Benutzer:Tamara Groß: Unterschied zwischen den Versionen
Zur Navigation springen
Zur Suche springen
Zeile 719: | Zeile 719: | ||
|- | |- | ||
|Swer in siner tougen || | |Swer in siner tougen || Wer auch immer in seinem Inneren | ||
|- | |- | ||
|ie liep ode leit gewan,|| | |ie liep ode leit gewan,|| je Glück oder Leid erfahren hat, | ||
|- | |- | ||
|dem sint mine sorgen und min kumber wol bekant.|| | |dem sint mine sorgen und min kumber wol bekant.|| der kennt meine Sorgen und meinen Kummer. | ||
|- | |- | ||
|sit ich minen ougen|| | |sit ich minen ougen|| Seitdem ich meinen Augen | ||
|- | |- | ||
|den stic niht verbieten kan,|| | |den stic niht verbieten kan,|| den Stich nicht verhindern kann, | ||
|- | |- | ||
|si enblicken hin, da Rouze tanzet an ir hant,|| | |si enblicken hin, da Rouze tanzet an ir hant,|| müssen sie mit ansehen, wie Route an ihrer Hand tanzt, | ||
|- | |- | ||
|so verlaze ich kume, deich mich selben niht enroufe: || | |so verlaze ich kume, deich mich selben niht enroufe: || So gehe ich schweren Herzens, dass ich mich selbst nicht raufe: | ||
|- | |- | ||
|solhen wehsel nement, die da minnent, an ir koufe. || | |solhen wehsel nement, die da minnent, an ir koufe. || Solch einen Rückschlag, nehmen die, die lieben in Kauf. | ||
|- | |- | ||
|Minne, la mich vri! mich twingent sere diniu bant.|| | |Minne, la mich vri! mich twingent sere diniu bant.|| Liebe, lass mich frei! Deine Fesseln bringen mich in Not. | ||
|- | |- | ||
| || <br /> | | || <br /> | ||
|- | |- | ||
|Minne, dine snüere || | |Minne, dine snüere || Liebe, deine Schnüre | ||
|- | |- | ||
|die twingent daz herze min,|| | |die twingent daz herze min,|| erdrücken mein Herz, | ||
|- | |- | ||
|daz ich han ze strite wider dich deheine wer.|| | |daz ich han ze strite wider dich deheine wer.|| mit dem ich gegen dich gekämpft habe. | ||
|- | |- | ||
|swie verholne ich rüere|| | |swie verholne ich rüere|| Wie leise ich auch | ||
|- | |- | ||
|den zimbel der zelle din,|| | |den zimbel der zelle din,|| die Glocke zu deiner Kammer anstoße, | ||
|- | |- | ||
|so bin ich betwungen des, daz ich dir hulde swer.|| | |so bin ich betwungen des, daz ich dir hulde swer.|| so bin ich gezwungen, mich mit dir zu versöhnen. | ||
|- | |- | ||
|vrouwe Minne, din gewalt ist wider mich ze strenge;|| | |vrouwe Minne, din gewalt ist wider mich ze strenge;|| Frau Minne, deine Macht ist zu stark für mich; | ||
|- | |- | ||
|küneginne, diner ungenade niht verhenge, || | |küneginne, diner ungenade niht verhenge, || Königin, verhänge nicht deine Ungnade über mich, | ||
|- | |- | ||
|daz si mich verderbe! ja ist si über mich ein her.|| | |daz si mich verderbe! ja ist si über mich ein her.|| dass sie mich womöglich zugrunde gehen lässt! Ja sie ist meine Gebieterin. | ||
|} | |} | ||
Version vom 6. Dezember 2020, 12:50 Uhr
Winterlied 10
Mittelhochdeutsch | Übersetzung | ||
---|---|---|---|
Dô der liebe summer | Nachdem der schöne Sommer | ||
ureloup genam, | sich verabschiedet hatte, | ||
dô muose man der tänze | musste man auf die Tänze | ||
ûfm anger gar verphlegen. | auf der Wiese verzichten. | ||
des gewan sît kummer | Seitdem hatte auch | ||
der herre Gunderam: | Herr Gunderam Kummer: | ||
der muose ouch sîn gestränze | Er musste unterwegs auch seine Angeberei | ||
dô lazzen under wegen. | auf der Strecke lassen. | ||
der ist bickelmeister disen winder: | Er ist diesen Winter der Aufseher beim Würfelspiel: | ||
oeder gouch ist in dem lande ninder, | Einen dummen Narren gibt es in diesem Land keinen. | ||
sîn rûmegazze kaphet zallen zîten wol hin hinder. | Sein Gassenräumer gafft wohl immer zum Hintern. | ||
Waz er an den meiden | Was er den Mädchen | ||
wunders dâ begât, | schreckliches angetan hat, | ||
