Gottfried von Straßburg

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Gottfried von Straßburg war einer der bedeutendsten Dichter des späten Mittelalters. Über seine genauen Lebensumstände kursieren aufgrund fehlender rekonstruierender Urkunden bis heute nur hypothetische Vermutungen und herrscht generell Uneinigkeit. Zwar ist relativ sicher, dass er um 1215 gestorben ist, nicht jedoch, in welchem Alter. Bewiesen ist auch Straßburg als seine Heimatstadt, was zudem seine Sprache bezeugt.[1] Trotz dieser ungeklärten Umstände ist Gottfrieds Verfasserschaft gemeinhin akzeptiert und wurde auch noch nie ernstzunehmend angezweifelt. So wird er bereits in frühen Werken späterer Schriftsteller eindeutig als der Verfasser des Tristan deklariert.

Gottfried von Straßburg im Codex Manesse


Lebensumstände und Persönlichkeit

Die genauen, und vor allem wissenschaftlich haltbaren Verhältnisse der Existenz Gottfrieds sind, wie bereits oben angedeutet, bis heute nicht hinreichend geklärt, immer wieder wurden neue spekulative Hypothesen verfasst, deren Wahrheitsgehalt jedoch höchst fragwürdig ist. Dennoch gilt Gottfried als einer der bedeutendsten Schriftsteller, dessen größtes bekanntes Werk Tristan bis heute zu einer der schönsten Liebesgeschichten zählt.
Erwähnungen seines Namens finden sich beispielsweise im "Wilhelm von Orlens" und im "Alexander" des Rudolf von Ems sowie in dem "Herzmære" und in der "Goldenen Schmiede" Konrads von Würzburg. Sein Tod wird unter anderem in den jeweiligen Einleitungen der beiden Verfasser der Tristan-Fortsetzungen Ulrich von Türheim und Heinrich von Freiberg thematisiert und beklagt, dass er so an der Vollendung seines großen Werkes gehindert wurde .[2]

"Ôwê der herzelicher klage,
daz ime der tôt sîn lebende tage
leder ê der zît zerbrach,
daz er diz buoch niht vollesprach!"

(Ulrich von Türheim, V. 15-18)[3]

Obwohl auch über seine Herkunft und damit einhergehend seinen Stand keine konkreten Beweise vorliegen, wird doch relativ sicher angenommen, dass Gottfried nicht dem Rittertum angehörte. Diese Vermutung basiert auf seiner offensichtlich ablehnenden oder zumindest indifferenten Einstellung diesem gegenüber, sowie auf der Tatsache, dass Gottfried in Schriften, in denen sein Name Erwähnung findet, lediglich mit "meister" und nicht etwa dem adeligen "her" tituliert wird. Desweiteren werden die wenigen Abbildungen, etwa in der Mannessischen Handschrift, nicht mit einem herrschaftlichen Wappen oder dergleichen geschmückt. Wenn auch aufgrund der durchaus uneindeutigen Konnotationen und dem teilweise willkürlichen Gebrauch der Adelstitel nicht gänzlich geklärt, so ist doch relativ sicher, dass Gottfried nicht dem Adel enstammte.[4]
Dennoch war er, wie sich anhand der Beschreibungen der höfischen Welt im Tristan erkennen lässt, diesem kultivierten Leben bestens vertraut und besaß neben einer das Trivium, die drei sprachlichen Fächer der sieben freien Künste, umfassenden Bildung auch umfangreiche Kenntnisse antiker Autoren, Rhetorik und Mythologie[5]. Weiterhin bezeugt die großangelegte und detailgetreue Schilderung der Jagd-Episoden sein Talent in der Jagdkunst, die hohe symbolische Bedeutung, welche er der Musik zumisst, kennzeichnet ihn als Liebhaber und außerordentlichen Kenner derselbigen. Allgemeine Übereinstimmung in der Forschung herrscht somit darüber, "dass Gottfried unter den Dichtern der 'Blütezeit' der gelehrteste, gebildetste ist, der nicht nur die lateinische und die französische Sprache in ungewöhnlichem Maße beherrscht, sondern auch mit antikem Geistesgut und theologischen Lehren und Fragen zutiefst vertraut ist. Gottfrieds stadtbürgerlicher Lebens- und Wirkungskreis steht außer Zweifel."[6]
Immer wieder mit kontroversen Meinungen diskutiert ist dagegen die Frage, inwieferen Gottfried ein Kleriker[7], oder darüber hinaus sogar ein Geistlicher war. Der katholische Theologe Ulrich Stöckle dichtet ihm eine enge Verbindung, eventuell sogar eine Involvierung in die geistliche Welt an, Matthias Thiel hingegen vertritt das andere Extrem und sieht in Gottfried nicht mehr als einen Laien von niederem Adel, der über keine besonders weitreichenden theologischen Kenntnisse verfügt. K. Stenzel ist der Meinung, Gottfried gehörte anstatt dem Klerus vielmehr dem Beamtenwesen an, hierbei jedoch nicht unbedingt in der Rolle eines lehrenden Dichters, sondern eher in der eines Juristen. Bedenkt man sein offensichtliches juristisches Interesse, welches in den einzelnen Episoden seines Tristans, namentlich beispielsweise im Gottesurteil, in der Unterredung mit Morgan oder in der Morolt-Episode, zutage tritt, so ist diese Vermutung sicherleich nicht von der Hand zu weisen. Wie auch immer diese kontroversen Forschungshypothesen ausfallen, es lässt sich jedenfalls nicht leugnen, dass Gottfried über eine hervorragende Bildung verfügte. Diese Gelehrsamkeit basierte womöglich auf der Erziehung an einer Dom- oder Klosterschule, der nicht zwangsläufig eine geistliche, sondern wahrscheinlicher eine zwar klerikal gebildete, aber dennoch weltliche Karriere folgte.

