Beowulf

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Stoffkreis

Historisch

Sagenhaft

Sutton Hoo

Christliche Elemente

Entstehungsgeschichte und Eckdaten

Entstehungszeit und Entstehungsort

Genaue Daten, wann das Werk entstanden sei, sind nicht bekannt. Es wird bereits auf 700 n. Chr., noch vor dem Nibelungenlied, datiert. Anhand sprachlicher Eigentümlichkeiten wurde die Entsehung des Werkes zunächst 750 n. Chr. geschätzt.Dies wurde jedoch wieder verworfen, da es aus Sprachwissenschaftlicher Sicht Ungereimtheiten aufwies, wie beispielsweise eine inkorrekte Form der kontrahierten Vokale in einigen Wörtern. Neue Forschungen zeigen, dass es in der zweiten Hälfte des 7. Jahrhunderts eingeordnet werden kann. Anhand der nordischen Heldendichtungen des 6.-7. Jahrhunderts lässt sich dies genauer einkreisen. Mithilfe einer archäologischen Entdeckung des Schiffsgrabes eines angelsächsischen Königs von Sutton-Hoo im Jahr 1939 kann die Entstehungszeit des Werkes auf das 7. Jahrhundert datiert werden. Die Bezeichnung ‚Angelsachsen‘ zielt dabei mit Bestimmtheit auf die germanischen Stämme der Küstenlandschaften im 5. und 6. Jahrhundert ab, die zwischen den Niederlanden und Norwegen auf die britische Insel gewandert waren. Sie eroberten diese Insel und verdrängten daraufhin die Kelten. Unter Sir Robert Cotton wurde in seiner Bibliothek zwei Kodizes vereint. Zum einen der Southwick-Kodex in der die Folios 4-93 enthalten sind. Zwar waren im Kodex ebenso die Folio 1-3 enthalten, jedoch wurden diese 1913 durch fehlendes altenglisch, entfernt. Der zweite Kodex umfasst die Restlichen Folios 94-209 und wird als Nowell-Kodex bezeichnet. In diesem Kodex befinden sich unter anderem ein Prosatext, der sich thematische mit ‚exotischen Monster‘ befasst. So findet sich unter diesen Prosatexten eine Beowulf Passage. Durch einen Brand in der Cotton-Bibliothek am 23.10.1731 wurden die Seiten des Beowulfs beschädigt.

Der Autor

Einen konkreten Autor für dieses Werk gibt es nicht, viel mehr basiert es auf vielen zusammengesetzten Überlieferungen und Sagen. John Ronald Reuel Tolkien setzte sich intensiv mit dem Beowulf auseinander und kam zu Folgender Theorie. Beowulf sei ein poetisches Werk von einem Autor, der versucht, die vergangenen, heroischen und sorgenvollen Zeiten in etwas permanentes und Symbolisches zu schaffen. Er versucht erstens sich an die Aufgabe zu wagen, die christlichen Wertvorstellungen mit der Sage zu vereinen und dies auf Papier zu bringen. Und zweitens versucht der Autor mithilfe des Werkes das Überbringen von alten Traditionen und Werten. In seiner Vorlesung ist Tolkien der Meinung Its author is stillconcerned primarily with man on earth, rehandling in a new Perspektive an ancient theme: that man, each man and all men, and all their Works shall die.[Tolkien 1936: 21] Martin Lehnert beschäftigt sich ebenso mit der Frage des Autors und gelangt zu Folgendem Ergebnis. Der Dichter des Beowulf Werkes sei vornehmlich ein humanistischer, geistlicher mit Beziehung zum mercischem Hof. Er sei mit germanischen Sagen gut vertraut. Besonders Vergils Aeneis scheint ihn beeinflusst zu haben (was sich auf das 8. Jahrhundert zurückführen lässt, da dieses Werk zu dieser Zeit das meistgelesene weltliche Lateinbuch in England war). (Er versucht die heidnisch-germanischen Ideale mit der der christlich-antiken zu vereinen, welches ihm nicht an allen Stellen gelungen ist.). Der Indentität des Autor anhand der Figuren ausfindig zu machen, ist zwar ein guter Ansatz, jedoch vergeblich.
The search for the identity of the Beowulf Poet seems largely futile, and what Thorkelin sagely observed in 1815 obtains today: 'one might as well roll the rock of Sysiphus' as try to identify 'our unnamed, unwept poet'. Specifying what type of Poet the author was, on the other hand (e.g. singer of tales or a literate author, either layperson or cleric), remains an important, if elusive, enterprise[Björk/Niles 1997: 30f]

Inhalt und Struktur mit Textbeispiel

Die Kämpfe mit den Monstern

Kampf mit Grendel (V.86–1250)

Grendels Mutter (V.1251–1800)

Der Kampf mit dem Drachen (V.2200–2710)

Die Funktion der Monster im Werk

Grendel und Grendels Mutter

Hier ist die Funktion der beiden Monster, Beowulf verschiedene Kämpfe zu bieten, bei welchen er sich bewähren kann. Die Monster sind eine Landplage und eine Bedrohung für die Bevölkerung. Indem Beowulf sie besiegt, kann er sich als mutiger, tapferer und guter König bewähren.