ê daz mîn vrouwe Schelle | Noch bevor seine Dame Glocke | ||
volender ir gebot! | aufgehört hat zu schlagen! | ||
erst vil unbescheiden, | Er ist sehr rücksichtslos, | ||
wan swelhe er bestât, | nur, wer sich dem Herrn nähert, | ||
diu wirt von slegen helle | der wird ganz weiß von den Schlägen | ||
und mîdende den spot; | und meidet jeden Spot; | ||
dâ von lâzen alle ir smutzemunden, | Deshalb sollen alle mit dem Schmunzeln aufhören, | ||
des die jungen niht verheln enkunden! | dass die Jungen nicht verbergen können! | ||
des hât ir hant von solher meisterschefte dicke enphunden. | Darum hat ihre Hand durch diese Macht schon oft gelitten. | ||
Immer, sô man vîret, | Immer wenn sie feiern, | ||
sô hebent sî sich dar | brechen sie | ||
mit einer samenunge, | zu einer Versammlung auf, | ||
den ich wol schaden gan. | der ich von Herzen Unglück wünsche. | ||
Werenbreht der lîret, | Werenbrecht spielt auf der Leier | ||
sô sumbert Sigemâr. | und Sigemar spielt die Geige. | ||
daz in dâ misselunge, | Dass ihm das misslingt, | ||
daz laege et eben an! | das wäre sehr passend! | ||
daz sich doch vil lîhte mac verrîden: | Das ließe sich sicherlich umkippen: | ||
wellents ir getelse niht vermîden, | Wenn ihr mit dem Trubel nicht aufhören wollt, | ||
sich mugen zwêne an mîner weibelruoten wol versnîden. | werden sich ein paar an meinem Schwert verletzen. | ||
Koeme ich zeinem tanze, | Käme ich zu einem Tanz, | ||
dâs alle giengen bî, | an dem alle teilnehmen, | ||
dâ wurde ein spil von hende | dann gäbe es Heinen Wettkampf mit Händen | ||
mit beiden ekken zuo. | und geschlossenen Schwertschneiden. | ||
lîhte geviele ein schanze, | Leicht ergäbe sich die Chance, | ||
daz vor mir laegen drî. | dass vor mir drei lägen. | ||
ich hielte ez âne wende, | Ich hielt es sicher, | ||
verbüte ez einer vruo. | unterbände es einer zur rechten Zeit. | ||
sige und saelde hulfen mir gewinnen, | Übermacht und Glück verhalfen mir zum Sieg, | ||
daz si halbe müesen dan entrinnen. | sodass sie fast hätten davonkommen müssen. | ||
nu ziehen ûf und lâzen in ir gogelheit zerinnen! | Nun macht euch auf und hört mit der Ausgelassenheit auf! | ||
Sîne weidegenge | Seine Jagdausflüge, | ||
die verewent mich grâ, | machen mir graues Haar, | ||
swenn er verwendeclîchen | wann auch immer er übermütig | ||
vür mîne vrouwen gât. | zu meiner Herrin geht. | ||
trîbet erz die lenge, | Treibt er es auf Dauer, | ||
bestât er danne dâ, | und bleibt dabei, | ||
man hilft im ûz der kîchen, | hilft man ihm aus seinem Keuchen, | ||
daz er vil riuwic stât. | dass er mit Reue dasteht. | ||
er und etelîcher sîn geselle, | Ihn und viele seiner Freunde, | ||
den ich tanzent an ir hant ersnelle, | die ich tanzend an ihrer Hand erwische, | ||
des sî gewis, ich slahe in, daz sîn offen stât ein elle! | das sei gewiss, die schlage ich, dass ihm der Arm offen klafft! | ||
Im hilft niht sîn treie | Weder sein Wams | ||
noch sîn hiubelhuot; | noch sein Helm werden ihm helfen; | ||
ez wirt im in getrenket: | man wird sich an ihm rächen: | ||
er zuhte ir einen bal. | Er entriss ihr einen Ball. | ||
erst ein toerscher leie; | Er ist ein törichter Dummkopf; | ||
sîn tumbelîcher muot | seine begriffsstutzige Gesinnung | ||
der wirt im dâ bekrenket. | wird ihn dabei zu Fall bringen. | ||
wil er vür Riuwental | Will er vor Reuental | ||
hin und her sô vil gewentschelieren, | herumstreifen, | ||
er wirt wol zeteiset under vieren. | wird er wohl, wie so viele, zerzaust. | ||
her Werenbreht, waz mag ich des, wirt im der umberieren? | Herr Werenbrecht, was kann ich dafür, wird etwas für ihn übrig bleiben? | ||
Die wîl ich die klingen | Solange ich die Klinge | ||
um mîne sîten trage, | bei mir tragen, | ||
sô darf mir durch mîn sumber | so kann mir niemand | ||
