1527: Calo Calonymos’ lateinische Übersetzung des Ibn Rušd als Zeugnis einer vielschichtigen und vielsprachigen Aristotelesrezeption: Unterschied zwischen den Versionen

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{{Kapitel LAT-DE TAB-3|Alexander Reindl, unter Mitarbeit von Daniel G. König|Ibn Rušd [Averroes], ''Destructio Destructionem Philosophiae Algazelis in the Latin Version of Calo Calonymos'', ed. Beatrice H. Zedler, Milwaukee: The Marquette University Press, 1961, Disputatio prima, S. 87-88, übers. Alexander Reindl und Daniel G. König.|5=== Autor/in & Werk ==
{{Kapitel LAT-DE TAB-3|Alexander Reindl, unter Mitarbeit von Daniel G. König|Ibn Rušd [Averroes], ''Destructio Destructionem Philosophiae Algazelis in the Latin Version of Calo Calonymos'', ed. Beatrice H. Zedler, Milwaukee: The Marquette University Press, 1961, Disputatio prima, S. 87-88, übers. Alexander Reindl und Daniel G. König.|5=== Autor/in & Werk ==
Im Zentrum des vorliegenden Kommentars steht der jüdische Übersetzer Calo Calonymos ben David (gest. nach 1527). Über sein Leben ist wenig bekannt.<ref name="ftn1">Hasse, ''Success'', S. 73, 344.</ref> In der Regel wird er im Zusammenhang mit der Übersetzung von Ibn Rušds / Averroes’ (520-595/1126-1198) „Die Inkohärenz der Inkohärenz“ (''Tahāfut al-tahāfut'') genannt.<ref name="ftn2">Averroes, ''Destructio'', ed. Zedler, S. 26; Hasse, Conditions, S. 76-79; Hasse, ''Success'', S. 81, 342, 354. Ein Überblick über Ibn Rušds Leben und Werk bei Arnaldez, Ibn'' Rushd''; Ben-Abdeljelil, ''Ibn Ruschd''; Ley, Ibn Ruschd.</ref> Als gesichert gilt, dass er ursprünglich aus Neapel stammte und als Arzt in Venedig arbeitete.<ref name="ftn3">Hasse, Conditions, S. 76-77; Hasse, ''Success'', S. 73, 344.</ref> Auch lässt sich belegen, dass 1527 die erste Ausgabe seiner lateinischen Übersetzung des ''Tahāfut al-tahāfut'' unter dem Titel ''Destructio Destructionem'' gemeinsam mit einer weiteren lateinischen Übersetzung von Ibn Rušds / Averroes’, dem ''Libellus de connexione intellectus'', sowie dem von Calo selbst verfassten ''Liber de mundi'' ''creatione ''gedruckt wurde. Das gedruckte Werk ist dabei in drei eigenständige Teile geteilt und enthält mehrere Widmungen. Der gesamte Druck ist Alberto Pio, dem Fürsten von Carpi (regn. 1480-1527) gewidmet, einem stark an Aristoteles interessierten Humanisten.<ref name="ftn4">''Subtilissimus liber Auerois'', Widmungsschreiben: Calo Calonymus Hebrevs illvstri Domino Alberto Pio Carpensivm Domino: „Decreui tamen in presentiarum excultissimum libellum seu epistolam ipsius Auer. De connexione intellectus abstracti cum homine latinitati donare eumque annectere nostre tracutioni destructionis Auer. destructionum philosophie Algazelis ac libro nostro de creatione mundi physicis rationibus probata omnesque una impressioni tradere.“ Zu Alberto Pio, siehe Hasse, ''Success'', S. 89, 130, 300.</ref> Der ''Liber de mundi creatione'' wiederum ist dem Kardinal Egidio von Viterbo (sed. 1517-1532) zugeeignet, der u. a. eine neue lateinische Koranübersetzung initiierte.<ref name="ftn5">Liber de mundi creatione physicis rationibus probata egregij doctoris Calo calonymos hebrei Neapolitani Ad Reuerendissimum Dominum Dominum Egidium Carinalem litterarum patrem, in: ''Subtilissimus liber Auerois'', Widmungsschreiben. Zu Egidio da Viterbo, vgl. Starczewska, ''A Latin Translation of the Qur’an'', S. XIII-XVII.</ref> Die ''Destructio Destructionem'' selbst widmete Calo Calonymus einem gewissen Ercole Gonzaga, dem Bischof (sed. 1521-1563) und späteren Herzog (regn. 1540-1559) von Mantua.<ref name="ftn6">Averroes, ''Destructio'', ed. Zedler, S. 26, 29, 55; Hasse, ''Success'', S. 81; Steinschneider, ''Uebersetzungen'', S. 984.</ref> Letzterer hatte in den 1520er Jahren die Übertragung der Werke Ibn Rušds / Averroes’ ins Lateinische stark gefördert.<ref name="ftn7">Hasse, Conditions, S. 78; Hasse, ''Success'', S. 80-81.</ref>  
[§1] Im Zentrum des vorliegenden Kommentars steht der jüdische Übersetzer Calo Calonymos ben David (gest. nach 1527). Über sein Leben ist wenig bekannt.<ref name="ftn1">Hasse, ''Success'', S. 73, 344.</ref> In der Regel wird er im Zusammenhang mit der Übersetzung von Ibn Rušds / Averroes’ (520-595/1126-1198) „Die Inkohärenz der Inkohärenz“ (''Tahāfut al-tahāfut'') genannt.<ref name="ftn2">Averroes, ''Destructio'', ed. Zedler, S. 26; Hasse, Conditions, S. 76-79; Hasse, ''Success'', S. 81, 342, 354. Ein Überblick über Ibn Rušds Leben und Werk bei Arnaldez, Ibn'' Rushd''; Ben-Abdeljelil, ''Ibn Ruschd''; Ley, Ibn Ruschd.</ref> Als gesichert gilt, dass er ursprünglich aus Neapel stammte und als Arzt in Venedig arbeitete.<ref name="ftn3">Hasse, Conditions, S. 76-77; Hasse, ''Success'', S. 73, 344.</ref> Auch lässt sich belegen, dass 1527 die erste Ausgabe seiner lateinischen Übersetzung des ''Tahāfut al-tahāfut'' unter dem Titel ''Destructio Destructionem'' gemeinsam mit einer weiteren lateinischen Übersetzung von Ibn Rušds / Averroes’, dem ''Libellus de connexione intellectus'', sowie dem von Calo selbst verfassten ''Liber de mundi'' ''creatione ''gedruckt wurde. Das gedruckte Werk ist dabei in drei eigenständige Teile geteilt und enthält mehrere Widmungen. Der gesamte Druck ist Alberto Pio, dem Fürsten von Carpi (regn. 1480-1527) gewidmet, einem stark an Aristoteles interessierten Humanisten.<ref name="ftn4">''Subtilissimus liber Auerois'', Widmungsschreiben: Calo Calonymus Hebrevs illvstri Domino Alberto Pio Carpensivm Domino: „Decreui tamen in presentiarum excultissimum libellum seu epistolam ipsius Auer. De connexione intellectus abstracti cum homine latinitati donare eumque annectere nostre tracutioni destructionis Auer. destructionum philosophie Algazelis ac libro nostro de creatione mundi physicis rationibus probata omnesque una impressioni tradere.“ Zu Alberto Pio, siehe Hasse, ''Success'', S. 89, 130, 300.</ref> Der ''Liber de mundi creatione'' wiederum ist dem Kardinal Egidio von Viterbo (sed. 1517-1532) zugeeignet, der u. a. eine neue lateinische Koranübersetzung initiierte.<ref name="ftn5">Liber de mundi creatione physicis rationibus probata egregij doctoris Calo calonymos hebrei Neapolitani Ad Reuerendissimum Dominum Dominum Egidium Carinalem litterarum patrem, in: ''Subtilissimus liber Auerois'', Widmungsschreiben. Zu Egidio da Viterbo, vgl. Starczewska, ''A Latin Translation of the Qur’an'', S. XIII-XVII.</ref> Die ''Destructio Destructionem'' selbst widmete Calo Calonymus einem gewissen Ercole Gonzaga, dem Bischof (sed. 1521-1563) und späteren Herzog (regn. 1540-1559) von Mantua.<ref name="ftn6">Averroes, ''Destructio'', ed. Zedler, S. 26, 29, 55; Hasse, ''Success'', S. 81; Steinschneider, ''Uebersetzungen'', S. 984.</ref> Letzterer hatte in den 1520er Jahren die Übertragung der Werke Ibn Rušds / Averroes’ ins Lateinische stark gefördert.<ref name="ftn7">Hasse, Conditions, S. 78; Hasse, ''Success'', S. 80-81.</ref>  


Calonymos selbst trug fünf Übersetzungen zu diesem Programm bei. Neben der ''Destructio ''zählen hierzu Auszüge aus Ibn Rušds / Averroes’ „Die Erklärung der Bewusstseinsmethoden hinsichtlich der Glaubensvorstellungen der Religion“ (''Kitāb al-Kašf ʿan manāhiǧ al-adilla fī ʿaqāʾid al-milla''), ferner „Die entscheidende Abhandlung und eine Evaluation der Beziehung zwischen dem Religionsrecht und der Weisheit“ (''Kitāb Faṣl al-maqāl wa-taqrīr mā bayna l-šarīʿa wa-l-ḥikma min al-ittiṣāl''), die Calonymos in sein eigenes Werk „Von der Schaffung der Welt“ (''De mundi creatione'') integrierte, und schließlich drei kleinere Werke und Auszüge aus Ibn Rušds / Averroes’ Schriften.<ref name="ftn8">Hasse, ''Success'', S. 73.</ref> Moritz Steinschneider erwähnt noch zwei weitere Autoren, die Calo Calonymos übersetzt haben soll.<ref name="ftn9">Steinschneider, ''Uebersetzungen'', S. 984.</ref>
[§2] Calonymos selbst trug fünf Übersetzungen zu diesem Programm bei. Neben der ''Destructio ''zählen hierzu Auszüge aus Ibn Rušds / Averroes’ „Die Erklärung der Bewusstseinsmethoden hinsichtlich der Glaubensvorstellungen der Religion“ (''Kitāb al-Kašf ʿan manāhiǧ al-adilla fī ʿaqāʾid al-milla''), ferner „Die entscheidende Abhandlung und eine Evaluation der Beziehung zwischen dem Religionsrecht und der Weisheit“ (''Kitāb Faṣl al-maqāl wa-taqrīr mā bayna l-šarīʿa wa-l-ḥikma min al-ittiṣāl''), die Calonymos in sein eigenes Werk „Von der Schaffung der Welt“ (''De mundi creatione'') integrierte, und schließlich drei kleinere Werke und Auszüge aus Ibn Rušds / Averroes’ Schriften.<ref name="ftn8">Hasse, ''Success'', S. 73.</ref> Moritz Steinschneider erwähnt noch zwei weitere Autoren, die Calo Calonymos übersetzt haben soll.<ref name="ftn9">Steinschneider, ''Uebersetzungen'', S. 984.</ref>


