Natureingang und Symbolik in den Liedern Neidharts: Unterschied zwischen den Versionen

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===Gefühle und Verhalten der Figuren===
===Gefühle und Verhalten der Figuren===
==Natursymbole==
==Natursymbole==
Über die generelle Natur- und Blumenmotivik hinaus finden sich in den Liedern Neidharts auch spezifische Nennungen. Darunter des häufigeren die Linde, welche auch bei Walter von der Vogelweide oftmals als Symbol diente (‚unter den Linden‘), aber auch Ingwer und Veilchen spielen bei Neidhart eine Rolle. Darüber hinaus erweitert Neidhart die traditionellen Minnesang Motive um neue wie beispielsweise die lerche (WL1), zisel (SL 27), droschel (SL23), batonje (WL22) und sumerbloumen (SL25) (siehe Schweikle 116) .
Neidhart greift besonders im Kontext sexueller Handlungen und Begegnungen gerne auf mehrdeutige Wendungen zurück, welche einen Naturbezug haben. Darunter sind vor allem traditionelle Minnesangmotive wie bluomen brechen (SL4,IV) oder nach bluomen gan (SL1, III) sowie rosenkrenzel gebrechen (SL17, I) und kranz lesen (SL21, II) (siehe Schweikle, 109) in welchen die Blumen bzw. die daraus geflochtenen Kränze sinnbildlich für das weibliche Geschlecht stehen und deren brachen für den Verlust der „Jungfräulichkeit“.
Welche Bedeutung einiger dieser Symbole beigemessen werden kann und wie diese im Minnesang-kontext gedeutet werden wird im Folgenden individuell erläutert.
===Ingwer===
===Ingwer===


Die Ingwerwurzel ist unter anderem im [[Motive und Themen im Winterlied 24 (Neidhart)|Winterlied 24]] von Bedeutung: Hier schildert der Sänger einen streit um die Ingwerwurzel (V, 6). Hildebolt schenkt seiner Angebeteten eine solche Wurzel, worauf Willegêr sie dem Mädchen wieder wegnimmt, worauf sich ein gewaltsamer Streit entfacht (VII, 3-5). Im Mittelalter war Ingwer aus der Küche und in der Medizin nicht mehr wegzudenken, allerdings wurde der Wurzel auch eine aphrodisierende Wirkung zugeschrieben. Dies könnte eine Erklärung dafür sein, weshalb Willegêr dem Mädchen die Wurzel gewaltsam wegnimmt. Möglicherweise befürchtet er, seine Auserwählte könnte sich nun nur noch für seinen Rivalen Hildebolt interessieren. Andererseits ist diese Szene mit dem Spiegelraub vergleichbar, da der Dame auch hier etwas von einem Antagonisten geraubt bzw. gestohlen wird.
Die Ingwerwurzel ist unter anderem im [[Motive und Themen im Winterlied 24 (Neidhart)|Winterlied 24]] von Bedeutung: Hier schildert der Sänger einen streit um die Ingwerwurzel (V, 6). Hildebolt schenkt seiner Angebeteten eine solche Wurzel, worauf Willegêr sie dem Mädchen wieder wegnimmt, worauf sich ein gewaltsamer Streit entfacht (VII, 3-5). Im Mittelalter war Ingwer aus der Küche und in der Medizin nicht mehr wegzudenken, allerdings wurde der Wurzel auch eine aphrodisierende Wirkung zugeschrieben. Dies könnte eine Erklärung dafür sein, weshalb Willegêr dem Mädchen die Wurzel gewaltsam wegnimmt. Möglicherweise befürchtet er, seine Auserwählte könnte sich nun nur noch für seinen Rivalen Hildebolt interessieren. Andererseits ist diese Szene mit dem Spiegelraub vergleichbar, da der Dame auch hier etwas von einem Antagonisten geraubt bzw. gestohlen wird.
"Wie begehrt Ingwer war, wird satirisch in Neidharts ‚Ingwerstreit’ (vgl. WL 24,V und WL 31,VI) dargestellt. Folgt man nun Schweikles Argumentation in der Interpretation der ‚Dörper’,255 die er nicht als Bauern sondern als Mitglieder des Adels interpretiert sehen will, hat man nach Auflösung der satirischen Überhöhung ein recht realistisches Bild der Wertschätzung, die das exotische Gewürz genossen haben muss.“ (Klug 73)