niemen stechen nieht. | durch mein Geflecht stechen. | ||
er mouz vil wîte springen: | Er sollte sehr weit springen: | ||
begrîfe ichn mit dem slage, | erwische ich ihn mit dem Schlag, | ||
ich slahe in, daz er tumber | ich schlage ihn, dass er | ||
schouwet nimmer lieht. | kein Licht mehr sieht. | ||
ich hilf im des lîbes in den aschen | Ich bringe ihn in den Schmutz | ||
und slah im mit willen eine vlaschen, | und gebe ihm mit Absicht einen Hieb, | ||
daz im die hunt daz hirne ab der erde müezen naschen. | dass ihm die Hunde das Gehirn von der Erde lecken können. | ||
Her Nîthart hât gesungen, | Herr Neidhart hat so gesungen, | ||
daz ich in hazzen wil | dass ich ihn hassen werde | ||
durch mînes neven willen, | meinem Verwandten zuliebe, | ||
des neven er beschallt. | dessen Verwandten er beleidigte. | ||
lieze ers unbetwungen! | Es ließ in unbekümmert! | ||
es ist im gar ze vil. | Es ist ihm zu viel. | ||
enpflæge er sîner grillen | Er hat seine Marotten | ||
und het ouch der gewalt! | und auch Macht! | ||
ez ist ein schelten, daz mich freuden letzet. | Es ist ein Drohen, das mich der Freude beraubt. | ||
wirt diu weibelroute mir gewetzet, | Wird mir das Gerichtsschwert gewetzt, | ||
ich trenne in ûf, daz man wol einen sezzel in in setzet. | schlitze ich ihn auf, sodass man einen Sessel in ihn setzen könnte. |
Sommerlied 4
Mittelhochdeutsch | Übersetzung |
---|---|
Heid, anger, walt in fröuden stât; | In Freuden stehen Feld, Wiese und Wald: |
diu hânt sich bereitet mit ir besten wât. | Die Herrschaften kleiden sich in bestem Gewand. |
die in der meie hât gesant. | Die ihnen der Mai gebracht hat. |
sî wir alle | Wir alle sind froh |
frô mit schalle! | und jubeln! |
sumer ist komen in diu lant. | Der Sommer zieht ein ins Land. |
Wol ûz der stuben, ir stolzen kint, | Kommt aus der Stube, ihr übermütigen Kinder, |
lât iuch ûf der strâze sehen! hin ist der scherfe wint | lasst euch auf der Straße sehen! Vorüber ist der beißende Wind |
unde ouch der vil kalte snê. | und der bitterkalte Schnee. |
hebt iuch balde | Macht euch bald |
zu dem walde! | zum Wald auf! |
vogelîn singent, den was wê. | Die Vögelein singen wieder, ihnen ging es lange schlecht. |
Diu sint ergetzet leides gar. | Sie sind von Leid erfüllt, |
ir sult mirz gelouben! nemt sîn selbe war, | das müsst ihr mir glauben! Nehmt selbst wahr, |
waz der sumer erzeiget hât! | was der Sommer geleistet hat! |
er wil rîchen | Er wird uns sicher |
sicherlîchen | glücklich machen |
manegen boum mit loubes wât. | mit vielen Bäumen im Blättergewand. |
Die nû vor grôzer huote megen, | Die, welche nun unter großer Beobachtung stehen wollen, |
die suln balde ir bestez vîrtacgewant an legen, | sollen sich bald in ihrem prächtigsten Feiertagsgewand kleiden, |
lâzen sich dar inne ersehen! | und sich darin sehen lassen! |
wir suln schouwen | Lasst uns |
vor der ouwen | bei der Wiese zusehen, |
maneger hande bluomen brehen. | wie unzählige Hände Blumen von Hand pflücken. |
Swie Riuwental mîn eigen sî, | Auch wenn Reuental mein Eigentum ist, |
ich bin disen sumer aller sorgen frî, | ich habe diesen Sommer keine Sorgen, |
sît der winter ist dâ hin. | seit der Winter vorüber ist. |
ich wil lêren | Ich will die jungen Leute lehren |
die jungen êren | die Freude zu verherrlichen: |
freude: dar nâch stêt mîn sin. | Danach steht mir der Sinn. |
Sommerlied 18
Mittelhochdeutsch | Übersetzung |
---|---|
"Uns wil ein sumer komen", | "Der Sommer ist auf dem Weg zu uns", |
sprach ein magt: "jâ hân ich den von Riuwental vernomen | sprach ein Mädchen: "Ja ich habe den Riuwental vernommen |
jâ wil ich in loben. | und ich will ihn preisen. |
mîn herze spilt gein im vor vreuden, als ez welle toben. | Mein Herz hüpft ihm vor Freude entgegen, als sei es außer sich. |