Calo Calonymos’ lateinische Übersetzung des ''Tahāfut al-tahāfut'' ist im Kontext zweier weiterer Übersetzungen des'' Tahāfut al-tahāfut'' zu sehen, die ebenfalls von zwei jüdischen Gelehrten mit dem Namen Calonymos stammen. Eine Verwandtschaft unter den dreien ist soweit nicht belegt. Der hier im Zentrum stehende Calonymos zog nicht Ibn Rušds / Averroes’ arabisches Original heran, sondern stützte sich auf die erste vollständige hebräische Übersetzung dieses Werks. Diese hatte ein provenzalischer jüdischer Gelehrter namens Calonymos ben David ben Todros unter dem Titel ''Happalat ha-happala'' zwischen 1318 und 1328 erstellt.<ref name="ftn10">Ibn Rušd [Averroes],'' Destructio'', ed. Zedler, S. 25; Mahmud, Averroists, 221. Ein Überblick über das Leben des Calonymos ben David ben Todros bei Gottheil und Broydé, Kalonymos Ben David.</ref> Daneben existierte eine erste direkte lateinische Übersetzung des ''Tahāfut al-tahāfut ''aus dem Arabischen, die ein gewisser, für seine arabisch-lateinischen Übersetzungen bekannter Calonymos ben Calonymos ben Meir aus Arles 1328 vorgenommen hatte.<ref name="ftn11">Ein Überblick über das Leben des Calonymos ben Calonymos ben Meir bei Gottheil und Broydé, Kalonymos Ben Kalonymos.</ref> Diese Übersetzung war wohl im Auftrag Roberts von Anjou, des Königs von Neapel (regn. 1309-1343) entstanden. Allerdings sind lediglich vierzehn der insgesamt zwanzig Diskussionen darin enthalten.<ref name="ftn12">Ibn Rušd [Averroes], ''Destructio'', ed. Zedler, S. 24-23.</ref> Womöglich war dies ein Grund, warum diese lateinische Übertragung knapp 170 Jahre nicht rezipiert wurde, bis Agostino Nifo (1469/70-1538) 1497 einen Kommentar dazu verfasste und zusammen mit der Übersetzung herausgab.<ref name="ftn13">Minnema, Algazel, S. 156, 176.</ref> Der hier im Zentrum stehende Calo Calonymos soll die Qualität der Nifo-Ausgabe sowie die lückenhafte und schlechte Übersetzung aus dem Arabischen von 1328 moniert haben. Dies scheint ihn zu seiner eigenen und vollständigen lateinischen Übersetzung motiviert zu haben. Ebenso ist bekannt, dass er sich für die metaphysischen Fragen in Ibn Rušds / Averroes’ ''Tahāfut'' ''al-tahāfut ''interessierte.<ref name="ftn14">Ibn Rušd [Averroes],'' Destructio'', ed. Zedler, S. 26-27, 46-48; Minnema, Algazel, S. 176.</ref> Dass er sich hierbei nicht des Originaltextes, sondern einer früheren hebräischen Fassung bediente, ist für die Anfang des 16. Jahrhunderts in Italien angefertigten Übersetzungen nicht ungewöhnlich.<ref name="ftn15">Hasse, Conditions, S. 76. Interessanterweise spielen antijüdische Ressentiments keine Rolle bei den Übersetzungstätigkeiten. Siehe hierzu Hasse, Conditions, S. 77; Horowitz, Averroism, S. 704.</ref>
[§3] Calo Calonymos’ lateinische Übersetzung des ''Tahāfut al-tahāfut'' ist im Kontext zweier weiterer Übersetzungen des'' Tahāfut al-tahāfut'' zu sehen, die ebenfalls von zwei jüdischen Gelehrten mit dem Namen Calonymos stammen. Eine Verwandtschaft unter den dreien ist soweit nicht belegt. Der hier im Zentrum stehende Calonymos zog nicht Ibn Rušds / Averroes’ arabisches Original heran, sondern stützte sich auf die erste vollständige hebräische Übersetzung dieses Werks. Diese hatte ein provenzalischer jüdischer Gelehrter namens Calonymos ben David ben Todros unter dem Titel ''Happalat ha-happala'' zwischen 1318 und 1328 erstellt.<ref name="ftn10">Ibn Rušd [Averroes],'' Destructio'', ed. Zedler, S. 25; Mahmud, Averroists, 221. Ein Überblick über das Leben des Calonymos ben David ben Todros bei Gottheil und Broydé, Kalonymos Ben David.</ref> Daneben existierte eine erste direkte lateinische Übersetzung des ''Tahāfut al-tahāfut ''aus dem Arabischen, die ein gewisser, für seine arabisch-lateinischen Übersetzungen bekannter Calonymos ben Calonymos ben Meir aus Arles 1328 vorgenommen hatte.<ref name="ftn11">Ein Überblick über das Leben des Calonymos ben Calonymos ben Meir bei Gottheil und Broydé, Kalonymos Ben Kalonymos.</ref> Diese Übersetzung war wohl im Auftrag Roberts von Anjou, des Königs von Neapel (regn. 1309-1343) entstanden. Allerdings sind lediglich vierzehn der insgesamt zwanzig Diskussionen darin enthalten.<ref name="ftn12">Ibn Rušd [Averroes], ''Destructio'', ed. Zedler, S. 24-23.</ref> Womöglich war dies ein Grund, warum diese lateinische Übertragung knapp 170 Jahre nicht rezipiert wurde, bis Agostino Nifo (1469/70-1538) 1497 einen Kommentar dazu verfasste und zusammen mit der Übersetzung herausgab.<ref name="ftn13">Minnema, Algazel, S. 156, 176.</ref> Der hier im Zentrum stehende Calo Calonymos soll die Qualität der Nifo-Ausgabe sowie die lückenhafte und schlechte Übersetzung aus dem Arabischen von 1328 moniert haben. Dies scheint ihn zu seiner eigenen und vollständigen lateinischen Übersetzung motiviert zu haben. Ebenso ist bekannt, dass er sich für die metaphysischen Fragen in Ibn Rušds / Averroes’ ''Tahāfut'' ''al-tahāfut ''interessierte.<ref name="ftn14">Ibn Rušd [Averroes],'' Destructio'', ed. Zedler, S. 26-27, 46-48; Minnema, Algazel, S. 176.</ref> Dass er sich hierbei nicht des Originaltextes, sondern einer früheren hebräischen Fassung bediente, ist für die Anfang des 16. Jahrhunderts in Italien angefertigten Übersetzungen nicht ungewöhnlich.<ref name="ftn15">Hasse, Conditions, S. 76. Interessanterweise spielen antijüdische Ressentiments keine Rolle bei den Übersetzungstätigkeiten. Siehe hierzu Hasse, Conditions, S. 77; Horowitz, Averroism, S. 704.</ref>


== Inhalt & Quellenkontext ==
== Inhalt & Quellenkontext ==
Calo Calonymos’ ''Destructio Destructionem'' stellt damit eine lateinische Übersetzung der hebräischen Übersetzung des ursprünglich arabischen ''Tahāfut al-tahāfut'' von Ibn Rušd / Averroes dar. In diesem Werk kommentiert Ibn Rušd / Averroes al-Ġazālīs (450-505/1058-1111) „Die Inkohärenz der Philosophen“ (''Tahāfut al-falāsifa''), ein Traktat, das sich mit der Aristotelesrezeption innerhalb der islamischen Philosophie auseinandersetzt und diese Rezeption kritisiert.<ref name="ftn16">Arnaldez, Ibn Rushd, S. 915; Ben-Abdeljelil, ''Ibn Ruschd'', S. 77; Ley, Ibn Ruschd, S. 422; Ibn Rušd [Averroes],'' Destructio'', ed. Zedler, S. 6-14;'' Averroes’ Tahafut al-Tahafut'', übers. van den Bergh, S. xiv; Yousefi: ''Einführung'', S. 104. Ein Überblick über al-Ġazālīs Leben und Werk bei Watt, al-Ghazālī.</ref> In seiner Gegenschrift – der „Inkohärenz der Inkohärenz“ (''Tahāfut al-tahāfut'') – diskutiert Ibn Rušd / Averroes, wie Thomson es ausdrückt, „practically every important problem that was ever raised in Muslim theological and philosophical circles, so that it constitutes a compendium of Muslim thought.“<ref name="ftn17">Thomson, Review, S. 323.</ref>
[§4] Calo Calonymos’ ''Destructio Destructionem'' stellt damit eine lateinische Übersetzung der hebräischen Übersetzung des ursprünglich arabischen ''Tahāfut al-tahāfut'' von Ibn Rušd / Averroes dar. In diesem Werk kommentiert Ibn Rušd / Averroes al-Ġazālīs (450-505/1058-1111) „Die Inkohärenz der Philosophen“ (''Tahāfut al-falāsifa''), ein Traktat, das sich mit der Aristotelesrezeption innerhalb der islamischen Philosophie auseinandersetzt und diese Rezeption kritisiert.<ref name="ftn16">Arnaldez, Ibn Rushd, S. 915; Ben-Abdeljelil, ''Ibn Ruschd'', S. 77; Ley, Ibn Ruschd, S. 422; Ibn Rušd [Averroes],'' Destructio'', ed. Zedler, S. 6-14;'' Averroes’ Tahafut al-Tahafut'', übers. van den Bergh, S. xiv; Yousefi: ''Einführung'', S. 104. Ein Überblick über al-Ġazālīs Leben und Werk bei Watt, al-Ghazālī.</ref> In seiner Gegenschrift – der „Inkohärenz der Inkohärenz“ (''Tahāfut al-tahāfut'') – diskutiert Ibn Rušd / Averroes, wie Thomson es ausdrückt, „practically every important problem that was ever raised in Muslim theological and philosophical circles, so that it constitutes a compendium of Muslim thought.“<ref name="ftn17">Thomson, Review, S. 323.</ref>


Das hier zitierte Quellenexzerpt lässt sich aus insgesamt sechs verschiedenen Blickwinkeln betrachten, die jeweils eigene Dimensionen der Interpretation aufweisen. Zuallererst kann man den lateinischen Text als Ergebnis einer Übersetzung aus dem Hebräischen betrachten. Auf diese hebräische Vorlage, die wiederum eine Übersetzung aus dem Arabischen darstellt, kann als Zweites eingegangen werden. Daran anschließend kann drittens Ibn Rušds / Averroes’ arabisches Original ins Zentrum rücken. Dieses setzt sich viertens wiederum mit al-Ġazālī auseinander. Dieser verurteilt fünftens die Vertreter einer arabischen Tradition der Philosophie in der aristotelischen Nachfolge. Am Schluss steht sechstens Aristoteles, der die Grundlage für die gesamte philosophische Diskussion und damit für die hier genannten Übersetzungen gestellt hat. Im Folgenden wird versucht, diese verschiedenen Blickwinkel nachzuzeichnen und in einen Zusammenhang zu bringen.  
[§5] Das hier zitierte Quellenexzerpt lässt sich aus insgesamt sechs verschiedenen Blickwinkeln betrachten, die jeweils eigene Dimensionen der Interpretation aufweisen. Zuallererst kann man den lateinischen Text als Ergebnis einer Übersetzung aus dem Hebräischen betrachten. Auf diese hebräische Vorlage, die wiederum eine Übersetzung aus dem Arabischen darstellt, kann als Zweites eingegangen werden. Daran anschließend kann drittens Ibn Rušds / Averroes’ arabisches Original ins Zentrum rücken. Dieses setzt sich viertens wiederum mit al-Ġazālī auseinander. Dieser verurteilt fünftens die Vertreter einer arabischen Tradition der Philosophie in der aristotelischen Nachfolge. Am Schluss steht sechstens Aristoteles, der die Grundlage für die gesamte philosophische Diskussion und damit für die hier genannten Übersetzungen gestellt hat. Im Folgenden wird versucht, diese verschiedenen Blickwinkel nachzuzeichnen und in einen Zusammenhang zu bringen.  