Der Drache

Der Drache dient im Beowulf zum einen als Hüter des Schatzes, solange bis ihm ein Becher aus dem Schatz gestohlen wird. Dann wandelt sich seine Funktion. Daher ist es zum anderen die Funktion des Drachen, Rache auszuüben. Durch seine Wut über den Diebstahl rächt sich der Drache und wird dadurch zur Landplage, was Beowulf dazu provoziert, den Kampf mit dem Drachen auszuüben. Der Drache initiiert somit den Endkampf.

Durch den Kampf mit dem Drachen kann sich der Held normalerweise bewähren, etwa bei der Brautwerbung oder während seiner Ausbildung als Ritter. Der Drache trägt hier somit zur Entwicklung des Helden bei. Indem der Heilige in der Literatur den Drachen besiegt, findet eine Legitimation des Christentums statt. Der Drache stellt dabei eine Figur des Bösen dar, die nur aus der Hölle stammen kann. Indem ein Heiliger den Drachen besiegt, kann die Macht der Kirche und des christlichen Glaubens aufgezeigt werden. Nicht so im Heldenepos Beowulf, denn hier stirbt der Held. Er kann sich nicht gegen den Drachen bewähren und stirbt im Kampf gegen ihn.
Wenn der Drache im Beowulf weder der Bewährung des Helden, noch der Legitimation der christlichen Kirche dient, so stellt sich die Frage, welche Funktion der Drache im Werk hat. Beowult ist kein Heiliger und auch kein Ritter in der Ausbildung. Er hat seine Entwicklung schon hinter sich und hat sich bereits in vielen Kämpfen bewährt. Demnach hat er keine Bewährung durch den Kampf mit dem Drachen nötig. Er legitimiert sich auch nicht als Heiliger. Viel mehr wird durch Beowulfs persönliches Schicksal die Rolle eines perfekten Christen gezeigt, was der Drache erst ermöglicht. Denn durch den Drachen stirbt Beowulf und kann damit einem befriedigenden und gottesfürchtigen Tod entgegensehen. Die Funktion des Drachen am Ende des Werkes ist demnach, Beowulf zu töten, um dessen ehrenvollen Heldentod zu ermöglichen. Zum anderen hat der Tod des Drachen dennoch die Funktion, den Sieg des christlichen Glaubens und des tapferen Kampfes, auch Wiglafs, aufzuzeigen, der alle bösen Mächte besiegen kann.

Das Motiv des imperfekten Helden im Ausgang des Werkes

Normalerweise werden die Drachen am Ende einer Geschichte getötet. Zahlreiche Beispiele bestätigen diese Regel, etwa die Legende um den heiligen Silvester, Tristan oder das Nibelungenlied. Beowulf stellt jedoch eine Ausnahme dar, denn hier stirbt der Held am Ende des Werkes, indem er von dem Drachen, gegen den er gerade ankämpft, getötet wird. Beowulf stirbt kurz nach dem Kampf an den Verletzungen, die der Drache ihm zugefügt hat. Dieser Ausgang stellt eine Besonderheit da, die sich ansonsten nur noch bei Otnit finden lässt, der ebenfalls durch einen Drachen getötet wird. Er wird von diesem während er schläft zu seinen Jungen gebracht, die ihn aus seiner Rüstung heraussaugen, bis er schließlich den Tod findet. Diese beiden Helden stechen hervor, denn normalerweise wird der Drache in der mittelalterlichen Literatur von einem Helden oder einem Heiligen besiegt. Durch den Kampf mit dem Drachen kann sich der Held bewähren, etwa bei der Brautwerbung oder während seiner Ausbildung als Ritter. Der Drache trägt hier somit zur Entwicklung des Helden bei. Indem der Heilige in der Literatur den Drachen besiegt, findet eine Legitimation des Christentums statt. Der Drache stellt dabei eine Figur des Bösen dar, die nur aus der Hölle stammen kann. Indem ein Heiliger den Drachen besiegt, kann die Macht der Kirche und des christlichen Glaubens aufgezeigt werden. Im Heldenepos Beowulf jedoch stirbt der Held. Er kann sich nicht gegen den Drachen bewähren und stirbt im Kampf gegen ihn. Noch tragischer ist die Niederlage des Otnit, denn dieser stirbt nicht im Kampf, sondern wird im Schlaf von einem Drachen umgebracht.