ich hœr in dort singen vor den kinden. | Ich höre ihn dort singen vor den jungen Leuten. |
jâne will ich nimmer des erwinden, | Ich möchte nie mehr, dass es aufhört, |
ich springe an sîner hende zuo der linden." | ich springe an seinen Händen zu der Linde." |
Diu muoter rief ir nâch: | Die Mutter rief ihr nach: |
sî sprach: "tohter, volge mir, niht lâ dir wesen gâch! | Sie sagte: Tochter, folge meinem Rat und beeile dich nicht! |
weistû, wie geschach | Weißt du denn nicht, |
dîner spilen Jiuten vert, alsam ir eide jach? | was deiner Gespielin Jiuten gleichsam passiert ist? |
der wuohs von sînem reien ûf ir wempel, | Ihr Bäuchlein wuchs durch seine Tanzmusik |
und gewan ein kint, daz hiez sie lempel. | und sie bekam ein Kind, das hieß Lempel. |
alsô lêrte er sî den gimpelgempel." | So lehret er ihr den Gimpelgempel." |
"Muoter, lât iz sîn! | "Mutter, hör auf damit!" |
er sante mir ein rôsenschapel, daz het liehten schîn, | er hat mir einen Rosenkranz geschenkt, der so schön aussieht, |
ûf daz houbet mîn, | und ihn mir auf den Kopf gesetzt, |
und zwêne rôte golzen brâhte er her mir über Rîn: | und zwei rote Schuhe brachte er mir über den Rhein: |
die trag ich noch hiwer an mînem beine. | Die trage ich noch immer an meinen Füßen. |
wes er mich bat, daz weiz niwan ich eine. | Worum er mich gebeten hat, das weiß nur ich alleine. |
jâ volge ich iuwer ræte harte kleine." | deshalb werde ich euren Rat auf keinen Fall befolgen." |
Der muoter der wart leit, | Die Mutter war es leid, |
daz diu tohter niht enhôrte, daz si ir vor geseit; | dass die Tochter ihre Warnungen nicht erhören wollte; |
iz sprach diu stolze meit: | Das stolze Mädchen sprach: |
"ich hân im gelobt: des hât er mîne sicherheit. | "Ich habe ihm versprochen: "Meine Treue ist immer sicher. |
waz verliuse ich dâ mit mîner êren? | Warum sollte ich deshalb mein Ansehen verlieren? |
jâne wil ich nimmer widerkêren, | Ich will nicht mehr heimkehren, |
er muoz mich sîne geile sprünge lêren." | er muss mir seine fröhlichen Tänze beibringen." |
Diu muoter sprach: "wol hin! | Die Mutter sprach: "Dann geh! |
verstû übel oder wol, sich, daz ist dîn gewin. | Ob es dir gut oder schlecht geht, das liegt in deiner Hand. |
dû hâst niht guoten sin. | Du bist nicht bei Verstand. |
wil dû mit im gein Riuwental, dâ bringet er dich hin. | Willst du mit ihm ins Reuental, da wird er dich hinbringen. |
alsô kan sîn treiros dich verkoufen. | So wird sein Lied dich aufkaufen. |
er beginnt dich slahen, stôzen, roufen | Er wird dich schlagen, verletzen und prügeln |
und müezen doch zwô wiegen bî dir loufen." | und dennoch müssen zwei Wiegen bei dir laufen." |
Winterlied 24
Mittelhochdeutsch | Übersetzung |
---|---|
Sumer, dîner süezen weter müezen wir uns ânen; | Sommer, auf dein schönes Wetter müssen wir nun verzichten; |
dirre kalte winder trûren unde senen gît. | Dieser kalte Winter weckt die Trauer und die Sehnsucht nach dir. |
ich bin ungetroestet von der lieben wolgetânen. | Von der lieben Schönen erfahre ich keinen Trost. |
wie sol ich vertrîben dise lange swaere zît, | Wie soll ich ich diese lange und schwere Zeit verbringen, |
diu die heide velwet unde mange bluomen wolgetân? | in der die Wiesen und viele schöne Blumen verblassen? |
dâ von sint die vogele in dem walde des betwungen, daz si ir singen müezen lân. | Die Vögel im Wald quält es, dass sie auf ihr Singen verzichten müssen. |
Alsô hât diu vrouwe mîn daz herze mir betwungen, | So hat meine Dame mir das Herz gebrochen, |
daz ich âne vröude muoz verswenden mîne tage. | sodass ich die Tage ohne Freude hinter mich bringen muss. |
ez vervaehet niht, swaz ich ir lange hân gesungen; | Was auch immer ich ihr lange vorgesungen habe war erfolglos; |
mir ist alsô maere, daz ich mêre stille dage. | Mir ist das egal, deshalb schweige ich besser für längere Zeit. |
