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| Nv horet, wie Reinhart, || | | Nv horet, wie Reinhart, || Nun hört, wie Reinhart | ||
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| der vngetrewe hovart, || | | der vngetrewe hovart, || der treulose Hofhund | ||
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| warb vmb sines neven tot. || | | warb vmb sines neven tot. || sich um den Tod seines Neffen bemühte. | ||
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| daz tet er doch ane not. || | | daz tet er doch ane not. || Das tat er jedoch nicht aus einer Notlage heraus. | ||
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| Er sprach: ,lose, Dizelin, || | | Er sprach: ,lose, Dizelin, || Er sprach: 'Los, Dizelin, | ||
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| hilf mir, trvt neve min! || | | hilf mir, trvt neve min! || hilf mir, mein geliebter Neffe! | ||
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| dir ist leider miner not niht kvnt: || | | dir ist leider miner not niht kvnt: || Leider kannst du dich in meine Notlage nicht hineinversetzen: | ||
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| ich wart hvete vru wunt; || | | ich wart hvete vru wunt; || Heute morgen bin ich früh aufgebrochen; | ||
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| der kese liet mir ze nahen bi. || | | der kese liet mir ze nahen bi. || Der Käse lag in meiner Nähe. | ||
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| er smecket sere, ich vurcht, er si || | | er smecket sere, ich vurcht, er si || Er roch streng, sodass ich befürchten musste, er sei | ||
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| mir zv der wunden schedelich. || | | mir zv der wunden schedelich. || für meine Wunden schädlich. | ||
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| trvt neve, nv bedenke mich! || | | trvt neve, nv bedenke mich! || Lieber Neffe, nun kümmere dich um mich! | ||
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| dines vater trewe waren gvt, || | | dines vater trewe waren gvt, || Dein Vater war mir immer treu, | ||
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| ovch hore ich sagen, daz sippeblvt || | | ovch hore ich sagen, daz sippeblvt || ich habe gehört, dass das Blut der Sippe | ||
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| von wazzere niht vertirbet. || | | von wazzere niht vertirbet. || durch Wasser nicht verdorben werden kann. | ||
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| din neve alsvst erstirbet. || | | din neve alsvst erstirbet. || Dein Neffe kommt auf diese Weise um. | ||
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| daz macht dv erwenden harte wol. || | | daz macht dv erwenden harte wol. || Das könntest du schnell ändern. | ||
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| vom stanke ich grozen kvmmer dol. || | | vom stanke ich grozen kvmmer dol. || Ich erleide großen Kummer bei diesem Geruch. | ||
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| Der rabe zehant hinnider vlovc, || | | Der rabe zehant hinnider vlovc, || Der Rabe flog gleich darauf hinunter, | ||
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| dar in Reinhart betrovc. || | | dar in Reinhart betrovc. || da Reinhart ihn durch seine Worte manipuliert hatte. | ||
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| er wolde im helfen von der not || | | er wolde im helfen von der not || Er wollte ihm in seiner Not helfen | ||
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| dvrch trewe, daz was nach sin tot. || | | dvrch trewe, daz was nach sin tot. || und seine Treue unter Beweis stellen, doch dafür sollte er später mit dem Tod bezahlen. | ||
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("Reinhart Fuchs" V. 253–274) | ("Reinhart Fuchs" V. 253–274) | ||
== Täter oder Opfer? Gerechtigkeit im Zwielicht == | == Täter oder Opfer? Gerechtigkeit im Zwielicht == |
Version vom 27. Mai 2020, 21:28 Uhr
Reinhart Fuchs und die höfische Literatur
Mittelhochdeutsch | Übersetzung |
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Nv horet, wie Reinhart, | Nun hört, wie Reinhart |
der vngetrewe hovart, | der treulose Hofhund |
warb vmb sines neven tot. | sich um den Tod seines Neffen bemühte. |
daz tet er doch ane not. | Das tat er jedoch nicht aus einer Notlage heraus. |
Er sprach: ,lose, Dizelin, | Er sprach: 'Los, Dizelin, |
hilf mir, trvt neve min! | hilf mir, mein geliebter Neffe! |
dir ist leider miner not niht kvnt: | Leider kannst du dich in meine Notlage nicht hineinversetzen: |
ich wart hvete vru wunt; | Heute morgen bin ich früh aufgebrochen; |
der kese liet mir ze nahen bi. | Der Käse lag in meiner Nähe. |
er smecket sere, ich vurcht, er si | Er roch streng, sodass ich befürchten musste, er sei |
mir zv der wunden schedelich. | für meine Wunden schädlich. |
