Reinharts Bosheit (Reinhart Fuchs)

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Ist Reinhart Böse?/ Die Bösartigkeit von Reinhart Fuchs./ Reinharts Bösartigkeit/Bosheit.

Dieser Artikel beschäftigt sich mit der Bösartigkeit des Fuchses Reinhart aus dem von Heinrich der Glîchezære[1] verfassten Tierepos. Die verschiedenen Stufen seiner Listen sollen analysiert werden, mit Absicht die Entwicklung seiner Bosheit zu dokumentieren. Somit werden sowohl Reinheits Absicht und Bereitwilligkeit Schaden anzurichten, als auch Reinheits eigene Wahrnehmung seiner Moral im Fokus liegen.

Historische Hintergründe

Stufen der Listen

(mehr Fälle aufführen in chronologischer Reihenfolge aber auch darauf achtend wie sich die Bosheit etwickelt)

Gescheiterte Streiche

(255-275)
Mittelhochdeutsch Übersetzung Mittelhochdeutsch Übersetzung
Nv horet, wie Reinhart, Nun hört, wie Reinhart, dines vater trewe waren gvt, Die Treue deines Vaters war gut,
der vngetrewe hovartta, der untreue Höfling ovch hore ich sagen, daz sippeblvt Auch höre ich, dass man sagt, dass Blutsverwandschaft
warb vmb sines neven tot. sich um den Tod seines Neffen bemühte. trvt neve, nv bedenke mich! Geliebter Neffe, nun bedanke ich mich!
daz tet er doch ane not. Das tat er jedoch ohne Grund. von wazzere niht vertirbet. von Wasser nicht vertrieben wird.
Er sprach: ,lose, Dizelin, Er sagte: Lieber, Dizelin, din neve alsvst erstirbet. Dein Neffe geht auf diese Weise zugrunde.
hilf mir, trvt neve min! Hilf mir, mein geliebter Neffe! daz macht dv erwenden harte wol. Das lässt dich wohl stark zurückschrecken.
dir ist leider miner not niht kvnt: Dir ist meine Verzweiflung leider nicht bekannt: vom stanke ich grozen kvmmer dol.' Der Gestank bereitet mir große Sorgen.
ich wart hvete vru wunt; ich wurde heute früh verwundet; Der rabe zehant hinnider vlovc, Der Rabe flog sofort herab,
der kese liet mir ze nahen bi. Der Käse liegt mir zu nahe. dar in Reinhart betrovc. da betrog ihn Reinhart.
er smecket sere, ich vurcht, er si Er schmeckt sehr, ich fürchte, er sei dvrch trewe, daz was nach sin tot. aus Treue, dass war später sein Tot.
mir zv der wunden schedelich. schädlich für meine Wunden. dvrch trewe, daz was nach sin tot. aus Treue, dass war später sein Tot.

Erster erfolgreiche Streich mit den Wölfen

Mittelhochdeutsch Übersetzung
Reinhart hvb sich sa, Darauf eilte Reinhart zu einer Stelle,
do der gebvr hine solde gan. wo der Bauer vorbeikommen mußte.
einen vuz begonde er vf han Er zog einen Fuß an
vnde sere hinken, und hinkte sehr;
er liez den rvcke sinken, dazu knickte er den Rücken ein,
recht als er ime were enzwei. als sei er ihm zerschlagen.
der gebvre in vaste aneschrei, Der Bauer schrie heftig auf ihn ein.
den bachen warf er vf daz gras, Er warf den Schinken ins Gras,
nach Reinhartes kel ime gach was. denn ihm war es nur noch um Reinharts Kehle zu tun;
sin colbe was vreislich. seine Keule sah entsetzlich aus.
Reinhart sach vmme sich Reinhart blickte sich um
vnde zoch in zv dem walde. und lockte ihn zum Wald hin.
Ysingrin hvb sich balde: Isengrin machte sich rasch auf den Weg:
e dan der gebvre mochte wider kvmen, ehe der Bauer zurückkommen konnte,
so hat er den bachen genvmen hatte er den Schinken weggenommen
vnd hat in schire vressen und ihn schleunigst verschlungen.
Reinhartes wart vergessen. An Reinhart dachte keiner.
(...)
Y sengrin begonde lachen, Isengrin fing an zu lachen:
er sprach: , wol mich des gesellen min! "Wohl mir bei diesem Gefährten!
wi mochte wir baz inbizzen sin? Wie hätten wir einen hübscheren Bissen finden können?
ich weiz im disez ezzens danch.' Für diese Mahlzeit ist ihm mein Dank gewiß."
do weste er niht den nachclanch. Er ahnte aber noch nicht das Ende.
Reinhart qvam spilinde vnde geil, Reinhart näherte sich ganz vergnügt
er sprach: ,wa ist hin min deil?' und meinte:" Wo ist mein Anteil geblieben?"

