Übersetzung "Goldemar" (Albrecht von Kemenaten, Goldemar): Unterschied zwischen den Versionen

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! style="background:#e3888a;"|Strophe !! style="background:#e3888a;"|Textausgabe nach ''Julius Zupitza''<br /> im standardisierten Mittelhochdeutsch !! style="background:#e3888a;"|Übersetzung durch ''[[Benutzer:Fridurich_Hruolfson_von_Drusomagus|Fridurich von Drusomagus]]''<br />ins Neuhochdeutsche
! style="background:#e3888a;"|Strophe !! style="background:#e3888a;"|Textausgabe nach ''Julius Zupitza''<br /> im standardisierten Mittelhochdeutsch !! style="background:#e3888a;"|Übersetzung durch ''[[Benutzer:Fridurich_Hruolfson_von_Drusomagus|Fridurich von Drusomagus]]''<br />ins Neuhochdeutsche
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| 1 || Wir hân von helden vil vernomen,<br />dieze grôzen striten sint bekomen<br />bi hern Dietrichs ziten.<br />si begiengen degenheit genuoc,<br /><sup>5</sup>dô einer ie den andern sluoc.<br />si wolten niender riten,<br />si wærn ze strîten wol bereit,<br />ir schilte, ir helmen veste.<br />mänic kumber do erleit.<br /><sup>10</sup>man sprach, er tæte dez beste,<br />der mängen âne schulde ersluoc.<br />dâ von ir lop gepriset wart,<br />sô man die tôten von in truoc.|| Wir haben von Helden viel vernommen,<br /> die zu großen Kämpfen sind gekommen,<br />zu Herrn Dietrichs Zeiten.<br />Sie begingen Tapferkeit genug,<br />wenn einer je den anderen schlug.<br />Sie wollten niemals (fort)reiten,<br /> sie wären zu Kämpfen stets bereit,<br />ihre Schilde, ihre Helmen feste.<br />Viel Not da geschah.<br />Man sprach, er täte das Beste,<br />der Viele schuldlos erschlug.<br />Dadurch ihr Lob gepriesen ward (~wurde),<br />so man die Toten von ihnen trug.
| 1 || Wir hân von helden vil vernomen,<br />dieze grôzen striten sint bekomen<br />bi hern Dietrichs ziten.<br />si begiengen degenheit genuoc,<br /><sup>5</sup>dô einer ie den andern sluoc.<br />si wolten niender riten,<br />si wærn ze strîten wol bereit,<br />ir schilte, ir helmen veste.<br />mänic kumber do erleit.<br /><sup>10</sup>man sprach, er tæte dez beste,<br />der mängen âne schulde ersluoc.<br />dâ von ir lop gepriset wart,<br />sô man die tôten von in truoc.|| Wir haben von Helden viel vernommen,<br /> die zu großen Kämpfen sind gekommen,<br />zu Herrn Dietrichs Zeiten.<br />Sie begingen Tapferkeit genug,<br />wenn einer je den anderen schlug.<br />Sie wollten niemals (fort)reiten,<br /> sie wären zu Kämpfen stets bereit,<br />ihre Schilde, ihre Helmen feste.<br />Viel Not da geschah.<br />Man sprach, er täte das Beste,<br />der Viele schuldlos erschlug.<br />Dadurch ihr Lob gepriesen ward<ref group='k'>(~wurde)</ref>,<br />so man die Toten von ihnen trug.
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| 2 || Nu merkt, ir herren, daz ist reht:<br />von Kemenâten Albreht<br />der tihte* ditze mære,<br />wie daz der Berner vil guot<br /><sup>5</sup>nie gwan gên vrouwen hôhen muot.<br />wan seit uns daz er wære<br />gên vrouwen niht ein hovelîch man<br />(sin muot stuont im ze strîte),<br />unz er ein vrouwen wol getân<br /><sup>10</sup>gesach bî einen zîten:<br />diu was ein hôchgeloptiu meit,<br />diu den Berner dô betwanc,<br />als uns diu âventiure seit.|| Nun merkt (Euch), ihr Herren, das ist recht:<br />von Kemenaten, Albrecht,<br />der dichtete* diese Märe, (~ Erzählung)<br />wie der Berner durchweg gut<br /> nie gewann der Frauen hohe Gunst.<br />Man sagte uns, dass er wäre,<br />zu Frauen nie ein höfischer Mann,<br />(sein Gemüt stand ihm zu Kampfe)<br />bis er eine Frau wohlgetan (~schöner Gestalt)<br />erblickte zu einer Zeit:<br />Die war eine hochgelobte Maid,<br />die den Berner da bezwang,<br />wie uns die Aventiure sagt.<br /><small>*alternative Übersetzung: schrieb oder sang.<br />Im Argot der Dietrichepik erscheint "dichten" zutreffend (vgl. DF).
| 2 || Nu merkt, ir herren, daz ist reht:<br />von Kemenâten Albreht<br />der tihte* ditze mære,<br />wie daz der Berner vil guot<br /><sup>5</sup>nie gwan gên vrouwen hôhen muot.<br />wan seit uns daz er wære<br />gên vrouwen niht ein hovelîch man<br />(sin muot stuont im ze strîte),<br />unz er ein vrouwen wol getân<br /><sup>10</sup>gesach bî einen zîten:<br />diu was ein hôchgeloptiu meit,<br />diu den Berner dô betwanc,<br />als uns diu âventiure seit.|| Nun merkt (Euch), ihr Herren, das ist recht:<br />von Kemenaten, Albrecht,<br />der dichtete* diese Märe<ref group= 'k'>(~ Erzählung)</ref>,<br />wie der Berner durchweg gut<br /> nie gewann der Frauen hohe Gunst.<br />Man sagte uns, dass er wäre,<br />zu Frauen nie ein höfischer Mann,<br />(sein Gemüt stand ihm zu Kampfe)<br />bis er eine Frau wohlgetan<ref group= 'k'>(~ von schöner Gestalt)</ref><br />erblickte zu einer Zeit:<br />Die war eine hochgelobte Maid,<br />die den Berner da bezwang,<br />wie uns die Aventiure sagt.<ref group='k'>Alternative Übersetzung: schrieb oder sang.<br />Im Argot der Dietrichepik erscheint "dichten" zutreffend (vgl. DF).</ref>
