Motive und Themen im Winterlied 24 (Neidhart): Unterschied zwischen den Versionen
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| Sumer, dîner süezen weter müezen wir uns ânen; || Sommer, auf dein schönes Wetter müssen wir nun verzichten; | |||
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| dirre kalte winder trûren unde senen gît. || Dieser kalte Winter weckt die Trauer und die Sehnsucht nach dir. | |||
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| ich bin ungetroestet von der lieben wolgetânen. || Von der lieben Schönen erfahre ich keinen Trost. | |||
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| wie sol ich vertrîben dise lange swaere zît, || Wie soll ich ich diese lange und schwere Zeit verbringen, | |||
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| diu die heide velwet unde mange bluomen wolgetân? || in der die Wiesen und viele schöne Blumen verblassen? | |||
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| dâ von sint die vogele in dem walde des betwungen, daz si ir singen müezen lân. || Die Vögel im Wald quält es, dass sie auf ihr Singen verzichten müssen. | |||
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| Alsô hât diu vrouwe mîn daz herze mir betwungen, || So hat meine Dame mir das Herz gebrochen, | |||
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| daz ich âne vröude muoz verswenden mîne tage. || sodass ich die Tage ohne Freude hinter mich bringen muss. | |||
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| ez vervaehet niht, swaz ich ir lange hân gesungen; || Was auch immer ich ihr lange vorgesungen habe war erfolglos; | |||
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| mir ist alsô maere, daz ich mêre stille dage. || Mir ist das egal, deshalb schweige ich besser für längere Zeit. | |||
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| Ich geloube niht, das sî den mannen immer werde holt: || Ich glaube nicht, dass sie den Männern in Zukunft zugeneigt sein wird: | |||
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| wir verliesen, swaz wir dar gesingen unde gerûnen, ich und jener Hildebolt. || Es ist umsonst, was auch immer wir singen und raunen, ich und jener Hildebolt. | |||
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| Der ist nû der tumbist under geilen getelingen, || Er ist nun der Dümmste unter den fröhlichen Gesellen, | |||
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| er und einer, nennet man den jungen Willegêr: || er und einer, den man den jungen Willegêr nennt: | |||
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| den enkunde ich disen sumer nie von ir gedringen, || Den konnte ich diesen Sommer nie von ihr wegdrängen, | |||
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| sô der tanz gein âbent an der strâze gie entwer. || So tanzten sie gegen Abend kreuz und quer. | |||
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| mangen twerhen blic den wurfel sî mich mit den ougen an, || Manchen schiefen Blick warfen sie mir mit den Augen zu, | |||
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| daz ich sunder mînes guoten willen vor in beiden ie ze sweime muose gân. || dass ich entgegen meinem Vorhaben das Weite suchen musste. | |||
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| Wê, daz mich sô manger hât von lieber stat gedrungen || Wehe, dass mich so mancher von dem schönen Ort vertrieben hat | |||
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| beidiu von der guoten unde ouch wîlent anderswâ! || sowohl von der Guten und auch anderswo! | |||
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| oedelîchen wart von in ûf mînen tratz gesprungen. || Widerwärtig sprangen sie beim Tanz, was mich verärgert hat. | |||
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| ir gewaltes bin ich vor in mînem schophe grâ. || Von ihren Gewalttaten werden meine Haare schon ganz grau. | |||