Ibn Rušds / Averroes’ ''Tahāfut al-tahāfut'' steht im Fokus, wenn zunächst allein der Wortlaut der oben angeführten Passage betrachtet wird. Der hier zitierte Ausschnitt stammt aus der „Ersten Diskussion“, in der es um die Ewigkeit der Welt geht. Al-Ġazālī hatte sich in seiner hier angegriffenen Schrift ''Tahāfut al-falāsifa'' gegen die vier Beweise der Philosophen gewandt, dass die Welt ewig sei. Diese lauten: 1. Zeitliches kann nicht aus dem absolut Ewigen hervorgehen. 2. Zeit und Bewegung existieren gleichzeitig. 3. Die Welt hat die Möglichkeit, ewiglich zu existieren. 4. Alles Entstehende besteht aus Materie, die ewig ist. Die zitierte Stelle geht auf al-Ġazālīs Widerlegung des ersten Beweises ein, demzufolge Zeitliches nicht aus dem Ewigen hervorgehen kann. Als Vertreter einer monotheistischen Religion ging al-Ġazālī von der Existenz eines Schöpfergottes und einer Schöpfung aus und diskutierte die genannten vier Beweise unter dieser Prämisse. Er wies darauf hin, dass die (alten griechischen und alle auf ihnen aufbauenden) Philosophen der Meinung seien, Gott hätte die Welt früher als zu dem gewählten Zeitpunkt erschaffen können. Aus dieser Annahme ergebe sich, dass Gott eine gewisse Zeit gewartet haben müsste, bis er die Welt erschuf. Die Dauer seines Wartens könnte dabei entweder als endlich definiert werden – dann wäre Gott selbst endlich. Sie könnte aber auch unendlich sein – dann wäre bis zur Weltschöpfung unendlich viel Zeit vergangen, was wiederum implizieren würde, dass die Welt nie erschaffen worden wäre. Indem al-Ġazālī Zeit und Dauer als Produkte der göttlichen Schöpfung definierte, entzog er dem ersten Beweis der Philosophen die Grundlage. Wie Zeit und Dauer letztendlich erschaffen wurden, behandelt er in der folgenden Widerlegung des zweiten Beweises dann ausführlicher.<ref name="ftn18">al-Ġazālī, ''Incoherence'', S. 30-39. Eine Zusammenfassung und Kommentierung des ''Tahāfut al-falsāfia'' findet sich bei Abū Rīdah, ''Al-Ghazālī'', S. 98-188.</ref>
[§6] Ibn Rušds / Averroes’ ''Tahāfut al-tahāfut'' steht im Fokus, wenn zunächst allein der Wortlaut der oben angeführten Passage betrachtet wird. Der hier zitierte Ausschnitt stammt aus der „Ersten Diskussion“, in der es um die Ewigkeit der Welt geht. Al-Ġazālī hatte sich in seiner hier angegriffenen Schrift ''Tahāfut al-falāsifa'' gegen die vier Beweise der Philosophen gewandt, dass die Welt ewig sei. Diese lauten: 1. Zeitliches kann nicht aus dem absolut Ewigen hervorgehen. 2. Zeit und Bewegung existieren gleichzeitig. 3. Die Welt hat die Möglichkeit, ewiglich zu existieren. 4. Alles Entstehende besteht aus Materie, die ewig ist. Die zitierte Stelle geht auf al-Ġazālīs Widerlegung des ersten Beweises ein, demzufolge Zeitliches nicht aus dem Ewigen hervorgehen kann. Als Vertreter einer monotheistischen Religion ging al-Ġazālī von der Existenz eines Schöpfergottes und einer Schöpfung aus und diskutierte die genannten vier Beweise unter dieser Prämisse. Er wies darauf hin, dass die (alten griechischen und alle auf ihnen aufbauenden) Philosophen der Meinung seien, Gott hätte die Welt früher als zu dem gewählten Zeitpunkt erschaffen können. Aus dieser Annahme ergebe sich, dass Gott eine gewisse Zeit gewartet haben müsste, bis er die Welt erschuf. Die Dauer seines Wartens könnte dabei entweder als endlich definiert werden – dann wäre Gott selbst endlich. Sie könnte aber auch unendlich sein – dann wäre bis zur Weltschöpfung unendlich viel Zeit vergangen, was wiederum implizieren würde, dass die Welt nie erschaffen worden wäre. Indem al-Ġazālī Zeit und Dauer als Produkte der göttlichen Schöpfung definierte, entzog er dem ersten Beweis der Philosophen die Grundlage. Wie Zeit und Dauer letztendlich erschaffen wurden, behandelt er in der folgenden Widerlegung des zweiten Beweises dann ausführlicher.<ref name="ftn18">al-Ġazālī, ''Incoherence'', S. 30-39. Eine Zusammenfassung und Kommentierung des ''Tahāfut al-falsāfia'' findet sich bei Abū Rīdah, ''Al-Ghazālī'', S. 98-188.</ref>


In seinem ''Tahāfut al-tahāfut'' konterte Ibn Rušd / Averroes al-Ġazālis Dekonstruktion mit dem Hinweis auf ein Argument des Aristoteles. Dieses besagt, dass es keine „leere Zeit“ vor der Welt gegeben haben könne, weil Zeit und Bewegung sich gegenseitig bedingten: Zeit werde durch die Veränderung des Vorherigen zum Nachherigen gemessen, während Bewegung die Verwirklichung einer Möglichkeit darstelle, die ein Seiendes in der Wirklichkeit besitze. Anders ausgedrückt: Bewegung misst Zeit und Zeit misst Bewegung. Beide sind ewig.<ref name="ftn19">Arnaldez, Ibn Rushd, S. 915; Assmann et al., Zeit, Sp. 1199; Kaulbach und Meyer, Bewegung, Sp. 865-866; Ley, Ibn Ruschd, S. 423-424; Müller, Beweger, Sp. 864.</ref> Würden al-Ġazālīs Überlegungen weitergedacht, so Ibn Rušd / Averroes, müsse man sich fragen, ob die Zeit vor der Welt und ihrer Bewegung erschaffen wurde. Werde dies verneint, so wäre die Dauer, die Gott vor der Weltschöpfung gewartet hätte, begrenzt gewesen – eine Schlussfolgerung, die weder Aristoteles noch Ibn Rušd / Averroes, jedoch ebenso wenig al-Ġazālī selbst für korrekt hielten. Werde die Frage jedoch bejaht, folge daraus wiederum die Frage, ob es vor dieser Zeit nicht noch weitere Zeiten gegeben habe. Werde diese Möglichkeit grundsätzlich anerkannt, impliziere dies Unendlichkeit und damit zwangsweise unendliche Bewegung. Diese Bewegung werde von den Himmelskörpern ausgeführt, deren Bahnen nach Aristoteles das Messinstrument für die Zeit schlechthin darstellten.<ref name="ftn20">Arnaldez, Ibn Rushd, S. 915.</ref> Auf diese Weise widerlegte Ibn Rušd / Averroes al-Ġazālīs Argumentation.
[§7] In seinem ''Tahāfut al-tahāfut'' konterte Ibn Rušd / Averroes al-Ġazālis Dekonstruktion mit dem Hinweis auf ein Argument des Aristoteles. Dieses besagt, dass es keine „leere Zeit“ vor der Welt gegeben haben könne, weil Zeit und Bewegung sich gegenseitig bedingten: Zeit werde durch die Veränderung des Vorherigen zum Nachherigen gemessen, während Bewegung die Verwirklichung einer Möglichkeit darstelle, die ein Seiendes in der Wirklichkeit besitze. Anders ausgedrückt: Bewegung misst Zeit und Zeit misst Bewegung. Beide sind ewig.<ref name="ftn19">Arnaldez, Ibn Rushd, S. 915; Assmann et al., Zeit, Sp. 1199; Kaulbach und Meyer, Bewegung, Sp. 865-866; Ley, Ibn Ruschd, S. 423-424; Müller, Beweger, Sp. 864.</ref> Würden al-Ġazālīs Überlegungen weitergedacht, so Ibn Rušd / Averroes, müsse man sich fragen, ob die Zeit vor der Welt und ihrer Bewegung erschaffen wurde. Werde dies verneint, so wäre die Dauer, die Gott vor der Weltschöpfung gewartet hätte, begrenzt gewesen – eine Schlussfolgerung, die weder Aristoteles noch Ibn Rušd / Averroes, jedoch ebenso wenig al-Ġazālī selbst für korrekt hielten. Werde die Frage jedoch bejaht, folge daraus wiederum die Frage, ob es vor dieser Zeit nicht noch weitere Zeiten gegeben habe. Werde diese Möglichkeit grundsätzlich anerkannt, impliziere dies Unendlichkeit und damit zwangsweise unendliche Bewegung. Diese Bewegung werde von den Himmelskörpern ausgeführt, deren Bahnen nach Aristoteles das Messinstrument für die Zeit schlechthin darstellten.<ref name="ftn20">Arnaldez, Ibn Rushd, S. 915.</ref> Auf diese Weise widerlegte Ibn Rušd / Averroes al-Ġazālīs Argumentation.


Dieser Kontroverse um die Problematik der Entstehung des Zeitlichen aus dem Ewigen anhand der Frage der Dauer folgen weitere Auseinandersetzungen mit der Problematik der Ewigkeit der Welt. Da sich Ibn Rušd / Averroes strukturell an al-Ġazālīs Werk ''Tahāfut al-falāsifa'' orientierte, schließen sich wie auch bei al-Ġazālī hieran Kommentare zu weniger ausführlich behandelten Themen an. Dazu zählen die Einheit Gottes, die Frage nach seinen Attributen, seiner Unterscheidbarkeit und seinem Wesen, ferner die Stellung der Planeten und Himmelskörper zu Gott und der Welt. Auf diese insgesamt sechzehn Diskussionen, die sich vorrangig mit der Problematik des Schöpfergottes und dessen Eigenschaften befassen, folgen weitere vier zu Gesichtspunkten, die sich v. a. mit dem Wesen der Seele auseinandersetzen.<ref name="ftn21">''Averroes’ Tahafut al-Tahafut'', übers. van den Bergh, S. vii-viii; Arnaldez, Ibn Rushd, S. 915;'' ''Ley, Ibn Ruschd, S. 423-424.</ref>
[§8] Dieser Kontroverse um die Problematik der Entstehung des Zeitlichen aus dem Ewigen anhand der Frage der Dauer folgen weitere Auseinandersetzungen mit der Problematik der Ewigkeit der Welt. Da sich Ibn Rušd / Averroes strukturell an al-Ġazālīs Werk ''Tahāfut al-falāsifa'' orientierte, schließen sich wie auch bei al-Ġazālī hieran Kommentare zu weniger ausführlich behandelten Themen an. Dazu zählen die Einheit Gottes, die Frage nach seinen Attributen, seiner Unterscheidbarkeit und seinem Wesen, ferner die Stellung der Planeten und Himmelskörper zu Gott und der Welt. Auf diese insgesamt sechzehn Diskussionen, die sich vorrangig mit der Problematik des Schöpfergottes und dessen Eigenschaften befassen, folgen weitere vier zu Gesichtspunkten, die sich v. a. mit dem Wesen der Seele auseinandersetzen.<ref name="ftn21">''Averroes’ Tahafut al-Tahafut'', übers. van den Bergh, S. vii-viii; Arnaldez, Ibn Rushd, S. 915;'' ''Ley, Ibn Ruschd, S. 423-424.</ref>