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| 3 || Her Dieterich von Berne reit:<br />die rehten strâze er dicke vermeit.<br />dô kêrte er gên der wilde.<br />man seit von sîner degenheit,<br /><sup>5</sup>waz er nôt in strîten leit<br />ze walde und ûf gevilde.<br />wir hœren wunder von im sagen,<br />daz er sô vil gevæhte<br />(mänic wart von im erslagen)<br /><sup>10</sup>und och gên Berne bræhte<br />beidiu gevangen und verwunt,<br />die er mit degenheit betwanc.<br />ime was ze strîte kunt.|| Herr Dieterich von Berne ritt: <br/>Den rechten Pfad er oft vermied.<br />Da zog er in die Wilde.<br />Man sagt von seiner Tapferkeit, <br />welch' Not er in Kämpfen (er)litt<br />zu Walde und im Gefilde.<br>Wir hören Wunder von ihm sagen,<br />dass er soviel fechte (~kämpfe)<br />(viele wurden von ihm erschlagen)<br />und auch nach Bern brächte,<br />alle gefangen und verwund',<br />die er mit Tapferkeit bezwang.<br />Ihm war zu kämpfen kund. (~er war im Kampf erfahren)
| 3 || Her Dieterich von Berne reit:<br />die rehten strâze er dicke vermeit.<br />dô kêrte er gên der wilde.<br />man seit von sîner degenheit,<br /><sup>5</sup>waz er nôt in strîten leit<br />ze walde und ûf gevilde.<br />wir hœren wunder von im sagen,<br />daz er sô vil gevæhte<br />(mänic wart von im erslagen)<br /><sup>10</sup>und och gên Berne bræhte<br />beidiu gevangen und verwunt,<br />die er mit degenheit betwanc.<br />ime was ze strîte kunt.|| Herr Dieterich von Berne ritt: <br/>Den rechten Pfad er oft vermied.<br />Da zog er in die Wilde.<br />Man sagt von seiner Tapferkeit, <br />welch' Not er in Kämpfen (er)litt<br />zu Walde und im Gefilde.<br>Wir hören Wunder von ihm sagen,<br />dass er soviel fechte<ref group= 'k'>(~kämpfe)</ref><br />(viele wurden von ihm erschlagen)<br />und auch nach Bern brächte,<br />alle gefangen und verwund',<br />die er mit Tapferkeit bezwang.<br />Ihm war zu kämpfen kund.<ref group= 'k'>(~er war im Kampf erfahren)</ref>
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| 4 || Dô wart dem tugenthaften man<br />von grôzen risen kunt getân.<br />die wæren in dem walde:<br />dâ vunde man si zaller stunt.<br /><sup>5</sup>daz birge heizet Trûtmunt.<br />dar gâhte der degen balde.<br />er sprach, er wolte gerne sehen<br />die risen ungefüege.<br />swaz kumbers im dâ möhte beschehen,<br /><sup>10</sup>dô iegelîcher trüege<br />ein stange grôz und dar zuo lanc,<br />diu wunder wolte er gerne spehen.<br />sîn manheit in dar zuo betwanc. || Da wurde dem tugenthaften Mann<br />von großen Riesen kund getan.<br />Die wären in dem Walde:<br/>Dort fünde man sie zu jeder Stund'.<br />Das Gebirge heiße Dortmund<ref>These Zupitzas [Zupitza 1870], zu der in der Forschung keine Gegenpositionen bestehen.<br />Alle aufgezeichneten Namensvarianten der Stadt Dortmund sind bezeugt sowie das Grundwort -mund<br />als "Berg" identifiziert in den Arbeiten des Onosmatikers Jürgen Udolph, siehe: <br/><small>Udolph, Jürgen: Dortmund. Neues zu einem alten Namen, Essen 2010. (Beiträge zur Geschichte Dortmunds und der Grafschaft Mark, Sonderdruck aus Band 100/101)</small></ref><br />dahin eilte der Krieger bald.<br />Er sprach, er wollte gerne sehen,<br />die ungestümen Riesen.<br />Welch' Kummer ihm da könnte geschehen,<br />da jeglicher (mit sich) führe<br />eine große Stange und dazu lang,<br/>die Wunder wollte er gern erspähen.<br />Seine Männlichkeit ihn dazu zwang.
| 4 || Dô wart dem tugenthaften man<br />von grôzen risen kunt getân.<br />die wæren in dem walde:<br />dâ vunde man si zaller stunt.<br /><sup>5</sup>daz birge heizet Trûtmunt.<br />dar gâhte der degen balde.<br />er sprach, er wolte gerne sehen<br />die risen ungefüege.<br />swaz kumbers im dâ möhte beschehen,<br /><sup>10</sup>dô iegelîcher trüege<br />ein stange grôz und dar zuo lanc,<br />diu wunder wolte er gerne spehen.<br />sîn manheit in dar zuo betwanc. || Da wurde dem tugenthaften Mann<br />von großen Riesen kund getan.<br />Die wären in dem Walde:<br/>Dort fünde man sie zu jeder Stund'.<br />Das Gebirge heiße Dortmund<ref>These Zupitzas [Zupitza 1870], zu der in der Forschung keine Gegenpositionen bestehen.<br />Alle aufgezeichneten Namensvarianten der Stadt Dortmund sind bezeugt sowie das Grundwort -mund<br />als "Berg" identifiziert in den Arbeiten des Onosmatikers Jürgen Udolph, siehe: <br/><small>Udolph, Jürgen: Dortmund. Neues zu einem alten Namen, Essen 2010. (Beiträge zur Geschichte Dortmunds und der Grafschaft Mark, Sonderdruck aus Band 100/101)</small></ref><br />dahin eilte der Krieger bald(e).<br />Er sprach, er wollte gerne sehen,<br />die ungestümen Riesen.<br />Welch' Kummer ihm da könnte geschehen,<br />da jeglicher (mit sich) führe<br />eine große Stange und dazu lang,<br/>die Wunder wollte er gern erspähen.<br />Seine Männlichkeit ihn dazu zwang.
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| 5 || Im walde vant er einen berc,<br />den hâten gar wildiu getwerc<br />erbûwen und besezzen.<br />bî dien er eine magt ersach.<br /><sup>5</sup>daz im sîn herze des verjach,<br />dem edlen helde vermezzen,<br />ern sæh nie wîp sô wol getân.<br />des vröute sich der guote.<br />man wolte in sî niht sehen lân:<br /><sup>10</sup>sî was in grôzer huote.<br />die stige vertrâten im getwerc.<br />die schœnen vrouwen wol getân<br />vuorten sî mit in in den berc.|| Im Walde fand er einen Berg,<br />den hatten ganz wilde Zwerg'<br />bewohnt und besessen.<br />Bei diesen er eine Frau ersah,<br /> dass ihm das Herz daran erlag,<br />dem edlen kühnen Helde',<br />er sah nie eine Frau so schöner Gestalt. <br />Dessen freute sich der Gute (~Ehrenhafte).<br />  Man wollte ihn sie nicht sehen lassen:<br />Sie war in starker Obhute. (~Bewachung) <br />Die Stufen verstellten ihm (die) Zwerg'.<br />Die schönen Frauen wohlgetan<br />führten sie mit sich in den Berg.