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| doch sô neic diu guote mir ein lützel über schildes rant. || Doch so verneigte sich die Schöne ein wenig hinter ihrem Schild vor mir. | |||
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| gerne mugt ir hoeren, wie die dörper sint gekleidet: üppiclîch ist ir gewant. || Ihr wollt bestimmt gerne hören, wie sich die Bauern kleiden: Übertrieben ist ihr Gewand. | |||
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| Enge röcke tragent sî und smale schaperûne, || Sie tragen enge Westen und kurze Mäntel, | |||
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| rôte hüete, rinkelohte schuohe, swarze hosen. || rote Helme, Schnallenschuhe und schwarze Hosen. | |||
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| Engelmâr getet mir nie sô leide an Vriderûne, || Engelmar hat Friderun nie so Schlimmes angetan, | |||
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| sam die zwêne tuont. ich nîde ir phellerîne phosen, || wie diese zwei es tun. Ich hasse ihre seidenen Güteltaschen, | |||
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| die si tragent: dâ lît inne ein wurze, heizet ingewer. || die sie tragen: Mit einer Wurzel darin, die Ingwer genannt wird. | |||
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| der gap Hildebolt der guoten eine bî dem tanze; die gezuhte ir Willegêr. || Davon gab Hildebolt der Schönen eine beim Tanze; doch Williger nahm sie ihr weg. | |||
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| Gern west ich, wie es die torpper vnter einander trachten. || Ich wüsste zu gerne, wie sich die Bauern kleiden, wenn sie unter sich sind. | |||
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| sie trugen peckkelhauben, darczu lange swert. || Sie trugen Eisenhauben und lange Schwerter dazu. | |||
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| ir spottigkeit, ir laster sie gar zu laster brachten: || Ihr Spotten, ihre Beleidigungen brachten sie nur zu weiteren Vergehen: | |||
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| des wurdens durch die goller mer denn halb gewert. || Sie wurden durch das Treiben ihrer Späße noch mehr verdorben. | |||
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| sie stritten mit einander einen ganczen summer langen tag. || Sie stritten miteinander einen ganzen Sommertag lang. | |||
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| das ir geläße sahe herre Neithart, do er in dem vas bey dem wein lag. || Herr Neidhart sah, wie sie sich verhielten, als er bei dem Fass Wein stand. | |||
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| Sagte ich nû diu maere, wie siz mit ein ander schuofen, || Wenn ich euch erzählen soll, was sie miteinander taten, | |||
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| des enweiz ich niht: ich schiet von danne sâ zehant. || so muss ich sagen, dass ich es nicht weiß: Denn ich eilte sofort davon. | |||
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| manneglîch begunde sînen vriunden vaste ruofen; || Jeder fing an, laut nach seinen Freunden zu rufen; | |||
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| einer der schrê lûte: „hilf, gevater Weregant!“ || Einer schrie laut: "Hilf, Gevatter Weregant!" | |||
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| er was lîhte in grôzen noeten, dô er sô nâch helfe schrê. || Er war womöglich in großen Nöten, weshalb er so um Hilfe schrie. | |||
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| Hildeboldes swester hôrte ich eines lûte schrîen: „wê mir mînes bruoder, wê!“ || Hildebolds Schwester hörte ich laut schreien: "Oh weh mir mein Bruder, oh weh!" | |||
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| Dô kam schiere ein geteline geloufen von dem strîte: || Da kam bald ein Geselle vom Kampf zurück: | |||
