Stoffgeschichte des Tristanromans: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 3. Januar 2011, 18:28 Uhr
"Die Bedeutung der Geschichte von Trsitan und Isolde für die europäischen Literaturen des Mittelalters ist kaum zu überschätzen"[Henkel 1990: 77]
Unter Einfluss einer adligen Führungsschicht, die sich zunehemend an ritterlichen Leitbildern orientiert und Interesse an Literatur zeigt, entsteht im 12.Jahrhundert neben dem "Artus"-auch der "Tristan"-Stoff. Während sich in den Artusgeschichten ein politisches Thema erkennen lässt, haben die Überlieferungen von Tristan und Isolde eine Liebesgeschichte im Mittelpunkt. Zwischen dem 12. und dem 16. Jahrhundert breitet sich die Tristan-Geschichte in ganz Europa aus und in fast allen Volksprachen enstehen Dichtungen.[Henkel 1990: ebd.] Im Folgenden soll nun die Entwicklung des Tristanstoffes vorgestellt werden.
Die Einflüsse
Am Beginn aller Tristan-Romane steht vermutlich ein Werk: der Ur-Tristan, auch Estoire genannt. Das narrative Kernelement des Werkes ist der zwanghafte Liebeszauber, der die Hauptfigur Tristans gegen die geheiligten Ordungen von Ehe und Vasallität kämpfen lässt. Die Einzelheiten weisen auf keltische, klassisch-antike und orientalische Quellen hin.
Keltische Elemente
Der Name des Helden ist keltischer Herkunft. Man hat piktische Belege für einen König Drust(an) (Trist(an)), Sohn des Talorc, schon aus den 6. Jahrhundert. Die andere Namen verteilen sich auf Cornwall, Wales, Irland und Bretagne (die französische Westküste), was auch der Raum der Erzählung ist.
Irische Sage
Parallelen gibt es auch zu irischen Sagen, die bis ins 18. Jahrhundert mündlich überliefert wurden, aber auf eine Sage von Diarmaid und Grainne (11. Jahrhundert?) zurückgehen. Grainne, die in Diarmaid verliebt ist, bindet ihn an sich durch einen Liebeszauber und beide fliehen in den Wald. Diarmaid bleibt aber seinem Lehnsherrn, dem König Finn, welcher der Gatte Grainnes ist, treu, indem er Grainne die körperliche Liebe verweigert und mit dem blanken Schwert zwischen den Körpern schläft. Man findet hier verwandte Motive mit Gottfrieds Tristan. Am Ende der irischen Sage werden jedoch die Ehe und Vasallentreie über die Liebe gestellt.
Der Ur-Tristan (Estoire)
Alle Tristan-Romane gehen vermutlich direkt oder indirekt auf ein nicht überliefertes, vermutlich in altfranzösicher Sprache verfasstes Werk zurück: den Ur-Tristan, Estoire genannt. Als Beleg für diese Annahme gilt die Erwähnung einer Quelle bei Béroul (V. 1789f.).[Wolf 1989:56] Wahrscheinlich wurde das Werk um 1158 am Hofe Alienors von Auqitanien und Heinrichs II. verfasst, vielleicht aber auch in England.[Buschinger/Spiewok 1993: VII]. Als Autor könnte ein gewisser Li Kièvres aus Nordfranreich infrage kommen.[Schröder/Wolf 1980: 413]. Denkbar wäre jedoch auch, dass es sich bei der Estoire nicht um ein Werk sondern um eine Gruppe von Werken handelt.[Wehrli 1997:257]
Vom Ur-Tristan können vermutlich folgende Werke direkt abgeleiten werden: In französischen Sprache erhalten sind die Romane Bérouls und Thomas' von England, ein Prosaroman sowie Episondengedichte (die sog. "Folie Tristan"), in deutscher Sprache der Versroman "Tristrant und Isalde" Eilharts von Oberg.
Durch vergleichende Gegenüberstellung dieser fünf Versionen lässt sich die Handlung des ursprünglichen Tristan in etwa rekonstruieren.[Wehrli 1997:ebd][1]
Tristan Versionen
Die Versromanen werden von der Forschung meist in zwei Grundtypen unterschieden: Auf der einen Seite Béroul und Eilhart, auf der anderen Thomas und der ihm folgende Gottfried. Während die Sprache bei den Ersteren in Konzeption, Stil und Sprache der Mündlichkeit näher steht, sind die Romane Thomas' und Gottfrieds eher kunstvoller verschriftlicht. Auch inhaltlich unterscheiden sich beiden Typen.[Wolf 1989:56ff.]
