Die Funktion der Taufe im Parzival
Die Taufe ist ein christliches Ritual, welches in Wolframs Parzival[1] an mehreren Stellen in Erscheinung tritt. In der christlichen Religion ist die Taufe das Aufnahmeritual in die Gemeinschaft der Christen. Für Gahmuret stellt sie jedoch eine Hürde für die Heirat mit Belacane dar, wohingegen sie für seinen Sohn Feirefiz vielmehr die Türen zur Gralsgemeinschaft öffnet. Die Frage ist nun die, ob die Taufe nur eine religiöse oder auch weitere Funktionen erfüllt.
Taufe als christliches Ritual
Die Taufe ist das Ritual, durch welches eine Person die religiöse Gemeinschaft der Christen aufgenommen wird.
Die Taufe im Parzival
Die Taufe wird im Parzival noch vor der eigentlichen Taufe von Feirefiz charakterisiert.
Mittelhochdeutsch (752, 27-30) | Neuhochdeutsch |
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der touf sol leren triuwe. | Die Taufe gießt Treue in die Seelen. |
sit unser e diu niuwe | Darum ist unsere Religion, der Neue Bund, |
nach Kriste wart genennet: | nach Christus benannt, |
an Kriste ist triwe erkennet. | denn in Christus hat die Treue Gestalt angenommen. |
In diesen Versen wird vor alledem die religiöse Dimension der Taufe verdeutlicht, wobei besonders der Aspekt der triuwe hervorgehoben wird. Dieser wird durch die Personifikation der Treue in Jesus (752,30) eine besondere Stellung zugewiesen. Die Taufe erscheint dadurch als ein religiöses Ritual, das einerseits triuwe voraussetzt und andererseits diese lehrt.
Gahmuret
Das erste mal wird die Taufe bei der Abreise Gahmurets aus Zazamanc erwähnt.
Mittelhochdeutsch (56,25f.) | Neuhochdeutsch |
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frouwe, wiltu toufen dich, | Meine Dame, wenn du dich taufen lässt, |
du maht ouch noch erwerben mich. | vielleicht kannst du mich dann doch noch wiedergewinnen. |
Im Gegensatz zur religiösen Funktion der Taufe - der Integration in eine religiöse Gemeinschaft - stellt sie hier ein Moment der Abgrenzung dar. Gahmuret verwendet die Taufe hier als den Grund, warum er nicht weiter mit Belacane zusammen sein kann. Zwar stellt er ihr in Aussicht, dass sie indem sie sich taufen ließe, ihn zurückgewinnen könne, durch die Konstruktion des Verses mit den Wörtern ouch noch (56,26) wird jedoch ausgedrückt, dass dies eher unwahrscheinlich ist. Aus diesem Grund wird an dieser Stelle suggeriert, dass es sehr abwegig ist, dass sich ein Heide oder eine Heidin taufen lassen wird bzw. getauft wird. Die Taufe eröffnet eine Kluft zwischen heidnischer und christlicher Kultur, die für die Lebenswelt der Protagonisten weitreichende Folgen besitzt.
Feirefiz
Feirefiz, der von seiner orientalischen Mutter Belakane erzogen wurde, gehört bis zu seiner Taufe nicht dem Christentum an. Dies zeigt sich beispielsweise als er Jupiter anruft, als er de Gral nicht sehen kann (vgl. 810, 26). Zu diesem Zeitpunkt ist Feirefiz noch deutlich in seinem "heidnischen" Glauben verankert. Allerdings lässt er sich nur wenige Verse weiter taufen (vgl. 813ff.). Die sich aufdrängende Frage ist nun die, warum sich Feirefiz so schnell umentscheidet und welche Bedeutung die Taufe für ihn und für die Darstellung des Christentums im Parzival besitzt.
Interessant ist, wie die Taufe an Feirefiz herangetragen wird und wie er darauf reagiert. So bitten Anfortas und der Wirt ihn, sich taufen zu lassen, damit er den Gral sehen könne (813, 23ff.). Diese Bitte stößt bei Feirefiz jedoch auf eine andere Motivation und zwar die, dass er durch die Taufe Repanse de Schoye heiraten kann (vgl. 814,1f.). Für Feirefiz ist die Taufe ein Mittel zum Zweck und er handelt nicht aus religiösen Motiven.
Fazit
Literaturverzeichnis
<HarvardReferences /> [*Schotte 2009] Schotte, Manuela: Christen, Heiden und der Gral. Die Heidendarstellung als Instrument der Rezeptionslenkung in den mittelhochdeutschen Gralromanen des 13. Jahrhunderts, Germanistische Arbeiten zu Sprache und Kulturgeschichte 49 (2009).
- ↑ Im Folgenden immer zitiert aus: Wolfram von Eschenbach: Parzival. Studienausgabe. Mittelhochdeutscher Text nach der sechsten Ausgabe von Karl Lachmann. Übersetzung von Peter Knecht. Mit einer Einführung zum Text der Lachmannschen Ausgabe und in Probleme der 'Parzival'-Interpretation von Bernd Schirok, 2. Aufl., Berlin/New York 2003.