Heinrich der Vogelær: Unterschied zwischen den Versionen

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Der zu Beginn des 9. Jahrhunderts gelebte ostfränkische König Heinrich I. erhielt in den Pöhlder Annalen zu Beginn des 12. Jahrhunderts bereits den Beinamen der Vogeler. Denkbar wird somit, dass der Dichter sich nur dessen Name als Pseudonym bedient hat, um auf ebendiesen historischen König, sein diplomatisches Wirken und seine nachlebendige Sage anzuspielen.<ref><small>Der Stammhalter der Liudolfinger war ab 912 Herzog von Sachsen und von 919 bis 936 König des Ostfrankenreiches. Jahrzehnte nach seinem Tod verfasste ottonische Geschichtswerke würdigen insbesondere Heinrichs Einung und Befriedung des Reiches nach innen wie außen. In verklärenden Sagen schrieben die Pöhlder Annalen im 12. Jahrhundert, dass Heinrich mit dem Beinamen „der Vogler“ (auceps) Vögel jagte, als plötzlich fränkische Boten eintrafen, um ihm als König zu huldigen. Ein weiterer Beiname Heinrichs war der Finkler.</small></ref>
Der zu Beginn des 9. Jahrhunderts gelebte ostfränkische König Heinrich I. erhielt in den Pöhlder Annalen zu Beginn des 12. Jahrhunderts bereits den Beinamen der Vogeler. Denkbar wird somit, dass der Dichter sich nur dessen Name als Pseudonym bedient hat, um auf ebendiesen historischen König, sein diplomatisches Wirken und seine nachlebendige Sage anzuspielen.<ref><small>Der Stammhalter der Liudolfinger war ab 912 Herzog von Sachsen und von 919 bis 936 König des Ostfrankenreiches. Jahrzehnte nach seinem Tod verfasste ottonische Geschichtswerke würdigen insbesondere Heinrichs Einung und Befriedung des Reiches nach innen wie außen. In verklärenden Sagen schrieben die Pöhlder Annalen im 12. Jahrhundert, dass Heinrich mit dem Beinamen „der Vogler“ (auceps) Vögel jagte, als plötzlich fränkische Boten eintrafen, um ihm als König zu huldigen. Ein weiterer Beiname Heinrichs war der Finkler.</small></ref>
Curschmann ist von der Pseudonymisierung mithilfe des literarisch populären Namens Heinrich überzeugt. [Curschmann 1976]<sup>:381</sup>


== Redaktionsthese ==
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== Literatur ==
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[*Curschmann 1976] Curschmann, Michael: Zu Struktur und Thematik des Buchs von Bern, Tübingen 1976, S. 357-383. (Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur, Bd. 98)
[*de Boor 1962] de Boor, Helmut: Die deutsche Literatur im späten Mittelalter, hg. von Helmut de Boor und Richard Newald, München 1962. (Geschichte der deutschen Literatur, Bd. 3)
[*de Boor 1962] de Boor, Helmut: Die deutsche Literatur im späten Mittelalter, hg. von Helmut de Boor und Richard Newald, München 1962. (Geschichte der deutschen Literatur, Bd. 3)



Version vom 20. April 2022, 09:41 Uhr

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Heinrich der Vogelær nennt sich der Dichter eines Tugendexkurses inmitten des historischen Heldenepos Dietrichs Flucht. In der älteren Forschung wurde dieser noch als Verfasser oder Aufbereiter des gesamten Epos in Erwägung gezogen, in der jüngeren Forschung mitunter seine Nennung dagegen als stilistische Autorfiktion gedeutet. Davon unabhängig wird ihm aufgrund einer zweiten Nennung im Epilog eine Redaktion des Buchs von Bern (somit auch der Rabenschlacht) zugestanden. Erwogen wurde zumal, dass Heinrich Dietrichs Spitzenahn Dietwart als Idealherrscherfigur selbst in das Epos eingeführt habe. [de Boor 1962]:149

Martin vermutete aufgrund der Kenntnisse des Dichters der oberitalienischen Ortschaften, dass er militärischer Parteigänger der Hohenstaufer gewesen sei. Die Motivation für den Tugendexkurs und die Lobrede auf die Tadellosigkeit Dietwarts deutet er als eine zeitgenössische Bewertung des Dichters der Politik König Ottokars II. von Böhmen, der ab 1251 auch Herzog von Österreich wurde, über den Nachlebens politisch motiviert abfälliger berichtet wurde.[1][Martin 1866]:53 Seiner Zeit schloss Martin sich dem vorherrschenden Konsens an, Heinrich sei fahrender Sänger gewesen [Martin 1866]:51, wofür es jedoch keine Indizien gibt jenseits der recht freien Interpretation seines Beinamens.