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| den frâgt ich der maere. "Willeher mit ellen streit. || Ich fragte ihn nach der Begebenheit. "Willeher verteidigt sich mit den Ellenbogen. | |||
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| Hildeboltes schapperûn der ist zerzerret wîte || Hildebolts Kapuzenmantel ist überall zerrissen | |||
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| und dar zuo sîn enger roc wol drîer spannen breit." || und nebenbei sein Obergewand gut drei Spannen groß. | |||
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| daz geschach umb eine wurzen, die man ûz der hende ir brach. || All das geschah wegen einer Wurzel, die man der Schönen weggenommen hatte. | |||
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| des engalt vil mangiu spaehiu hûbe, die man bî dem tanze zerzerret ligen sach. || Daher geht es um viele schöne Hauben, die man bei dem Tanz <dort> zerrissen liegen sah. | |||
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| Wâ bî sol man mîn geplätze hinne vür erkennen? || Wodurch soll man mein Geschwätz künftig erkennen? | |||
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| hie envor dô kande man iz wol bî Riuwental. || Früher erkannte man es wohl unter dem Namen Reuental. | |||
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| dâ von solde man mich noch von allem rehte nennen: || So sollte man mich noch zu Recht nennen: | |||
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| nust mir eigen unde lêhen dâ gemezzen smal. || Nur habe ich nicht viel an Eigentum und Lehen. | |||
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| kint, ir heizet iu den singen, der sîn nû gewaltic sî! || Kinder, lasst den singen, der am stärksten ist! | |||
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| ich bin sîn verstôzen âne schulde: mîne vriunt, nu lâzet mich des namen vrî! || Ich wurde unschuldig von dort verstoßen: Meine Freunde, hört auf mich so zu nennen! | |||
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| Ich hân mînes herren hulde vloren âne schulde: || Ich habe die Gunst meines Herrn unschuldig verloren: | |||
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| dâ von so ist mîn herze jâmers unde trûrens vol. || Mein Herz ist darum voll Kummer und Leid. | |||
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| rîcher got, nu rihte mirz sô gar nâch dîner hulde, || Gott, bestrafe mich ganz nach deinen Wünschen, | |||
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| manges werden friundes daz ich mich des ânen sol! || und wenn ich auf so manchen Freund verzichten soll! | |||
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| des hân ich ze Beiern lâzen allez, daz ich ie gewan, || Alles was ich je errungen habe, habe ich in Bayern gelassen, | |||
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| unde var dâ hin gein Ôsterrîche und wil mich dingen an den werden Ôsterman. || und fahre nach Österreich, wo ich ein neuer Mann werden will. | |||
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| Mîner vînde wille ist niht ze wol an mir ergangen: || Die Absicht meiner Feinde bedeutete für mich nichts gutes: | |||
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| wolde ez got, sîn mähte noch vil lîhte werden rât. || Wollte es Gott, so werden seine Mächte vielleicht noch einen Ausweg aufzeigen. | |||
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| in dem lande ze OEsterrîche wart ich wol enphangen || In Österreich wurde ich freundlich | |||
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| von dem edeln vürsten, der mich nû behûset hât. || von dem edlen Fürsten empfangen, der mich in den Hof aufgenommen hat. | |||
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| hie ze Medelicke bin ich immer âne ir aller danc. || Hier in Melk bin ich dank ihnen allen. | |||