Ich geloube niht, das sî den mannen immer werde holt: | Ich glaube nicht, dass sie den Männern in Zukunft zugeneigt sein wird: |
wir verliesen, swaz wir dar gesingen unde gerûnen, ich und jener Hildebolt. | Es ist umsonst, was auch immer wir singen und raunen, ich und jener Hildebolt. |
Der ist nû der tumbist under geilen getelingen, | Er ist nun der Dümmste unter den fröhlichen Gesellen, |
er und einer, nennet man den jungen Willegêr: | er und einer, den man den jungen Willegêr nennt: |
den enkunde ich disen sumer nie von ir gedringen, | Den konnte ich diesen Sommer nie von ihr wegdrängen, |
sô der tanz gein âbent an der strâze gie entwer. | So tanzten sie gegen Abend kreuz und quer. |
mangen twerhen blic den wurfel sî mich mit den ougen an, | Manchen schiefen Blick warfen sie mir mit den Augen zu, |
daz ich sunder mînes guoten willen vor in beiden ie ze sweime muose gân. | dass ich entgegen meinem Vorhaben das Weite suchen musste. |
Wê, daz mich sô manger hât von lieber stat gedrungen | Wehe, dass mich so mancher von dem schönen Ort vertrieben hat |
beidiu von der guoten unde ouch wîlent anderswâ! | erst von diesem Ort und auch einst von einem anderen! |
oedelîchen wart von in ûf mînen tratz gesprungen. | Widerwärtig sprangen sie beim Tanz, was mich verärgert hat. |
ir gewaltes bin ich vor in mînem schophe grâ. | Von ihren Gewalttaten werden meine Haare schon ganz grau. |
doch sô neic diu guote mir ein lützel über schildes rant. | Doch so verneigte sich die Schöne ein wenig hinter ihrem Schild vor mir. |
gerne mugt ir hoeren, wie die dörper sint gekleidet: üppiclîch ist ir gewant. | Ihr wollt bestimmt gerne hören, wie sich die Bauern kleiden: Prächtig ist ihr Gewand. |
Enge röcke tragent sî und smale schaperûne, | Sie tragen ein enges Obergewand, |
rôte hüete, rinkelohte schuohe, swarze hosen. | rote Helme, Schnallenschuhe und schwarze Hosen. |
Engelmâr getet mir nie sô leide an Vriderûne, | Engelmar hat Friderun nie so Schlimmes angetan, |
sam die zwêne tuont. ich nîde ir phellerîne phosen, | wie diese zwei es tun. Ich hasse ihre seidenen Beutel, |
die si tragent: dâ lît inne ein wurze, heizet ingewer. | die sie tragen: Mit einer Ingwerwurzel darin. |
der gap Hildebolt der guoten eine bî dem tanze; die gezuhte ir Willegêr. | Davon gab Hildebolt der Schönen eine beim Tanze; doch Williger nahm sie ihr weg. |
Gern west ich, wie es die torpper vnter einander trachten. | Ich wüsste zu gerne, wie sich die Bauern kleiden, wenn sie unter sich sind. |
sie trugen peckkelhauben, darczu lange swert | Sie trugen Eisenhauben und lange Schwerter dazu |
ir spottigkeit, ir laster sie gar zu laster brachten: | ihr Spotten, ihre Beleidigungen brachten sie nur zu weiteren Vergehen: |
des wurdens durch die goller mer denn halb gewert. | Davon wurden sie durch den Brustharnisch fast abgehalten. |
sie stritten mit einander einen ganczen summer langen tag. | Sie stritten miteinander den ganzen Sommer, Tag für Tag. |
das ir geläße sahe herre Neithart, do er in dem vas bey dem wein lag. | Herr Neidhart sah, wie sie sich verhielten, denn er lag in einem Fass beim Wein. |
Sagte ich nû diu maere, wie siz mit ein ander schuofen, | Wenn ich euch erzählen soll, was sie miteinander taten, |
des enweiz ich niht: ich schiet von danne sâ zehant. | so muss ich sagen, dass ich es nicht weiß: Denn ich eilte sofort davon. |
manneglîch begunde sînen vriunden vaste ruofen; | Jeder fing an, laut nach seinen Freunden zu rufen; |
einer der schrê lûte: „hilf, gevater Weregant!“ | Einer schrie laut: "Hilf, Gevatter Weregant!" |
er was lîhte in grôzen noeten, dô er sô nâch helfe schrê. | Er war womöglich in großen Nöten, weshalb er so um Hilfe schrie. |