| 5 || Im walde vant er einen berc,<br />den hâten gar wildiu getwerc<br />erbûwen und besezzen.<br />bî dien er eine magt ersach.<br /><sup>5</sup>daz im sîn herze des verjach,<br />dem edlen helde vermezzen,<br />ern sæh nie wîp sô wol getân.<br />des vröute sich der guote.<br />man wolte in sî niht sehen lân:<br /><sup>10</sup>sî was in grôzer huote.<br />die stige vertrâten im getwerc.<br />die schœnen vrouwen wol getân<br />vuorten sî mit in in den berc.|| Im Walde fand er einen Berg,<br />den hatten ganz wilde Zwerg'<br />bewohnt und besessen.<br />Bei diesen er eine Frau ersah,<br /> dass ihm das Herz daran erlag,<br />dem edlen kühnen Helde',<br />er sah nie eine Frau so schöner Gestalt. <br />Dessen freute sich der Gute.<ref group= 'k'>(~ der Ehrenhafte)</ref><br />  Man wollte ihn sie nicht sehen lassen:<br />Sie war in starker Obhute.<ref group = 'k'>(~Bewachung)</ref><br />Die Stufen verstellten ihm (die) Zwerg'.<br />Die schönen Frauen wohlgetan<br />führten sie mit sich in den Berg.
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| 6 || Des wart her Dietrich gar unvrô:<br />mit guoter rede und ouch mit drô<br />sprach er ze den getwergen<br />'sagt waz ist iu von mir geschehen,<br /><sup>5</sup>daz ir mich die vrowen niht lâzent sehen<br />und ir sî heizent bergen?<br />ich nime ez ûf die triuwe mîn,<br />deich iu niht schaden wolte.<br />möht ez mit iuwer hulde sîn,<br /><sup>10</sup>daz ich sî sehen solte,<br />dâ vür næm ich niht tûsent marc.'<br />der rîche künic Goldemâr<br />die vrouwen hinder sich verbarc || Daher wurde Herr Dietrich gänzlich unfroh:<br />Mit ehrbarer Rede und auch mit Droh'<br />sprach er zu den Zwergen:<br />„Sagt, was ist euch von mir geschehen,<br />dass ihr mich die Frauen nicht lasset sehen<br />und ihr sie (ge)heisset zu verbergen?<br />Ich nehme es auf die Treue mein,<br/>dass ich euch nicht schaden wollte.<br />Mag es nicht mit euer Huld sein,<br />dass ich sie sehen sollte,<br />dafür nähm' ich nicht Tausend Mark.”<br />Der reiche König Goldemar,<br />die Frauen hinter sich verbarg.
| 6 || Des wart her Dietrich gar unvrô:<br />mit guoter rede und ouch mit drô<br />sprach er ze den getwergen<br />'sagt waz ist iu von mir geschehen,<br /><sup>5</sup>daz ir mich die vrowen niht lâzent sehen<br />und ir sî heizent bergen?<br />ich nime ez ûf die triuwe mîn,<br />deich iu niht schaden wolte.<br />möht ez mit iuwer hulde sîn,<br /><sup>10</sup>daz ich sî sehen solte,<br />dâ vür næm ich niht tûsent marc.'<br />der rîche künic Goldemâr<br />die vrouwen hinder sich verbarc || Daher wurde Herr Dietrich gänzlich unfroh:<br />Mit ehrbarer Rede und auch mit Droh'<br />sprach er zu den Zwergen:<br />„Sagt, was ist euch von mir geschehen,<br />dass ihr mich die Frauen nicht lasset sehen<br />und ihr sie (ge)heisset zu verbergen?<br />Ich nehme es auf die Treue mein,<br/>dass ich euch nicht schaden wollte.<br />Mag es nicht mit euer Huld sein,<br />dass ich sie sehen sollte,<br />dafür nähm' ich nicht Tausend Mark.”<br />Der reiche König Goldemar,<br />die Frauen hinter sich verbarg.
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| 7 || Dô daz her Dieterich ersach,<br />mit sendem muote er gâhe sprach<br />'sagent mir von der vrouwen,<br />von wannân ir sî habent genomen<br /><sup>5</sup>od wannân sî sî her bekomen<br />enweder schilte noch den gêr:<br />der ist hie niht zerbrochen.<br />daz riwet mich hiute und iemer mê:<br /><sup>10</sup>kein sper hie lît zerstochen,<br />als man durch schœne vrouwen tuot.<br />sol mir mîn sper hie blîben ganz,<br />daz trûrt mir iermê den muot. || Da dass Herr Dietrich erkannte,<br />mit Sehnsucht er eilig sprach:<br />„Saget mir von der Frauen,<br />von woher habt ihr sie genommen?<br /> Keins von beidem, weder Schild noch der Speer:<br />Der ist hier zerbrochen.<br />Das reut mich heute und immer mehr:<br />Kein Speer lag hier zerstochen, (~zersplittert)<br />wie man durch schöne Frauen tut.<br />Soll mir mein Speer hier bleiben ganz?<br />Das trübt mir immer mehr den Mut.(~das Gemüt)
| 7 || Dô daz her Dieterich ersach,<br />mit sendem muote er gâhe sprach<br />'sagent mir von der vrouwen,<br />von wannân ir sî habent genomen<br /><sup>5</sup>od wannân sî sî her bekomen<br />enweder schilte noch den gêr:<br />der ist hie niht zerbrochen.<br />daz riwet mich hiute und iemer mê:<br /><sup>10</sup>kein sper hie lît zerstochen,<br />als man durch schœne vrouwen tuot.<br />sol mir mîn sper hie blîben ganz,<br />daz trûrt mir iermê den muot. || Da dass Herr Dietrich erkannte,<br />mit Sehnsucht er eilig sprach:<br />„Saget mir von der Frauen,<br />von woher habt ihr sie genommen,<br />oder woher sie<ref group='k'>*Die Zwerge</ref> sie herbekommen?<br />Keins von beidem, weder Schild noch der Speer;<br />Der ist hier zerbrochen.<br />Das reut mich heute und immer mehr:<br />Kein Speer lag hier zerstochen<ref group= 'k'>(~zersplittert)</ref>,<br />wie man durch schöne Frauen tut.<br />Soll mir mein Speer hier bleiben ganz?<br />Das trübt mir immer mehr den Mut.<ref group= 'k'>(~das Gemüt)</ref>”