Schriftstellerische Tätigkeit

Zugeschriebene Dichtungen

Das größte literarische Werk Gottfrieds von Straßburg ist unbestritten der Tristan, den er vermutlich Anfang des 13. Jahrhunderts verfasste und aufgrund seines Todes um 1210/15 unvollendet ließ. Darüber hinaus weiß man heute wenig, um nicht zu sagen fast nichts über seine schriftstellerische Produktivität und die meisten der die ihm zugeschriebenen Werke stellten sich als die anderer Dichter heraus. Dennoch herrscht insofern Einigkeit, als dass der Tristan in seiner "formvollendeten und glanzvollen Sprache"[8] nicht Gottfrieds erstes und einziges dichterisches Artefakt sein kann. Neben zwei Dichtungen in einer alten Handschrift, die wohl jedoch nur fälschlicherweise Gottfried angedichtet wurden und vermutlich eher Konrad von Würzburg zuzuschreiben sind, wurden lange Zeit drei weitere Lieder als Gottfrieds Werke proklamiert:[9]

  • Das Minnelied "Dú zint sint wûneklich" in der Mannessischen Handschrift, das in sechs Strophen die typischen Muster des Minneliedes abhandelt
  • Das lehrhafte, zwölf Strophen umfassende Preislied "Über die Armut"
  • Ein 63-strophiger Lobgesang auf Christus und Marienpreis


Die ersten beiden Lieder wurden von der Forschung rasch als unecht abgetan und auch der Lobgesang, obwohl in seiner äußeren Form durchaus der Manier Gottfrieds entsprechend, wurde von Franz Pfeiffer in einem Vergleich der Sprachen beider Dichtungen hinsichtlich Lautstand, Reimgebrauch und Stil nicht als aus dessen Feder entstammend bewiesen. Dieser Meinung schließt sich der Großteil der Forschung an. Womöglich hielt sich die Annahme, Gottfried sei der Verfasser des Lobgesanges, vor allem dadurch so standhaft, da man einen vermeintlichen Hinweis zu entsprechender Urheberschaft in der "Goldenen Schmiede" Konrads von Würzburg glaubte. Unberücksichtigt blieb dabei jedoch lange Zeit, dass Konrad an dieser Stelle den konjunktiven Modus gewählt hat und somit nicht aussagt, Gottfried habe ein derartiges Minnelied gedichtet, sondern er hätte es lediglich seitens seiner Fähigkeiten tun können. Daher ist dieser scheinbar konkrete Beweis hinlänglich. Nichtsdestotrotz ist laut Hermann Fischer schon allein die Tatsache, dass Gottfried mit seiner meisterhaften Dichtkunst gewissermaßen in einer Vorbildfunktion in fremden Schriften Erwähnung findet, Grund genug für die Annahme, dass er neben dem Tristan höchstwahrscheinlich noch andere Gedichte verfasst haben muss.[10]

Selbstbildnis als Dichter

Hauptwerk Tristan

Stand der Forschung

Einzelnachweise

  1. Weber, Gottfried und Hoffmann, Werner.
  2. Weber, Gottfried und Hoffmann, Werner. S. 1.
  3. Weber, Gottfried und Hoffmann, Werner. S. 1.
  4. Weber, Gottfried und Hoffmann, Werner: Gottfried von Strassburg. Sammlung Metzler. Stuttgart 1962. S. 3.
  5. Anspielungen auf die antike Mythologie lassen sich an mehreren Stellen im Tristan herausstellen, u.a. beispielsweise im Dichterexkurs recht zu Beginn der Handlung, in seinem Anruf Apollos und der Kamenen oder aber indem sich Tristan und Isolde ihre Zeit in der Minnegrotte mit dem Vorlesen der Werke antiker Autoren vertreiben. (vgl. Sälzer, Gerda. S. 155).
  6. Weber, Gottfried und Hoffmann, Werner. S. 4.
  7. "'clericus' ist im Mittelalter durchaus nicht mit 'Geistlicher' identisch, vielmehr bezeichnet es auch jemanden, der eine Kloster- oder Domschule besucht hat, ohne dass er Geistlicher geworden wäre, sondern der ins 'Weltleben' zurückgekehrt ist." (vgl. Weber, Gottfried und Hoffmann, Werner. S. 6.)
  8. Sälzer, Gerda. S. 141.
  9. Sälzer, Gerda. S. 141.
  10. Sälzer, Gerda. S. 144.

Literatur

  • Weber, Gottfried und Hoffmann, Werner: Gottfried von Strassburg. Sammlung Metzler. Stuttgart 1962
  • Sälzer, Gerda: Studien zu Gottfried von Strassburg. 1975.


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