Wolfram von Eschenbach (Biographie)

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Darstellung Wolframs von Eschenbach im Codex Manesse


Wolfram von Eschenbach war ein Dichter, der um ca. 1200 gelebt und gewirkt haben soll. In diesem Artikel werden seine Herkunft, sein Leben, seine Gönner und seine Werke überblicksartig dargestellt.


Wolframs Existenz und Herkunft

Historische Belege und Quellen für Wolframs Existenz

Wolframs von Eschenbach Existenz ist nicht eindeutig historisch belegt. Somit kann man vermuten, dass er nicht aus dem hohen Adel stammte, da Epiker wie Wolfram in den meisten Fällen von niederem Stand waren und somit selten in Chroniken aufgenommen wurden. [Bumke 2004: S.1] Alles was die Forschung über ihn weiß, stammt aus seinen Selbstaussagen, Aussagen von Zeitzeugen und von nachfolgenden Autoren.
Wolfram spricht in seinen Werken sehr oft von sich selbst. So äußert er sich über seine Familie, seine Lebensbedingungen und Beziehungen zu Frauen sowie über seine Förderer, andere Autoren und Lehnsherren.[Bumke 2004: S. 1] In der älteren Forschung verstand man diese Aussagen als autobiografische Fakten und versuchte mit ihnen die Lebensgeschichte des Autors nachzubilden. In der jüngeren Forschung dagegen dienen die Selbstaussagen des Erzählers nicht unbedingt dazu, autobiografische Bezüge herzustellen. Stattdessen wird „alles, was der Erzähler über sich selbst sagt, als Ausgestaltung der Erzählerrolle angesehen“.[Bumke 2004: S. 1] Im Parzival bezeichnet sich Wolfram des Öfteren als "armer Mann". Diese Aussage ist aber höchstwahrscheinlich ebenfalls im Kontext der angesprochenen Ausgestaltung der Erzählerrolle zu verstehen.

Geographische Herkunft

Der Name „Wolfram von Eschenbach“ ist in jedem Fall durch verschiedenen Schriften bezeugt. Zum einen nennt sich der Autor selbst in seinen Werken so und wird auch von anderen Autoren mit diesen Namen angesprochen. Man vermutetet zum anderen, dass er aus dem fränkischen Ober-Eschenbach stammt, das südöstlich von Ansbach in Oberfranken liegt.[Bumke 2004: S. 1] Dies lässt sich aufgrund der verschiedenen Orte vermuten, die im Umkreis der Ortschaft Eschenbach liegen und mehrfach in den Texten Wolframs von Eschenbach erwähnt wurden, wie beispielsweise Abenberc (nhd. Abenberg) oder Tolenstein (nhd. Dollenstein).[Bumke 2004: S. 2] Einen weiteren Bezugspunkt zu dieser Ortschaft findet man im Jüngere Titurel, wo Wolfram als „friunt von Blienvelde" (Freund von Pleinfeld) bezeichnet wird. Im Eichstätter Lehnbuch ist ein „Wolfram von Plienuelt“ eingetragen, der womöglich der Dichter Wolfram von Eschenbach sein könnte, da sowohl das Gebiet Eschenbach und Pleinfeld zum Lehnbesitz des Bistums Eichstätt zählten.[Bumke 2004: S. 2]
Einen direkten Verweis auf seine Herkunft gibt Wolfram nur einmal und das in seinem Werk Parzival. Dort schreibt der Erzähler „wir Beier“. Das fränkische Eschenbach gehörte nie zu Bayern, allerdings lässt sich auch vermuten, dass Wolfram sich eine Zeit lang als Bayer ausgab, während er dort dichtete.

Die Grabstätte Wolframs

Auch die Lokalisierung der Begräbnisstätte Wolframs ist umstritten. Angeblich liegt sie im Frauenmünster in Eschenbach. Ein dort gefundenes Grab zeigt ein Wappen mit einem Krug auf Schild und Helm. Dieses Wappen ist allerdings fragwürdig, da in der Großen Heidelberger Liederhandschrift ein anderes, älteres Wappen verzeichnet ist. Auf einer Zeichnung, in der er als Ritter dargestellt ist, wird seine Ausrüstung von zwei braunen Beilen auf rotem Untergrund geziert.[1] Desweiteren ist auch die Grabinschrift problematisch. 1608, nachdem Hans Wilhelm Kreß das Grab gesehen hatte, hielt er die Grabinschrift fest: "Hie ligt der Streng Ritter herr Wolffram von Eschenbach ein Meister Singer"[2]. Die Inschrift zeigt, dass das Grab erst später entstand und somit nicht das Originalgrab von Wolfram sein kann, da die Ausdrücke „Meistersinger“ und „strenger Ritter“ Begriffe des 14. Jahrhunderts sind, also weit nach Wolframs Beisetzung.[Bumke 2004: S. 2-4]