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| 8 || Od ist kein herr hie nâhe bî,<br />der gewaltec dirre vrouwen sî,<br />der bewîs mich durch sîn êre,<br />ob sî im iht des habe verjehen:<br /><sup>5</sup>sô kund mir lieber niht geschehen.<br />ich vröu mich swar ich kêre.<br />oder ist sî durch mannes lîp<br />gevarn in diz gewilde,<br />als hie vor tâten schœniu wîp,<br /><sup>10</sup>ob sî des niht bevilde,<br />und daz sî vuorn durch werde man,<br />und hât mîn vrowe den selben muot.<br />sô wil trûren varen lân.' || „Oder ist kein Herr hier Nahe bei,<br />der gewaltsam dieser Frauen sei?<br />Der beweis' mir durch seine Ehre,<br />ob sie ihm das zugestanden habe:<br />So könnte mir lieberes nicht geschehen,<br />ich freute mich wohin ich (mich) wende.<br />Oder ist sie von Mannes Leibe <br />gebracht worden in dieses Gefilde,<br /> wie es hier zuvor taten schöne Frauen?<br />Ob sie das nicht verdriesse,<br />und dass sie unterhalten (werde) durch ehrbaren Mann;<br />und hätt meine Frau dasselbe Empfinden,<br /> so will ich meine Trauer ziehen lassen.”
| 8 || Od ist kein herr hie nâhe bî,<br />der gewaltec dirre vrouwen sî,<br />der bewîs mich durch sîn êre,<br />ob sî im iht des habe verjehen:<br /><sup>5</sup>sô kund mir lieber niht geschehen.<br />ich vröu mich swar ich kêre.<br />oder ist sî durch mannes lîp<br />gevarn in diz gewilde,<br />als hie vor tâten schœniu wîp,<br /><sup>10</sup>ob sî des niht bevilde,<br />und daz sî vuorn durch werde man,<br />und hât mîn vrowe den selben muot.<br />sô wil trûren varen lân.' || „Oder ist kein Herr hier Nahe bei,<br />der gewaltsam dieser Frauen sei?<br />Der beweis' mir durch seine Ehre,<br />ob sie ihm das zugestanden habe:<br />So könnte mir lieberes nicht geschehen,<br />ich freute mich wohin ich (mich) wende.<br />Oder ist sie von Mannes Leibe <br />gebracht worden in dieses Gefilde,<br /> wie es hier zuvor taten schöne Frauen?<br />Ob sie das nicht verdriesse,<br />und dass sie unterhalten (werde) durch ehrbaren Mann;<br />und hätt meine Frau dasselbe Empfinden,<br /> so will ich meine Trauer ziehen lassen.”
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| 9 || Goldemâr spranc vür den berc.<br />ein rîcher künec was daz getwerc,<br />gewaltec wilder liute.<br />er sprach 'hœrent, ir riter vil guot,<br /><sup>5</sup>ir mugt wol hân eins löuwen muot.<br />vernement waz ich diu diute.<br />ich bin iu, herre, daz ist wâr,<br />ze strîte niht gewahsen:<br />iurn schilt und iuwern helm sô klâr<br /><sup>10</sup>den vüerent hin ze Sahsen.<br />dâ zerbrechent ir iur sper:<br />ir vindent strîtes an mir niht'<br />sprach Goldemâr der künic hêr.|| Goldemar sprang vor den Berg,<br />ein reicher König war der Zwerg,<br />gewaltsam wilder Leute.<br />er sprach, „Hört, Ihr guter Ritter,<br />Ihr mögt wohl haben eines Löwen Mut.<br />Vernimmt, was ich Euch deute.<br />Ich bin Euch, Herr, das ist wahr,<br />im Kampfe nicht gewachsen:<br />Euern Schild und Euern Helm so klar<br />den führet hin nach Sachsen.<br />Da zerbrechet Euren Speer!<br/>Ihr findet des Kampfes bei mir nicht”, <br />sprach Goldemar, der königliche Herr.
| 9 || Goldemâr spranc vür den berc.<br />ein rîcher künec was daz getwerc,<br />gewaltec wilder liute.<br />er sprach 'hœrent, ir riter vil guot,<br /><sup>5</sup>ir mugt wol hân eins löuwen muot.<br />vernement waz ich diu diute.<br />ich bin iu, herre, daz ist wâr,<br />ze strîte niht gewahsen:<br />iurn schilt und iuwern helm sô klâr<br /><sup>10</sup>den vüerent hin ze Sahsen.<br />dâ zerbrechent ir iur sper:<br />ir vindent strîtes an mir niht'<br />sprach Goldemâr der künic hêr.|| Goldemar sprang vor den Berg,<br />ein reicher König war der Zwerg,<br />gewaltsam wilder Leute.<br />er sprach, „Hört, Ihr guter Ritter,<br />Ihr mögt wohl haben eines Löwen Mut.<br />Vernimmt, was ich Euch deute.<br />Ich bin Euch, Herr, das ist wahr,<br />im Kampfe nicht gewachsen:<br />Euern Schild und Euern Helm so klar<br />den führet hin nach Sachsen.<br />Da zerbrechet Euren Speer!<br/>Ihr findet des Kampfes bei mir nicht”, <br />sprach Goldemar, der königliche Herr.
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| 10 || 'Doch wil ich iu hie machen kunt,<br />went ir vernemen in kurzer stunt<br />von mîner vrouwen künde.... <br/>''(Ende der Überlieferung)''|| „Doch will ich Euch hier machen kund,<br />wenn ihr vernimmt in kurzer Stund'<br />von meiner Frauen bekannt....”
| 10 || 'Doch wil ich iu hie machen kunt,<br />went ir vernemen in kurzer stunt<br />von mîner vrouwen künde.... <br/>''(Ende der Überlieferung)''|| „Doch will ich Euch hier machen kund,<br />wenn ihr vernehmet in kurzer Stund'<br />von meiner Frauen bekannt....”
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=== Kommentar ===
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== Weitere Textzeugen ==
== Weitere Textzeugen ==
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===Primärtexte===
===Primärtexte===


