Metanarration in Wolframs Parzival: Unterschied zwischen den Versionen

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Das Konzept der Metanarration bezeichnet eine Qualität, die den Aussagen des Erzählers zugeschrieben werden kann. Als metanarrativ werden im Folgenden "all comments which address aspects of narration in a self-reflexive manner as well as the narrator's references to his or her communication with the narratee on the discourse level" [Neumann/Nünning 2009: S. 205] verstanden. Metanarration liegt somit dann vor, wenn  der Erzähler a) selbstreflexiv über den Akt des Erzählens spricht und/oder b) die Kommunikation zwischen ihm und dem (fiktiven) Adressaten seiner Erzählung thematisiert<ref> Vgl. außerdem Fluderniks Definition: Metanarration ist "[u]sed to describe comments made by the narrator about the story, whether about making it up, formulating it in words or the ways of telling it."[Fludernik 2009: S. 156]</ref>. Für den Parzival bedeutet dies, dass etwa die einleitende Erklärung des Erzählers,  ''ein maere niuwen'' zu wollen (4,9)<ref>Angaben im Folgenden nach [Parzival].</ref>, eine metanarrative Äußerung ist.
Das Konzept der Metanarration bezeichnet eine Qualität, die den Aussagen des Erzählers zugeschrieben werden kann. Als metanarrativ werden im Folgenden "all comments which address aspects of narration in a self-reflexive manner as well as the narrator's references to his or her communication with the narratee on the discourse level" [Neumann/Nünning 2009: S. 205] verstanden. Metanarration liegt somit dann vor, wenn  der Erzähler a) selbstreflexiv über den Akt des Erzählens spricht und/oder b) die Kommunikation zwischen ihm und dem (fiktiven) Adressaten seiner Erzählung thematisiert<ref> Vgl. außerdem Fluderniks Definition: Metanarration ist "[u]sed to describe comments made by the narrator about the story, whether about making it up, formulating it in words or the ways of telling it."[Fludernik 2009: S. 156]</ref>. Für den Parzival bedeutet dies, dass etwa die einleitende Erklärung des Erzählers,  ''ein maere niuwen'' zu wollen (4,9)<ref>Angaben im Folgenden nach [Parzival].</ref>, eine metanarrative Äußerung ist.


Während die Begriffe ''Metanarration'' und ''Metafiktion'' in der Vergangenheit häufig identisch und ungenau gebraucht worden sind (vgl. hierzu [Fludernik 2009: S. 61]; [Neumann/Nünning 2009: S. 204]), hat insbesondere Nünning eine terminologische Differenzierung gefordert und vorgelegt. Demnach bezeichnen die Begriffe als "umbrella terms" zwar beide "self-reflexive utterances"[Neumann/Nünning 2009: S. 204], unterscheiden sich aber hinsichtlich des Gegenstands, auf den die Äußerungen des Erzählers verweisen. Während Metanarration den Akt des Erzählens, d.h. das 'Erzählt-Werden' der Erzählung ausstellt, unterstreicht Metafiktion die Fiktionalität der Erzählung, etwa mittels Metalepsen, d.h. dem "Eindringen des extradiegetischen Erzählers oder narrativen Adressaten ins diegetische Universum (bzw. diegetischer Figuren in ein metadiegetisches Universum"[Genette: 2010, S. 152].
Während die Begriffe ''Metanarration'' und ''Metafiktion'' in der Vergangenheit häufig identisch und ungenau gebraucht worden sind (vgl. hierzu [Fludernik 2009: S. 61]; [Neumann/Nünning 2009: S. 204]), hat insbesondere Nünning eine terminologische Differenzierung gefordert und vorgelegt. Demnach bezeichnen die Begriffe als "umbrella terms" zwar beide "self-reflexive utterances"[Neumann/Nünning 2009: S. 204], unterscheiden sich aber hinsichtlich des Gegenstands, auf den die Äußerungen des Erzählers verweisen. Während Metanarration den Akt des Erzählens, d.h. das 'Erzählt-Werden' der Erzählung ausstellt, unterstreicht Metafiktion die Fiktionalität der Erzählung, etwa mittels Metalepsen, d.h. dem "Eindringen des extradiegetischen Erzählers oder narrativen Adressaten ins diegetische Universum (bzw. diegetischer Figuren in ein metadiegetisches Universum"[Genette 2010, S. 152].


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Version vom 20. Juni 2015, 20:14 Uhr


Hinweis: Dieser Artikel entsteht derzeit im Rahmen des Haupt- und Oberseminars zu Wolframs Parzival (Sommersemester 2015) und bedarf der Überarbeitung.

Ziel dieses Artikels ist es, metanarrative Passagen in Wolframs von Eschenbach Parzival zu identifizieren und hinsichtlich ihrer Funktion zu untersuchen. In einem ersten Schritt ist deshalb im Folgenden eine Begriffsdefinition (Was ist Metanarration und wie kann sie erkannt werden?) in Abgrenzung zur Metafiktion notwendig. In einem zweiten Schritt konzentriert sich der Artikel auf Textpassagen, die auf Basis dieser Definition ausgewählt wurden.

