Höfische Lebenswelt (Gottfried von Straßburg, Tristan): Unterschied zwischen den Versionen
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* Bumke, Joachim: Höfische Kultur. Literatur und Gesellschaft im hohen Mittelalter, München, ⁸1997, S.381, S.504 | |||
Bumke, Joachim: Höfische Kultur. Literatur und Gesellschaft im hohen Mittelalter, München, ⁸1997, S.381, S.504 | |||
* Zitierung aller Versangaben nach: Gottfried von Straßburg: Tristan. Nach dem Text von Friedrich Ranke neu herausgegeben, ins Neuhochdeutsche übersetzt, mit einem Stellenkommentar und einem Nachwort von Rüdiger Krohn. Bd. 1–3. Stuttgart 1980 (RUB 4471-4473). | * Zitierung aller Versangaben nach: Gottfried von Straßburg: Tristan. Nach dem Text von Friedrich Ranke neu herausgegeben, ins Neuhochdeutsche übersetzt, mit einem Stellenkommentar und einem Nachwort von Rüdiger Krohn. Bd. 1–3. Stuttgart 1980 (RUB 4471-4473). |
Version vom 22. Januar 2011, 14:54 Uhr
Der Tristan - Roman ist eine Darstellung der höfischen Lebenswelt des Mittelalters.
Höfische Erziehung
Um ein vorbildlicher Ritter werden zu können, ist die Erziehung und Ausbildung Tristans ein wichtiger Bestandteil seines Lebens. Denn Rual li Foitenant legt großen Wert darauf, dass Tristan so gut wie möglich erzogen wird. Sein ganzes Leben ist von da ab davon bestimmt, zu lernen:
- „und iedoch do er ir began,
- do leite er sinen sin dar an
- und sinen vliz so sere,
- daz er der buoche mere
- gelernete in so kurzer zit
- danne ie kein kinte oder sit.“ (V.2087-2091)
Er erhält die Ausbildung in vielen verschiedenen Fremdsprachen, im Lesen, im Spielen von Saiteninstrumenten und außerdem vorzüglich zu reiten, mit Waffen umzugehen und zu jagen. Diese Fähigkeiten sind die Voraussetzung für sein Dasein als Ritter und seine Anerkennung bei Hof. Abgeschlossen ist diese Erziehung dann letztendlich mit der Schwertleite der jungen Ritter, bei der sie ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen und in den Ritterstand erhoben werden, womit sie ein vollwertiger Ritter sind. Danach gilt das Streben nur der Vervollkommnung und Bewahrung der ritterlichen Tugenden, wie es auch schon bei Tristan in jungen Jahren der Fall ist:
- „al diu werlt diu troug in an
- vriundes ouge und holden muot,
- als man dem billȋche tuot
- des muot niwan ze tugende stât,
- der alle untugende unmaere hât.“ (V.2144-2148)
Das höfische Idealbild
Die ganze Gesellschaft des Mittelalters richtet sich an den Vorbildern aus der Literatur aus, allerdings verweist Bumke darauf, dass eigentlich kein Mensch sich im Mittelalter wirklich so verhalten hat, wie es in den Erzählungen geschildert wird, vor allem nicht nach dem Ideal der Ritter von Artus´ Hof[1]. Dort steht der ritterliche Kampf und das Erlangen der höfischen Liebe im Vordergrund. Im Tristan werden auch auf diese Tugenden Wert gelegt, vor allem auf den Kampf, sieht man das doch daran, dass Tristan mit verschiedenen Gegnern kämpft, um seine Ehre und die seines Königreiches zu verteidigen. Beispiele dafür sind der Kampf mit Morold, den er gewinnt, oder auch gegen Morgan, bei dem auch Tristan siegt. Durch diese Siege wird gezeigt, wie vorzüglich Tristan kämpfen kann und wie gut sich auch seine Erziehung ausmacht. Tapferkeit ist eine der vielen Tugenden, die einen Ritter ausmachen, auch wenn es um sein Leben geht, oder vor allem, wenn es um sein Leben geht. Dem Tapferen gebührt große Ehre:
- „wes mohte ouch jener dô bȋten,
- dem ez umbe daz leben dô stuont?
- der tete reht als sȋ alle tuont,
- die ȗf rehte manheit
- alle ir sinne hânt geleit:“ (V.6842-6846)
Hierbei wird deutlich, dass sowohl Tristan als auch Morold vortrefflich beschrieben werden, denn die Stelle bezieht sich auf Morold. Somit lässt sich erkennen, dass das höfische Idealbild auch bei Gegnern erkannt wird.
Ein weiteres Idealbild ist das der Schönheit, das mit höfischer Vollkommenheit einhergeht, wie es auch die Beschreibung Ruals zeigt:
- „er was des lȋbes edelȋch,
- (…)
- er was an rehter hȇrschaft
- aller keiser genôz.
- (…)
- man sach in mit hȇrlȋchen siten
- von aller der hȇrschefte stân.“ (V.4034-4049)
Die gute Kleidung und eine edle Haltung sind hierbei immer Ausdruck von edler Gesinnung und edlem Verhalten. Auch hier ist dies wieder ein Zeichen von guter Erziehung, die der Grundstein für alles ist. Dabei kommt es darauf an, dass der Ritter selbst eine gute Erscheinung abgibt und als solcher schon durch seine Erscheinung wahrgenommen wird:
- „die dô wol kunden prȋsen
- beidiu man und ȋsen,
- die kâmen alle samet dar an,
- daz beidiu, ȋsen unde man,
- geworhten schoener bilde nie.“ (V.6687-6691)
Ein weiteres wichtiges Merkmal der höfischen Kultur ist die höfische Liebe, die eigentlich in jeder Form vorkommen kann. Somit kann auch die Liebe zwischen Tristan und Isolde als höfische Liebe abgesehen werden, wenn man der Definition von Gaston Paris folgt, der vier Merkmale aufstellt: 1. Die Ungesetzlichkeit, also Heimlichkeit, von der diese Liebe lebt. 2. Die Unterordnung des Mannes unter die Wünsche der Frau, die er liebt. 3. Die Bemühungen des Mannes besser und vollkommener zu sein, als andere Männer, was ihn für die Frau würdiger macht. 4. Höfische Liebe als eigene Kunst und als eigenes Spiel, das eigenen Regeln folgt. Aber Bumbke führt auch an, dass es in der Forschung eine große Debatte darüber gibt, was genau die höfische Liebe ist und wie sie definiert werden kann.[2] Die Liebe zwischen Tristan und Isolde kann allerdings nach den Kriterien von Paris als höfische Liebe bezeichnet werden, wenn man diese anlegt, da es eine Liebe ist, die im heimlichen stattfinden muss und der alles andere untergeordnet wird. Dabei kommen auch wieder Tristans Erziehung und sein ritterliches Verhalten zusammen, denn laut der Definition sind nur besonders edle Männer der Liebe der Frau würdig. Da Isolde von hoher Geburt und Schönheit ist, muss sich Tristan sich ihrer als besonders würdig erweisen können, um ihre Liebe zu rechtfertigen.
Literatur
- Bumke, Joachim: Höfische Kultur. Literatur und Gesellschaft im hohen Mittelalter, München, ⁸1997, S.381, S.504
- Zitierung aller Versangaben nach: Gottfried von Straßburg: Tristan. Nach dem Text von Friedrich Ranke neu herausgegeben, ins Neuhochdeutsche übersetzt, mit einem Stellenkommentar und einem Nachwort von Rüdiger Krohn. Bd. 1–3. Stuttgart 1980 (RUB 4471-4473).