann wird auch in Bezug auf die Begrifflichkeit dörperkontroverse Lieder ersichtlich, auf welche Kategorisierung du dich beziehst. Hier noch die Literaturangabe: Schweikle, Günther: Neidhart. J.B. Metzler, Stuttgart 1990. S. 71-87.
Abschließend wollte ich noch sagen, dass ich auch den Abschnitt über die Orte sehr interessant finde. Falls du das noch vorhast, freue ich mich, wenn du diesen noch etwas weiter ausführst. Dabei könnte dir vielleicht noch dieser Aufsatz helfen: Mertens, Volker: Neidhart: ,Minnesang' und .Autobiografie', In: Neidhart und die Neidhart-Lieder. Hg. von Margarete Springeth und Franz Viktor Spechtler, De Gruyter, Berlin/Boston 2018. S. 43-54.

Liebe Grüße,
Ina
Ina Klompmaker (Diskussion) 17:55, 6. Mär. 2021 (CET)


Liebe Tamara,
ich schreibe dir noch so spät einen Kommentar, weil ich die Leistung verschieben musste.
Zunächst möchte ich dir sagen, dass ich deinen Artikel sehr interessant fand, da das Winterlied 24 ein häufig besprochenes Lied in der Literatur ist. Aus diesem Grund bietet sich ein zusammenfassender Artikel an. Ich finde gut, dass du die Strophen trotz deiner gelungenen Übersetzung zusammengefasst hast, da dies einem fachfremden Leser die Orientierung erleichtert kann.
In deiner Einführung würde es sich vielleicht anbieten, zu erklären, was unter dörperkontroverse Winterlieder gemeint ist, da dieses Begriff immer in Relation zu dörperkonform steht (siehe Schweikle, Günther: Neidhart, Stuttgart 1990 der dieses Begriffpaar verwendet). Diese Relation ist bei Schweikle wichtig in Bezug auf die Unterteilung der Winterlieder, die er vornimmt.
Darüber hinaus finde ich gut, dass du die Trutzstrophen hervorhebst. Hier würde ich allerdings einen Schritt weiter gehen und mir die Funktion der Trutzstrophen ansehen. Was bezwecken die Trutzstrophen bei Neidhart? Und da du auf den Ortswechsel eingehst, wäre der Artikel von Wachinger zu den Trutzstrophen, den du zitierst, in Bezug auf die Trutzstrophen interessant. Er ist der Meinung, dass das WL 24 zwei Erklärungen für diesen Ortswechsel bietet und dass die Trutzstrophen auf beide Erklärungen Bezug nehmen (S. 152). Dies wäre in Bezug auf den angesprochenen Ortswechsel vielleicht noch interessant.
Außerdem würde ich dir gerne noch einen Tipp geben. Du zitierst mehrfach sehr lange Textpassagen (darunter auch Definitionen). Es würde sich anbieten, diese in eigenen Worten zu formulieren oder diese zumindest als einen Einschub in die Arbeit zu integrieren, da sie doch sehr lang sind.
Ich hoffe, dass dir das etwas weiterhelfen kann!

Liebe Grüße und einen schönen Semesterstart
Viktoria