Der Tod im Parzival (Wolfram von Eschenbach, Parzival)
Der folgende Artikel untersucht den Tod im höfischen Roman Parzival von Wolfram von Eschenbach. Auch wenn die Hauptfiguren Parzival und Gawan im Werk selbst nicht sterben, so ist der Tod doch an einigen Stellen des Romans gegenwärtig, vornehmlich als vorzeitiger Tod durch Gewalt oder durch Liebe. Unter anderem soll seine erzähltechnische Funktion als auch seine Verbindung zur Minne untersucht werden.
Der Tod im Mittelalter im Vergleich zur Neuzeit
Seit der Mensch zur Reflexion fähig ist, stellt sich ihm die Frage, was denn der Tod sei. Diese Frage kann ihn auch gar nicht verlassen, da sie einen jeden selbst im innersten trifft und im Tod seines Nächsten auch als existenzielle Situation erfahrbar macht. Nun ist der Umgang und die Sichtweise des Todes, obwohl er jeden Menschen in gewisser Weise gleich betrifft, doch auch von dem herrschenden Menschen- und Weltbild abhängig von welchem aus nach ihm gefragt wird. Philippe Ariès vertrat die Meinung, dass in früherer Zeit unter den Menschen die Einstellung herrschte, dass "für [sie] der Tod nah und vertraut und zugleich abgeschwächt und kaum fühlbar war", im Gegensatz zu unserer heutigen Zeit.[Aries 1982: S. 42] Daher erlaubt er sich, vom Tod früher der Neuzeit als einem "gezähmten Tod" zu sprechen.[Aries 1982: S. 42] Dem widerspricht Patschovsky vehement: "Nie hat man [den Tod] gezähmt oder als gezähmt empfunden, und gerade die zahllosen Versuche, ihn und sein Wirken in Form zu fassen, verraten, wie beunruhigend man seine Allgegenwart empfand, [...] erst recht im Mittelalter.[Patschovsky 1993: S. 9] Denn allgegenwärtig war der Tod im Mittelalter tatsächlich. Die Kindersterblichkeit war enorm hoch und man konnte mit einer Lebenserwartung um die 40-50 Jahre rechnen, sofern man die ersten zehn Jahre überstand.[Borst 1995: Vgl. S. 120.] Wer krank wurde, musste sich auch für das Sterben bereitmachen und das "enge Beieinanderleben von Gesunden und Kranken [...] senkte die Lebenserwartung erneut."[Borst 1995: S.121] Wenn man sich heute einen schnelleren Tod wünscht, als von Maschinen am Leben erhalten zu werden, so war der plötzliche Tod im Mittelalter eher nicht erwünscht, da dieser keine Möglichkeit der Vorbereitung auf ihn, vor allem keine letzte Eucharistie ermöglichte. Insgesamt war das Verhältnis zum Tod stark christlich geprägt, mitsamt Hoffnung auf das Jenseits, als auch Angst vor "der möglichen ewigen Höllenpein, dem gefürchteten >zweiten< Tod."[Patschovsky 1993: S. 9.] Weit verbreitet war auch die Annahme, dass jeder so stirbt, wie er gelebt hat: "Der arge Sünder stirbt hündisch, der Brave ehrenvoll."[Borst 1995: S. 121.]