Hochmut und Demut im Parzival

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Dieser Artikel hat die Analyse der Begriffe Hochmut und Demut in Wolframs Parzvial zum Ziel. Dabei sollen die Begriffe erklärt werden und am Protagonist Parzvial veranschaulicht werden.

Die Begriffe Hochmut und Demut

Demut

Demut ist eine Tugend, die der apostolisch-christlichen Tradition entspringt und nicht antiken Ursprungs ist. Die für den Parzival zeitlich noch relevante Definition stammt von Augustinus von Hippo, der die Demut als „Zurücknahme der eigenen Person im Bewusstsein ihrer Sündhaftigkeit“[Philosophisches Wörterbuch 2009: S. 154] beschreibt. Sie äußert sich im unbedingten Gehorsam gegenüber Gott und gilt als die christliche Haupttugend und Grundlage aller weiteren Tugenden.[Philosophisches Wörterbuch 2009: vgl. S. 154] Etymologisch geht die Demut auf die lateinische Humilitas zurück, deren Grundbedeutung ,dem Boden nahe, niedrig‘ ist. Im Parzival wird sie mit den Begriffen diemuot, diemüete oder dêmuot bezeichnet und steht dem Hochmut gegenüber. Nach Matthias Lexer ist die mittelhochdeutsche Demut auch mit Herablassung, Milde und Bescheidenheit zu übersetzen sowie Gottesdienst und geistliche Amtspflicht.[Lexer: vgl. S. 30]

Hochmut

Der Hochmut wird zu der Demut schon in der jüdischen Bibel in Opposition gestellt. Der Begriff hochvârt oder hochverte bezeichnet das semantische Gegenteil zur Demut und wird von Matthias Lexer mit Stolz und Übermut angegeben.[Lexer: vgl. S. 93]

Einordnung in das Wertesystem Wolframs

Großteile dieser allgemeinen Definitionen finden sich auch im Wertesystem des Parzival. Zuerst soll die Opposition, in der die beiden Begriffe stehen, belegt werden. Trevrizent spricht von der Überwindung des Hochmuts durch Demut: diemüete ie hochvârt überstreit (473, 4)[1]; und auch Anfortas stellt die Begriffe in einem autobiographischen Zusammenhang gegenüber, denn auch er hat den Hochmut überwunden und hat sich zu Demut und dem Gottes Dienst entschlossen: die [Gralskrone] hât mir hochvârt verlorn: / nu hân ich diemout mir rekorn (819, 19f). Wichtig ist hier außerdem, dass die diemuot sich in Anfortas Rede in unmittelbarer Nähe zu dienstlicher mout (819, 17) befindet und sich dadurch eine semantische Verbindung ergibt. Demut ist auch bei Wolfram ein Sich-in-Gottes-Dienst-Begeben.
Dieses binäre Oppositionspaar lässt sich nur durch Ergänzungen auf beiden Seiten ausreichend in das Wertesystem Wolframs einordnen. Hinzu kommen die Begriffe der kiusche sowie lôsheit. Die kiusche verhält sich zwar nicht kongruent zur diemuot, jedoch resultieren aus der inneren kiusche verschiedene Tugenden wie demout, bescheidenheit, mâze (171, 1-13). Als eine aus der kiusche entstehende Tugend wird die Demut auch dargstellt, als die Fürstin von Brabant und zukunftige Ehefrau Loherangrins beschrieben wird: daz si mit rehter kiusche warp: / […] ir diemuot was sô grôz (824, 7-12). Folgerichtig muss der Hochmut einen Gegensatz zur kiusche bilden, wie sich in folgender Textstelle zeigt, als Parzival aufgrund seines Hochmuts von Trevrizent getadelt wird: daz ir der kiusche bræchet tugent. / hôchvart ie seic unde viel (472, 16f). Zuletzt soll noch die lôsheit in das System eingeordnet werden. Diese ist der hôchvart beigeordnet (hôchvart mit lôsheite ganz 650, 16; bewart sîn vor lôsheit. / diemüet ie hochvârt überstreit 473, 4f) und schließlich auch ein Gegensatz zur diemuot: si kêrt sich niht an lôsheit: / diemout was ir bereit (113, 15f).[Wapnewski 1955: vgl. zur Einordnung S. 141]
Zusammenfassend ergibt sich folgendes Schaubild, das Hochmut und Demut im Verhältnis zu anderen Tugenden und Sünden zeigt:

Einordnung zu Hochmut und Demut.


Die Begrifflichkeiten sind nicht identisch, jedoch lässt sich zwischen hôchvart und lôsheit eine enge Affinität ausmachen.[Wapnewski 1955: vgl. S. 141] So schlussfolgert Wapnewski, dass „diemuot und lôsheit die Formen sind, in denen sich kiusche und hôchvart wörtlich und sichtbar äußern“[Wapnewski 1955: S. 141], wobei das Verhältnis zwsichen kiusche und diemuot hierarchischer geprägt zu sein scheint, als von ihm angenommen. Mockenhaupt nämlich setzt die Tugenden triuwe, kiusche und stæte als Hyperonyme zu den sich dann entfaltenden Begriffen wie diemuot, milte, helfe, mâze usw. [Mockenhaupt 1968: vgl. S. 210]

Parzvial und sein Verhältnis zu Hochmut und Demut

Am Beispiel des Protagonisten Parzvial soll nun veranschaulicht werden, wie Hochmut und Demut das Schicksal der Figuren beeinflussen. Grundsätzlich scheint sich in Parzivals Glaubenverlauf eine Wende zu vollziehen, die an den Begriffen der hôchvart und diemuot ihren Drehpunkt hat. Entscheidend hierbei ist die Trevrizent-Episode. Bevor Parzvial zu seinem Onkel kommt, lädt er nicht nur Schuld durch verschiedene Sünden auf sich, sondern hat auch ein von Hochmut geprägtes Gottesbild. Folgende Aussage Parzivlas gegenüber Trevrizent zeigt sein Gottesbild genauso wie seinen Hochmut:

mittelhochdeutsch Übersetzung
Mac rîterschaft des lîbes prîs Wenn Ritterschaft Ehre für den Leib und
unt doch der sêle pardîs außerdem auch noch der Seele das Paradies
bejagen mit schilt und ouch mit sper, erkämpfen kann mit Schild und Speer
sô was ie rîterschaft mîn ger. (472, 1-4) solches Rittertum war immer meine Lust.

Fußnoten

  1. Alle Angaben stammen aus: Wolfram von Eschenbach, Parzival. Studienausgabe. Mittelhochdeutscher Text. Nach der sechsten Ausgabe von Karl Lachmann. Übersetzung von Peter Knecht. 2. Auflage. Berlin/New York 2003.

Quellennachweise

<HarvardReferences/> [*Mockenhaupt 1968] Mockenhaupt, Benedikt: Die Frömmigkeit im Parzival Wolframs von Eschenbach. 2. unverän. Auflage. Darmstadt 1968.
[*Philosophisches Wörterbuch 2009] Philosophisches Wörterbuch (Begr. von Heinrich Schmidt, hrsg. von Martin Gessmann): Demut. 23. Auflage. Stuttgart 2009, S. 154.
[*Wapnewski 1955] Wapnewski, Peter: Wolframs Parzival. Studien zur Religiösität und Form. Heidelberg 1955.