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| mir ist leit, daz ich von Eppen und von Gumpen ie ze Riuwental sô vil gesanc. || Ich habe es satt, dass ich von Eppen und Gumpen je in Reuental so viel gesungen habe. | |||
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| Her Nîthart hât uns hie verlâzen als diu krâ den stecken, || Herr Neidhart hat uns hier verlassen, wie die Krähe den Ast, | |||
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| diu dâ hinne fliuget unde sitzet ûf ein sât. || die da hin fliegt und sich auf ein Saatfeld sitzt. | |||
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| ez sol ein man mit fremden frouwen niht ze vil gezecken, || Ein Mann soll mit fremden Edelfrauen nicht zu viel herumnecken, | |||
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| der der wâren schulde an sîner keine vunden hât. || wenn er keine Schuld an sich gefunden hat. | |||
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| er niez sîn tegelîche spîse (der hât er dâ heime genouc), || Er genießt seine tägliche Speise (davon hat er Zuhause genug), | |||
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| lâz Hildebolten mit gemache! ez was ein eichel, die er bî im in dem biutel truoc. || Lass Hildebolt mitmachen! Es war eine Eichel, die er im Beutel trug. | |||
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| Rädelohte sporen treit mir Fridepreht ze leide, || Mir zum Ärger trägt Frideprecht runde Sporen | |||
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| niuwen vezzel hât er baz dan zweier hende breit. || und einen neuen Schwertgurt, mehr als zwei Hände breit. | |||
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| rucket er den afterreif hin wider ûf die scheide, || Wenn er den Schwertring wieder auf die Scheide zieht, | |||
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| wizzet, mîne vriunde, daz is mir ein herzenleit! || wisst, meine Freunde, dass mir das im Herzen weh tut! | |||
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| zwêne niuwe hantschuoh er unz ûf den ellenbogen zôch. || Er zog uns zwei neue Handschuhe bis zum Ellenbogen hinauf. | |||
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| mugt ir hoeren, wie der selbe gemzinc von der lieben hiuwer ab dem tanze vlôch? || Wollt ihr hören, wie derselbe Gemsbock vor dem Tanz mit der Schönen floh? | |||
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| Er gap versengelt wol, rehte als im waer an gebunden || Er gab wohl Fersengeld, gerade so, als ob er gefesselt worden wäre. | |||
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| ein swînes blâse, alsô man den wilden hunden tuot. || Eine Schweinsblase, wie man sie den wilden Hunden gibt. | |||
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| ofte brach er sînen zelt, als sî doch wol befunden, || Oft unterbrach er seinen Schritt, als sie ihn bemerkten, | |||
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| Hatze und Pletze und jeniu ir gespile Hademuot. || Hatze und Pletze und jene ihrer Gespielinnen, Hademout. | |||
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| frâget Engeltrûten, wiez laeg umbe ir bruoder Fridebreht! || Engeltrut fragte, wie es um ihren Bruder Friedebrecht stand! | |||
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| "ach ach, er hât verrenket sich vor vorhte", alsô hât si mir geseit, "der toersche kneht." || "Ach, er hat sich vor Furcht verrenkt, der törichte Knecht", hat sie mir erzählt. | |||
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| Sach ab ieman jenen mit der gickelvêhen täcken? || Sah jemand denjenigen mit der bunten Decke? | |||
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| die treget er ûf der hende und klopfet ûf sîn niuwez swert: || Die trägt er in den Händen und klopft auf sein neues Schwert: | |||
