Die Vermählung Parzivals mit Condwiramurs - Trinoctium Castitatis

Aus MediaeWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Gegenstand dieses Artikels ist die Bedeutung der ersten ehelichen Begegnung zwischen Condwiramurs und dem Protagonisten Parzival im gleichnamigen Roman von Wolfram von Eschenbach. Analysiert wird die Frage, inwiefern die Enthaltsamkeit in den ersten drei Nächte ihrer Ehe ihren Ursprung in der asketisch-kirchlichen Vorschrift der "Tobiasnächte" hat. Dabei wird zunächst die Begrifflichkeit der Trinoctium Castitatis geklärt um darauf aufbauend ausgewählte Textstellen im Roman zu analysieren.

Trinoctium castitatis - die Vorschrift der "Tobiasnacht"

Der Brauch der Enthaltsamkeit in den ersten drei Ehenächten - auch "Tobiasnächte" genannt - hat seinen Ursprung nicht nur im jüdisch-christlichen Glauben, sondern ist auch bei Naturvölkern zu finden. Die Angst vor "schädlichen Zaubereinflüssen" [Schuhmacher 1967: 40] und die auch schon in den Naturvölkern vorhandene Furcht vor Verunreinigung durch den Koitus sind Gründe für diesen Brauch. Niedergeschrieben ist diese Vorstellung im Buch Tobit (oder auch Tobias) des alten Testaments (Vulgata: Tobias 6, 18), wo es religiös motiviert ist [Wettlaufer 1998: 206] [Schuhmacher 1967: 40]. Diese Sitte ist "eine abgeleitete Regel des Volksglaubens (...), um Unglück von dem Bräutigam und der Ehe im Ganzen abzuwenden" [Wettlaufer 1998: 206]. Die Vorschrift der Enthaltsamkeit in den ersten Ehetagen stammt aus frühchristlicher Zeit. Die Dauer der Kontinenz ist nicht festgeschrieben, in den meisten Fällen wird jedoch von zwei bis drei Nächten gesprochen. Weit verbreitet in der Bevölkerung war der Glaube, dass diese Enthaltsamkeit Schutz bietet vor dem Einfluss böser Geistern und schädlicher Zauber. Die "offizielle" Begründung der Kirche war jedoch die Achtung des kirchlichen Segens. "Diese Anordnung erwuchs aus dem Gedanken, daß die biologischen, erbsüdlich belasteten Gegebenheiten des Ehelebens schändlich, verunreinigend und mit dem Übernatürlichen unvereinbar sind" [Schuhmacher 1967: 40]. Im Mittelalter wurde dieser Ritus zwar nicht aufgehoben, der Rat war jedoch eher unverbindlicher Natur. Im späten Mittelalter rückte es dann wieder mehr in den Vordergrund. Es ist davon auszugehen, dass zu Lebzeiten Wolfram von Eschenbachs die Sitte der "Tobiasnächte" dem Publikum und dem Dichter selbst geläufig war [Schuhmacher 1967: 41].

Die Szene der ersten ehelichen Begegnung zwischen Parzival und Condwiramurs

Schon die ersten Begegnungen von Parzival und Condwiramurs vor ihrer Ehe zeugt von Zuneigung und tiefem Vertrauen. Parzival ist ihr Retter in der Not und ihr Vertrauen in den Helden beweist sie während ihres nächtlichen Besuches nach dem ersten Kennenlernen. Erfüllt von Sorge über den Krieg sucht sie Rat und Trost bei Parzival (V.192, 5ff). Der Erzähler betont, dass das Mädchen keine sexuellen Hintergedanken hat (V.192, 10ff). Auch als Parzival sie auffordert sich zu ihm zu legen (V.194,4), denken beide dabei nicht an sinnliche Freuden [Emmerling 2003: 299] [Schuhmacher 1967: 38]. Der Protagonist übernimmt die Rolle des Beschützers und siegt im Zweikampf gegen den Belagerer Kingrun. Condwiramurs verspricht ihrem Helden und neu gewonnenen Freund daraufhin die Ehe (V.200, 6ff). Der Autor beschreibt das Verhalten der frisch Vermählten in ihrer Hochzeitsnacht anfangs als scheu und zögernd.

V. 201,21 -23: er lac mit sölhen fuogen, Und als er bei ihr lag, war er so fein und bescheiden,
des nu niht wil genuogen daß so manche von den Damen, die jetzt hier sitzen,
mangiu wîp, der in sô tuot. mit ihm unzufrieden wäre, wenn einer ihr das antäte

Intimitäten tauschen die beiden in ihren ersten gemeinsamen Nächten als Ehepaar nicht aus. Erst in der dritten Nacht vollziehen sie die Ehe und schlafen miteinander (V.203,6ff).

Das zögerliche Verhalten und die Dauer der Kontinenz stimmen mit dem Brauch der Tobiasnächte überein. Die Beweggründe stimmen jedoch nicht mit asketisch-kirchlichen Vorschrift überein. Es finden sich keine Anzeichen in der Szene, dass die Enthaltsamkeit Schutz vor bösen Geistern oder schlechten Zaubereinflüssen dient. Auch der religiöse Aspekt, wie er im alten Testament zu finden ist, kann nicht durch den Text begründet werden. "Alles Geschehen und Erleben verbleibt hier im Bereich des Zwischenmenschlichen, Diesseitigen" [Schuhmacher 1967: 41].

Die Naivität der Vermählten

Die geistlich-seelische Beziehung

Der getriwe staete man als Ideal

Fazit

Literaturverzeichnis

Primärliteratur

Alle Versangaben beziehen sich auf die Ausgabe: Wolfram von Eschenbach: Parzival. Studienausgabe. Mittelhochdeutscher Text nach der sechsten Ausgabe von Karl Lachmann. Übersetzung von Peter Knecht. Mit einer Einführung zum Text der Lachmannschen Ausgabe und in Probleme der 'Parzival'-Interpretation von Bernd Schirok, 2. Aufl., Berlin/New York 2003

Sekundärliteratur

<HarvardReferences />

[*Emmerling 2003] Emmerling, Sonja: Geschlechterbeziehungen in den Gawan-Büchern des "Parzival". Wolframs Arbeit an einem literarischen Modell. Tübingen: Niemeyer 2003.

[*Schuhmacher 1967] Schuhmacher, Marlis: Die Auffassung der Ehe in den Dichtungen Wolframs von Eschenbach. Heidelberg: Winter 1967.

[*Wettlaufer 1998] Wettlaufer, Jörg: Das Herrenrecht der ersten Nacht. Hochzeit, Herrschaft und Heiratszins im Mittelalter und in der frühen Neuzeit. Frankfurt am Main/New York: Campus Verlag 1998.

Fußnoten

[[Kategorie:]]