Der Minne-Diskurs (Reinhart Fuchs): Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 20. Mai 2020, 13:15 Uhr
Minne-Diskurs im Reinhart Fuchs, Beziehung zwischen Reinhart und Hersant. Hinführung/ Kontextualisierung Textstellen. Übersetzungen.
Analysekriterien:
- Spezifikum der Fabel: menschlich-tierisch, in diesem Fall besonders bezogen auf die Repräsentation von Begehren: 'sittlich'/höfisch-'animalisch', Minne-Diskurs im Reinhart Fuchs ein Aushandeln dessen?
- Markierung von Geschlechtlichkeit
- Historische Realität der Minne-Beziehungen?
Markierung der Weiblichkeit Hersants vs. geschlechtliche Indifferenz
- Im Gegensatz zu vielen anderen Tierfiguren, wie etwa der Meise [Link] wird Hersants Weiblichkeit stark markiert: Ehe (und damit einhergehende Zweitnennung nach Isengrin), Minnesang durch Reinhart, spätere Vergewaltigung und 'Entehrung'
- Verweis auf höfische Geschlechterbeziehungen: Hersant ist eine hohe Dame und Beraterin von Isengrin, Mitregentin
- aber auch radikale, sprachliche Egalisierung: Sowohl Erzählstimme als auch Reinhart sprechen sie nicht geschlechtlich markiert ("gevaterin") an (Herschaftsfähigkeit)
- bei Wölfen und Füchsen Geschlecht nicht so leicht am Körper abzulesen wie bei Hühnern [Link?] -> Szene Spiegelbilder im Brunnen. Darstellung der Geschlechterunterschiede als imaginiert und nur 'im Kopf existent', wenn sich die Männer im Spiegelbild mit ihren Frauen verwechseln?
Reinharts Werben um die Wölfin Hersant
- Minne-Funktion: Ausdruck eines nicht sexuell konnotierten Wohlwollens, sogar Beklagen der Unmöglichkeit des Geschlechtsverkehrs
- eigentlich spricht Minnesänger auch den Part der Frau, lässt auch bei Ablehnung nicht nach
- Reinhart behält Rolle des Minnesängers bei, "rüde Zurückweisung Hersants" reduziert auf das Sexuelle --> Herabsetzung Wölfe als animalisch-primitiv (Widerspruch zu adeliger Stilisierung der Wolfsehe! Vorwegnahme der Vergewaltigung?)
- Einvernehmlichkeit Isengrins
- keine spracliche geschlechtliche Markierung Hersants durch Reinhart
- Isengrin als Gegenbild zu Reinhart: glaubt wirklich an katholische Ideale (Glaube an Hersants Treue in Verletzung), Reinhart nur zur Täuschung, Opportunismus
Vergewaltigung Hersants
- Schlüsselszene Vergewaltigung: Parodie der Minne? Unmöglichkeit der Abwesenheit (männlich-dominanter) Sexualität? Tatsächliche Intime Verhältnisse zwischen 'Hoher Dame' und Minnesänger in historischer Realität? (Aber Reinhart entspricht nicht normativem Bild von Maskulinität und körperlicher Stärke, ist Hersant körperlich unterlegen, überlistet sie)
-> Ausdruck eines Zusammenbruchs einer Ordnung? (Satire ja auch beispielsweise an Klosterleben/Justiz angewandt)
- Definitive Markierung Weiblichkeit auf Inhaltsebene
- Vorangegangene Kastration Isengrins: ebenfalls geschlechtliche Markierung, Selbstverschuldung durch Naivität des Wolfes. Humor in Bezug auch auf Isengrins 'Seeligkeit' -> Mönche glauben, er sei einer von ihnen, Vergleich mit Beschneidung. Schwarzer Humor auch in Bezug auf adeliges Eheverhältnis: Jammer Hersants über Kastration ihres Mannes richtet sich gegen sie selbst? (Animalismus, Sexualität, s. o.: Tendenz zu Primitivität)
- Aufbrechen der Trennung Ehe und Minne
[- Im Text mehrmals nur angedeutetes Eingehen auf Fuchsfrau, Erkennen im Brunnen, tiefe Verbundenheit - hier Ideal der Trennung Minne-Ehe umgesetzt? Humor: Reinhart springt nur nach sich selbst, Narzissmus, Egoismus, "männliches Phantasma der selbstreferentiellen Inkorporation des Weiblichen", Eignung Fabel gegen Homosexualitätsverdacht]
Literaturverzeichnis
- Schilling, M. (1989). Vulpekuläre Narrativik. Beobachtungen zum Erzählen im 'Reinhart Fuchs'. Zeitschrift Für Deutsches Altertum Und Deutsche Literatur, 118(2), 108-122. Retrieved May 20, 2020, from www.jstor.org/stable/20657904
- Schul, Böth, Mecklenburg: "Abenteuerliche Überkreuzungen : Vormoderne intersektional." (2017)