Calo Calonymos’ lateinische Übersetzung verweist jedoch nicht nur auf Ibn Rušds Kommentierung von al-Ġazālīs ''Tahāfut al-falāsifa'', sondern indirekt auch auf das Zeit- und Ewigkeitsverständnis von Aristoteles sowie die Beschäftigung muslimischer Philosophen mit Aristoteles insgesamt. Bereits im zweiten Jahrhundert nach der muslimischen Herrschaftsübernahme kam es im Nahen Osten des 8. bis 10. Jahrhunderts zur Übersetzung griechischer Texte, darunter mehrerer philosophischer Werke, ins Arabische.<ref name="ftn22">Gutas, ''Greek Thought, Arabic Culture''; siehe auch die älteren Überblicke von O’Leary, ''How Greek Science Passed to the Arabs'';'' ''Walzer, Rise of Islamic Philosophy, S. 1-19.</ref> Auf deren Ideen und Methoden bauten die ersten muslimischen Philosophen auf und erweiterten sie.<ref name="ftn23">Ibn Rušd [Averroes],'' Destructio'', ed. Zedler, S. 2-3;'' ''Borrowman, Islamization, S. 346; Rudolph, ''Philosophie'', S. 11-14; Yousefi, ''Einführung'', S. 36-38.</ref> Dabei setzten sie sich auch mit den Konzepten „Bewegung“ und „Zeit“ auseinander.<ref name="ftn24">Assmann et al., Zeit, Sp. 1213-1214; Kaulbach und Meyer, Bewegung, Sp. 869-870. Überblicksdarstellungen zur arabisch-lateinischen Übersetzungsbewegung des 12. bis 16. Jahrhunderts bei Haskins, ''Studies''; Burnett, Translation from Arabic to Latin, S. 1231-1237; Burnett, Translation and Transmission, S. 341-364; Hasse, Social Conditions, S. 68-88; Vgl. hierzu auch [https://wiki.uni-konstanz.de/transmed-de/index.php/1107-1120er:_Die_Questiones_naturales_Adelards_von_Bath_bewerben_%E2%80%9Edie_Studien_der_Araber%E2%80%9C 1107-1120er: Die Questiones naturales Adelards von Bath bewerben „die Studien der Araber“].</ref> Gegen die gedankenlose Rezeption griechischer Philosophie wandte sich wiederum al-Ġazālī in seinem ''Tahāfut al-falāsifa''. Hier setzte er sich mit zwanzig Gedankengängen der graeco-arabischen Philosophen (''falāsifa'') auseinander, mit dem Ziel, zum einen deren Inkonsistenz zu beweisen und zum anderen deren Unvereinbarkeit mit der sunnitischen Lehre aufzuzeigen.<ref name="ftn25">Watt, al-Ghazālī, S. 1040. Dass sich al-Ġazālī mit der Inkohärenz philosophischen Denkens in zwanzig Punkten beschäftigte, ist nicht gleichzusetzen mit seiner generellen Ablehnung griechischer Philosophie. Im Gegenteil verfasste er zwei Werke über aristotelische Logik für sunnitische Juristen. Siehe hierzu Watt, al-Ghazālī, S. 1040.</ref> Hierzu zählte auch die im vorliegenden Quellenexzerpt diskutierte Diskussion um die Frage, ob die Welt ewig sei. Al-Ġazālī lehnte, nachdem er auf seiner persönlichen Suche nach Wahrheit sowohl die Dialektik der ''mutakallimūn''<ref name="ftn26">''Mutakallimūn'' (Sg. ''mutakallim'')'' ''werden diejenigen religiösen Gelehrten (''ʿulamāʾ'') bezeichnet, die sich argumentativ-diskursiv mit dem Inhalt des Glaubens auseinandersetzten, ihrer Ansicht nach, um diesen zu stärken und Zweifel zu zerstreuen. Ihnen gegenüber stehen grob vereinfacht die ''falāsifa ''(Philosophen), die in der griechischen Philosophietradition stehen. Siehe hierzu Arnaldez, Falsafa; Gardet, ʿIlm.</ref> als auch die rationalistische Philosophie der ''falāsifa'' studiert hatte, diese Idee ab. Denn aus seiner Sicht stellten diese das für monotheistische Religionen grundlegende Konzept der göttlichen Allmacht in Frage.<ref name="ftn27">Courtenay, Critique, S. 77, 84. Siehe detaillierter ebenfalls Abū Rīda, ''al-Ghazālī'', S. 15-27. An dieser Stelle sei auf die Problematik der Kausalität hingewiesen, mit der sich die ''mutakallimūn'' in hauptsächlich drei Fragen (1. Kann Kausalität technisch oder universell aus sich selbst heraus erklärt werden? 2. Wie können wir Wissen über Kausalität erlangen? 3. Was hat es mit der Ursache der Wirkung auf sich?) beschäftigten. Nach Aristoteles gilt: ''omne quod movetur, ab aliquo movetur'' („alles, was bewegt wird, wird von irgendwem bewegt“). Jede Bewegung benötigt also jemanden oder etwas, das diese Bewegung auslöst. Demnach müsste jemand oder etwas <u>vor</u> der Zeit eine Bewegung ausgelöst haben, damit diese beginnt. Damit wäre sie jedoch nicht mehr ewig, weil sie über einen Anfang verfügt. Das Problem umgeht Aristoteles mit dem „unbewegten Beweger“, einem Konzept, das eher als Metapher verstanden werden sollte. Ähnlich wie bei einem Wohlgefühl existiert etwas (z. B. eine Blume), das dieses Wohlgefühl auslöst, ohne weder selbst das Auslösen zu beabsichtigen noch dieses Wohlgefühl aktiv anzustoßen (so wird dieses Wohlgefühl beim Anblick einer Blume in einem selbst ausgelöst, ohne dass die Blume sich dessen bewusst ist). Siehe hierzu Assmann et al., Zeit, Sp. 1199; Courtenay, Critique, S. 79-80; Kaulbach und Meyer, Bewegung, Sp. 865-866; Müller, Beweger, Sp. 864.</ref>  
[§9] Calo Calonymos’ lateinische Übersetzung verweist jedoch nicht nur auf Ibn Rušds Kommentierung von al-Ġazālīs ''Tahāfut al-falāsifa'', sondern indirekt auch auf das Zeit- und Ewigkeitsverständnis von Aristoteles sowie die Beschäftigung muslimischer Philosophen mit Aristoteles insgesamt. Bereits im zweiten Jahrhundert nach der muslimischen Herrschaftsübernahme kam es im Nahen Osten des 8. bis 10. Jahrhunderts zur Übersetzung griechischer Texte, darunter mehrerer philosophischer Werke, ins Arabische.<ref name="ftn22">Gutas, ''Greek Thought, Arabic Culture''; siehe auch die älteren Überblicke von O’Leary, ''How Greek Science Passed to the Arabs'';'' ''Walzer, Rise of Islamic Philosophy, S. 1-19.</ref> Auf deren Ideen und Methoden bauten die ersten muslimischen Philosophen auf und erweiterten sie.<ref name="ftn23">Ibn Rušd [Averroes],'' Destructio'', ed. Zedler, S. 2-3;'' ''Borrowman, Islamization, S. 346; Rudolph, ''Philosophie'', S. 11-14; Yousefi, ''Einführung'', S. 36-38.</ref> Dabei setzten sie sich auch mit den Konzepten „Bewegung“ und „Zeit“ auseinander.<ref name="ftn24">Assmann et al., Zeit, Sp. 1213-1214; Kaulbach und Meyer, Bewegung, Sp. 869-870. Überblicksdarstellungen zur arabisch-lateinischen Übersetzungsbewegung des 12. bis 16. Jahrhunderts bei Haskins, ''Studies''; Burnett, Translation from Arabic to Latin, S. 1231-1237; Burnett, Translation and Transmission, S. 341-364; Hasse, Social Conditions, S. 68-88; Vgl. hierzu auch [https://wiki.uni-konstanz.de/transmed-de/index.php/1107-1120er:_Die_Questiones_naturales_Adelards_von_Bath_bewerben_%E2%80%9Edie_Studien_der_Araber%E2%80%9C 1107-1120er: Die Questiones naturales Adelards von Bath bewerben „die Studien der Araber“].</ref> Gegen die gedankenlose Rezeption griechischer Philosophie wandte sich wiederum al-Ġazālī in seinem ''Tahāfut al-falāsifa''. Hier setzte er sich mit zwanzig Gedankengängen der graeco-arabischen Philosophen (''falāsifa'') auseinander, mit dem Ziel, zum einen deren Inkonsistenz zu beweisen und zum anderen deren Unvereinbarkeit mit der sunnitischen Lehre aufzuzeigen.<ref name="ftn25">Watt, al-Ghazālī, S. 1040. Dass sich al-Ġazālī mit der Inkohärenz philosophischen Denkens in zwanzig Punkten beschäftigte, ist nicht gleichzusetzen mit seiner generellen Ablehnung griechischer Philosophie. Im Gegenteil verfasste er zwei Werke über aristotelische Logik für sunnitische Juristen. Siehe hierzu Watt, al-Ghazālī, S. 1040.</ref> Hierzu zählte auch die im vorliegenden Quellenexzerpt diskutierte Diskussion um die Frage, ob die Welt ewig sei. Al-Ġazālī lehnte, nachdem er auf seiner persönlichen Suche nach Wahrheit sowohl die Dialektik der ''mutakallimūn''<ref name="ftn26">''Mutakallimūn'' (Sg. ''mutakallim'')'' ''werden diejenigen religiösen Gelehrten (''ʿulamāʾ'') bezeichnet, die sich argumentativ-diskursiv mit dem Inhalt des Glaubens auseinandersetzten, ihrer Ansicht nach, um diesen zu stärken und Zweifel zu zerstreuen. Ihnen gegenüber stehen grob vereinfacht die ''falāsifa ''(Philosophen), die in der griechischen Philosophietradition stehen. Siehe hierzu Arnaldez, Falsafa; Gardet, ʿIlm.</ref> als auch die rationalistische Philosophie der ''falāsifa'' studiert hatte, diese Idee ab. Denn aus seiner Sicht stellten diese das für monotheistische Religionen grundlegende Konzept der göttlichen Allmacht in Frage.<ref name="ftn27">Courtenay, Critique, S. 77, 84. Siehe detaillierter ebenfalls Abū Rīda, ''al-Ghazālī'', S. 15-27. An dieser Stelle sei auf die Problematik der Kausalität hingewiesen, mit der sich die ''mutakallimūn'' in hauptsächlich drei Fragen (1. Kann Kausalität technisch oder universell aus sich selbst heraus erklärt werden? 2. Wie können wir Wissen über Kausalität erlangen? 3. Was hat es mit der Ursache der Wirkung auf sich?) beschäftigten. Nach Aristoteles gilt: ''omne quod movetur, ab aliquo movetur'' („alles, was bewegt wird, wird von irgendwem bewegt“). Jede Bewegung benötigt also jemanden oder etwas, das diese Bewegung auslöst. Demnach müsste jemand oder etwas <u>vor</u> der Zeit eine Bewegung ausgelöst haben, damit diese beginnt. Damit wäre sie jedoch nicht mehr ewig, weil sie über einen Anfang verfügt. Das Problem umgeht Aristoteles mit dem „unbewegten Beweger“, einem Konzept, das eher als Metapher verstanden werden sollte. Ähnlich wie bei einem Wohlgefühl existiert etwas (z. B. eine Blume), das dieses Wohlgefühl auslöst, ohne weder selbst das Auslösen zu beabsichtigen noch dieses Wohlgefühl aktiv anzustoßen (so wird dieses Wohlgefühl beim Anblick einer Blume in einem selbst ausgelöst, ohne dass die Blume sich dessen bewusst ist). Siehe hierzu Assmann et al., Zeit, Sp. 1199; Courtenay, Critique, S. 79-80; Kaulbach und Meyer, Bewegung, Sp. 865-866; Müller, Beweger, Sp. 864.</ref>  