Wenn der Drache im Beowulf weder der Bewährung des Helden, noch der Legitimation der christlichen Kirche dient, so stellt sich die Frage, welche Funktion der Drache im Werk hat und warum Beowulf am Ende des Epos sterben muss. Dadurch, dass Beowulf am Ende des Werkes stirbt, stellt er einen imperfekten Helden dar. Er hat zwar zuvor bereits viele Kämpfe gewonnen, letztendlich kann er sich jedoch nicht gegen seinen Endgegner, den Drachen, bewähren. Der Tod wird normalerweise negativ konnotiert. Dass Beowulf stirbt, kann als Fehler, Beziehungsweise Imperfektion des Helden angesehen werden. Fraglich ist, was es mit dem Motiv des imperfekten Helden im Beowulf auf sich hat. Der Drache im Werk stirbt zwar letztendlich auch, er wird von Beowulf und seinem Neffen gemeinschaftlich getötet, noch bevor Beowulf den Wunden aus dem Kampf erliegt. Der Glaube an Gott ist im Werk omnipotent [1]. Auch Beowulf ist ein gottesfürchtiger König. Für ihn bedeutet der Tod demnach nicht die letzte Station und das Ende aller Dinge, da er an einen Himmel glaubt. Er sieht demnach dem Tod mutig entgegen und mit dem Wissen, dass er den Drachen getötet hat, auch wenn er dabei ebenfalls sterben muss, und für sein zurückbleibendes Volk den Drachenschatz geborgen hat, den sein Neffe dem Volk zu Gute kommen lassen wird, kann er beruhigt in den Tod gehen[2], denn seinem hinterbliebenen Neffen und seinem Volk geht es gut und Beowulf kann trotzdem als Held sterben. So ist Beowulf zwar ein imperfekter Held, jedoch ist er trotzdem ein Held und ein perfekter Christ, der seine Pflicht über den Tod hinaus erfüllt und sich in Gottes Hände begibt. Um diese Gottesfürchtigkeit und die Präsenz Gottes über den Tod hinaus zu zeigen, muss Beowulf sterben, was diesen jedoch in ein gutes Licht rückt und für diesen ein gutes Ende bedeutet. Demnach hat das Motiv des imperfekten Helden hier keine negative Bedeutung. Durch seinen Tod wird Beowulf noch einmal erhöht und die Erwartungen des christlichen Glaubens werden in seinem Tod widergespiegelt und glorifiziert.

Einzelnachweise

  1. GARDE, Judith. Christian and Folkloric Tradition in the Beowulf: Death and the Dragon Episode. Literature and theology, 1997, 11. Jg., Nr. 4, S. 325.
  2. GARDE, Judith. Christian and Folkloric Tradition in the Beowulf: Death and the Dragon Episode. Literature and theology, 1997, 11. Jg., Nr. 4, S. 341.
<HarvardReferences />
  • [*Tolkien 1936] Tolkien, John Ronald Reuel: Beowulf. The monsters and the critics, Oxford 1936.

<HarvardReferences />

  • [*Björk/Niles 1997] Bjork, Robert E.;John D. Niles: A Beowulf handbook. Nebraska 1997.

Literaturverzeichnis

  • „Drache.“ Enzyklopädie des Märchens, Handwörterbuch zur historischen und vergleichenden Erzählforschung, Band 3, hg. von Kurt Ranke, Hermann Bausinger, Wolfgang Brückner et al. Berlin/New York, 1981, S. 788–815.
  • Beowulf, eine Textauswahl mit Einleitung, Übersetzung, Kommentar und Glossar, hg. von Ewald Standop, Berlin 2005.
  • Garde, Judith. Christian and Folkloric Tradition in the Beowulf: Death and the Dragon Episode. Literature and theology, 1997, 11. Jg., Nr. 4.
  • Hume, Kathryn. The Theme and Structure of ‘Beowulf.’ Studies in Philology, 1975, 72 Jg., Nr.4, S. 1–27.
  • Kahrl, Stanley J. Feuds in Beowulf: A Tragic Necessity? The University of Chicago Press Journals, Modern Philology, 1972, 69 Jg., Nr.3, S.189–197.
  • Leyerle, John. The Interlace Structure of Beowulf, University of Toronto Quarterly, 1967, 37 Jg., Nr.1, S.1–17.
  • Sisam, Kenneth. Beowulf's Fight with the Dragon. The Review of English Studies,1958, 9 Jg., Nr.34, S. 129–140.
  • Tolkien, J.R.R. Beowulf: The monsters and the critics. Proceedings of the British Academy. 1936, 22 Jg., S. 245–295.
  • Uther, Hans-Jörg: The types of international folktales, 1. Animal tales, tales of magic, religious tales and realistic tales, with an introduction, Band 1, Helsinki 2004, S.174.