Der Erzähler im Parzival: Unterschied zwischen den Versionen

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=== Selbstdarstellung des Erzählers ===
=== Selbstdarstellung des Erzählers ===
Unter den Selbstaussagen des Erzählers versteht man Äußerungen der Erzählinstanz in Bezug auf verschieden Themen, unter anderem Frauen, Familie, Charaktereigenschaften, Mînne, Krieg und den Stand. Durch die parallele oder gegensätzliche Positionierung zu diesen im Roman angeschnittenen Bereichen entwirft der Erzähler ein Selbstbildnis, das dem Rezipienten Aufschluss über die Charaktereigenschaften seiner Figur gibt. <br />
Kommt der Erzähler innerhalb der Geschichte auf schöne Frauen zu sprechen, so verlässt er die berichtende Ebene und bringt seine eigenen Bedürfnisse ins Spiel. Beispielsweise wünscht er sich von solch einer Frau geküsst zu werden "ichn holt ein kus durch suone dâ" (450, 3) oder er versinkt in Selbstmitleid, weil er nicht von ihnen geküsst wird (807,4-9). Daraus lässt sich vorerst schließen, dass unsere Erzählerfigur keine hohe Mînnefähigkeit besitzt und daher wenig Chancen bei den Damen hat.<br />
Diverse Kampfszenen kommentiert die erzählende Instanz eher schüchtern und zurückhaltend. Sie lässt nur verlauten, dass "mir tӕte ein ligen drinne wê" (289, 10), beispielhaft in der Blutstropfenszene oder auch bei Gahmurets Kämpfen (75, 21f). Folglich profiliert sich der Erzähler im Kampf als unerfahren und schwächlich, wodurch er die Rolle des Untergebenen annimmt [Nellmann 1973: 14].
=== Die Rollen des Erzählers ===
=== Die Rollen des Erzählers ===



Version vom 25. Juni 2015, 09:31 Uhr

Hinweis: Dieser Artikel entsteht derzeit im Rahmen des Haupt- und Oberseminars zu Wolfram von Eschenbachs Parzival und befindet sich noch in Bearbeitung.

"ich bin Wolfram von Eschenbach,

unt kann ein teil mit sange,

unt bin ein habendiu Zange

mînen Zorn gein einem wîbe:"

(114, 12-15)

In diesen Versen des Romans Parzival von Wolfram von Eschenbach tritt dieser als Erzähler der Geschichte in der Vordergrund. Doch lässt sich daher die Rolle des Erzähler immer mit der des Autoren gleichsetzten? In diesen Artikel soll folglich der Frage nachgegangen werden, inwieweit Autor und Erzähler übereinstimmen. Zudem soll geklärt werden, welche Funktionen dem Erzähler im Kontext des Versromans zukommen und in welchem Verhältnis der Erzähler zum seinem Publikum steht.

Das Publikum

Der folgende Abschnitt lehnt sich an Eberhard Nellmanns Ausführung zum Publikum in seinem Buch "Wolframs Erzähltechniken" an.

Über das real existierende Publikum, welches Wolfram in seinem Werk adressiert, ist kaum etwas herauszufinden. Vereinzelt werden Namen oder Orte (230, 13) genannt, die dem Wirkungskreis von Wolfram von Eschenbach zuzuordnen sind, jedoch ist nicht davon auszugehen, dass es ein solches reales Publikum gab. Das Bild, das Wolfram von seinem Publikum zeichnet, ist in der damaligen Literatur einzigartig. Mittels Appellen an Gruppen innerhalb der Zuhörerschaft werden Aussagen über deren moralische und geistige Qualitäten gemacht. Zudem gibt es Lob und Kritik für die Zuhörer, je nachdem wie willkommen sie dem Vortragenden sind. Der Roman ist demnach nicht für ein reales Publikum geschrieben, sondern in einer fiktiven Vortragssituation gedacht. Das hier angelegte Erzähler-Figuren-Modell agiert mit dem Typus des fiktiven Erzählers, dem eine fiktive Leser- oder Zuhörerschaft gegenübersteht. Aus diesem Grund wird im folgenden Artikel das Publikum als fiktives Publikum angesehen und dementsprechend analysiert.

Das Publikum fungiert in diversen Szenen als Partner des Erzählers, beispielweise die Damen, welche er direkt anspricht "swâ twingende frouwen sint, die sulen im heiles wünschen nuo:" (293, 24f) um sie zu Empathie für seinen Helden zu bewegen oder sich für seine Aussagen zu entschuldigen (313, 26ff). Des Weiteren lässt sich die Zuhörerschaft nicht als heterogene Masse bezeichnen, das sich der Erzähler an Jung und Alt sowie Frauen und Ritter wendet. Unterteilt ist diese Masse in einen erwünschten und einen weniger willkommenen Teil. Der dem Erzähler lästige Teil seiner Zuhörer bezeichnet er als "tumbe[n] luit[en]" (1, 169) oder "ungetriuwen" (404, 13) über die er ein hartes Urteil spricht indem er sagen, dass er lieber zu Bäumen und Tieren sprechen würde, als zu ihnen (241, 21-30) [Nellmann 1973: 1-6].

Viel lieber spricht der Erzähler zu den "getriuwe[n]" (224,6f), den "guot[en]"(738, 14f) und den "wîse[n]" (338, 16). Laut Gustav Ehrismann ist "getriuwe" (224, 6f) eines der Schlüsselworte im Parzival, welches im Gegensatz zu "ungetriuwen" (404, 13) steht und das Thema des Parzival darstellt "ein mӕre will i'u niuwen, daz seit von grôzen triuwen," (4, 9f) [Ehrismann 1908: 428ff].
Diesem besonderen Teil des Publikums wendet sich der Erzähler immer bei speziellen Themen zu und appelliert an sie. So ruft er bei Passagen über Frau die Frauen im Publikum an oder bei Erzählungen von Ritter die Ritter im Publikum. Hiermit knüpft er eine besondere Bindung zwischen den Figuren seiner Erzählung und seinen Zuhörern. Diese Form der Einflussnahme auf die Zuhörerschaft generiert eine fiktives Idealpublikum, das dem Erzähler alle rhetorischen Freiheiten lässt [Nellmann 1973: 8].