Begriffsdefinition

Obgleich die Begriffe Metanarration und metanarrativ in der Mediävistik bzw. im Rahmen einer historischen Narratologie durchaus verwendet werden (vgl. etwa [Schulz 2012: S. 137; S. 378; S. 380]), stellt eine systematische Studie zur Metanarration in mittelalterlichen Erzähltexten noch immer ein Desiderat der Forschung dar [1]. Es ist deshalb zunächst notwendig, Metafiktion unter Verweis auf die Ergebnisse der an modernen Erzähltexten entwickelten Narratologie—zu nennen sind hier insbesondere die Arbeiten von Ansgar Nünning ([Nünning 2001], [Nünning 2004], [Neumann/Nünning 2009]) und Monika Fludernik ([Fludernik 2003], [Fludernik 2009]) — zu präzisieren und vom verwandten Phänomen der Metafiktion abzugrenzen.

Das Konzept der Metanarration bezeichnet eine Qualität, die den Aussagen des Erzählers zugeschrieben werden kann. Als metanarrativ werden im Folgenden "all comments which address aspects of narration in a self-reflexive manner as well as the narrator's references to his or her communication with the narratee on the discourse level" [Neumann/Nünning 2009: S. 205] verstanden. Metanarration liegt somit dann vor, wenn der Erzähler a) selbstreflexiv über den Akt des Erzählens spricht und/oder b) die Kommunikation zwischen ihm und dem (fiktiven) Adressaten seiner Erzählung thematisiert[2]. Für den Parzival bedeutet dies, dass etwa die einleitende Erklärung des Erzählers, ein maere niuwen zu wollen (4,9)[3], eine metanarrative Äußerung ist.

Während die Begriffe Metanarration und Metafiktion in der Vergangenheit häufig identisch und ungenau gebraucht worden sind (vgl. hierzu [Fludernik 2009: S. 61]; [Neumann/Nünning 2009: S. 204]), hat insbesondere Nünning eine terminologische Differenzierung gefordert und vorgelegt. Demnach bezeichnen die Begriffe als "umbrella terms" zwar beide "self-reflexive utterances"[Neumann/Nünning 2009: S. 204], unterscheiden sich aber hinsichtlich des Gegenstands, auf den die Äußerungen des Erzählers verweisen. Während Metanarration den Akt des Erzählens, d.h. das 'Erzählt-Werden' der Erzählung ausstellt, unterstreicht Metafiktion die Fiktionalität der Erzählung, etwa mittels Metalepsen, d.h. dem "Eindringen des extradiegetischen Erzählers oder narrativen Adressaten ins diegetische Universum (bzw. diegetischer Figuren in ein metadiegetisches Universum"[Genette 2010, S. 152].

Anmerkungen

  1. Vgl. etwa [Contzen 2014: S. 9]: "A classification of these metanarrative instances with respect to their functions could usefully illuminate our understanding on how medieval narratives shape and guide the reading experience."
  2. Vgl. außerdem Fluderniks Definition: Metanarration ist "[u]sed to describe comments made by the narrator about the story, whether about making it up, formulating it in words or the ways of telling it."[Fludernik 2009: S. 156]
  3. Angaben im Folgenden nach [Parzival].

Literaturverzeichnis

Textausgabe

[*Parzival]Wolfram von Eschenbach: Parzival. Studienausgabe. Mittelhochdeutscher Text nach der sechsten Ausgabe von Karl Lachmann. Übersetzung von Peter Knecht. Mit einer Einführung zum Text der Lachmannschen Ausgabe und in Probleme der 'Parzival'-Interpretation von Bernd Schirok, 2. Aufl., Berlin/New York 2003.

Sekundärliteratur

<HarvardReferences />

  • [*Contzen 2014] Contzen, Eva von: “Why We Need a Medieval Narratology. A Manifesto”, in: Diegesis 3.2 (2014), S. 1-21.
  • [*Fludernik 2003] Fludernik, Monika: Metanarrative and Metafictional Commentary, in: Poetica 35 (2003), S. 1–39.
  • [*Fludernik 2009] Fludernik, Monika: An Introduction to Narratology, Abingdon 2009.
  • [*Genette 2010] Genette, Gérard: Die Erzählung, 3., durchgesehene und korrigierte Aufl., übersetzt von Andreas Knop, mit einem Nachwort von Jochen Vogt, überprüft und berichtigt von Isabel Kranz, München 2012.
  • [*Nünning 2001] Nünning, Ansgar: Mimesis des Erzählens: Prolegomena zu einer Wirkungsästhetik, Typologie und Funktionsgeschichte des Akts des Erzählens und der Metanarration, in: Joerg Helbig (Hrsg.): Erzählen und Erzähltheorie im 20. Jahrhundert: Festschrift für Wilhelm Füger, Heidelberg 2001, S. 13-47.
  • [*Nünning 2004] Nünning, Ansgar: On Metanarrative: Towards a Definition, a Typology and an Outline of the Functions of Metanarrative Commentary’, in John Pier (Hrsg.): The Dynamics of Narrative Form: Studies in Anglo-American Narratology, Berlin 2004 (Narratologia 4), S. 11–58.
  • [*Neumann/Nünning 2009] Neumann, Birgit / Nünning, Angsar: Metanarration and Metafiction, in: Peter Hühn / John Pier / Wolf Schmid / Jörg Schönert (Hrsg.): Handbook of Narratology, Berlin / New York 2009 (Narratologia 19), S. 204-211.
  • [*Schulz 2012] Schulz, Armin: Erzähltheorie in mediävistischer Perspektive, hrsg. von Manuel Braun, Alexandra Dunkel, Jan-Dirk Müller Berlin / Boston 2012.