Das lateinische Europa setzte sich mit den Überlegungen muslimischer Philosophen zu „Zeit“ und „Bewegung“, aber auch mit dem neuen Problem der „Dauer“, das sich bald auszudifferenzieren begann, seit Beginn der arabisch-lateinischen Übersetzungen im 12. Jahrhundert auseinander.<ref name="ftn28">Assmann et al., Zeit, Sp. 1212-1213; Kaulbach und Meyer, Bewegung, Sp. 869-870. </ref> Ibn Rušds / Averroes’ ''Tahāfut al-tahāfut'' wurde dagegen nachweislich erst im 14. Jahrhundert in Europa rezipiert.<ref name="ftn29">Ibn Rušd [Averroes],'' Destructio'', ed. Zedler, S. 24-26; Mahmud, Averroists, 221-222.</ref>
[§10] Das lateinische Europa setzte sich mit den Überlegungen muslimischer Philosophen zu „Zeit“ und „Bewegung“, aber auch mit dem neuen Problem der „Dauer“, das sich bald auszudifferenzieren begann, seit Beginn der arabisch-lateinischen Übersetzungen im 12. Jahrhundert auseinander.<ref name="ftn28">Assmann et al., Zeit, Sp. 1212-1213; Kaulbach und Meyer, Bewegung, Sp. 869-870. </ref> Ibn Rušds / Averroes’ ''Tahāfut al-tahāfut'' wurde dagegen nachweislich erst im 14. Jahrhundert in Europa rezipiert.<ref name="ftn29">Ibn Rušd [Averroes],'' Destructio'', ed. Zedler, S. 24-26; Mahmud, Averroists, 221-222.</ref>


== Kontextualisierung, Analyse & Interpretation ==
== Kontextualisierung, Analyse & Interpretation ==
Die Beschäftigung mit Ibn Rušd / Averroes ist im lateinisch-christlichen Europa vor allem mit der Auseinandersetzung mit Aristoteles verbunden. Die Werke des Aristoteles standen den Gelehrten des mittelalterlichen lateinischen Westens bis ins 12. Jahrhundert nur in einer kleinen Auswahl zur Verfügung: Im 6. Jahrhundert übersetzte Boethius (gest. 540) im Umfeld des ostgotischen Hofes fünf logische Schriften des Aristoteles vom Griechischen ins Lateinische. Diese stellten im lateinisch-christlichen Europa lange Zeit die einzige Grundlage für eine Auseinandersetzung mit Aristoteles dar. Ab dem 12. Jahrhundert stieg das Interesse an aristotelischen Schriften und motivierte die Suche nach weiteren Schriften: Jakob von Venedig (fl. 1134), der während eines Aufenthaltes im pisanischen Viertel Konstantinopels wohl von byzantinischen Gelehrten profitiert hatte, machte sich an die Übersetzung aller logischen Werke des Aristoteles aus dem Griechischen und wandte sich dann gemeinsam mit seinem Zeitgenossen Burgundio von Pisa (gest. 1193) der Übersetzung von Aristoteles’ naturwissenschaftlichen Werken zu. Mittlerweile war allerdings in Toledo ein arabisch-lateinisches Übersetzungszentrum entstanden. Hier produzierte Gerhard von Cremona (gest. 1187) die ersten Aristoteles-Übersetzungen aus dem Arabischen, zu denen sich u. a. mehrere aus dem Arabischen übersetzte Kommentare griechischer und arabischer Werke hinzugesellten. Gerhards Werk wurde dabei von Alfred von Shareshill (fl. 1200) und vor 1220 von Michael Scotus (ca. 1180-1235) in Toledo weitergeführt. Im frühen 13. Jahrhundert entdeckten lateinisch-christliche Gelehrte dann, dass Ibn Rušd / Averroes das gesamte ihm zur Verfügung stehende Corpus aristotelischer Schriften sowohl zusammengefasst als auch ausführlich kommentiert hatte. Die ersten Übersetzungen aus dem Arabischen wurden von dem schon in Toledo tätigen Michael Scotus sowie von Theodor von Antiochia (gest. vor 1250) ausgeführt, die beide am Hof Friedrichs II. (regn. 1198/1212/1220-1250) tätig waren. Ihr Werk wurde dann bis in die zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts von Wilhelm von Luna (fl. 1263) in Neapel und Hermann dem Deutschen (gest. 1272/73) in Toledo weitergeführt. Ferner erfreuten sich die Aristoteleskommentare auch im jüdischen Milieu Südfrankreichs großer Beliebtheit, wo im 13. und 14. Jahrhundert viele Texte aus dem Arabischen ins Hebräische übersetzt wurden.<ref name="ftn30">Borrowman, Islamization, S. 342; Burnett, Aristotle in Translation, S. 1308-1310; Ibn Rušd [Averroes],'' Destructio'', ed. Zedler, S. 18-20; Schmieja, Secundum aliam translationem, S. 316. Für eine andere Darstellung siehe auch Marenbon, Bonaventure, S. 226.</ref>  
[§11] Die Beschäftigung mit Ibn Rušd / Averroes ist im lateinisch-christlichen Europa vor allem mit der Auseinandersetzung mit Aristoteles verbunden. Die Werke des Aristoteles standen den Gelehrten des mittelalterlichen lateinischen Westens bis ins 12. Jahrhundert nur in einer kleinen Auswahl zur Verfügung: Im 6. Jahrhundert übersetzte Boethius (gest. 540) im Umfeld des ostgotischen Hofes fünf logische Schriften des Aristoteles vom Griechischen ins Lateinische. Diese stellten im lateinisch-christlichen Europa lange Zeit die einzige Grundlage für eine Auseinandersetzung mit Aristoteles dar. Ab dem 12. Jahrhundert stieg das Interesse an aristotelischen Schriften und motivierte die Suche nach weiteren Schriften: Jakob von Venedig (fl. 1134), der während eines Aufenthaltes im pisanischen Viertel Konstantinopels wohl von byzantinischen Gelehrten profitiert hatte, machte sich an die Übersetzung aller logischen Werke des Aristoteles aus dem Griechischen und wandte sich dann gemeinsam mit seinem Zeitgenossen Burgundio von Pisa (gest. 1193) der Übersetzung von Aristoteles’ naturwissenschaftlichen Werken zu. Mittlerweile war allerdings in Toledo ein arabisch-lateinisches Übersetzungszentrum entstanden. Hier produzierte Gerhard von Cremona (gest. 1187) die ersten Aristoteles-Übersetzungen aus dem Arabischen, zu denen sich u. a. mehrere aus dem Arabischen übersetzte Kommentare griechischer und arabischer Werke hinzugesellten. Gerhards Werk wurde dabei von Alfred von Shareshill (fl. 1200) und vor 1220 von Michael Scotus (ca. 1180-1235) in Toledo weitergeführt. Im frühen 13. Jahrhundert entdeckten lateinisch-christliche Gelehrte dann, dass Ibn Rušd / Averroes das gesamte ihm zur Verfügung stehende Corpus aristotelischer Schriften sowohl zusammengefasst als auch ausführlich kommentiert hatte. Die ersten Übersetzungen aus dem Arabischen wurden von dem schon in Toledo tätigen Michael Scotus sowie von Theodor von Antiochia (gest. vor 1250) ausgeführt, die beide am Hof Friedrichs II. (regn. 1198/1212/1220-1250) tätig waren. Ihr Werk wurde dann bis in die zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts von Wilhelm von Luna (fl. 1263) in Neapel und Hermann dem Deutschen (gest. 1272/73) in Toledo weitergeführt. Ferner erfreuten sich die Aristoteleskommentare auch im jüdischen Milieu Südfrankreichs großer Beliebtheit, wo im 13. und 14. Jahrhundert viele Texte aus dem Arabischen ins Hebräische übersetzt wurden.<ref name="ftn30">Borrowman, Islamization, S. 342; Burnett, Aristotle in Translation, S. 1308-1310; Ibn Rušd [Averroes],'' Destructio'', ed. Zedler, S. 18-20; Schmieja, Secundum aliam translationem, S. 316. Für eine andere Darstellung siehe auch Marenbon, Bonaventure, S. 226.</ref>  


Ab der Mitte des 13. Jahrhunderts stand den Gelehrten an allen mittlerweile etablierten europäischen Universitäten ein Corpus aristotelischer Schriften zur Verfügung, das mit Texten oder Exzerpten aus Ibn Rušds / Averroes’ Werk angereichert war. Averroistische Ideen wurden dabei v. a. in Paris debattiert, wo es aufgrund der Unvereinbarkeit zwischen aristotelischen und christlichen Ansichten 1270 und 1277 zur Verurteilung mehrerer Aussagen des Aristoteles und ihrer Kommentierung durch Ibn Rušd kam, nachdem bereits 1210 und 1215 aristotelische Werke bis 1255 aus dem Pariser Lehrkanon verbannt worden waren. Zu den verurteilten Thesen gehört auch das Dogma der Ewigkeit der Welt, das als Angriff auf das biblische Dogma der göttlichen Schöpfung gesehen wurde.<ref name="ftn31">Piché, Condemnation; Thijssen, Condemnation; Wippel, Condemnation; für weitere Informationen auch Bianchi, Students. Die Lehre einer ewigen Welt zu vertreten, brachte deren Vertreter auch in Konflikte mit der Kirche, wie die Exkommunikation Biagio Pelacani da Parmas (ca. 1347-1416) 1396 beweist, der diese Lehre geradezu dogmatisch auffasste. Siehe hierzu Connell, Eternity, S. 9-10</ref> Da sich aristotelisch-averroistische Thesen mittlerweile weit verbreitet hatten, sprachen sich nicht nur die Verantwortlichen der Verurteilungen von 1270 und 1277, sondern auch prominente Gelehrte wie Thomas von Aquin (1225-1274) gegen die Lehren des Ibn Rušd / Averroes und seiner Anhänger aus. In diesem Zusammenhang ist u. a. Thomas’ Traktat „Über die Einheit des Geistes gegen die Averroisten“ (''De unitate intellectus contra Averroistas'') zu nennen.<ref name="ftn32">Rokay, Unitate, S. 65. Siehe zur Einheit der Seele auch Zagal Arreguín, Substances.</ref> Jedoch verhinderten weder Verurteilungen noch Gegenargumentationen, dass averroistische Ideen weiter diskutiert wurden und von Paris aus u. a. an italienische Universitäten gelangten.<ref name="ftn33">Ibn Rušd [Averroes], ''Destructio'', ed. Zedler, S. 31-34; Taylor, Averroes, S. 182, 196; weiterführend auch Geofrey, Ibn Rushd; Matner, ''Arabismus''; Renan, ''Averroès''; und Zanner, ''Konstruktionsmerkmale''; für eine systematische Auflistung der lateinischen Renaissance-Übersetzungen der Werke Ibn Rušds / Averroes siehe den Appendix in Hasse, ''Success'', S. 341-357.</ref> Hierdurch lässt sich erklären, warum die vollständige lateinische Übersetzung des ''Tahāfut al-tahāfut'' in Italien entstand.
[§12] Ab der Mitte des 13. Jahrhunderts stand den Gelehrten an allen mittlerweile etablierten europäischen Universitäten ein Corpus aristotelischer Schriften zur Verfügung, das mit Texten oder Exzerpten aus Ibn Rušds / Averroes’ Werk angereichert war. Averroistische Ideen wurden dabei v. a. in Paris debattiert, wo es aufgrund der Unvereinbarkeit zwischen aristotelischen und christlichen Ansichten 1270 und 1277 zur Verurteilung mehrerer Aussagen des Aristoteles und ihrer Kommentierung durch Ibn Rušd kam, nachdem bereits 1210 und 1215 aristotelische Werke bis 1255 aus dem Pariser Lehrkanon verbannt worden waren. Zu den verurteilten Thesen gehört auch das Dogma der Ewigkeit der Welt, das als Angriff auf das biblische Dogma der göttlichen Schöpfung gesehen wurde.<ref name="ftn31">Piché, Condemnation; Thijssen, Condemnation; Wippel, Condemnation; für weitere Informationen auch Bianchi, Students. Die Lehre einer ewigen Welt zu vertreten, brachte deren Vertreter auch in Konflikte mit der Kirche, wie die Exkommunikation Biagio Pelacani da Parmas (ca. 1347-1416) 1396 beweist, der diese Lehre geradezu dogmatisch auffasste. Siehe hierzu Connell, Eternity, S. 9-10</ref> Da sich aristotelisch-averroistische Thesen mittlerweile weit verbreitet hatten, sprachen sich nicht nur die Verantwortlichen der Verurteilungen von 1270 und 1277, sondern auch prominente Gelehrte wie Thomas von Aquin (1225-1274) gegen die Lehren des Ibn Rušd / Averroes und seiner Anhänger aus. In diesem Zusammenhang ist u. a. Thomas’ Traktat „Über die Einheit des Geistes gegen die Averroisten“ (''De unitate intellectus contra Averroistas'') zu nennen.<ref name="ftn32">Rokay, Unitate, S. 65. Siehe zur Einheit der Seele auch Zagal Arreguín, Substances.</ref> Jedoch verhinderten weder Verurteilungen noch Gegenargumentationen, dass averroistische Ideen weiter diskutiert wurden und von Paris aus u. a. an italienische Universitäten gelangten.<ref name="ftn33">Ibn Rušd [Averroes], ''Destructio'', ed. Zedler, S. 31-34; Taylor, Averroes, S. 182, 196; weiterführend auch Geofrey, Ibn Rushd; Matner, ''Arabismus''; Renan, ''Averroès''; und Zanner, ''Konstruktionsmerkmale''; für eine systematische Auflistung der lateinischen Renaissance-Übersetzungen der Werke Ibn Rušds / Averroes siehe den Appendix in Hasse, ''Success'', S. 341-357.</ref> Hierdurch lässt sich erklären, warum die vollständige lateinische Übersetzung des ''Tahāfut al-tahāfut'' in Italien entstand.