Die Erzählerfigur

Die erzählende Instanz im Parzival besitzt ein sehr dominantes Auftreten. Sie erschließt dem Publikum die Bedeutung des Erzählten, indem sie verschiedene Rollen annimmt [Bumke 2004: 215ff]. Diese Rollen werden im weiteren Verlauf dieses Abschnittes noch genauer erläutert. Zunächst soll jedoch auf die Selbstdarstellung des Erzählers eingegangen werden. Jene wurden früher oft als Aussagen des Autoren über sich selbst interpretiert, denn die Erzählerfigur sagt über sich: "ich bin Wolfram von Eschenbach"(114, 12). Auf das Verhältnis zwischen Autor und Erzähler wird nun näher eingegangen.

Verhältnis Erzähler und Autor

Trotz der individuellen Züge und den zahlreichen Ich-Aussagen des Erzähler lässt er sich nicht automatisch mit dem Autoren Wolfram von Eschenbach gleichsetzten. Zwar nennt er die Namen literarischer Wegbegleiter oder wichtiger Autoren, unter anderem Hartmann von Aue (143, 21), sowie Regionen in denen Wolfram tätig war. Gleichwohl gilt für die erzählende Instanz dasselbe, wie für das Publikum, "Rückschlüsse auf den realen Autor sind möglich, aber notwendigerweise unsicher" [Nellmann 1973: 13]. So formuliert es Eberhard Nellmann in seinem Buch zu Wolframs Erzähltechnik. Neuere Ansätze argumentieren mit der historischen Subjektivität des Erzähler-Ichs. Hierbei wird klar zwischen dem Werk, dessen Teil die Erzählerfigur ist, und dem eigentlichen Sprechen des Autoren getrennt. Folglich wird eine "Erzählerfiktion" [Dallapiazza 2009: 129] geschaffen, die ihn greifbar werden lässt. Der Erzähler ist eine Figur des Romans, "eine poetische Konstruktion"[Dallapiazza 2009: 129].

Selbstdarstellung des Erzählers

Unter den Selbstaussagen des Erzählers versteht man Äußerungen der Erzählinstanz in Bezug auf verschieden Themen, unter anderem Frauen, Familie, Charaktereigenschaften, Mînne, Krieg und den Stand. Durch die parallele oder gegensätzliche Positionierung zu diesen im Roman angeschnittenen Bereichen entwirft der Erzähler ein Selbstbildnis, das dem Rezipienten Aufschluss über die Charaktereigenschaften seiner Figur gibt.

Kommt der Erzähler innerhalb der Geschichte auf schöne Frauen zu sprechen, so verlässt er die berichtende Ebene und bringt seine eigenen Bedürfnisse ins Spiel. Beispielsweise wünscht er sich von solch einer Frau geküsst zu werden "ichn holt ein kus durch suone dâ" (450, 3) oder er versinkt in Selbstmitleid, weil er nicht von ihnen geküsst wird (807,4-9). Daraus lässt sich vorerst schließen, dass unsere Erzählerfigur keine hohe Mînnefähigkeit besitzt und daher wenig Chancen bei den Damen hat.
Diverse Kampfszenen kommentiert die erzählende Instanz eher schüchtern und zurückhaltend. Sie lässt nur verlauten, dass "mir tӕte ein ligen drinne wê" (289, 10), beispielhaft in der Blutstropfenszene oder auch bei Gahmurets Kämpfen (75, 21f). Folglich profiliert sich der Erzähler im Kampf als unerfahren und schwächlich, wodurch er die Rolle des Untergebenen annimmt [Nellmann 1973: 14].

Die Rollen des Erzählers

Erzählereingriffe

Typen und Funktionen

Erzählmittel

Subjektivität und Fiktionalität

Wolframs Erzählen geht über die reine Unterscheidung von fiktiven und faktualen Sprechen hinaus. Es ist vielmehr von einer "Verschiebung der Fiktionsebenen" [Dallapiazza 2009: 131] auszugehen. Dabei treten zwei Ebenen deutlich hervor. Zum einen die faktuale extradiegetische Ebene der Erzählinstanz und zum anderen die fiktive intradiegetische Ebene dessen, was erzählt wird [Dallapiazza 2009: 131]. Diese erfordern aber noch weitergehende Untersuchungen.

Fazit

Literaturangaben

Textausgabe

  • Wolfram von Eschenbach: Parzival. Nach der Ausgabe Karl Lachmanns revidiert und kommentiert von Eberhard Nellmann, übers. von Dieter Kühn, 2 Bde., Frankfurt a.M. 2006.

Sekundärliteratur

<HarvardReferences /> [*Bumke 2004]Bumke, Joachim: Wolfram von Eschenbach. J.B. Metzler Stuttgart/Weimar, Stuttgart 2004. <HarvardReferences /> [*Dallapiazza 2009]Dallapiazza, Michael: Wolfram von Eschenbach: Parzival. Berlin 2009. <HarvardReferences /> [*Ehrismann 1908]Ehrismann, Gustav: Über Wolframs Ethik. ZfdA 49, 1908. S. 405-465. <HarvardReferences /> [*Nellmann 1973]Nellmann, Eberhard: Wolframs Erzähltechnik - Untersuchungen zur Funktion des Erzählers, Wiesbaden 1973.