trvt neve, nv bedenke mich! | Lieber Neffe, nun kümmere dich um mich! |
dines vater trewe waren gvt, | Dein Vater war mir immer treu, |
ovch hore ich sagen, daz sippeblvt | ich habe gehört, dass das Blut der Sippe |
von wazzere niht vertirbet. | durch Wasser nicht verdorben werden kann. |
din neve alsvst erstirbet. | Dein Neffe kommt auf diese Weise um. |
daz macht dv erwenden harte wol. | Das könntest du schnell ändern. |
vom stanke ich grozen kvmmer dol. | Ich erleide großen Kummer bei diesem Geruch. |
Der rabe zehant hinnider vlovc, | Der Rabe flog gleich darauf hinunter, |
dar in Reinhart betrovc. | da Reinhart ihn durch seine Worte manipuliert hatte. |
er wolde im helfen von der not | Er wollte ihm in seiner Not helfen |
dvrch trewe, daz was nach sin tot. | und seine Treue unter Beweis stellen, doch dafür sollte er später mit dem Tod bezahlen. |
("Reinhart Fuchs" V. 253–274)
Täter oder Opfer? Gerechtigkeit im Zwielicht
Mittelhochdeutsch | Übersetzung |
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alsvs lonet ir Reinhart, | Auf diese Weise dankte Reinhart ihr, |
daz si sin vorspreche wart. | dass sie seine Fürsprecherin wurde. |
Iz ist ovch noch also getan: | Es sei außerdem noch gesagt: |
swer hilfet einem vngetrewen man, | Wer auch immer einem unehrlichen Menschen hilft, |
daz er sine not vberwindet, | dass er seine Notlage übersteht, |
daz er doch an im vindet | und er an ihm dann doch Unehrenhaftes findet, |
valschs, des han wir gnvc gesehen | davon haben wir genug erlebt |
vnde mvz ovch dicke alsam geschen. | und es muss auch häufig so geschehen. |
alsvst hat bewart | So kümmerte sich Reinhart [Tip: bitte mhd. "bewarn" + Akkusativ nachschlagen!] |
sine vrteilere Reinhart. | um seine Urteilsverkünder. [Tip: "vrteilere" = "urteilaere" im Wörterbuch!] |
der arzet was mit valsche da, | Der Arzt war ein Betrüger, |
den kvnic verriet er sa. | der den König sofort täuschen konnte. |
er konde mangen vbelen wanc. | Er beherrschte manchen üblen Streich. |
("Reinhart Fuchs" V. 2155–2167)
Verse mit Wortbelegen ‚kündikeit‘
Vers | Mittelhochdeutsch | Übersetzung |
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V. 217 | REinhart kvndikeite pflac, | Reinhart war klug, |
V. 307 | do was im kvndikeite zit. | Da kam ihm noch rechtzeitig seine Geschicklichkeit zur Hilfe. |
V. 364 | do bedorfte er wol kvndikeit: | Nun musste er geschickt vorgehen: |
V. 1163f | siner amien warf er dvrch den mvnt | Durch eine List warf er seine Minneherrin |
sinen zagel dvrch kvndikeit | mit seinem Schwanz auf das Maul. | |
V. 1420f | ez sold in wol erlozen | Mit Recht sollte Reinhart ihn |
Reinhart mit siner kvndikeit. | mit seinem Wissen erlösen. | |
V. 1822f | nieman evch gezelen mack | niemand könnte euch |
Reinhartes kvndikeit -, | Reinharts Verschlagenheit beschreiben -, | |
V. 2037 | Reinhart sich kvndikeite vleiz: | Reinhart übte sich in Geschicklichkeit: |
("Reinhart Fuchs")
Reinhart der Sieger
Mittelhochdeutsch | Übersetzung |
---|---|
Do Reinhart die not vberwant | Als Reinhart diesen Schmerz überwunden hatte, |
vil schire er den wolf Ysengrin vant. | hörte er bald von dem Wolf Isengrin. |
do er in von erst ane sach, | Als er ihn zum ersten Mal sah, |
nv vernemet, wie er do sprach: | nun hört, wie er da sprach: |
'got gebe evch, herre, gvten tac. | ‚Gott schenke euch, Herr, einen guten Tag. |
swap ir gebietet vnde ich mac | Was immer Ihr verlangt, ich will |
evch gedinen vnde der vrowen min, | euch und meiner Herrin dienen, |
des svlt ir beide gewis sin. | dessen sollt ihr euch sicher sein. |
ich bin dvrch warnen her zv ev kvmen, | Ich bin gekommen, um euch zu warnen, |
wan ich han wol vernumen, | weil ich gehört habe, |
daz evch hazzet manic man. | dass euch viele (Menschen) hassen. |
wolt ir mich zv gesellen han? | Wollt ihr mich zum Freund haben? |
ich bin listic, starc ist ir, | Ich bin klug und ihr seid stark, |
ir mochtet gvten trost han zv mir. | ihr würdet eine gute Unterstützung (Beistand) mit mir haben. |
vor ewere kraft vnde von minen listen | eure Kraft und meine Klugheit |
konnte sich niht gevristen, | können sich nicht aufhalten, |
ich konde eine bvrc wol zerbrechen.' | ich könnte gewiss eine Burg zerstören. |
("Reinhart Fuchs" V. 385–401)
Reinhart der Verlierer
Mittelhochdeutsch | Übersetzung |
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des wart er trvric vnde vnvro, | Deshalb war er verzweifelt und betrübt, |
er sprach: 'herre wie kvmt ditz so, | er sprach: ‚Herr, wie kommt es, |
das mich ein voglin hat betrogen? | dass mich ein Vögelchen überlistet hat? |
das mvet mich, das ist vngelogen.' | das macht mir Sorgen, das ist wahr.’ |
REinhart kvndikeite pflac, | Reinhart war von Klugheit, |
doch ist hevte niht sin tac, | doch heute war nicht sein Tag, |
daz iz im nach heile mvege ergan. | dass er von Gesundheit erfüllt sein möge. |
("Reinhart Fuchs" V. 213–219)