Hildeboldes swester hôrte ich eines lûte schrîen: „wê mir mînes bruoder, wê!“ | Hildebolds Schwester hörte ich laut schreien: "Wehe mir mein Bruder, wehe!" |
Dô kam schiere ein geteline geloufen von dem strîte: | Da kam bald ein Geselle vom Kampf zurück: |
den frâgt ich der maere. "Willeher mit ellen streit. | Ich fragte ihn nach der Wahrheit. "Willeher verteidigt sich mit den Ellenbogen. |
Hildeboltes schapperûn der ist zerzerret wîte | Hildebolts Kapuzenmantel ist überall zerrissen |
und dar zuo sîn enger roc wol drîer spannen breit." | und nebenbei sein Obergewand gut drei Spannen groß. |
daz geschach umb eine wurzen, die man ûz der hende ir brach. | All das geschah wegen einer Wurzel, die man der Schönen weggenommen hatte. |
des engalt vil mangiu spaehiu hûbe, die man bî dem tanze zerzerret ligen sach. | Dafür musste man mit einigen geschickten Hieben büßen, was man beim Tanze sah. |
Wâ bî sol man mîn geplätze hinne vür erkennen? | Wodurch soll man mein Geschwätz künftig erkennen? |
hie envor dô kande man iz wol bî Riuwental. | Früher erkannte man es wohl unter dem Namen Reuental. |
dâ von solde man mich noch von allem rehte nennen: | So sollte man mich noch zu Recht nennen: |
nust mir eigen unde lêhen dâ gemezzen smal. | Nur habe ich nicht viel an Eigentum und Lehen. |
kint, ir heizet iu den singen, der sîn nû gewaltic sî! | Kinder, lasst den singen, der am stärksten ist! |
ich bin sîn verstôzen âne schulde: mîne vriunt, nu lâzet mich des namen vrî! | Ich wurde unschuldig von dort verstoßen: Meine Freunde, hört auf mich so zu nennen! |
Ich hân mînes herren hulde vloren âne schulde: | Ich habe die Gunst meines Herrn unschuldig verloren: |
dâ von so ist mîn herze jâmers unde trûrens vol. | Mein Herz ist darum voll Kummer und Leid. |
rîcher got, nu rihte mirz sô gar nâch dîner hulde, | Gott, bestrafe mich ganz nach deiner Gnade, |
manges werden friundes daz ich mich des ânen sol! | und wenn ich auf so manchen Freund verzichten soll! |
des hân ich ze Beiern lâzen allez, daz ich ie gewan, | Alles was ich je errungen habe, habe ich in Bayern gelassen, |
unde var dâ hin gein Ôsterrîche und wil mich dingen an den werden Ôsterman. | und fahre nach Österreich, wo ich an den geschätzten Österreicher appellieren will. |
Mîner vînde wille ist niht ze wol an mir ergangen: | Die Absicht meiner Feinde bedeutete für mich nichts gutes: |
wolde ez got, sîn mähte noch vil lîhte werden rât. | Wollte es Gott, so werden seine Mächte vielleicht noch einen Ausweg aufzeigen. |
in dem lande ze OEsterrîche wart ich wol enphangen | In Österreich wurde ich freundlich |
von dem edeln vürsten, der mich nû behûset hât. | von dem edlen Fürsten empfangen, der mich in den Hof aufgenommen hat. |
hie ze Medelicke bin ich immer âne ir aller danc. | Hier in Medelicke bin ich dank ihnen allen. |
mir ist leit, daz ich von Eppen und von Gumpen ie ze Riuwental sô vil gesanc. | Ich habe es satt, dass ich von Eppen und Humpen je in Reuental so viel gesungen habe. |
Her Nîthart hât uns hie verlâzen als diu krâ den stecken, | Herr Neidhart hat uns hier verlassen, wie die Krähe den Ast, |
diu dâ hinne fliuget unde sitzet ûf ein sât. | die da hin fliegt und auf ein Saatfeld sitzt. |
ez sol ein man mit fremden frouwen niht ze vil gezecken, | Ein Mann soll mit fremden Edelfrauen nicht zu viele Scherze treiben, |
der der wâren schulde an sîner keine vunden hât. | wenn er keine Schuld an sich gefunden hat. |
er niez sîn tegelîche spîse (der hât er dâ heime genouc), | Er genießt seine tägliche Speise (davon hat er Zuhause genug), |
lâz Hildebolten mit gemache! ez was ein eichel, die er bî im in dem biutel truoc. | Lass Hildebolt mitmachen! Es war eine Eichel, die er im Beutel trug. |
Rädelohte sporen treit mir Fridepreht ze leide, | Mir zum Ärger trägt Frideprecht runde Sporen |