Listen werden zu Straftaten

Datei:Screenshot(2).png
Yisegrins Kathastrophen in 7 Szenen [2] (Nochmal schauen wie man das Bild größer machen kann)
Reinhartis drivwe warin laz, Von Treue konnte bei Reinhart keine Rede sein;
er gefror ie baz unde baz. immer mehr fror jener ein.
,Dirre eimir swerit', sprach lsingrin. "Der Eimer wird mir zu schwer", klagte Isengrin.
,da han ich gezellit drin "Ich habe schon dreißig Aale darin gezählt",
drizic ale', sprach Reinhart, antwortete Reinhart,
,diz wirtein nuzze vart; "das Unternehmen wird sehr erfolgreich;
kunnint ir stille gestan, wenn Ihr Euch nur ruhig verhaltet,
zehinzic wellint drin gan.' werden hundert hineingehen."
Alsez do begunde dagen, Als es nun Tag wurde,
Reinhart sprach: meinte Reinhart:
,ich wil ivch mere sagin: "Ich kann nur sagen:
ich furhte, wir unsir giticheit wir müssen unsere Gier
uil sere engeltin; mir ist leit, - fürchte ich-sehr büßen; es macht mir Sorge,
daz so uil uisce drinne ist; daß so viele Fische im Eimer sind;
ich neweiz der zuo neheinen list. denn jetzt ist meine Kunst am Ende:
ir mugint sie niht uz erhebin. Ihr dürftet sie kaum herausheben können;
sehint, ob ir sie mugint irwegin.' seht zu, ob Ihr sie auch nur ein wenig fortbewegen könnt,
lsingrin geriet zucken, Isengrin begann zu ziehen,
daz is begunde drucken aber das Eis hielt
den zagel, er muoze da stan. seinen Schwanz fest, so daß er bleiben mußte.
Reinhart sprach: ,ich wil gan Reinhart sagte: "Ich werde mich
nah unsirn bruoderin darhaim: zu unsern Mitbrüdern nadl Hause aufmachen,
dirre gewin wirt niht clein.' denn dieser Erfolg ist wahrlich nicht gering."
Der dag begunde uf gan, Da wurde es vollends Tag,
Reinhart huob sich dannan. und Reinhart machte sich davon.


Nach allem was Reinhart den Wölfen angetan hat und endlich vor Gericht geführt wird, flieht er sich in einem Dachsbau gefolgt von Hersante, Isegrins Gattin, die stecken bleibt und somit Reinhart ausgeliefert ist, der sie vor allen Anwesenden erniedrigt.

Mittelhochdeutsch Übersetzung
do gewan si schire schande genuc: Nachdem sie sicher genug Schande erlitten hatte:
sine mochte hin noch her, Sie steckte fest und konnte weder rein noch raus,
Reinhart nam des gvten war, Reinhart nahm sein Glück wahr,
zv eime andern loche er vz spranc, und sprang zu einem anderen Loch wieder raus,
vf sine gevateren tet er einen wanc. seinem Gevater/Freund fügte er (seelischen) Schaden zu.
Isengrine ein herzen leit geschach: Isegrin tat das Herz weh:
er gebrvtete si, daz erz an sach. Er vergewaltigte sie, so dass er es mit ansehen musste.
Reinhart sprach: ,villibe vrvndin, Reinhart sagte: ,Sehr geliebte Freundin,
ir schvlt talent mit mir sin. Ihr werdet heute den ganzen Tag mit mir sein.
izn weiz niman, ob got wil, Es weiß keiner, ob Gott will,
dvrch ewer ere ich iz gerne verhil.' (aber) ich verheimliche es gerne um Eurer Ehre willen.'
vern Hersante schande was niht deine,
si beiz vor zorne in die steine, sie biss vor Wut in die Steine,
ir kraft konde ir nicht gefrvmen. ihre Kraft konnte ihr nicht helfen.

Reinhart entkommt auch diesmal, trotz seiner offenkundigen Straftat, und lässt unbekümmert die entehrte Wölfin liegen. Konnte man seine Taten bis jetzt noch rechtfertigen, so geht an dieser Stelle die Möglichkeit den Fuchs zu entschuldigen verloren. Die Bosheit des Fuchses ist nicht mehr nur auf seine Gier und auf sein Egoismus zurück zu führen, die in der Tierwelt gewisser Weise zum Überlebensinstinkt zu gehören scheinen, sondern beruhen auf die pure Absicht des Fuchses andere Beteiligte zu verletzen und ihnen Schaden zuzufügen. Diese Absicht ist in einigen seiner vorherigen "Listen" oder besser gesagt "Straftaten" enthalten, kann aber ab der Vergewaltigung deutlich als solche gesehen werden.

Man könnte versuchen mit Fortpflanzungsinstinkten zu argumentieren, jedoch können sich Wölfe und Füchse nicht paaren, außerdem schein Reinhart sich seiner Aktionen bewusst zu sein.

Bösartigkeit

Reinharts Moral-Wahrnehmung

Schluss

Literaturverzeichnis

  1. Heinrich der Glîchezâre: Reinhart Fuchs. Mittelhochdeutsch/Neuhochdeutsch, hg. und übersetzt von Karl-Heinz Göttert, Reclam, Stuttgart 1976.
  2. Ruh, Kurt: Höfische Epik des deutschen Mittelalters. Bd. 2: 'Reinhart Fuchs', 'Lanzelet', Wolfram von Eschenbach, Gottfried von Straßburg, Berlin 1980 (Grundlagen der Germanistik 25), S.22.