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| dâ mite er uns des nahtes ab der gazzen wil erschrecken. || Damit er uns bei Nacht auf der Straße erschrecken kann. | |||
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| der selbe dünket sich noch mêr dan drîer bônen wert, || Derselbe meint, we sei mehr als drei Bohnen wert, | |||
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| als er danne gerûzet unde gedraeset, der vil übele man, || als er dann ein Geräusch macht und schnaubt, der böse Mann, | |||
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| und im sîn täcke ringeleht erklinget dem gelîche, als er trage ein goller an. || und ihm seine Decke erklingt , als ob er einen Halsschutz trüge. | |||
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== Form und Analyse == | == Form und Analyse == |
Version vom 30. Dezember 2020, 18:21 Uhr
Inhalt
Übersetzung
Mittelhochdeutsch | Übersetzung |
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Sumer, dîner süezen weter müezen wir uns ânen; | Sommer, auf dein schönes Wetter müssen wir nun verzichten; |
dirre kalte winder trûren unde senen gît. | Dieser kalte Winter weckt die Trauer und die Sehnsucht nach dir. |
ich bin ungetroestet von der lieben wolgetânen. | Von der lieben Schönen erfahre ich keinen Trost. |
wie sol ich vertrîben dise lange swaere zît, | Wie soll ich ich diese lange und schwere Zeit verbringen, |
diu die heide velwet unde mange bluomen wolgetân? | in der die Wiesen und viele schöne Blumen verblassen? |
dâ von sint die vogele in dem walde des betwungen, daz si ir singen müezen lân. | Die Vögel im Wald quält es, dass sie auf ihr Singen verzichten müssen. |
Alsô hât diu vrouwe mîn daz herze mir betwungen, | So hat meine Dame mir das Herz gebrochen, |
daz ich âne vröude muoz verswenden mîne tage. | sodass ich die Tage ohne Freude hinter mich bringen muss. |
ez vervaehet niht, swaz ich ir lange hân gesungen; | Was auch immer ich ihr lange vorgesungen habe war erfolglos; |
mir ist alsô maere, daz ich mêre stille dage. | Mir ist das egal, deshalb schweige ich besser für längere Zeit. |
Ich geloube niht, das sî den mannen immer werde holt: | Ich glaube nicht, dass sie den Männern in Zukunft zugeneigt sein wird: |
wir verliesen, swaz wir dar gesingen unde gerûnen, ich und jener Hildebolt. | Es ist umsonst, was auch immer wir singen und raunen, ich und jener Hildebolt. |
Der ist nû der tumbist under geilen getelingen, | Er ist nun der Dümmste unter den fröhlichen Gesellen, |
er und einer, nennet man den jungen Willegêr: | er und einer, den man den jungen Willegêr nennt: |
den enkunde ich disen sumer nie von ir gedringen, | Den konnte ich diesen Sommer nie von ihr wegdrängen, |
sô der tanz gein âbent an der strâze gie entwer. | So tanzten sie gegen Abend kreuz und quer. |
mangen twerhen blic den wurfel sî mich mit den ougen an, | Manchen schiefen Blick warfen sie mir mit den Augen zu, |
daz ich sunder mînes guoten willen vor in beiden ie ze sweime muose gân. | dass ich entgegen meinem Vorhaben das Weite suchen musste. |
Wê, daz mich sô manger hât von lieber stat gedrungen | Wehe, dass mich so mancher von dem schönen Ort vertrieben hat |
beidiu von der guoten unde ouch wîlent anderswâ! | sowohl von der Guten und auch anderswo! |
oedelîchen wart von in ûf mînen tratz gesprungen. | Widerwärtig sprangen sie beim Tanz, was mich verärgert hat. |
ir gewaltes bin ich vor in mînem schophe grâ. | Von ihren Gewalttaten werden meine Haare schon ganz grau. |
doch sô neic diu guote mir ein lützel über schildes rant. | Doch so verneigte sich die Schöne ein wenig hinter ihrem Schild vor mir. |
gerne mugt ir hoeren, wie die dörper sint gekleidet: üppiclîch ist ir gewant. | Ihr wollt bestimmt gerne hören, wie sich die Bauern kleiden: Übertrieben ist ihr Gewand. |
Enge röcke tragent sî und smale schaperûne, | Sie tragen enge Westen und kurze Mäntel, |