Die Debatte um die im hier zitierten Quellenexzerpt verwendeten Konzepte „Bewegung“, „Zeit“ und „Dauer“ hatte allerdings schon unabhängig von Ibn Rušds Thesen um 1200 begonnen. Die frühesten lateinisch-christlichen Autoren, die sich wie William von Durham (gest. 1249) mit diesem Themenkomplex beschäftigten, setzten sich zunächst mit Platos ''Timaios'' und Boethius’ „Vom Trost der Philosophie“ (''De consolatione philosophiae'') auseinander. Erst später griffen Gelehrte wie etwa Robert Grosseteste (ca. 1170-1253) auf Aristoteles zurück''.''<ref name="ftn34">Dales, Discussion, S. 171.</ref>'' ''In seinem in den 1230ern verfassten Traktat „Von der Endlichkeit von Bewegung und Zeit“ (''De finitate motus et temporis'') widerspricht er aktiv sowohl Aristoteles’ als auch Ibn Rušds / Averroes’ Ansicht einer ewigen Welt.<ref name="ftn35">Dales, Grosseteste, S. 552; Dales, Discussion, S. 183-187.</ref> Ebenfalls bestand zu Beginn des 13. Jahrhunderts Unstimmigkeit darüber, was der Begriff „Dauer“ genau bezeichnet. Im aufgeführten Exzerpt taucht das Wort „Dauer“ an sich nicht direkt auf, sondern wird mit den Begriffen „Maß der Entsendung“ (''mensura dimissionis'') oder „Zeitmaß“ (''mensura temporalis/temporis'') umschrieben, beides im Sinne eines „Zeitraums der Schöpfung“ zu verstehen. Die Frage, wie lange das zeitliche Ausmaß der Schöpfung anzusetzen sei, spielte schon im 13. Jahrhundert eine wichtige Rolle für die Frage nach der Ewigkeit der Welt.<sup> </sup>In dieser Debatte bezog Grosseteste dahingehend Position, dass das Nicht-Sein der Welt Bestandteil der Schöpfungskraft Gottes sei und erst die Existenz der Welt auch eine zeitliche Realität ermögliche.<ref name="ftn36">Dales, Time, S. 28, 34, 44-45.</ref> Für die nachfolgende Philosophengeneration bildete Grossetestes Standpunkt zwar einen wichtigen Bezugspunkt, darunter für Matthäus von Acquasparta (ca. 1240-1302), der sich Grossetestes Meinung anschloss, dass unendliche Zeit in den Bereich des Unmöglichen zu verweisen sei. Dennoch war Ibn Rušds / Averroes’ aristotelisch inspirierte Zeitvorstellung in der Scholastik spätestens seit der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts maßgebend, sodass jüngere Denker Aristoteles’ Ideen aufgeschlossener gegenüberstanden als noch Grosseteste.<ref name="ftn37">Assmann et al., Zeit, Sp. 1214.</ref> Weder Albertus Magnus (ca. 1200-1280) noch Thomas von York (fl. 1253-1256) scheuten sich, Grosseteste unter Nutzung Ibn Rušds zu widersprechen und sich in ihrer eigenen Argumentation auf den muslimischen Philosophen zu beziehen.<ref name="ftn38">Dales, Discussions, S. 192.</ref> Hierauf folgten mehrere Widerlegungsversuche: Bonaventura (1221-1274) bemühte sich, die Unendlichkeit der Welt mit aristotelischen Argumenten zu widerlegen.<ref name="ftn39">Cross, Eternity, S. 403, 405-407; Marenbon, Bonaventure, S. 228.</ref> Auch Thomas von Aquin beschäftigte sich mit der Frage nach der Ewigkeit der Welt, stellte die Frage aber rein hypothetisch, ob Gott die Welt als ewig hätte erschaffen können.<ref name="ftn40">Wilks, Aquinas, S. 300-301.</ref> Weil er aber auf unterschiedliche Weise an diese Frage heranging<ref name="ftn41">Cross, Eternity, S. 407-410.</ref>, kam er auch zu anderen Antworten.<ref name="ftn42">Wilks, Aquinas, S. 314-315.</ref> Zu Beginn des 14. Jahrhunderts versuchte schließlich Duns Scotus (ca. 1266-1308), zwischen den Ansichten Bonaventuras und den bei Thomas von Aquin formulierten Positionen zu vermitteln.<ref name="ftn43">Cross, Eternity, S. 412-413.</ref>
[§13] Die Debatte um die im hier zitierten Quellenexzerpt verwendeten Konzepte „Bewegung“, „Zeit“ und „Dauer“ hatte allerdings schon unabhängig von Ibn Rušds Thesen um 1200 begonnen. Die frühesten lateinisch-christlichen Autoren, die sich wie William von Durham (gest. 1249) mit diesem Themenkomplex beschäftigten, setzten sich zunächst mit Platos ''Timaios'' und Boethius’ „Vom Trost der Philosophie“ (''De consolatione philosophiae'') auseinander. Erst später griffen Gelehrte wie etwa Robert Grosseteste (ca. 1170-1253) auf Aristoteles zurück''.''<ref name="ftn34">Dales, Discussion, S. 171.</ref>'' ''In seinem in den 1230ern verfassten Traktat „Von der Endlichkeit von Bewegung und Zeit“ (''De finitate motus et temporis'') widerspricht er aktiv sowohl Aristoteles’ als auch Ibn Rušds / Averroes’ Ansicht einer ewigen Welt.<ref name="ftn35">Dales, Grosseteste, S. 552; Dales, Discussion, S. 183-187.</ref> Ebenfalls bestand zu Beginn des 13. Jahrhunderts Unstimmigkeit darüber, was der Begriff „Dauer“ genau bezeichnet. Im aufgeführten Exzerpt taucht das Wort „Dauer“ an sich nicht direkt auf, sondern wird mit den Begriffen „Maß der Entsendung“ (''mensura dimissionis'') oder „Zeitmaß“ (''mensura temporalis/temporis'') umschrieben, beides im Sinne eines „Zeitraums der Schöpfung“ zu verstehen. Die Frage, wie lange das zeitliche Ausmaß der Schöpfung anzusetzen sei, spielte schon im 13. Jahrhundert eine wichtige Rolle für die Frage nach der Ewigkeit der Welt.<sup> </sup>In dieser Debatte bezog Grosseteste dahingehend Position, dass das Nicht-Sein der Welt Bestandteil der Schöpfungskraft Gottes sei und erst die Existenz der Welt auch eine zeitliche Realität ermögliche.<ref name="ftn36">Dales, Time, S. 28, 34, 44-45.</ref> Für die nachfolgende Philosophengeneration bildete Grossetestes Standpunkt zwar einen wichtigen Bezugspunkt, darunter für Matthäus von Acquasparta (ca. 1240-1302), der sich Grossetestes Meinung anschloss, dass unendliche Zeit in den Bereich des Unmöglichen zu verweisen sei. Dennoch war Ibn Rušds / Averroes’ aristotelisch inspirierte Zeitvorstellung in der Scholastik spätestens seit der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts maßgebend, sodass jüngere Denker Aristoteles’ Ideen aufgeschlossener gegenüberstanden als noch Grosseteste.<ref name="ftn37">Assmann et al., Zeit, Sp. 1214.</ref> Weder Albertus Magnus (ca. 1200-1280) noch Thomas von York (fl. 1253-1256) scheuten sich, Grosseteste unter Nutzung Ibn Rušds zu widersprechen und sich in ihrer eigenen Argumentation auf den muslimischen Philosophen zu beziehen.<ref name="ftn38">Dales, Discussions, S. 192.</ref> Hierauf folgten mehrere Widerlegungsversuche: Bonaventura (1221-1274) bemühte sich, die Unendlichkeit der Welt mit aristotelischen Argumenten zu widerlegen.<ref name="ftn39">Cross, Eternity, S. 403, 405-407; Marenbon, Bonaventure, S. 228.</ref> Auch Thomas von Aquin beschäftigte sich mit der Frage nach der Ewigkeit der Welt, stellte die Frage aber rein hypothetisch, ob Gott die Welt als ewig hätte erschaffen können.<ref name="ftn40">Wilks, Aquinas, S. 300-301.</ref> Weil er aber auf unterschiedliche Weise an diese Frage heranging<ref name="ftn41">Cross, Eternity, S. 407-410.</ref>, kam er auch zu anderen Antworten.<ref name="ftn42">Wilks, Aquinas, S. 314-315.</ref> Zu Beginn des 14. Jahrhunderts versuchte schließlich Duns Scotus (ca. 1266-1308), zwischen den Ansichten Bonaventuras und den bei Thomas von Aquin formulierten Positionen zu vermitteln.<ref name="ftn43">Cross, Eternity, S. 412-413.</ref>