Der Vogelær

Der zu Beginn des 9. Jahrhunderts gelebte ostfränkische König Heinrich I. erhielt in den Pöhlder Annalen zu Beginn des 12. Jahrhunderts bereits den Beinamen der Vogeler. Denkbar wird somit, dass der Dichter sich nur dessen Name als Pseudonym bedient hat, um auf ebendiesen historischen König, sein diplomatisches Wirken und seine nachlebendige Sage anzuspielen.[2]

Curschmann ist von der Pseudonymisierung mithilfe des literarisch populären Namens Heinrich überzeugt. [Curschmann 1976]:381

Redaktionsthese

Als Redakteur des Buchs von Berne habe Heinrich den Tugendexkurs eingebettet in den Fluchtepos, die Vorgeschichte um Dietwart hinzugefügt, die dritte Schlacht ausgearbeitet und beide Epen so enger miteinander verquickt. [Hoffmann 1974]:163 Steche bemerkt, dass der Autor des Fluchtepos im Gegensatz zum Autor der Rabenschlacht Oberitalien selbst gekannt haben muss.[Steche 1939] Möglicherweise hat jedoch lediglich Heinrich in seiner Bearbeitung im Fluchtepos sein geografisches Wissen eingepflegt. Gegen die Autorschaft der Rabenschlacht spricht auch deren bemängeltes Militärwissen. [Leitzmann 1926] .

Einzelnachweise und Erläuterungen

  1. Ottokar war bereits 1249 von Papst Innozenz IV. wegen seiner prostauferischen Position exkommuniziert worden, stieg aber nach Geiselhaft unter seinem Vater König Wenzel I. als Zweitgeborener zum Thronanwärter Böhmens auf. 1253 wurde er gekrönt und verhalf dem Deutschorden mit expansionistischen Kreuzzügen gegen das Samland zur Christianisierung und begünstigte dadurch die ihm zu Ehren (post mortem) gedachte urkundliche Begründung Königsbergs. Nach mehreren erfolgreichen Schlachten gegen die Ungarn erwarb er sich weiteres Ansehen und nutzte dies um sich mehrmals erfolglos um die Kaiserkrone des Heiligen Römischen Reiches zu werben. 1269 erbte er das Herzogtum Kärnten und verscherzte sich dadurch die Gunst der Reichsfürsten, die ihn 1273 als Herzog Österreichs abwählten und wegen seiner Weigerung, die Länder an Rudolf von Habsburg abzutreten, gegen ihn die Reichsacht verhenkten. Mit seinem Tod am 26. August 1278 bei der Schlacht auf dem Marchfeld bei Dürnkrut besiegelte er die Niederlage gegen die Habsburger. In Folge kam es auch zum Kampf innerhalb der böhmischen Geschlechter der Premysliden und Witigonen um die Thronfolge in Böhmen.
  2. Der Stammhalter der Liudolfinger war ab 912 Herzog von Sachsen und von 919 bis 936 König des Ostfrankenreiches. Jahrzehnte nach seinem Tod verfasste ottonische Geschichtswerke würdigen insbesondere Heinrichs Einung und Befriedung des Reiches nach innen wie außen. In verklärenden Sagen schrieben die Pöhlder Annalen im 12. Jahrhundert, dass Heinrich mit dem Beinamen „der Vogler“ (auceps) Vögel jagte, als plötzlich fränkische Boten eintrafen, um ihm als König zu huldigen. Ein weiterer Beiname Heinrichs war der Finkler.

Literatur

<harvardreferences /> [*Curschmann 1976] Curschmann, Michael: Zu Struktur und Thematik des Buchs von Bern, Tübingen 1976, S. 357-383. (Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur, Bd. 98)

[*de Boor 1962] de Boor, Helmut: Die deutsche Literatur im späten Mittelalter, hg. von Helmut de Boor und Richard Newald, München 1962. (Geschichte der deutschen Literatur, Bd. 3)

[*Heinzle 1999] Heinzle, Joachim: Einführung in die mittelhochdeutsche Dietrichepik, Berlin/New York 1999.

[*Hoffmann 1974] Hoffmann, Werner: Mittelhochdeutsche Heldendichtung, hg. von Erich Schmidt, Berlin 1974, S. 161–171. (Grundlagen der Germanistik, Bd. 14)

[*Klaass 1936] Klaass, Eberhard: Heinrich der Vogler, in: Deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon, Bd. 2, hg. von Wolfgang Stammler, Leipzig 1936.

[*Leitzmann 1926] Leitzmann, Albert: Dietrichs Flucht und Rabenschlacht, Bonn 1926.

[*Lienert 2003] Lienert, Elisabeth: Rede und Schrift. Zur Inszenierung von Erzählen in mittelhochdeutscher Heldenepik, in: Eine Epoche im Umbruch: Volkssprachige Literalität 1200-1300, hg. von Christa Bertelsmeier-Kierst und Christopher Young, Tübingen 2003, S. 123–137.

[*Martin 1866] Martin, Ernst: Alpharts Tod. Dietrichs Flucht. Rabenschlacht, hg. von Ernst Martin, Berlin 1866.

[*Steche 1939] Steche, Theodor: Das Rabenschlachtgedicht, das Buch von Bern und die Entwicklung der Dietrichsage, Greifswald 1939. (Deutsches Werden, 16)