Parzival und Feirefiz (Wolfram von Eschenbach, Parzival)
Seite ist noch in Bearbeitung!
Dieser Artikel befasst sich mit dem Aufeinandertreffen von Parzival und seinem Bruder Feirefiz (Wolfram von Eschenbach, Parzival), die zuerst nicht wissen, wer der andere ist, gegeneinander kämpfen und schließlich erkennen, dass sie Brüder sind.
Parzival und der Heide (Buch XV, 735,5-737,18)[1]
Parzival begegnet einem Heiden, der sehr reich und mächtig zu sein scheint. Vom Erzähler erfährt der Leser, dass dessen Rüstung gar wertvoller als die des König Artus ist, er sehr kampferfahren ist und ein Heer mit Männern verschiedener Herkunft unter sich hat. Zu diesem Zeitpunkt wird noch nicht explizit erwähnt, dass es sich bei dem Fremden um Parzivals Bruder Feirefiz handelt, allerdings kann dies der Leser schon ahnen, da Parzival bereits von Kundrie darüber aufgeklärt wird, dass er einen Bruder aus dem Orient (siehe auch unter Die Darstellung des Orients (Wolfram von Eschenbach, Parzival)) habe (Buch VI, 317,2-10).
Kampf (Buch XV, 737,19-745,1)
Noch bevor es zum eigentlichen Kampf kommt, wird dieser als grundlos beschrieben. Dies könnte ein weiterer Hinweis darauf sein, dass es sich bei dem Heiden um Parzivals Bruder handelt. Der Erzähler erwähnt sogar, dass er Angst um Parzival habe, hätte dieser nicht den Gral (Der Gral im Parzival (Wolfram von Eschenbach, Parzival)) und seine Liebe zu Condwiramurs als Hilfe. Dies deutet schon einen schweren Kampf an, der Parzival bevorstehen wird. Beide wollen sich im Kampf messen, was bereits auf eine gemeinsame Charaktereigenschft der beiden Brüder hindeutet. Wenn die Verwandtschaft (siehe Verwandtschaftsbeziehungen (Wolfram von Eschenbach, Parzival)) der beiden bisher nur angedeutet wurde, erlangt der Leser, im Gegensatz zu Parzival, nun darüber Gewissheit (740,1-6):
ich muoz ir strît mit triuwen klagen, | ich beklag den Kampf mit Recht, |
sît ein verch und ein bluot | weil sich hier ein Fleisch und Blut |
solch ungenâde ein andrer tuot. | derart erbarmungslos bekämpft. |
si wârn doch bêde eines mannes kint, | Sie hatten schließlich einen Vater: |
der geliurten triwe fundamint. | das Fundament der schieren Treue. |
Es entwickelt sich ein Kampf auf Augenhöhe zwischen den beiden. Feirefiz erhält Unterstützung durch einen Edelstein und die Liebe zu Secundille. Parzival seinerseits schöpft Kraft durch den Gral und sein Vertrauen auf Gott sowie die Liebe zu Condwiramurs. Der Heide gewinnt jedoch an Übergewicht, als Parzivas Schwert, das er einst seinem Verwandten Ither (Wolfram von Eschenbach, Parzival) im Kampf abgenommen hatte, zerbricht. Laut Bumke ist das Zerbrechen des Schwertes als Ausdruck göttlichen Willens zu verstehen [Bumke 1997: 94]. Durch das göttliche Eingreifen könne verhindert werden, dass Parzival einen weiteren Verwandten, in diesem Fall seinen Bruder, tötet [Bumke 1997: 94]. Dies ist zudem der erste Kampf, in dem Parzival besiegt und dadurch von Gott zurechtgewiesen wird [Bumke 1997: 94].
Erkenntnis (Buch XV, 745,2-754,28)
Feirefiz fragt Parzival nach dessen Herkunft, doch dieser will ihm keine Auskunft darüber geben. Laut Harms könne dies darauf zurückzuführen sein, dass Parzival sich seine Unterlegenheit nicht eingestehen wolle [Harms 1963: 166] Feirefiz stellt sich zuerst als ein Anjou vor und schließlich entgegnet auch Parzival, dass aucher ein gebürtiger Anjou sei. Parzival, der bereits von einem Bruder im Morgenland gehört hat, und ihn als schwarz und weiß beschreibt, fordert Feirefiz auf, sein Gesicht zu zeigen. Bevor Feirefiz der Bitte nachkommt, wirft er sein Schwert in den Wald, wodurch er "Chancengleichheit mit Parzival" [Raucheisen 1997: 73] herstellt. Durch das Abnehmen des Helmes erkennt Parzival schließlich, dass es sich bei seinem Gegner um seinen Bruder handelt. Das Abnehmen der Helme steht somit stellvertretend für die Enthüllung der wahren Identität der beiden. Parzival gesteht ein, dass er in Feirefiz seinen Meister gefunden hat (749,12-13):
daz nie von rîters hand geschach, | Kein Ritter hat mich je zuvor |
mir groezer not, für wâr ichz weiz | derart hart bedrängt wie ihr |
Feirefiz ist der erste, der Parzival an den Rand einer Niederlage getrieben hat. Er wirkt Feirefiz gegenüber beinahe demütig, da er diesen aus Respekt vor seiner Macht und seinem Alter mit "Sie" ansprechen will. Feirefiz seinerseits will Parzival als Anerkennung zwei Länder übergeben, was zum einen auf Großzügigkeit, zum anderen auf Bruderliebe zu einem Menschen hinweist, den er erst seit kurzer Zeit kennt. Die Tatsache, dass beide ihren Vater nie kennengelernt haben und der Tod des Vaters, von dem Feirefiz erst jetzt erfährt, verstärkt das Zusammengehörigkeitsgefühl zwischen den beiden. Sie erkennen, dass Gahmuret in ihnen weiterlebt und sie letztendlich eine Einheit bilden, die lange Zeit dreigeteilt war (752,8-10):
beidiu mîn vater unde ouch duo | mein Vater und auch du, ihr beiden, |
und ich, wir wâren gar al ein, | und ich, wir waren völlig eins- |
doch ez an drîen stücken schein. | doch wir erscheinen dreigeteilt. |
Parzival will Feirefiz schließlich mit an den Artushof nehmen, wo dieser Verwandte kennenlernen kann und es zu einer Familienzusammenführung kommt. Dadurch wird sozusagen ein Kreis geschlossen: Gahmurets Nachkommen, die obwohl aus dem Orient, als auch aus der westlichen Welt stammen, werden am Ende zusammengeführt.
Quellen
<references>
- ↑ sämtliche Versangaben beziehen sich auf die Ausgabe: Wolfram von Eschenbach: Parzival. Nach der Ausgabe Karl Lachmanns revidiert und kommentiert von Eberhard Nellmann, übers. von Dieter Kühn, 2 Bde., Frankfurt a.M. 2006.