Die Selbstverteidigung (Wolfram von Eschenbach, Parzival)

Aus MediaeWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Dieser Artikel beschäftigt sich mit der ersten von zwei sogenannten "Selbstverteidigungen" im Parzival Wolframs von Eschenbach (114,5-116,4 [1]). In dieser Passage des Romans, die sich am Ende der Gahmuret-Geschichte, zwischen den Büchern II und III befindet, unterbricht dieses Textstück von 60 Versen den Erzählzusammenhang. "Der Exkurs-Sprecher tritt an dieser Stelle in der Autoren-Rolle auf und spricht voller Selbstbewusstsein von seiner Lied-Dichtung." [Bumke 2004: S. 53] Damit stellt er eine Besonderheit in der Erzählstruktur des Romans dar und steht in engem Zusammenhang mit anderen poetlogoschen Äußerungen des Erzählers im Parzival.


Allgemein

In der Selbstverteidigung bricht der Erzähler den eigentlichen Erzählzusammenhang auf und führt die Zuhörer in einen Exkurs. Innerhalb dieses Exkurses spricht der Erzähler aus der Autorenrolle heraus über sich und seine Arbeit:

ich bin Wolfram von Eschenbach Ich bin Wolfram von Eschenbach
unt kan ein teil mit sange und verstehe was vom Liederdichten.
[...]

114,12-13

Besonderen Bezug nimmt er darüber hinaus im Laufe des Exkurses auf Frauen bzw. das Dichten im Frauendienst, welches er dem Kämpfen im Frauendienst gegenüberstellt. Dabei bezeichnet sich der Sprecher selbst nicht als Dichter, sondern vielmehr als als eine Art Ritter bzw. Kämpfer sieht (vgl. 115,15-18).


Inhaltliche Zusammenfassung der Selbstverteidigung (114,5-116,4)

Biographische Äußerungen

Biographische Äußerungen tauchen mehrfach in der Selbstverteidigung auf. Zumindest scheint dies so (s. dazu den Punkt "Biographische Bezüge" in diesem Artikel). Dies geschieht mittels der bereits angeführten Einname der Autorenrolle durch den Erzähler. So wird der Leser bzw. Hörer dazu verleitet, davon auszugehen, dass Wolfram hier tatsächlich aus seinem Leben spricht und seine Ansichten geltend macht. Es wird gleich zu Beginn des Exkurses deutlich, dass der Umgang mit einer bestimmten, allerdings nicht namentlich erwähnten Frau für den Erzähler und somit augenscheinlich Wolfram äußerst schwierig zu sein scheint:

wan einer bin ich unbereit Da ist bloß eine, der will ich nicht gefällig sein
dienstlîcher triuwe: und keine Verbindlichkeiten mit ihr haben;
mîn zorn ist immer niuwe mein Hass gegen sie ist immer jung geblieben
gein ir, sît ich se an wanke sach. seit dem Tag, da ich sie untreu sah.

114,8-11


Diesen "Hass" gegen eine bestimmte Frau verallgemeinert der Erzähler auf Frauen im allgemeinen und positioniert sich selbst als eine Art Kämpfer gegen die Verfehlungen der Frauen und den Schmerz, den sie ihm zugefügt hätten (vgl. 114,19-28). Diese Annehme, von Frauen ungerecht behandelt worden zu sein führt den Sprecher zu einem Ideal des Weiblichen dass er duruch "kiusche mite (Unschuld ohne Gier)" festlegt. Dann sei auch er jederzeit bereit sich für sie einzusetzen (vgl. 115,2-5).


Das Kämpfen im Frauendienst

Ausgehend von diesem Unschuldsideal betont der Erzähler, dass er diesen Einsatz durchaus nicht rhetorisch versteht, sondern dass er das Erlangen der minne einer Frau notwendigerweise mit männlicher Kampfeskraft verbunden sieht:

ob ich guotes wîbes minne ger, Wenn ich mich um die Liebe einer rechten Frauen bemühe,
mag ich mit schilde und ouch mit sper so muss ich mir den Lohn der Liebe
verdienen niht ir minne solt, mit Schuld und Speer verdienen;
al dar nâch sî sie mir holt. ob ich das kann oder nicht, danach soll sie ihr Gunst bemessen.

115,15-18

Der Sprecher betrachtet diese Kampfeskraft, die er eng mit dem Rittertum verbunden sieht (vgl. 115,19-20) als einen Gegensatz zur Dichtkunst und grenzt sich stark von einem dichterischen Selbstbild ab und geht sogar so weit zu sagen, dass eine Frau, die ihn nur wegen der Lieder lieben würde, nicht besonders klug sein könne (vgl. 115,11-14). Der Erzähler und somit ja augenscheinlich Wolfram definiert sich hier auf Kosten des dichterischen Selbstbildes als eine Art Minneritter.


Das Dichten im Frauendienst

Mit den bereits erwähnten Versen setzt der Erzähler die Dichtkunst gegenüber dem Rittertum herab. Diese Tendenz verstärkt sich gegen Ende der Selbstverteidigung noch einmal deutlich, wenn der Erzähler gar befürchtet, dass die Frauen ihn für einen Heuchler halten könnten, der eigentlich nichts vom Kämpfen verstehe. So betont er, dass er lediglich die Geschichte erzählt, sie aber nicht aufgeschrieben hat oder dazu in der Lage wäre: Der Erzähler bezeichnet sich selbst als Analphabeten und den Roman als eine mündliche Erzählung, die keiner schriftlichen Fixierung bedürfe:

Ine kan decheinen buochstap. Mit Buchstaben habe ich nichts im Sinn,
dâ nement genuoge ir urhap: da gibt's genügend andere, die daraus ihre Hefe nehmen.
disiu âventiure Dieser Roman geht seinen Weg,
vert âne der buoche stiure da braucht es keine Bücher.

115,27-30

Den Selbstverteidigungs-Exkurs abschließend formuliert der Sprecher noch einmal provokant-humoristisch, dass er lieber ganz nackt bleiben wolle, bevor ihn jemand mit einem Buch verwechsle (vgl. 116,1-4).


Deutungsmöglichkeiten der Selbstverteidigung

Biographische Bezüge

Humor in der Selbstverteidigung

Fazit

[in Bearbeitung]


Literaturnachweise

<HarvardReferences />

[*Bumke 2004] Bumke, Joachim: Wolfram von Eschenbach, Stuttgart/Weimar, 8. Auflage 2004.

[*Schiendorfer 1983] Schiendorfer, Max: Ulrich von Singenberg, Walther und Wolfram. Zur Parodie in der höfischen Literatur, Bonn 1983.

[*Hart 1991] Hart, Thomas E.: Proportionale Textgestaltung als Verkörperung literarischer Theorie: Zu Wolframs Selbstverteidigungen im Parzival (114,5-116,4 und 337,1-30), in: Euphorion 85, 1991, S. 342-386.

[*Kuhn 1977] Kuhn, Hugo: WOlframs Frauenlob, in: Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur 106, 1977, S.200-210.

  1. Alle Versangaben beziehen sich auf die Ausgabe: Wolfram von Eschenbach: Parzival. Studienausgabe. Mittelhochdeutscher Text nach der sechsten Ausgabe von Karl Lachmann. Übersetzung von Peter Knecht. Mit einer Einführung zum Text der Lachmannschen Ausgabe und in Probleme der 'Parzival'-Interpretation von Bernd Schirok, 2. Aufl., Berlin/New York 2003.