rôte hüete, rinkelohte schuohe, swarze hosen. | rote Helme, Schnallenschuhe und schwarze Hosen. |
Engelmâr getet mir nie sô leide an Vriderûne, | Engelmar hat Friderun nie so Schlimmes angetan, |
sam die zwêne tuont. ich nîde ir phellerîne phosen, | wie diese zwei es tun. Ich hasse ihre seidenen Güteltaschen, |
die si tragent: dâ lît inne ein wurze, heizet ingewer. | die sie tragen: Mit einer Wurzel darin, die Ingwer genannt wird. |
der gap Hildebolt der guoten eine bî dem tanze; die gezuhte ir Willegêr. | Davon gab Hildebolt der Schönen eine beim Tanze; doch Williger nahm sie ihr weg. |
Gern west ich, wie es die torpper vnter einander trachten. | Ich wüsste zu gerne, wie sich die Bauern kleiden, wenn sie unter sich sind. |
sie trugen peckkelhauben, darczu lange swert. | Sie trugen Eisenhauben und lange Schwerter dazu. |
ir spottigkeit, ir laster sie gar zu laster brachten: | Ihr Spotten, ihre Beleidigungen brachten sie nur zu weiteren Vergehen: |
des wurdens durch die goller mer denn halb gewert. | Sie wurden durch das Treiben ihrer Späße noch mehr verdorben. |
sie stritten mit einander einen ganczen summer langen tag. | Sie stritten miteinander einen ganzen Sommertag lang. |
das ir geläße sahe herre Neithart, do er in dem vas bey dem wein lag. | Herr Neidhart sah, wie sie sich verhielten, als er bei dem Fass Wein stand. |
Sagte ich nû diu maere, wie siz mit ein ander schuofen, | Wenn ich euch erzählen soll, was sie miteinander taten, |
des enweiz ich niht: ich schiet von danne sâ zehant. | so muss ich sagen, dass ich es nicht weiß: Denn ich eilte sofort davon. |
manneglîch begunde sînen vriunden vaste ruofen; | Jeder fing an, laut nach seinen Freunden zu rufen; |
einer der schrê lûte: „hilf, gevater Weregant!“ | Einer schrie laut: "Hilf, Gevatter Weregant!" |
er was lîhte in grôzen noeten, dô er sô nâch helfe schrê. | Er war womöglich in großen Nöten, weshalb er so um Hilfe schrie. |
Hildeboldes swester hôrte ich eines lûte schrîen: „wê mir mînes bruoder, wê!“ | Hildebolds Schwester hörte ich laut schreien: "Oh weh mir mein Bruder, oh weh!" |
Dô kam schiere ein geteline geloufen von dem strîte: | Da kam bald ein Geselle vom Kampf zurück: |
den frâgt ich der maere. "Willeher mit ellen streit. | Ich fragte ihn nach der Begebenheit. "Willeher verteidigt sich mit den Ellenbogen. |
Hildeboltes schapperûn der ist zerzerret wîte | Hildebolts Kapuzenmantel ist überall zerrissen |
und dar zuo sîn enger roc wol drîer spannen breit." | und nebenbei sein Obergewand gut drei Spannen groß. |
daz geschach umb eine wurzen, die man ûz der hende ir brach. | All das geschah wegen einer Wurzel, die man der Schönen weggenommen hatte. |
des engalt vil mangiu spaehiu hûbe, die man bî dem tanze zerzerret ligen sach. | Daher geht es um viele schöne Hauben, die man bei dem Tanz <dort> zerrissen liegen sah. |
Wâ bî sol man mîn geplätze hinne vür erkennen? | Wodurch soll man mein Geschwätz künftig erkennen? |
hie envor dô kande man iz wol bî Riuwental. | Früher erkannte man es wohl unter dem Namen Reuental. |
dâ von solde man mich noch von allem rehte nennen: | So sollte man mich noch zu Recht nennen: |
nust mir eigen unde lêhen dâ gemezzen smal. | Nur habe ich nicht viel an Eigentum und Lehen. |
kint, ir heizet iu den singen, der sîn nû gewaltic sî! | Kinder, lasst den singen, der am stärksten ist! |
ich bin sîn verstôzen âne schulde: mîne vriunt, nu lâzet mich des namen vrî! | Ich wurde unschuldig von dort verstoßen: Meine Freunde, hört auf mich so zu nennen! |
Ich hân mînes herren hulde vloren âne schulde: | Ich habe die Gunst meines Herrn unschuldig verloren: |
dâ von so ist mîn herze jâmers unde trûrens vol. | Mein Herz ist darum voll Kummer und Leid. |
rîcher got, nu rihte mirz sô gar nâch dîner hulde, | Gott, bestrafe mich ganz nach deinen Wünschen, |
manges werden friundes daz ich mich des ânen sol! | und wenn ich auf so manchen Freund verzichten soll! |
