Parzivals Faux Pas auf der Gralsburg: Die Rolle der Erziehung: Unterschied zwischen den Versionen
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Grunemanz lehrt Parzival ausdrücklich, weniger Fragen zu stellen und rät ihm sich stattdessen auf seine Sinne zu verlassen, die ihm erlauben das Geschehen zu beobachten. So kann er beurteilen, was passiert, ohne unhöflich zu fragen. So lernt Parzival im Kontext der rettenden Frage auf Munsalvaesche aber genau das Falsche. Denn während dem Essen auf der Gralsburg wundert er sich über das Leiden und die scheinbare Bedrücktheit des Hofes, versucht aber mithilfe stiller Beobachtung das Geschehen zu ergründen. Sein höflich gemeintes Benehmen schlägt hier aber fehl, denn er sollte genau das tun, was Gurnemanz ihm | Grunemanz lehrt Parzival ausdrücklich, weniger Fragen zu stellen und rät ihm sich stattdessen auf seine Sinne zu verlassen, die ihm erlauben das Geschehen zu beobachten. So kann er beurteilen, was passiert, ohne unhöflich zu fragen. So lernt Parzival im Kontext der rettenden Frage auf Munsalvaesche aber genau das Falsche. Denn während dem Essen auf der Gralsburg wundert er sich über das Leiden und die scheinbare Bedrücktheit des Hofes, versucht aber mithilfe stiller Beobachtung das Geschehen zu ergründen. Sein höflich gemeintes Benehmen schlägt hier aber fehl, denn er sollte genau das tun, was Gurnemanz ihm ausredet: frei heraus fragen. |
Version vom 26. Mai 2015, 10:19 Uhr
Dieser Artikel soll analysieren, inwiefern Parzivals Erziehung in Soltane mit dem nicht-Stellen der Frage auf der Gralsburg zusammenhängt.
Textzusammenhang
Nachdem Parzival den nur für wenige geebneten Weg nach Munsalvaesche findet und dort die Gastfreundschaft genießt, stellt er nicht die lange erwartete Frage. Der Rezipient erfährt erst im neunten Buch, durch die Begegnung Parzivals mit Trevrizent, was genau es mit dieser Frage auf sich hat:
- dar solde ein rîter komn:
- wurd des frâge aldâ vernomn,
- sô solde der kumber ende hân:
- ez waerekint magt ode man,
- daz in der frâge warnet iht,
- sone solt diu frâge helfen niht. (483,21f.)
Der schmerzleidende Gralskönig Antfortas soll also darauf vertrauen, dass ein Ritter kommen würde, der, ohne darauf aufmerksam gemacht zu werden, nach dem Wohlergehen des Königs fragt. Erst dann sollte er von seinem Schmerz erlöst werden. Bis dahin jedoch wird er durch das wöchentliche Anschauen des Grals am Leben erhalten. Fragt jemand nach dem Verdruss des Königs, dann bestimmt der Gral einen neuen Gralskönig und Antfortas muss nicht länger leiden. Parzival findet, wie von einer höheren Macht geleitet, den Weg nach Munsalvaesche, stellt aber entgegen der Hoffnungen des Hofes nicht die Ersehnte Frage nach dem Wohlergehen. Inwiefern das mit seiner Erziehung zusammenhängt, mit jener durch seine Mutter Herzeloyde in der Einöde von Soltane, oder der zweiten, höfischen, durch Gurnemanz soll im Folgenden analysiert werden.
Kindheit in Soltane
Höfische Erziehung durch Gurnemanz
Nachdem Parzival den roten Ritter Ither tötet und ausraubt und danach am Arthushof vorstellig wird, stellt man seine fehlende höfische Erziehung fest. Bei Gurnemanz absolviert er dann quasi einen Knappendienst im Schnelldurchlauf und lernt alle wichtigen Benimmregeln bei Hofe. Allerdings wird hier auch Parzivals Neugierde und seine oft unpassend erscheinenden Fragen, die seine tumbheit bekunden, versucht zu unterdrücken.
- irn sult niht vil gevrâgen:
- ouch sol iuch niht betrâgen
- bedâhter gegenrede, diu gê
- reht als jenes vrâgen stê,
- der iuch wil mit worten sprehen.
- ir kunnet hoeren unde sehen,
- entseben unde draehen:
- daz solt iuch witzen naehen. (171, 17f.)
Grunemanz lehrt Parzival ausdrücklich, weniger Fragen zu stellen und rät ihm sich stattdessen auf seine Sinne zu verlassen, die ihm erlauben das Geschehen zu beobachten. So kann er beurteilen, was passiert, ohne unhöflich zu fragen. So lernt Parzival im Kontext der rettenden Frage auf Munsalvaesche aber genau das Falsche. Denn während dem Essen auf der Gralsburg wundert er sich über das Leiden und die scheinbare Bedrücktheit des Hofes, versucht aber mithilfe stiller Beobachtung das Geschehen zu ergründen. Sein höflich gemeintes Benehmen schlägt hier aber fehl, denn er sollte genau das tun, was Gurnemanz ihm ausredet: frei heraus fragen.