Ulrich von Türkheim und Heinrich von Freiberg versuchen sprachlich an Gottfried anzuknüpfen, folgen inhaltich aber Eilhart. Im Weiteren werden sie daher der Graifik folgend der Gruppe Béroul/Eilhart zugeordnet.
Zum Vergleich der Versionen mit Gottfrieds Tristan siehe Vergleich der Tristanversionen
Thomas/Gottfried
Thomas von England - Tristan
Gottfried von Straßburg
Der Tristan Gottfrieds von Straßburg geht vermutlich nicht direkt auf den Ur-Tristan zurück, sondern richtet sich nach der späteren Version Thomas' von England.
Das Fragment von Carlisle
(stimmt die Zuordnung?)
Das niederfränkische Tristanfragment
Siehe: Hauptartikel.
Das niederfränkische Tristanfragment wird von der Forschung überwiegend als Fortsetzung Gottfrieds mit Rückführung auf Thomas gesehen. Möglicher-, aber unwahrscheinlicherweise, könnte es sich bei dem Fragment aber auch um eine selbständige Bearbeitung des Tristanstoffes handeln.
Béroul/Eilhart
Béroul
Von Bérouls Roman ist nur eine fragmentarische Handschrift aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts erhalten, der Text selber mag aus den letzten Viertel des 12. Jahrhunderts stammen.[Keck 1998:48] Eine genaue Datierung ist jedoch unmöglich.[Keck 1998: ebd.] Der ehrhaltene Text berichtet von einigen Listepisoden an Markes Hof, der Flucht in den Wald und der Rückgabe Isoldes an ihren Mann. Der letzte Teil des Textes erzählt über Tristans Rache an seinen Verrätern. Da einzelne Episoden teilweise stark ausgeprägte Eigenarten aufweisen, wurde die Existent mehrerer Verfasser in Erwägung gezogen.[Wolf 1989:57f.]
Eilhart von Oberg - Tristrant und Isalde
Eilhart von Oberg entwarf die erste deutsche Version des Tristanstoffes. "Tritrant und Isalde" ist außerdem der einzige vollständig erhaltene Tristantext aus der frühen Zeit. Für weiteres siehe:Hauptartikel
Gottfried-Fortsetzung von Ulrich von Türkheim
Gottfried-Fortsetzung von Heinrich von Freiberg
"Folie Tristan"
Der französiche Prosaroman
Anmerkungen
- ↑ Rekonstruktionen finden sich etwa bei [Golther 1907:37-75] und [Wehrli 1997: 257ff.].
Literatur
<HarvardReferences />
- [*Buschinger/Spiewok 1993] Buschinger, Danielle/ Spiewok, Wolfgang: Einleitung zu Eilhart von Oberberg: Tristrant und Isalde. Greifswald 1993, VII-XXIII.
- [*Buschinger 2004] Buschinger, Danielle: Einleitung zu Eilhart von Oberberg: Tristrant und Isalde. Berlin 2004 (Berliner sprachwissenschaftliche Studien 4),IX-XXX.
- [*Golther] Golther, Wolfgang: Trsitan und Isolde in den Dichtungen des Mittelalters und der neuen Zeit. Leipzig 1907.
- [*Henkel 1990]Henkel, Gerhard: Die Geschichte Tristan und Isolde im deutschen Mittelalter. In: Bungert, Hans (Hrsg): Hauptwerke der Literatur. Vortragsreihe der Universität Regensburg. Regensburg 1990 (Schriftenreihe der Universität Regensburg 17), S. 71-96.
- Huber, Christoph: Gottfried von Straßburg: Tristan Berlin 2000.
- [*Keck 1998] Keck, Anna: Die Liebeskonzeption der mittelalterlichen Tristanromane. Zur Erzähllogik der Werke Bérouls, Eilharts, Thomas‘ und Gottfrieds. München 1998 (Beihefte zur Poetica, 22).
- [*Schröder/Wolf 1980]Schröder Werner/ Wolf Ludwig: Art.: Eilhart von Olberg. In: VL. Bd. 2 (1980), SP- 410-418.
- Stein, Peter K.: Tristan-Studien, hg. von Ingrid Bennewitz, Stuttgart/Leipzig, 2001.
- [*Wehrli 1997] Wehrli, Max: Geschichte der deutschen Literatur im Mittelalter. Von den Anfängen bis zum Ende des 16. Jahrhunderts. Stuttgart 1997.
- [*Wolf 1989] Wolf, Alois: Gottfried von Strassburg und die Mythe von Tristan und Isolde, Darmstadt 1989.