[*Zupitza 1870] Dietrichs Abenteuer von Albrecht von Kemenaten nebst den Bruchstücken von Dietrich und Wenezlan, hg. von Julius Zuitza, Berlin 1870. (Deutsches Heldenbuch, Fünfter Teil)
[*Zupitza 1870] Dietrichs Abenteuer von Albrecht von Kemenaten nebst den Bruchstücken von Dietrich und Wenezlan, hg. von Julius Zupitza, Berlin 1870. (Deutsches Heldenbuch, Fünfter Teil)


[*Von Der Hagen 1855] Heldenbuch.  Altdeutsche Heldenlieder aus dem  Sagenkreis Dietrich von Bern  und  der  Nibelungen,  hg. von Friedrich Heinrich von der Hagen, Leipzig  1855.
[*Von Der Hagen 1855] Heldenbuch.  Altdeutsche Heldenlieder aus dem  Sagenkreis Dietrich von Bern  und  der  Nibelungen,  hg. von Friedrich Heinrich von der Hagen, Leipzig  1855.

Version vom 8. August 2017, 05:50 Uhr

Erste Seite zum "Goldemar" Albrechts von Kemenaten.
(Nürnberg, GNM, Hs. 80, Fol. 6v)

Der folgende Artikel übersetzt das Fragment des aventîurehaften Heldenzeitliedes[1] Goldemar Albrechts von Kemenaten ins Neuhochdeutsche sowie Auszüge zweier Textzeugen derselben Sage.

Goldemar - Textausgabe im Bernerton und Übersetzung

Die mittelhochdeutsche Textausgabe zzgl. Strophenzählung entspricht der von Julius Zupitza.[Zupitza 1870]:202-204