===Linde===
===Linde===
'''Kommentar:'''
Liebe Natalie,
ich bin im Forschungstext „Neidhart als Spötter – Spott bei Neidhart“ (Forschung, Woche 6) auf einen interessanten Verweis gestoßen, in welchem Plotke auf [["Under der Linden" (Walther von der Vogelweide , 16)|Walthers Lindenlied]] referiert, welches die Linde „als Baum der sexuellen Vereinigung“ symbolisiert (S. 29). Diese Erotisierung der Natursymbole wird bei Neidhart ebenfalls fortgeführt. Während meiner Artikelrecherche sind mir ein Kapitel aus Schweikles „Neidhart“ auf ILIAS (Information, Woche 3) und eine Typusbeschreibung von Ruh im Reader (Forschung, Woche 4) im Gedächtnis geblieben, welche für deinen Artikel von Nutzen sein könnten. Vielleicht sind dir die folgenden Texte schon bekannt, dennoch finde ich sie sehr spannend in Hinblick auf die Erotisierung der Naturmotivik. Kurt Ruh stellt in „Neidharts Lieder. Eine Beschreibung des Typus“ die These auf, dass insbesondere bei Äußerungen weiblicher Sprecherinnen die Beschreibung der Natur mit der Darstellung des Sexuellen verknüpft wird (S. 111). Ein Beispiel hierfür liefern die Mutter-Tochter-Dialoge, in welchen die Tochter bzw. die Mutter von der Liebschaft mit dem Sänger-Ich von Reuental berichtet und dabei stets einen Bezug zur blühenden Sommerumgebung herstellt oder auf eine ''Pastourellensituation'' verweist. Weiterhin nennt Schweikle in Kapitel 5 „Motivik und Stil“ (S. 105-117) explizite Beispiele mit Textbelegen, wie die doppelsinnigen Wendungen ''bluomen brechen'' (SL 4, IV), ''rôsenkrenzel gebrechen'' (SL 17, I) oder ''kranz lesen'' (SL 21, II). Die Natursymbolik ist ebenfalls aus der früheren Minnelyrik bekannt, doch scheint Neidhart diese expliziter zu erotisieren und somit, neidharttypisch, mit den traditionellen Konventionen zu brechen. Die Frühlingszeichen weisen vielmehr eine sexuelle Doppeldeutigkeit auf, als Minne und Romantik zu symbolisieren. Zudem bezieht sich Schweikle im Unterkapitel „Natur“ (S. 115) auf den Natureingang, welcher den Stimmungshintergrund der Lieder darstellt - so etwa ein Aufruf zur Freude oder eine Klage über das Winterleid - und vielleicht für deine ersten beiden Punkte interessant sein könnte, in welchen du die Gefühle der Figuren in der sommerlichen und winterlichen Umgebung bestimmst (vgl. Sommerfreude ≙ Liebesfreude; Winterleid ≙ Liebesleid). Ich hoffe, dass meine Ideen zu deinem Artikel hilfreich sind, auch wenn du dir sicherlich schon eigene Gedanken dazu gemacht hast. Ich wünsche dir viel Erfolg bei der Fertigstellung!
Liebe Grüße
Maria