niuwen vezzel hât er baz dan zweier hende breit. | und einen neuen Schwertgurt, mehr als zwei Hände breit. |
rucket er den afterreif hin wider ûf die scheide, | Wenn er den Schwertring wieder auf die Scheide zieht, |
wizzet, mîne vriunde, daz is mir ein herzenleit! | wisst, meine Freunde, dass mir das im Herzen weh tut! |
zwêne niuwe hantschuoh er unz ûf den ellenbogen zôch. | Er zog uns zwei neue Handschuhe bis zum Ellenbogen hinauf. |
mugt ir hoeren, wie der selbe gemzinc von der lieben hiuwer ab dem tanze vlôch? | Wollt ihr hören, wie derselbe Gemsbock vor dem Tanz mit der Schönen floh? |
Er gap versengelt wol, rehte als im waer an gebunden | Er gab wohl Fersengeld, gerade so, als ob er gefesselt worden wäre. |
ein swînes blâse, alsô man den wilden hunden tuot. | Eine Schweinsblase, wie man sie den wilden Hunden gibt. |
ofte brach er sînen zelt, als sî doch wol befunden, | Oft unterbrach er seinen Schritt, als sie ihn bemerkten, |
Hatze und Pletze und jeniu ir gespile Hademuot. | Hatze und Pletze und jene ihrer Gespielinnen, Hademout. |
frâget Engeltrûten, wiez laeg umbe ir bruoder Fridebreht! | Engeltrut fragte, wie es um ihren Bruder Friedebrecht stand! |
"ach ach, er hât verrenket sich vor vorhte", alsô hât si mir geseit, "der toersche kneht." | "Ach, er hat sich vor Furcht verrenkt, der törichte Knecht", hat sie mir erzählt. |
Sach ab ieman jenen mit der gickelvêhen täcken? | Sah jemand denjenigen mit der bunten Decke? |
die treget er ûf der hende und klopfet ûf sîn niuwez swert: | Die trägt er in den Händen und klopft auf sein neues Schwert: |
dâ mite er uns des nahtes ab der gazzen wil erschrecken. | Damit er uns bei Nacht auf der Straße erschrecken kann. |
der selbe dünket sich noch mêr dan drîer bônen wert, | Derselbe meint, we sei mehr als drei Bohnen wert, |
als er danne gerûzet unde gedraeset, der vil übele man, | als er dann ein Geräusch macht und schnaubt, der böse Mann, |
und im sîn täcke ringeleht erklinget dem gelîche, als er trage ein goller an. | und ihm seine Decke erklingt , als ob er einen Halsschutz trüge. |
Winterlied 13
Mittelhochdeutsch | Übersetzung |
---|---|
Wi überwinde ich beide | Wie soll ich beides überstehen, |
mîn liep und die sûmerzît? | meine verlorene Liebe und Sommerzeit? |
ine kan die wolgetânen schiere niht verklagen. | Ich kann die Schönen beinahe nicht verklagen. |
von sô grôzem leide, | Von so großem Kummer, |
mir riuwe âne vröude gît, | mir Reue ohne Freude gibt. |
trûre ich wol von schulden nû ze disen trüeben tagen, | trauere ich nun diese trüben Tage, |
di uns den winder kündent, der uns manger vröude roubet. | die uns der Winter verkündet und uns so manche Freude raubt, im Verborgenen. |
sanges habent sich diu kleinen vogelîn geloubet: | Die Vögel haben gelobt zu singen: |
alsô möhte ich wol mit mînem sange stille dagen. | So will ich nun mit meinem Gesang still schweigen. |
Sol mich niht vervâhen | Soll mich nicht erfassen, |
mîn trôst und mîn wân, | meine Zuversicht und mein Glaube, |
sô enweiz ich, was genâden ich mich trœsten mac. | so wie ich nicht, mit welchem Glück ich mich trösten kann. |
wol mac ir versmâhen | Ihr mögt wohl meinen Dienst |
mîn dienest, den ich ir hân | verschmähen, den ich ihr lange |
lange her geleistet und des ie mit triuwen phlac. | und aufrichtig geleistet habe. |
alsô phlæge ichs immer gerne, möhte ich des geniezen, | So tue ich es immer gerne und und möchte es mir zu nutze machen, |
sô daz mich die dörper mînes lônes iht verstiezen. | damit die Bauern mir meinen Lohn nicht absprechen. |
des ist Uoze grîfic und sîn rûher schavernac. | Danach lechzt Uoze und nach seiner rauen Pelzmütze. |
Engelwân und Uoze | Engelwan und Uoze, |
die zwênè sint mír geház | ich hasse die beiden |