Strophe Textausgabe nach Julius Zupitza
im standardisierten Mittelhochdeutsch
Übersetzung durch Fridurich von Drusomagus
ins Neuhochdeutsche
1 Wir hân von helden vil vernomen,
dieze grôzen striten sint bekomen
bi hern Dietrichs ziten.
si begiengen degenheit genuoc,
5dô einer ie den andern sluoc.
si wolten niender riten,
si wærn ze strîten wol bereit,
ir schilte, ir helmen veste.
mänic kumber do erleit.
10man sprach, er tæte dez beste,
der mängen âne schulde ersluoc.
dâ von ir lop gepriset wart,
sô man die tôten von in truoc.
Wir haben von Helden viel vernommen,
die zu großen Kämpfen sind gekommen,
zu Herrn Dietrichs Zeiten.
Sie begingen Tapferkeit genug,
wenn einer je den anderen schlug.
Sie wollten niemals (fort)reiten,
sie wären zu Kämpfen stets bereit,
ihre Schilde, ihre Helmen feste.
Viel Not da geschah.
Man sprach, er täte das Beste,
der Viele schuldlos erschlug.
Dadurch ihr Lob gepriesen ward[k 1],
so man die Toten von ihnen trug.
2 Nu merkt, ir herren, daz ist reht:
von Kemenâten Albreht
der tihte* ditze mære,
wie daz der Berner vil guot
5nie gwan gên vrouwen hôhen muot.
wan seit uns daz er wære
gên vrouwen niht ein hovelîch man
(sin muot stuont im ze strîte),
unz er ein vrouwen wol getân
10gesach bî einen zîten:
diu was ein hôchgeloptiu meit,
diu den Berner dô betwanc,
als uns diu âventiure seit.
Nun merkt (Euch), ihr Herren, das ist recht:
von Kemenaten, Albrecht,
der dichtete* diese Märe[k 2],
wie der Berner durchweg gut
nie gewann der Frauen hohe Gunst.
Man sagte uns, dass er wäre,
zu Frauen nie ein höfischer Mann,
(sein Gemüt stand ihm zu Kampfe)
bis er eine Frau wohlgetan[k 3]
erblickte zu einer Zeit:
Die war eine hochgelobte Maid,
die den Berner da bezwang,
wie uns die Aventiure sagt.[k 4]
3 Her Dieterich von Berne reit:
die rehten strâze er dicke vermeit.
dô kêrte er gên der wilde.
man seit von sîner degenheit,
5waz er nôt in strîten leit
ze walde und ûf gevilde.
wir hœren wunder von im sagen,
daz er sô vil gevæhte
(mänic wart von im erslagen)
10und och gên Berne bræhte
beidiu gevangen und verwunt,
die er mit degenheit betwanc.
ime was ze strîte kunt.
Herr Dieterich von Berne ritt:
Den rechten Pfad er oft vermied.
Da zog er in die Wilde.
Man sagt von seiner Tapferkeit,
welch' Not er in Kämpfen (er)litt
zu Walde und im Gefilde.
Wir hören Wunder von ihm sagen,
dass er soviel fechte[k 5]
(viele wurden von ihm erschlagen)
und auch nach Bern brächte,
alle gefangen und verwund',
die er mit Tapferkeit bezwang.
Ihm war zu kämpfen kund.[k 6]
4 Dô wart dem tugenthaften man
von grôzen risen kunt getân.
die wæren in dem walde:
dâ vunde man si zaller stunt.
5daz birge heizet Trûtmunt.
dar gâhte der degen balde.
er sprach, er wolte gerne sehen
die risen ungefüege.
swaz kumbers im dâ möhte beschehen,
10dô iegelîcher trüege
ein stange grôz und dar zuo lanc,
diu wunder wolte er gerne spehen.
sîn manheit in dar zuo betwanc.
Da wurde dem tugenthaften Mann
von großen Riesen kund getan.
Die wären in dem Walde:
Dort fünde man sie zu jeder Stund'.
Das Gebirge heiße Dortmund[2]
dahin eilte der Krieger bald(e).
Er sprach, er wollte gerne sehen,
die ungestümen Riesen.
Welch' Kummer ihm da könnte geschehen,
da jeglicher (mit sich) führe
eine große Stange und dazu lang,
die Wunder wollte er gern erspähen.
Seine Männlichkeit ihn dazu zwang.
5 Im walde vant er einen berc,
den hâten gar wildiu getwerc
erbûwen und besezzen.
bî dien er eine magt ersach.
5daz im sîn herze des verjach,
dem edlen helde vermezzen,
ern sæh nie wîp sô wol getân.
des vröute sich der guote.
man wolte in sî niht sehen lân:
10sî was in grôzer huote.
die stige vertrâten im getwerc.
die schœnen vrouwen wol getân
vuorten sî mit in in den berc.
Im Walde fand er einen Berg,
den hatten ganz wilde Zwerg'
bewohnt und besessen.
Bei diesen er eine Frau ersah,
dass ihm das Herz daran erlag,
dem edlen kühnen Helde',
er sah nie eine Frau so schöner Gestalt.
Dessen freute sich der Gute.[k 7]
Man wollte ihn sie nicht sehen lassen:
Sie war in starker Obhute.[k 8]
Die Stufen verstellten ihm (die) Zwerg'.
Die schönen Frauen wohlgetan
führten sie mit sich in den Berg.
6 Des wart her Dietrich gar unvrô:
mit guoter rede und ouch mit drô
sprach er ze den getwergen
'sagt waz ist iu von mir geschehen,
5daz ir mich die vrowen niht lâzent sehen
und ir sî heizent bergen?
ich nime ez ûf die triuwe mîn,
deich iu niht schaden wolte.
möht ez mit iuwer hulde sîn,
10daz ich sî sehen solte,
dâ vür næm ich niht tûsent marc.'
der rîche künic Goldemâr
die vrouwen hinder sich verbarc
Daher wurde Herr Dietrich gänzlich unfroh:
Mit ehrbarer Rede und auch mit Droh'
sprach er zu den Zwergen:
„Sagt, was ist euch von mir geschehen,
dass ihr mich die Frauen nicht lasset sehen
und ihr sie (ge)heisset zu verbergen?
Ich nehme es auf die Treue mein,
dass ich euch nicht schaden wollte.
Mag es nicht mit euer Huld sein,
dass ich sie sehen sollte,
dafür nähm' ich nicht Tausend Mark.”
Der reiche König Goldemar,
die Frauen hinter sich verbarg.
7 Dô daz her Dieterich ersach,
mit sendem muote er gâhe sprach
'sagent mir von der vrouwen,
von wannân ir sî habent genomen
5od wannân sî sî her bekomen
enweder schilte noch den gêr:
der ist hie niht zerbrochen.
daz riwet mich hiute und iemer mê:
10kein sper hie lît zerstochen,
als man durch schœne vrouwen tuot.
sol mir mîn sper hie blîben ganz,
daz trûrt mir iermê den muot.
Da dass Herr Dietrich erkannte,
mit Sehnsucht er eilig sprach:
„Saget mir von der Frauen,
von woher habt ihr sie genommen,
oder woher sie[k 9] sie herbekommen?
Keins von beidem, weder Schild noch der Speer;
Der ist hier zerbrochen.
Das reut mich heute und immer mehr:
Kein Speer lag hier zerstochen[k 10],
wie man durch schöne Frauen tut.
Soll mir mein Speer hier bleiben ganz?
Das trübt mir immer mehr den Mut.[k 11]
8 Od ist kein herr hie nâhe bî,
der gewaltec dirre vrouwen sî,
der bewîs mich durch sîn êre,
ob sî im iht des habe verjehen:
5sô kund mir lieber niht geschehen.
ich vröu mich swar ich kêre.
oder ist sî durch mannes lîp
gevarn in diz gewilde,
als hie vor tâten schœniu wîp,
10ob sî des niht bevilde,
und daz sî vuorn durch werde man,
und hât mîn vrowe den selben muot.
sô wil trûren varen lân.'
„Oder ist kein Herr hier Nahe bei,
der gewaltsam dieser Frauen sei?
Der beweis' mir durch seine Ehre,
ob sie ihm das zugestanden habe:
So könnte mir lieberes nicht geschehen,
ich freute mich wohin ich (mich) wende.
Oder ist sie von Mannes Leibe
gebracht worden in dieses Gefilde,
wie es hier zuvor taten schöne Frauen?
Ob sie das nicht verdriesse,
und dass sie unterhalten (werde) durch ehrbaren Mann;
und hätt meine Frau dasselbe Empfinden,
so will ich meine Trauer ziehen lassen.”
9 Goldemâr spranc vür den berc.
ein rîcher künec was daz getwerc,
gewaltec wilder liute.
er sprach 'hœrent, ir riter vil guot,
5ir mugt wol hân eins löuwen muot.
vernement waz ich diu diute.
ich bin iu, herre, daz ist wâr,
ze strîte niht gewahsen:
iurn schilt und iuwern helm sô klâr
10den vüerent hin ze Sahsen.
dâ zerbrechent ir iur sper:
ir vindent strîtes an mir niht'
sprach Goldemâr der künic hêr.
Goldemar sprang vor den Berg,
ein reicher König war der Zwerg,
gewaltsam wilder Leute.
er sprach, „Hört, Ihr guter Ritter,
Ihr mögt wohl haben eines Löwen Mut.
Vernimmt, was ich Euch deute.
Ich bin Euch, Herr, das ist wahr,
im Kampfe nicht gewachsen:
Euern Schild und Euern Helm so klar
den führet hin nach Sachsen.
Da zerbrechet Euren Speer!
Ihr findet des Kampfes bei mir nicht”,
sprach Goldemar, der königliche Herr.
10 'Doch wil ich iu hie machen kunt,
went ir vernemen in kurzer stunt
von mîner vrouwen künde....
(Ende der Überlieferung)
„Doch will ich Euch hier machen kund,
wenn ihr vernehmet in kurzer Stund'
von meiner Frauen bekannt....”

Kommentar

  1. (~wurde)
  2. (~ Erzählung)
  3. (~ von schöner Gestalt)
  4. Alternative Übersetzung: schrieb oder sang.
    Im Argot der Dietrichepik erscheint "dichten" zutreffend (vgl. DF).
  5. (~kämpfe)
  6. (~er war im Kampf erfahren)
  7. (~ der Ehrenhafte)
  8. (~Bewachung)
  9. *Die Zwerge
  10. (~zersplittert)
  11. (~das Gemüt)

Weitere Textzeugen

Goldemar - Auszug aus dem Prosa-Anhang des Heldenbuches

Im "Anhang des Heldenbuches" werden in Prosaform die bekannten Sagen um Dietrich von Bern in vereinheitlichender Bearbeitung chronologisiert. Für den Goldemar ist dieses Werk insofern besonders interessant, da man hier in wenigen Zeilen mehr von der Handlung des Goldemars zu erfahren scheint als im erhaltenen Fragment. Das zu errettende Minneweib trägt nun den Namen Hertlin, der Herrschaftssitz ihres Vaters ist Portugal und Dietrich soll es gelingen, sie aus Goldemars Gefangenschaft zu befreien und zu ehelichen. Die Textausgabe entspricht der von Friedrich Heinrich von der Hagen [Von Der Hagen 1855], die der Übersetzung zugrunde liegt; zzgl. wird die standardisierte Form von Julius Zupitza [Zupitza 1870]:29-30 widergegeben, welche allerdings die letzten zwei Zeilen ausspart.