Version vom 5. März 2021, 13:11 Uhr

Jahreszeitliche Unterteilung der Lieder

Liebe Natalie,

Ich bin bei meiner eigenen Recherche auf Günther Schweikles Ausführungen zur Natur in Neidharts Liedern gestoßen (S. 115-116). Dieser bezeichnet den Natureingang, als Markenzeichen der Lieder Neidharts, der den Stimmungshintergrund "für die jeweilige Liedaussage" bildet. Auch macht er formale und inhaltliche Unterschiede des Natureingangs von Sommer- bzw. Winterliedern fest. Auch könnte dir womöglich das Werk "Der Natureingang im Minnesang: Studien zur Register- und Kulturpoetik der höfischen Liebeskanzone" von Daniel Eder weiterhelfen. Hier besonders das Kapitel "Der Natureingang in der deutschen Minnesangtradition bis einschließlich Neidhart S. 407-414. Liebe Grüße Lotta

Sommer

Beschreibung des Sommeranfangs

Gefühle und Verhalten der Figuren

Winter

Beschreibung des Winteranfangs

Gefühle und Verhalten der Figuren

Natursymbole

Über die generelle Natur- und Blumenmotivik hinaus finden sich in den Liedern Neidharts auch spezifische Nennungen. Darunter des häufigeren die Linde, welche auch bei Walter von der Vogelweide oftmals als Symbol diente (‚unter den Linden‘), aber auch Ingwer und Veilchen spielen bei Neidhart eine Rolle. Darüber hinaus erweitert Neidhart die traditionellen Minnesang Motive um neue wie beispielsweise die lerche (WL1), zisel (SL 27), droschel (SL23), batonje (WL22) und sumerbloumen (SL25) (siehe Schweikle 116) . Neidhart greift besonders im Kontext sexueller Handlungen und Begegnungen gerne auf mehrdeutige Wendungen zurück, welche einen Naturbezug haben. Darunter sind vor allem traditionelle Minnesangmotive wie bluomen brechen (SL4,IV) oder nach bluomen gan (SL1, III) sowie rosenkrenzel gebrechen (SL17, I) und kranz lesen (SL21, II) (siehe Schweikle, 109) in welchen die Blumen bzw. die daraus geflochtenen Kränze sinnbildlich für das weibliche Geschlecht stehen und deren brachen für den Verlust der „Jungfräulichkeit“. Welche Bedeutung einiger dieser Symbole beigemessen werden kann und wie diese im Minnesang-kontext gedeutet werden wird im Folgenden individuell erläutert.

Ingwer

Die Ingwerwurzel ist unter anderem im Winterlied 24 von Bedeutung: Hier schildert der Sänger einen streit um die Ingwerwurzel (V, 6). Hildebolt schenkt seiner Angebeteten eine solche Wurzel, worauf Willegêr sie dem Mädchen wieder wegnimmt, worauf sich ein gewaltsamer Streit entfacht (VII, 3-5). Im Mittelalter war Ingwer aus der Küche und in der Medizin nicht mehr wegzudenken, allerdings wurde der Wurzel auch eine aphrodisierende Wirkung zugeschrieben. Dies könnte eine Erklärung dafür sein, weshalb Willegêr dem Mädchen die Wurzel gewaltsam wegnimmt. Möglicherweise befürchtet er, seine Auserwählte könnte sich nun nur noch für seinen Rivalen Hildebolt interessieren. Andererseits ist diese Szene mit dem Spiegelraub vergleichbar, da der Dame auch hier etwas von einem Antagonisten geraubt bzw. gestohlen wird.

"Wie begehrt Ingwer war, wird satirisch in Neidharts ‚Ingwerstreit’ (vgl. WL 24,V und WL 31,VI) dargestellt. Folgt man nun Schweikles Argumentation in der Interpretation der ‚Dörper’,255 die er nicht als Bauern sondern als Mitglieder des Adels interpretiert sehen will, hat man nach Auflösung der satirischen Überhöhung ein recht realistisches Bild der Wertschätzung, die das exotische Gewürz genossen haben muss.“ (Klug 73)

Linde