des hân ich ze Beiern lâzen allez, daz ich ie gewan, | Alles was ich je errungen habe, habe ich in Bayern gelassen, |
unde var dâ hin gein Ôsterrîche und wil mich dingen an den werden Ôsterman. | und fahre nach Österreich, wo ich ein neuer Mann werden will. |
Mîner vînde wille ist niht ze wol an mir ergangen: | Die Absicht meiner Feinde bedeutete für mich nichts gutes: |
wolde ez got, sîn mähte noch vil lîhte werden rât. | Wollte es Gott, so werden seine Mächte vielleicht noch einen Ausweg aufzeigen. |
in dem lande ze OEsterrîche wart ich wol enphangen | In Österreich wurde ich freundlich |
von dem edeln vürsten, der mich nû behûset hât. | von dem edlen Fürsten empfangen, der mich in den Hof aufgenommen hat. |
hie ze Medelicke bin ich immer âne ir aller danc. | Hier in Melk bin ich dank ihnen allen. |
mir ist leit, daz ich von Eppen und von Gumpen ie ze Riuwental sô vil gesanc. | Ich habe es satt, dass ich von Eppen und Gumpen je in Reuental so viel gesungen habe. |
Her Nîthart hât uns hie verlâzen als diu krâ den stecken, | Herr Neidhart hat uns hier verlassen, wie die Krähe den Ast, |
diu dâ hinne fliuget unde sitzet ûf ein sât. | die da hin fliegt und sich auf ein Saatfeld sitzt. |
ez sol ein man mit fremden frouwen niht ze vil gezecken, | Ein Mann soll mit fremden Edelfrauen nicht zu viel herumnecken, |
der der wâren schulde an sîner keine vunden hât. | wenn er keine Schuld an sich gefunden hat. |
er niez sîn tegelîche spîse (der hât er dâ heime genouc), | Er genießt seine tägliche Speise (davon hat er Zuhause genug), |
lâz Hildebolten mit gemache! ez was ein eichel, die er bî im in dem biutel truoc. | Lass Hildebolt mitmachen! Es war eine Eichel, die er im Beutel trug. |
Rädelohte sporen treit mir Fridepreht ze leide, | Mir zum Ärger trägt Frideprecht runde Sporen |
niuwen vezzel hât er baz dan zweier hende breit. | und einen neuen Schwertgurt, mehr als zwei Hände breit. |
rucket er den afterreif hin wider ûf die scheide, | Wenn er den Schwertring wieder auf die Scheide zieht, |
wizzet, mîne vriunde, daz is mir ein herzenleit! | wisst, meine Freunde, dass mir das im Herzen weh tut! |
zwêne niuwe hantschuoh er unz ûf den ellenbogen zôch. | Er zog uns zwei neue Handschuhe bis zum Ellenbogen hinauf. |
mugt ir hoeren, wie der selbe gemzinc von der lieben hiuwer ab dem tanze vlôch? | Wollt ihr hören, wie derselbe Gemsbock vor dem Tanz mit der Schönen floh? |
Er gap versengelt wol, rehte als im waer an gebunden | Er gab wohl Fersengeld, gerade so, als ob er gefesselt worden wäre. |
ein swînes blâse, alsô man den wilden hunden tuot. | Eine Schweinsblase, wie man sie den wilden Hunden gibt. |
ofte brach er sînen zelt, als sî doch wol befunden, | Oft unterbrach er seinen Schritt, als sie ihn bemerkten, |
Hatze und Pletze und jeniu ir gespile Hademuot. | Hatze und Pletze und jene ihrer Gespielinnen, Hademout. |
frâget Engeltrûten, wiez laeg umbe ir bruoder Fridebreht! | Engeltrut fragte, wie es um ihren Bruder Friedebrecht stand! |
"ach ach, er hât verrenket sich vor vorhte", alsô hât si mir geseit, "der toersche kneht." | "Ach, er hat sich vor Furcht verrenkt, der törichte Knecht", hat sie mir erzählt. |
Sach ab ieman jenen mit der gickelvêhen täcken? | Sah jemand denjenigen mit der bunten Decke? |
die treget er ûf der hende und klopfet ûf sîn niuwez swert: | Die trägt er in den Händen und klopft auf sein neues Schwert: |
dâ mite er uns des nahtes ab der gazzen wil erschrecken. | Damit er uns bei Nacht auf der Straße erschrecken kann. |
der selbe dünket sich noch mêr dan drîer bônen wert, | Derselbe meint, we sei mehr als drei Bohnen wert, |
als er danne gerûzet unde gedraeset, der vil übele man, | als er dann ein Geräusch macht und schnaubt, der böse Mann, |
und im sîn täcke ringeleht erklinget dem gelîche, als er trage ein goller an. | und ihm seine Decke erklingt , als ob er einen Halsschutz trüge. |