Zeilenbereich Textausgabe nach Friedrich Heinrich von der Hagen
des Straßburger Heldenbuches
Übertragung durch Julius Zupitza mit
bearbeiteter Orthografie
Übersetzung durch Fridurich von Drusomagus
ins Neuhochdeutsche
354-362 [...]Dez Berners erste wîp hiessz Herttelin, die wz dez kin-
(355)gez dohtter von Porttugal, er waz gar ein biderwer king.
er vahtt al wegen an die heiden und wartt ouch von den hei-
den erslagen. also kam king Goldemar und stal ym sin
dohtter, das die altt kinginne von leid starp. do kam der Bern-
ner und nam su Goldemar wider umb mit grosser arbeit.
(360)doch bleip su lutter und rein von Goldemar. also do dis
erste wip gestarp, do nam er das ander wip, die hiessz
Herrot und wz king Etzels swester dohtter usz Ungern-
land.[...]
des Berners erste wip hiez Hertelin,
die was des kinges dohter von Portugal.
er was gar ein biderwer king:
er vaht a wegen an die heiden
und wart ouch von den heiden erslagen
also kam king Goldemar und stal im sin dohter
daz die alt kinginne von leid starp.
do kam der Berner und nam si Goldemar widerumb mit grozer arbeit.
doch bleip si luter und rein von Goldemar.
[...]
Des Berners erste Gemahlin hieß Hertlîn,
die war des Königs Tochter von Portugal,
der war ein sehr angesehener König.
Er kämpfte auf allen Wegen mit den Heiden
und wurde dennoch von den Heiden erschlagen.
So kam König Goldemar und stahl ihm seine Tochter,
sodass die alte Königin vor Leid erstarb.
Da kam der Berner und nahm sie Goldemar
mit großer Mühe wieder ab.
Doch blieb sie rein und schön vor Goldemar.
Als dann diese erste Braut erstarb,
da nahm er sich ein anderes Weib, das hieß Herrat
und war König Etzels Schwestertochter aus Ungarnland.

Goldemar als Vergleich in der Riesenschau - Textauszug aus dem Reinfrid

Im Versroman Reinfried von Braunschweig wird gegen Ende der erhaltenen Verse ein ausführlicher Vergleich mit bekannten riesenhaften Gegnern aus der Heldenepik aufgemacht, um die Stärke der Riesen, mit denen es Reinfrid aufnehmen muss, zu verdeutlichen. Angefangen mit den Brüdern Asprian und Witold, bekannt aus dem "König Rother" und dem "Dokus Horant", über Orte, Velle aus dem "Ortnit/Wolfdietrich"-Epos, Grimme ebenso aus dem "König Rother", Kuperan[3] aus dem "Hürnen Seyfrît", Ulsenbrand aus der "Virginal" schließlich hin zu Goldemar und seinen Riesen. Der Versabschnitt ist für diesen Artikel insbesondere von Bedeutung, da er ein sehr wahrscheinliches Szenario innerhalb der Handlung eines vollständigen Goldemars bezeugt: Wir erfahren nun, dass es zum Kampf zwischen den Wulfingern und Goldemars Riesen kommen wird, Goldemar aber vermeintlich erfolgreich Widerstand leisten kann. Die Textausgabe entspricht der von Karl Bartsch. [Bartsch 1871]

Versbereich Textausgabe nach Karl Bartsch
im standardisierten Mittelhochdeutsch
Übersetzung durch Fridurich von Drusomagus
ins Neuhochdeutsche
25265-25279 [...]wie sol ez im nû ergân?
Witolt und rise Asprîân,
ris Orte unde Velle
Grimme sîn geselle,
Kuprîân und Ülsenbrant
der grôze stet und bürge slant,
wâren niht sô griuwelich
sam diese: in mohte sicherlich
niht gelîchen sunder vâr.
die risen mit den Goldemâr,
daz rîche keiserlîch getwerc,
den walt vervalte und den berc
hie vor den Wülfingen
möht mit keinen singen
sich disen hie gelîchen[...]
[...]Wie sollte es ihm nun ergehen?
Witold und Riese Asprian,
Riese Orte und Velle,
Grimme sein Geselle,
Kuperan und Ulsenbrand,
der große Städte und Burgen verschlang,
waren nicht so abscheulich
wie diese*: ihnen* konnte sicherlich
keine andere Gefahr gleichen.
Die Riesen mit dem Goldemar,
dem reichen kaisergleichen Zwerg,
(der) den Wald verteidigte und den Berg
hier vor den Wulfingern
konnten in keinster Weise
sich mit diesen* hier vergleichen.[...]

*Reinfrîds Riesenfeinde

Goldemar außerhalb der Dietrichepik

Die Sagenfigur des Zwergenkönigs Goldemar scheint nicht, oder zumindest nicht allein in der Dietrichepik beheimatet. So findet sich eine alternative Erzählung mit einem Hausgeist bzw. Kobold namens "Goldemer" innerhalb des bedeutsamen Geschichtswerkes "Cosmidromius" des Kirchenreformes Gobelinus Person, auf das in einem geplanten, gesonderten Artikel zur literarischen Figur Goldemar näher eingegangen werden soll.