Wolframs Stand

Es ist weitgehend unklar, welchem Stand Wolfram von Geburt an angehörte. Es spricht jedoch einiges dafür, dass er über Erfahrungen als Soldat verfügte. [Heinzle 1998: vgl. S. 310] Er wird somit bis in die neueste Forschung hinein als Ritter bezeichnet: Dies gründet darauf, dass er in der Heidelberger Liederhandschrift als Ritter abgebildet ist und auch von Zeitzeugen als ritter und hêrre bezeichnet wurde. Wolfram selbst bezeichnet sich im Parzival ebenfalls des Öfteren als Ritter. Er gibt seine „ritterlîchiu sicherheit“ (Parzival 15,12)[3] und spricht von seiner Schwertweihe. Er weigert sich, sich primär als Dichter zu bezeichnen, weil er Frauen mit seiner Muskelkraft und Männlichkeit erobern wolle und nicht durch seine Dichtung.[Bumke 2004: S. 4] Es wird vermutet, dass Wolfram seinen Ritter- oder Freiherrnstand erst nachträglich erhielt.[Bumke 2004: S. 5]
Ob Wolfram möglicherweise ein Ministerialer gewesen sein könnte, lässt sich nicht nachweisen. Auch lässt sich nicht sagen, ob er ein Vorfahre der ebenfalls belegten Eschenbacher Adelsfamilie war. Es lässt sich allerdings aus seinen Werken schließen, dass er kein Unfreier war, da er des Öfteren in seinen Werken schwört, was einem Unfreien im Mittelalter nicht gestattet war.

Bildung

Wolfram bezeichnet sich selbst als ungebildeten Analphabeten. Im Parzival schreibt er:

ine kan decheinen buochstap Mit Buchstaben hab ich nichts im Sinn,
dâ nement genuoge ir urhap: da gibt's genügend andre, die daraus ihre Hefe nehmen.
disiu âventiure Dieser Roman geht seinen Weg,
vert âne der buoche stiure da braucht es keine Bücher.

(Parzival, 115,27-30).

Allerdings muss man diese Aussage aus der Sicht des Mittelalters untersuchen. Gebildet war man damals nur, wenn man eine Schule besucht und die Fächer des Trivium studiert hat. Allerdings hatten auch Laien am Hof und adlige Frauen Schrift- und Sprachkenntnisse, wie sie Gebildete hatten.[Bumke 2004: S. 6] Es lässt sich vermuten, dass auch Wolfram zu diesen Personen gehörte. Ein Gebildeter wie beispielsweise Hartman von Aue oder Gottfried von Straßburg war er aber sicher nicht. Dennoch achtete er streng darauf, nie die Formel „ich las“ zu verwenden.[Bumke 2004: S. 6] Ebenfalls relativierend wiegt die Tatsache, dass Wolfram sich "programmatisch als Verächter des gelehrten Buchwissens" gibt.[Heinzle 1998: S. 310] Es scheint wahrscheinlich, dass der Analphabetimus Wolframs eher als Teil der Konstruktion einer Autoren-Rolle als "Laien-Dichter" zu sehen ist, denn als faktisch-biographische Aussage.[Heinzle 1998: vgl. S. 310]
Wolfram besaß ungeachtet dieses angeblichen Analphabetismus große Kenntnisse aus der Medizin, der Kosmologie, der Astronomie, der Naturkunde und der Geographie. Viele Namen, Orte und Gegenstände lassen sich auf zeitgenössische Quellen zurückführen, mit denen Wolfram gearbeitet haben könnte.[Bumke 2004: S. 7]

Wolfram über andere Autoren

In seinen Werken erwähnt Wolfram des Öfteren andere bekannte Autoren seiner Zeit. Im Willehalm wird Heinrich von Veldeke von ihm als „mîn meister“ (Willehalm, 76,14)[4] bezeichnet. Er beklagt im Parzival Veldekes Tod und lobt des Öfteren dessen Werke.[Bumke 2004: S. 10]
Auch Walther von der Vogelweide wird mehrfach im Parzival und im Willehalm erwähnt. Wolfram teilte die Kritik Walters an der Hofhaltung des Landgrafen Hermann von Thüringen. Im Willehalm wird Walter von Wolfram als „wehleidiger ausgehungerter Minnesänger" [5] verspottet. Auf jeden Fall war Walter zu dieser Zeit sehr bekannt, was ihn für Wolfram wohl qualifizierte, ihn in seine Werken aufzunehmen.[Bumke 2004: S. 11] Allerdings gibt es auch bekannte zeitgenössische Dichter, die nicht in den Werken Wolframs genannt werden, zu diesen gehört Gottfried von Straßburg, der von Wolfram an keiner Stelle namentlich angeführt wird.[Bumke 2004: vgl. S. 11]

Die Gönner Wolframs

Einer der größten Gönner für Wolfram war der Landgraf Hermann von Thüringen. Sein Hof war ein Zentrum für höfische Dichtung. Der Landgraf gab Wolfram angeblich die französische Vorlage von Willehalm, was ihm eine Erwähnung im Prolog einbrachte: "lantgrâve von düringen Herman tet mir diz maere von im bekant" (Der Landgraf Hermann von Thüringen hat mir diese Geschichte erzählt)(Willehalm 3,8-9). Auch im Parzival wurde er namentlich erwähnt. Allerdings beklagt der Erzähler dort den Zustand des Hofes:

von Dürgen fürste Herman, Fürst Hermann von Thüringen,
etslîh dîn ingesinde ich maz, wenn ich dein Hausgesinde so betrachte, da gäbe es etliche,
daz ûzgesinde hieze baz. zu denen man lieber sagen möchte: Raus, Gesindel!
dir wære och eines Keien nôt Du hättest auch einen Keie dringend nötig
sît wâriu milte dir gebôt jetzt, da die Tugend der Freigebigkeit dir
sô manecvalten anehanc, eine allzu gemischte Gesellschaft ins Haus geladen hat:
etswâ smælîch gedranc dort ein Haufen drängelnder Plebejer,
unt etswâ werdez dringen. da ein Getümmel von lauter Kavalieren.