In diesen zeitlichen Kontext zu Beginn des 14. Jahrhunderts fiel auch die erste hebräische Übersetzung des ''Tahāfut al-tahāfut'' durch Calonymos ben David ben Todros. Ähnlich wie ihre christlichen Kollegen beschäftigten sich jüdische Philosophen bereits seit Längerem mit Ibn Rušds / Averroes’ Aristoteleskommentaren.<ref name="ftn44">Steinschneider, ''Uebersetzungen'', S. XXI, 49-52.</ref> Im Hinblick auf die Zeit- und Ewigkeitsproblematik setzten sie aristotelisches und (neu)platonisches Gedankengut in Beziehung zu religiös-philosophischen Elementen der jüdischen Tradition. Da das aristotelische Paradigma der Ewigkeit der Welt auch im Judentum das Schöpfungsdogma in Frage stellt, hatten sich jüdische Denker seit etwa 900 mit dem Problem der Vereinbarkeit aristotelischer und biblischer Vorstellungen beschäftigt und ab der Mitte des 12. Jahrhunderts auch den Schriften al-Ġazālīs Aufmerksamkeit geschenkt.<ref name="ftn45">Assmann et al., Zeit, Sp. 1220-1222; Steinschneider, ''Uebersetzungen'', S. 297.</ref> Von Calonymos ben David ist durch eigene Aussagen belegt, dass er sowohl mit al-Ġazālī als auch Ibn Rušd aufgrund ihrer Erziehung „in einer fingirten [''sic''] Religion“<ref name="ftn46">Steinschneider, ''Uebersetzungen'', S. 332.</ref> fremdelte. Dennoch übertrug er den ''Tahāfut al-tahāfut'' sowohl auf Bitten seiner Kollegen als auch aus dem Wunsch heraus, al-Ġazālīs ''Tahāfut al-falāsifa'' in seiner Darstellung durch Ibn Rušd / Averroes genauer zu studieren.<ref name="ftn47">Nach Steinschneider war al-Ġazālīs ''Tahāfut al-falāsifa'' erst wieder in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts zugänglich und wurde in dieser Zeit auch das erste (und wohl einzige) Mal ins Hebräische übersetzt. Siehe hierzu Steinschneider, ''Uebersetzungen'', S. 327-328.</ref> Seine Motivation lag wohl darin begründet, dass er al-Ġazālīs Versuch, religiöse Grundsätze durch Widerlegung der Philosophen zu verteidigen, für das Judentum nutzbar machen wollte. Daher verwundert es nicht, dass Calonymos ben David die im Text vorhandenen Koran- und Ḥadīṯ-Zitate durch solche aus der Bibel ersetzte.<ref name="ftn48">Ibn Rušd [Averroes],'' Destructio'', ed. Zedler, S. 25-26; Mahmud, Averroists, 221-222; Steinschneider, ''Uebersetzungen'', S. 332-333, 335. </ref> 1328 erfolgte eine weitere, allerdings unvollständige Übersetzung des ''Tahāfut al-tahāfut'' aus dem Arabischen ins Lateinische.<ref name="ftn49">Steinschneider, ''Uebersetzungen'', S. 330-333.</ref> Diese erfuhr jedoch keinerlei Rezeption, bis 1497 Agostino Nifo diese Übersetzung mitsamt einem eigenen Kommentar veröffentlichte und damit einen weiteren Diskussionsbeitrag zur florierenden Aristoteles- und Ibn Rušd- / Averroes-Rezeption der Renaissance leistete<ref name="ftn50">Hasse, Aufstieg, S. 447-448.; Minnema, Algazel, S. 156, 176.</ref>, auch wenn er sich schon 1508 von den Lehren Ibn Rušds / Averroes’ distanzierte.<ref name="ftn51">Hasse, Aufstieg, S. 457, 460-461.</ref> Weniger diese unvollständige lateinische, sondern v. a. die hebräische Übersetzung des Calonymos ben David<ref name="ftn52">Neben dieser hebräischen Übersetzung soll es noch eine weitere anonyme geben, deren Entstehung jedoch ungeklärt ist. Siehe hierzu Steinschneider, ''Uebersetzungen'', S. 333-334.</ref> diente dem späteren Calo Calonymos als Vorlage für seine eigene, 1527 erschienene lateinische Übersetzung.  
[§14] In diesen zeitlichen Kontext zu Beginn des 14. Jahrhunderts fiel auch die erste hebräische Übersetzung des ''Tahāfut al-tahāfut'' durch Calonymos ben David ben Todros. Ähnlich wie ihre christlichen Kollegen beschäftigten sich jüdische Philosophen bereits seit Längerem mit Ibn Rušds / Averroes’ Aristoteleskommentaren.<ref name="ftn44">Steinschneider, ''Uebersetzungen'', S. XXI, 49-52.</ref> Im Hinblick auf die Zeit- und Ewigkeitsproblematik setzten sie aristotelisches und (neu)platonisches Gedankengut in Beziehung zu religiös-philosophischen Elementen der jüdischen Tradition. Da das aristotelische Paradigma der Ewigkeit der Welt auch im Judentum das Schöpfungsdogma in Frage stellt, hatten sich jüdische Denker seit etwa 900 mit dem Problem der Vereinbarkeit aristotelischer und biblischer Vorstellungen beschäftigt und ab der Mitte des 12. Jahrhunderts auch den Schriften al-Ġazālīs Aufmerksamkeit geschenkt.<ref name="ftn45">Assmann et al., Zeit, Sp. 1220-1222; Steinschneider, ''Uebersetzungen'', S. 297.</ref> Von Calonymos ben David ist durch eigene Aussagen belegt, dass er sowohl mit al-Ġazālī als auch Ibn Rušd aufgrund ihrer Erziehung „in einer fingirten [''sic''] Religion“<ref name="ftn46">Steinschneider, ''Uebersetzungen'', S. 332.</ref> fremdelte. Dennoch übertrug er den ''Tahāfut al-tahāfut'' sowohl auf Bitten seiner Kollegen als auch aus dem Wunsch heraus, al-Ġazālīs ''Tahāfut al-falāsifa'' in seiner Darstellung durch Ibn Rušd / Averroes genauer zu studieren.<ref name="ftn47">Nach Steinschneider war al-Ġazālīs ''Tahāfut al-falāsifa'' erst wieder in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts zugänglich und wurde in dieser Zeit auch das erste (und wohl einzige) Mal ins Hebräische übersetzt. Siehe hierzu Steinschneider, ''Uebersetzungen'', S. 327-328.</ref> Seine Motivation lag wohl darin begründet, dass er al-Ġazālīs Versuch, religiöse Grundsätze durch Widerlegung der Philosophen zu verteidigen, für das Judentum nutzbar machen wollte. Daher verwundert es nicht, dass Calonymos ben David die im Text vorhandenen Koran- und Ḥadīṯ-Zitate durch solche aus der Bibel ersetzte.<ref name="ftn48">Ibn Rušd [Averroes],'' Destructio'', ed. Zedler, S. 25-26; Mahmud, Averroists, 221-222; Steinschneider, ''Uebersetzungen'', S. 332-333, 335. </ref> 1328 erfolgte eine weitere, allerdings unvollständige Übersetzung des ''Tahāfut al-tahāfut'' aus dem Arabischen ins Lateinische.<ref name="ftn49">Steinschneider, ''Uebersetzungen'', S. 330-333.</ref> Diese erfuhr jedoch keinerlei Rezeption, bis 1497 Agostino Nifo diese Übersetzung mitsamt einem eigenen Kommentar veröffentlichte und damit einen weiteren Diskussionsbeitrag zur florierenden Aristoteles- und Ibn Rušd- / Averroes-Rezeption der Renaissance leistete<ref name="ftn50">Hasse, Aufstieg, S. 447-448.; Minnema, Algazel, S. 156, 176.</ref>, auch wenn er sich schon 1508 von den Lehren Ibn Rušds / Averroes’ distanzierte.<ref name="ftn51">Hasse, Aufstieg, S. 457, 460-461.</ref> Weniger diese unvollständige lateinische, sondern v. a. die hebräische Übersetzung des Calonymos ben David<ref name="ftn52">Neben dieser hebräischen Übersetzung soll es noch eine weitere anonyme geben, deren Entstehung jedoch ungeklärt ist. Siehe hierzu Steinschneider, ''Uebersetzungen'', S. 333-334.</ref> diente dem späteren Calo Calonymos als Vorlage für seine eigene, 1527 erschienene lateinische Übersetzung.  


Ab der Mitte des 16. Jahrhunderts setzte der allmähliche Niedergang averroistischer Ideen in Europa ein. Ibn Rušds / Averroes’ Überlegungen, die vorher noch elementarer Bestandteil der Aristotelesrezeption waren, wurden im Rahmen einer neuartigen Auseinandersetzung mit Aristoteles im 17. Jahrhundert entbehrlich.<ref name="ftn53">Hasse, Aufstieg, S. 466, 473.</ref> Aus dieser Perspektive erscheint Calo Calonymos’ Übersetzung von 1527 als ein letzter Höhepunkt der europäischen Auseinandersetzung mit Aristoteles durch die Brille Ibn Rušds / Averroes’. Der ''Tahāfut al-tahāfut'' hatte erst mit Nifos Kommentar am Ende des 15. Jahrhunderts begonnen, einen Beitrag zur lateinisch-christlichen Debatte um „Zeit“ und „Dauer“ zu leisten, die übrigens bis heute weiterhin geführt wird.<ref name="ftn54">Assmann et al.: Zeit; Wieland, Dauer.</ref> Obwohl zwischen der Nifo-Ausgabe und Calo Calonymos’ Übersetzung von 1527 nur wenige Jahrzehnte liegen, spiegelt Letztere die Vielfalt der Diskussion wider, u. a. deswegen, weil sie eben keine direkte Übersetzung aus dem Arabischen darstellt. Zwar sind laut Zedler nur geringfügige Fehler bei der Übertragung vom Arabischen ins Hebräische und anschließend ins Lateinische zu beobachten.<ref name="ftn55">Ibn Rušd [Averroes]'', Destructio'', ed. Zedler, S. 29-31.</ref> Blumberg weist allerdings darauf hin, dass ein Vergleich der lateinischen mit der ursprünglichen arabischen Version bedeutende Varianten ans Licht bringt. Zudem seien viele der philosophischen lateinischen Termini nicht ohne Rückbezug auf deren hebräischen und arabischen Pendants zu verstehen.<ref name="ftn56">Blumberg, Review, S. 471.</ref> Konkret bedeutet dies, dass mit Ibn Rušds / Averroes’ und al-Ġazālīs Ansichten auch Überlegungen jüdischer Philosophen, vornehmlich die Calonymos ben Davids, Gegenstand der lateinisch-christlichen Diskussion wurden.
[§15] Ab der Mitte des 16. Jahrhunderts setzte der allmähliche Niedergang averroistischer Ideen in Europa ein. Ibn Rušds / Averroes’ Überlegungen, die vorher noch elementarer Bestandteil der Aristotelesrezeption waren, wurden im Rahmen einer neuartigen Auseinandersetzung mit Aristoteles im 17. Jahrhundert entbehrlich.<ref name="ftn53">Hasse, Aufstieg, S. 466, 473.</ref> Aus dieser Perspektive erscheint Calo Calonymos’ Übersetzung von 1527 als ein letzter Höhepunkt der europäischen Auseinandersetzung mit Aristoteles durch die Brille Ibn Rušds / Averroes’. Der ''Tahāfut al-tahāfut'' hatte erst mit Nifos Kommentar am Ende des 15. Jahrhunderts begonnen, einen Beitrag zur lateinisch-christlichen Debatte um „Zeit“ und „Dauer“ zu leisten, die übrigens bis heute weiterhin geführt wird.<ref name="ftn54">Assmann et al.: Zeit; Wieland, Dauer.</ref> Obwohl zwischen der Nifo-Ausgabe und Calo Calonymos’ Übersetzung von 1527 nur wenige Jahrzehnte liegen, spiegelt Letztere die Vielfalt der Diskussion wider, u. a. deswegen, weil sie eben keine direkte Übersetzung aus dem Arabischen darstellt. Zwar sind laut Zedler nur geringfügige Fehler bei der Übertragung vom Arabischen ins Hebräische und anschließend ins Lateinische zu beobachten.<ref name="ftn55">Ibn Rušd [Averroes]'', Destructio'', ed. Zedler, S. 29-31.</ref> Blumberg weist allerdings darauf hin, dass ein Vergleich der lateinischen mit der ursprünglichen arabischen Version bedeutende Varianten ans Licht bringt. Zudem seien viele der philosophischen lateinischen Termini nicht ohne Rückbezug auf deren hebräischen und arabischen Pendants zu verstehen.<ref name="ftn56">Blumberg, Review, S. 471.</ref> Konkret bedeutet dies, dass mit Ibn Rušds / Averroes’ und al-Ġazālīs Ansichten auch Überlegungen jüdischer Philosophen, vornehmlich die Calonymos ben Davids, Gegenstand der lateinisch-christlichen Diskussion wurden.