Über den Verfasser Albrecht von Kemenaten

Im Goldemar-Fragment nennt sich der Dichter selbst "Albreht von Kemenâten", eine solche Namensnennung stellt ein Novum innerhalb der Dietrichepik und einen Ausnahmefall in der mittelhochdeutschen Heldenepik dar. Es finden sich keine eindeutig zuordenbare historiographischen/chronikalen Zeugnisse über den Verfasser. Außerhalb des Werkes selbst existieren nur zwei Quellen ein- und derselben Erzählinstanz, die einen Albrecht von Kemenaten als Dichter benennen: Ein Lob des Epikers Rudolf von Ems innerhalb seiner "Verfasserkataloge" in den Prologen von "Alexander"[4] und "Wilehalm von Orlens".[5] Damit existiert im Vergleich zu "Heinrich dem Vogelær", der benannten Erzähl- bzw. Vermittlerinstanz in Dietrichs Flucht zumindest 1 Sekundärquelle, weshalb der gegenwärtige Konsens in der Forschung (noch) nicht wie im genannten Fall von einer rein fiktiven Erzählinstanz ausgeht, gleichwohl keinerlei neue Erkenntnisse aufgrund der mangelnden Quellenlage in Aussicht stehen. Schneider geht bei Albrecht von Kemenaten dennoch von einer späten Autorfiktion innerhalb der Überlieferung der Sage aus.[Schneider 1962]:269 Die ältere Forschung (so auch Zupitza [Zupitza 1870]:46) sah aufgrund des Bernertons, aus formalen und stilistischen Gründen Albrecht von Kemenaten auch als Verfasser des "Eckenliedes", "Sigenots" und der "Virginal" an, diese These gilt aber inzwischen als überholt.[De Boor 1997]:142 De Boor wiederum erwog Albrecht als Urheber des Bernertons [De Boor 1961]:20, Heinzle [Heinzle 1999]:103 argumentiert dagegen, dass es sich beim Bernerton mit Kreuzreim, wie er im Goldemar Anwendung findet, um die jüngere Ausprägung desselben handelt. Der Name "Kemenaten" hat im 13. Jahrhundert weite Verbreitung als Orts- und Familienname. Schröder [Schröder 1930]:233 verwies auf das schwäbische Ministerialiengeschlecht von Kemenaten bei Großbeuren mit seinem bedeutsamsten Vertreter Volkmar dem Weisen, Zingerle [Zingerle 1856]:295 zu seiner Zeit auf einen Anfang des 13. Jahrhunderts bezeugten "Albertus de Chemenaten" eines Südtiroler Ministerialiengeschlechts.[6] Aus letztgenannten Aufzeichnungen schloss Klaass [Klaass 1936]:57 auf dieselbe Person, die auch im Thurgau bezeugt sei; datierte dem zugrunde Albrechts Schaffensjahre auf 1230 bis 1240.

Einzelnachweise

  1. Zur Definition des "Heldenzeitliedes" nach Hans Fromm, siehe:
    Fromm, Hans: Das Heldenzeitlied des deutschen Hochmittelalters. In: Neuphil. Mitt. 62 (1961), S. 94–118.
  2. These Zupitzas [Zupitza 1870], zu der in der Forschung keine Gegenpositionen bestehen.
    Alle aufgezeichneten Namensvarianten der Stadt Dortmund sind bezeugt sowie das Grundwort -mund
    als "Berg" identifiziert in den Arbeiten des Onosmatikers Jürgen Udolph, siehe:
    Udolph, Jürgen: Dortmund. Neues zu einem alten Namen, Essen 2010. (Beiträge zur Geschichte Dortmunds und der Grafschaft Mark, Sonderdruck aus Band 100/101)
  3. Namensform bei Gillespie.[Gillespie 1973]:22 basierend auf den Fassungen N, H und F des Hürnen Seyfrid
  4. (V. 3252 f.):
    Von Kemenât her Albreht
    des kunst gert witer schouwe.

    Textausgabe: Alexander, hg. von Victor Junk, Leipzig 1928
    (wiedergegeben u. übersetzt bei [Heinzle 1999]:104)
  5. (V. 2243 f.):
    Ŏch hetti úch mit wishait
    Her Albreht bas denne ich gesait,
    Von Keminat der wise man,
    der maisterliche tihten kan.

    Textausgabe: Wilehalm von Orlens, hg. von Victor Junk, Berlin 1905. (Deutsche Texte des Mittelalters 2)
    (wiedergegeben u. übersetzt bei [Heinzle 1999]:105)
  6. Die Thesen De Boors, Schneiders, Schröders und Zingerles zur Autorschaft Albrechts kompakt zusammengetragen bei:
    Heinzle, Joachim: Albrecht von Kemenaten, Die deutsche Literatur des Mittelalters: Verfasserlexikon, hg. von Kurt Ruh [u.a.], Bd. 1, Berlin/New York 1978, S. 196-198.

Literatur

<harvardreferences />

Primärtexte

[*Zupitza 1870] Dietrichs Abenteuer von Albrecht von Kemenaten nebst den Bruchstücken von Dietrich und Wenezlan, hg. von Julius Zupitza, Berlin 1870. (Deutsches Heldenbuch, Fünfter Teil)

[*Von Der Hagen 1855] Heldenbuch. Altdeutsche Heldenlieder aus dem Sagenkreis Dietrich von Bern und der Nibelungen, hg. von Friedrich Heinrich von der Hagen, Leipzig 1855.

[*Bartsch 1871] Reinfried von Braunschweig, hg. von Karl Bartsch, Tübingen 1871.

Sekundärliteratur

[*De Boor 1961] De Boor, Helmut: Albrecht von Kemnaten, in: Unterscheidung und Bewahrung. Festschrift für Herman Kunisch, Berlin 1961, S. 20-30.

[*De Boor 1997] De Boor, Helmut: Die deutsche Literatur im späten Mittelalter. Erster Teil 1250-1350, neubearbeitet von Johannes Janota, München 1997.

[*Gillespie 1973] Gillespie, George Turland: A Catalogue of Persons named in German Heroic Literature, Oxford 1973.

[*Heinzle 1999] Heinzle, Joachim: Einführung in die mittelhochdeutsche Dietrichepik, Berlin/New York 1999, S. 103-105.

[*Klaass 1936] Klaass, Eberhard: Goldemar, in: VfL 11 (1936), S. 55-57.

[*Schneider 1962] Schneider, Hermann: Germanische Heldensage. Deutsche Heldensage Band I. 2. unveränderte Auflage mit einem Nachwort und Ergänzung von Ruth Wischnewski, Berlin 1962. (Grundriss der Germanischen Philologie,10,1)

[*Schröder 1930] Schröder, Edward: Rudolf von Ems u. sein Litteraturkreis, in: ZdfA 67 (1930), S. 209-251.

[*Zingerle 1856] Zingerle, Ignaz Vinzenz: Albrecht von Kemenaten, in: Germania I (1856), S. 295-296.