(Parzival 297,16-23)

Die häufigen Erwähnungen Hermanns von Thüringen lassen vermuten, dass er zu den Auftraggebern Wolframs zählte.[Bumke 2004: S. 13-15]
Ein weiterer Gönnerkreis befand sich im fränkisch-bayerischen Gebiet. Zu diesem Gebiet zählen mehrere Personen, wie der Graf von Wertheim(Parzival, 184,4-6)[Bumke 2004: S. 15], die Markgräfin von Haidstein (Parzival 403,29-404,6)[Bumke 2004: S. 17] und Heinrich von Rîspach (Parzival 297,28-29).[Bumke 2004: S. 18] Außerdem erwähnte Wolfram noch eine anonyme Frau, die laufend als „ein wîp" (eine Frau)(Parzival 337,23ff. und 827,29) bezeichnet wurde und auch in der sogenannten "Selbstverteidigung" Wolframs eine große Rolle spielt. Inwiefern es sich hier um eine reale Person handelt, zu deren Ehren er den Parzival schrieb, ist fraglich. Bei der mysteriösen Frau könnte es sich auch nur um eine Erfindung Wolframs ohne reales Vorbild handeln.[Bumke 2004: vgl. S.18-19]

Wirkungsgeschichte Wolframs

Wolfram von Eschenbach wurde bereits zu Lebzeiten als einer der größten Dichter seiner Zeit bezeichnet.[Bumke 2004: vgl. S. 29] Nur wenige Dichter hatten soviel Einfluss auf kommende Jahrhunderte wie er. Dies zeigt sich nich nur in lobenden Erwähnungen zeitgenössischer Dichter, sondern auch in den vielfach überlieferten Handschriften seiner Werke - die erhaltenen Kopien des Parzival des Willehalm sind weitaus zahlreicher als die vergleichbarer Werke.[Heinzle 1998: S. vgl. 313] Die Epiker des 13./14. Jahrhunderts teilten sich in die Wolfram- und in die Hartmann-Gottfried-Schule ein und schlossen ihre Erzählungen an die Erzählungen ihrer Meister an oder wurden zumindest stark von ihnen beeinflusst. Wolframs Werke beeinflussten allerdings nicht nur den höfischen Roman, sondern reichten auch in andere Sparten wie Heldenepik, Geschichtsdichtung und Reimchronik. Seine Werke wurden jahrhundertelang kopiert und die unfertigen Epen wurden weitergeschrieben. Im Laufe des Mittelalters wurde auch Wolfram zur literarischen Figur und bekam Auftritte beispielsweise im Fürstenlob und im Rätselspiel des Wartburgkriegs.[Bumke 2004: 30-31]

Werke

Von Wolfram sind uns heute noch neun Lieder, ein Epos und zwei Romane erhalten.
Bei den Liedern handelt es sich vorwiegend um höfische Tagelieder sowie Minnelieder.
Die erhaltenen Romane sind Parzival und das in Fragmenten erhaltene Titurel. Der erhaltene Epos ist der unvollendete Willehalm.[Bumke 2004: vgl. S. 19]

Fußnoten:

  1. zu sehen auf dem Bild am Anfang des Artikels.
  2. zitiert nach Bumke 2004, S. 3.
  3. Alle Versangaben beziehen sich auf die Ausgabe: Wolfram von Eschenbach: Parzival. Studienausgabe. Mittelhochdeutscher Text nach der sechsten Ausgabe von Karl Lachmann. Übersetzung von Peter Knecht. Mit einer Einführung zum Text der Lachmannschen Ausgabe und in Probleme der 'Parzival'-Interpretation von Bernd Schirok, 2. Aufl., Berlin/New York 2003.
  4. zitiert nach Bumke 2004, S. 10.
  5. zitiert nach Bumke 2004, S. 11: Burach, Konrad: der mythische und der geschichtliche Walther, in: Burdach, Konrad: Vorspiel, Gesammelte Schriften, Bd. 1,1, 19925, S. 334-400, Zitat: S. 391.


Literaturnachweise

<HarvardReferences/> [*Bumke 2004] Bumke, Joachim: Wolfram von Eschenbach, 8. Aufl., Stuttgart/Weimar 2004 (Sammlung Metzler 36).
[*Heinzle 1998] Heinzle,Joachim.: Art. "Wolfram von Eschenbach", in: Lexikon des Mittelalter,Band IX, München 1998, S. 310-313.