Zeichenlesen in der Blutstropfenszene: Unterschied zwischen den Versionen
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Die mittelalterliche Zeichentheorie bezog sich stark auf [https://de.wikipedia.org/wiki/Augustinus_von_Hippo Augustin]. Laut | Die mittelalterliche Zeichentheorie bezog sich stark auf [https://de.wikipedia.org/wiki/Augustinus_von_Hippo Augustin]. Laut ihm ist ein Zeichen „eine Sache, die außer dem Eindruck, den sie auf die Sinne macht, aus sich heraus noch an etwas anderes denken läßt“ (Augustin: De doctrina christiana II,3 (1963): 33, zitiert nach [Bumke 2001: 57]) bzw. „ein Ding, das neben dem sinnlichen Eindruck dem es den Sinnen mitteilt, aus sich etwas anderes in das Denken kommen läßt“ (Augustin: De doctrina christiana II.1 (1963): 35, zitiert nach [Meier-Oeser 1997: 21]). | ||
Laut Meier-Oeser unterteilt Augustin die Zeichen in natürliche (''signa naturalia'') und gegebene (''signa data'') Zeichen. | Laut Meier-Oeser unterteilt Augustin die Zeichen in natürliche (''signa naturalia'') und gegebene (''signa data'') Zeichen. |
Version vom 10. Juli 2015, 09:58 Uhr
In der Blutstropfenszene ist Parzival nicht in der Lage zu sprechen oder zu agieren, da ihm die Worte versagen und er durch den Antlitz seiner Frau Condwiramurs, den Parzival in drei Blutstropfen im Schnee erkennen zu glaubt, in eine Art Trancezustand versetzt wird. Statt Worte sprechen in dieser Szene Zeichen, die Parzival deutet und zu einer Erkenntnis gelangt.
Mittelalterliche Zeichentheorie
Die mittelalterliche Zeichentheorie bezog sich stark auf Augustin. Laut ihm ist ein Zeichen „eine Sache, die außer dem Eindruck, den sie auf die Sinne macht, aus sich heraus noch an etwas anderes denken läßt“ (Augustin: De doctrina christiana II,3 (1963): 33, zitiert nach [Bumke 2001: 57]) bzw. „ein Ding, das neben dem sinnlichen Eindruck dem es den Sinnen mitteilt, aus sich etwas anderes in das Denken kommen läßt“ (Augustin: De doctrina christiana II.1 (1963): 35, zitiert nach [Meier-Oeser 1997: 21]).
Laut Meier-Oeser unterteilt Augustin die Zeichen in natürliche (signa naturalia) und gegebene (signa data) Zeichen. Ein signa naturalia kommt unabsichtlich und ohne Intention zustande und sind somit ohne „Bezeichnungsabsicht“ [Meier-Oeser 1997: 24]. Ein signa data hingegen wird zum Zweck der Kommunikation zwischen Menschen verwendet. Im Gegensatz zum signa naturalia hat das signa data also eine klare Intention. Um das signa data zu erkennen und zu verstehen, muss es vorher eingeübt worden sein, das heißt, man muss das Zeichen kennen, um zu erkennen, dass es kodiert ist und eine Bedeutung trägt. Bumke bezieht sich hierbei auf Hellegardt: "Wortzeichen werden nur verstanden, wenn beide dieselbe Sprache sprechen. Wenn einer mit den Schultern zuckt und einem anderen damit Gleichgültigkeit signalisieren will, funktioniert das nur, wenn der andere weiß, was das Zucken der Schulter sagen will. Bei allen gegebenen Zeichen ist daher mit 'Dunkelheiten' (obscuritates) und 'Zweideutigkeiten' (ambiguitates) zu rechnen" (Hellegardt 1973, zitiert nach [Bumke 2001: 58]).
Zeichenlesen auf der Handlungsebene
Blutstropfen im Schnee
Parzivals Lanze
Literaturverzeichnis
<HarvardReferences/> [*Bumke 2001] Bumke, Joachim. Die Blutstropfen Im Schnee: Über Wahrnehmung Und Erkenntnis Im "Parzival" Wolframs Von Eschenbach. N.F., 94 Vol. Tübingen: Niemeyer, 2001.
<HarvardReferences/> [*Meier-Oeser 1997] Meier-Oeser, Stephan. "Die Spur Des Zeichens: Das Zeichen Und Seine Funktion in Der Philosophie Des Mittelalters Und Der frühen Neuzeit." de Gruyter, 1997. Berlin [u.a.].