(schaden unde nídes muoz ich mich von in versehen) | (Vor Schaden und Eifersucht muss ich mich bei diesen beiden in Acht nehmen) |
und der geile Ruoze: | und der übermütige Ruoze: |
wie tíuwèr er sích vermáz, | Wie ungehörig vornehm er sich gab und glaubte, |
der bestüende mich durch sí! die drîe widerwehen | sich gegen mich stellen zu können! Die drei stellen sich mir |
râtent unde brüevent, daz ich ane lôn belîbe. | beratend und beweisend gegenüber, dass ich ohne Lohn zurück bleibe. |
niht envolge ir lêre, vrouwe, liebist aller wîbe! | Folge nicht ihren Befehlen, Geliebte, liebste aller Frauen! |
lone mîner jâre; lâz in leit an mir geschehen! | Belohne mich für meine Jahre; Lass mir kein Leid widerfahren! |
Vrouwe, dîne güete | Geliebte, deine Güte |
di erkénne ìch sô mánicvált, | zeigt sich mir auf so vielfältige Weise, |
daz ich liebes lônes von dir noch gedingen hân. | dass ich auf deine Liebe als Lohn fest hoffe. |
daz mich ie gemüete, | Da ich mich immer |
die spränzlér und ír gewált, | um die Bauern und ihre Gewalt sorgte, |
daz was mit den bluomen hin. nu wil mir Engelwân | war es mit den Blumen vorbei. Nun will Engelwan mich von deiner |
dîne hulde verren: daz im müeze mísselingen, | Geneigtheit fern halten: Das muss ihm misslingen, |
sô daz hundert swert ûf sînem kophe lûte erklingen! | Mögen hundert Schwerter auf seinem Kopf laut klirren! |
snîdent sî ze rehte, sî zerüttent im den spân. | Sie sollen ihm gehörig ins Kerbholz schneiden und es zerstören. |
Seht an Engelwânen, | Seht Engelwan an, |
wie hôhe ér sîn hóubet tréit! | wie hoch er sein Haupt trägt! |
swanne er mit gespannem swerte bî dem tanze gât, | Wann immer er mit gespanntem Schwert zum Tanze geht, |
sô ist er niht âne | fehlt es ihm nicht |
der vlaemìschen höveschéit, | an flämischer Ritterlichkeit, |
dâ sîn vater Batze wênic mit ze schaffen hât. | da sein Vater Batze wenig mit ihm zu tun hat. |
nu ist sîn sun ein oeder gouch mit sîner rûhen hûben: | Nun ist sein Sohn ein törichter Narr mit seiner rauen Mütze: |
ich gelîche sîn gephnaete ze einer saten tûben, | Ich vergleiche sein Schnauben mit dem einer gesättigten Taube, |
diu mit vollem krophe ûf einem korenkasten stât. | die bis zum Kropf in einem Kornspeicher steckt. |
Swer in siner tougen | Wer auch immer in seinem Inneren |
ie liep ode leit gewan, | je Glück oder Leid erfahren hat, |
dem sint mine sorgen und min kumber wol bekant. | der kennt meine Sorgen und meinen Kummer. |
sit ich minen ougen | Seitdem ich meinen Augen |
den stic niht verbieten kan, | den Stich nicht verhindern kann, |
si enblicken hin, da Rouze tanzet an ir hant, | müssen sie mit ansehen, wie Route an ihrer Hand tanzt, |
so verlaze ich kume, deich mich selben niht enroufe: | So gehe ich schweren Herzens, dass ich mich selbst nicht raufe: |
solhen wehsel nement, die da minnent, an ir koufe. | Solch einen Rückschlag, nehmen die, die lieben in Kauf. |
Minne, la mich vri! mich twingent sere diniu bant. | Liebe, lass mich frei! Deine Fesseln bringen mich in Not. |
Minne, dine snüere | Liebe, deine Schnüre |
die twingent daz herze min, | erdrücken mein Herz, |
daz ich han ze strite wider dich deheine wer. | mit dem ich gegen dich gekämpft habe. |
swie verholne ich rüere | Wie leise ich auch |
den zimbel der zelle din, | die Glocke zu deiner Kammer anstoße, |
so bin ich betwungen des, daz ich dir hulde swer. | so bin ich gezwungen, mich mit dir zu versöhnen. |
vrouwe Minne, din gewalt ist wider mich ze strenge; | Frau Minne, deine Macht ist zu stark für mich; |
küneginne, diner ungenade niht verhenge, | Königin, verhänge nicht deine Ungnade über mich, |
daz si mich verderbe! ja ist si über mich ein her. | dass sie mich womöglich zugrunde gehen lässt! Ja sie ist meine Gebieterin. |