Im Rückgriff auf die verschiedenen Dimensionen des Quellenexzerpts lässt sich abschließend konstatieren, dass die arabisch-hebräisch-lateinische Übersetzungsgeschichte des ''Tahāfut al-tahāfut'' und das von Calo Calonymos geschaffene lateinische „Endprodukt“ die in anderen Bereichen durchaus stark markierten Religionsgrenzen zwischen vormonotheistischer klassischer Antike und den drei abrahamitischen Religionen Judentum, Christentum und Islam, in gewisser Weise unterlaufen. Calo Calonymos’ lateinische Version des ''Tahāfut al-tahāfut'' gibt schließlich den Blick auf die früheren Schichten dieses Textes, nämlich die hebräischen und lateinischen Übersetzungen des arabischen Originals frei. Die in der mehrsprachigen Übertragung dieses Textes enthaltenen Interpretations- und Assoziationsräume eröffnen damit ein Kaleidoskop untrennbar miteinander verbundener islamischer, jüdischer und christlicher Einflüsse und Überlegungen zum Thema der Ewigkeit der Welt.|6=Ibn Rušd [Averroes], ''Destructiones destructionum Averrois cum Augustini Niphi de Suessa expositionem. Eiusdem Augustini question de sensu agente'', Venedig: Ottaviano Scoto, 1497 [Erste Ausgabe der ersten unvollständigen lateinischen Übersetzung des arabischen Originals mit der Kommentierung Agostino Nifos].
[§16] Im Rückgriff auf die verschiedenen Dimensionen des Quellenexzerpts lässt sich abschließend konstatieren, dass die arabisch-hebräisch-lateinische Übersetzungsgeschichte des ''Tahāfut al-tahāfut'' und das von Calo Calonymos geschaffene lateinische „Endprodukt“ die in anderen Bereichen durchaus stark markierten Religionsgrenzen zwischen vormonotheistischer klassischer Antike und den drei abrahamitischen Religionen Judentum, Christentum und Islam, in gewisser Weise unterlaufen. Calo Calonymos’ lateinische Version des ''Tahāfut al-tahāfut'' gibt schließlich den Blick auf die früheren Schichten dieses Textes, nämlich die hebräischen und lateinischen Übersetzungen des arabischen Originals frei. Die in der mehrsprachigen Übertragung dieses Textes enthaltenen Interpretations- und Assoziationsräume eröffnen damit ein Kaleidoskop untrennbar miteinander verbundener islamischer, jüdischer und christlicher Einflüsse und Überlegungen zum Thema der Ewigkeit der Welt.|6=Ibn Rušd [Averroes], ''Destructiones destructionum Averrois cum Augustini Niphi de Suessa expositionem. Eiusdem Augustini question de sensu agente'', Venedig: Ottaviano Scoto, 1497 [Erste Ausgabe der ersten unvollständigen lateinischen Übersetzung des arabischen Originals mit der Kommentierung Agostino Nifos].


''Subtilissimus liber Auerois qui dicitur Destructio destructionum philosophie Algazelis nuperrime traductus ... Cui additus est libellus seu epistola Auer. de connexione intellectus abstracti cum homine ab eximio artium et medicine doctore Calo Calonymos hebreo Neapolitano atque preclarum eiusdem volumen de mundi creatione physicis probata rationibus'', Venedig: Giovanni Battista Peterzano, Bernardino Vitali, 1527 [Erstdruck der Calonymos-Übersetzung]Ibn Rušd [Averroes],'' Destructio Destructionum Philosophiae Algazelis in the Latin Version of Calo Calonymos'', ed. Beatrice H. Zedler, Milwaukee: The Marquette University Press, 1961.
''Subtilissimus liber Auerois qui dicitur Destructio destructionum philosophie Algazelis nuperrime traductus ... Cui additus est libellus seu epistola Auer. de connexione intellectus abstracti cum homine ab eximio artium et medicine doctore Calo Calonymos hebreo Neapolitano atque preclarum eiusdem volumen de mundi creatione physicis probata rationibus'', Venedig: Giovanni Battista Peterzano, Bernardino Vitali, 1527 [Erstdruck der Calonymos-Übersetzung]Ibn Rušd [Averroes],'' Destructio Destructionum Philosophiae Algazelis in the Latin Version of Calo Calonymos'', ed. Beatrice H. Zedler, Milwaukee: The Marquette University Press, 1961.

Version vom 16. Juli 2021, 14:16 Uhr

Verfasser/in: Alexander Reindl, unter Mitarbeit von Daniel G. König

Quelle

Ibn Rušd [Averroes], Destructio Destructionem Philosophiae Algazelis in the Latin Version of Calo Calonymos, ed. Beatrice H. Zedler, Milwaukee: The Marquette University Press, 1961, Disputatio prima, S. 87-88, übers. Alexander Reindl und Daniel G. König.
Ait Averroes. Plurimi eorum qui dixerunt innovationem mundi, dixerunt innovationem temporis cum eo. Quare, cum dixit quod mensura dimissionis aut est finita aut infinita, est sermo non versus. Nam quod non habet principium, non cessat, nec finitur; et etiam quoniam adversarius non confitetur quod sit dimissioni mensura. Quod vero debet dici eis, est utrum sit possibile ut innovatio temporis sit extremitas eius, quae est eius principium, longior ab instante in quo sumus? Aut impossibile? Averroes [Ibn Rušd] sagt: Die meisten derer, die sich über die Erschaffung der Welt geäußert haben, haben behauptet, dass mit ihr die Zeit erschaffen worden sei. Wenn er [al-Ġazālī] daher sagte, dass der Zeitraum der Schöpfung (mensura dimissionis) entweder begrenzt oder unbegrenzt sei, ist dies keine eindeutige Aussage. Denn, was keinen Anfang hat, hört weder auf, noch wird es begrenzt. Zudem macht der Gegner [al-Ġazālī] nicht deutlich, welche Dauer der Schöpfungsakt besitzen sollte. Was ihnen [den Argumentationsgegnern] zur Diskussion gestellt werden sollte, ist Folgendes: Besteht die Möglichkeit, dass sich die Erschaffung der Zeit als frühester Beginn des Schöpfungszeitraumes weiter von dem Moment weg befindet, in dem wir uns jetzt befinden? Oder ist das unmöglich?
Si dixerint impossibile, tunc posuerunt mensuram terminatam, qua maior non potest imaginari ab agente. Et hoc est falsum et abominabile apud eos. Wenn sie dies für unmöglich erklären würden, dann würden sie dem Schöpfungszeitraum eine begrenzte Dauer zuweisen, als könnte man sich von Seiten des Bewegers (ab agente) [im Sinne des Schöpfergottes] nichts Gewaltigeres vorstellen. Diese Idee halten sie aber für falsch und verabscheuungswürdig.
Si vero dixerint quod sit possibile ut sit extremitas eius longior ab instante extremitatis creatae, dicatur eis, utrum sit possibile in hac extremitate secunda, ut sit extremitas longior ea? Si dixerint sic, et non evadent ab hoc, dicatur eis ergo hic est possibilitas innovationis mensurarum infinitarum numero, et sequitur vobis, ut sit cessatio earum secundum vos in revolutionibus conditio requisita in innovatione mensurae temporalis, quae est ex eis. Si autem dixeritis quod id quod est infinitum, non cessat, tunc id quod sequitur secundum vos adversario in revolutionibus, sequitur vobis in possibilitate mensurarum temporum quae innovantur. Wenn sie aber für möglich erklären würden, dass dessen Zeitpunkt [der Erschaffung der Zeit] vor dem Zeitpunkt der eigentlichen Schöpfung liege, müsste ihnen die Frage gestellt werden, ob es möglich sei, dass diesem zweiten Zeitpunkt ein früherer vorausginge? Wenn sie dem zustimmen würden, und sie können sich dem kaum entziehen, müsste ihnen ferner gesagt werden, dass dies die Möglichkeit der Erschaffung einer unbegrenzten Zahl von Zeiträumen implizieren würde. Folgt man Euch [den Argumentationsgegnern] in der Behauptung, dass die Beendigung dieser Zeiträume eine erforderliche Bedingung für [den Beginn planetarer] Umdrehungen ist, aus denen wiederum neue Zeiträume hervorgehen, und ferner darin, dass alles, was unendlich ist, auch nicht aufhört, dann widerspricht das, was Eurer Meinung nach daraus folgt, solchen [planetaren] Umdrehungen. Dann ist Euch in der Behauptung zu folgen, dass die Erschaffung mehrerer Zeiträume möglich ist.

Autor/in & Werk

[§1] Im Zentrum des vorliegenden Kommentars steht der jüdische Übersetzer Calo Calonymos ben David (gest. nach 1527). Über sein Leben ist wenig bekannt.[1] In der Regel wird er im Zusammenhang mit der Übersetzung von Ibn Rušds / Averroes’ (520-595/1126-1198) „Die Inkohärenz der Inkohärenz“ (Tahāfut al-tahāfut) genannt.[2] Als gesichert gilt, dass er ursprünglich aus Neapel stammte und als Arzt in Venedig arbeitete.[3] Auch lässt sich belegen, dass 1527 die erste Ausgabe seiner lateinischen Übersetzung des Tahāfut al-tahāfut unter dem Titel Destructio Destructionem gemeinsam mit einer weiteren lateinischen Übersetzung von Ibn Rušds / Averroes’, dem Libellus de connexione intellectus, sowie dem von Calo selbst verfassten Liber de mundi creatione gedruckt wurde. Das gedruckte Werk ist dabei in drei eigenständige Teile geteilt und enthält mehrere Widmungen. Der gesamte Druck ist Alberto Pio, dem Fürsten von Carpi (regn. 1480-1527) gewidmet, einem stark an Aristoteles interessierten Humanisten.[4] Der Liber de mundi creatione wiederum ist dem Kardinal Egidio von Viterbo (sed. 1517-1532) zugeeignet, der u. a. eine neue lateinische Koranübersetzung initiierte.[5] Die Destructio Destructionem selbst widmete Calo Calonymus einem gewissen Ercole Gonzaga, dem Bischof (sed. 1521-1563) und späteren Herzog (regn. 1540-1559) von Mantua.[6] Letzterer hatte in den 1520er Jahren die Übertragung der Werke Ibn Rušds / Averroes’ ins Lateinische stark gefördert.[7]

[§2] Calonymos selbst trug fünf Übersetzungen zu diesem Programm bei. Neben der Destructio zählen hierzu Auszüge aus Ibn Rušds / Averroes’ „Die Erklärung der Bewusstseinsmethoden hinsichtlich der Glaubensvorstellungen der Religion“ (Kitāb al-Kašf ʿan manāhiǧ al-adilla fī ʿaqāʾid al-milla), ferner „Die entscheidende Abhandlung und eine Evaluation der Beziehung zwischen dem Religionsrecht und der Weisheit“ (Kitāb Faṣl al-maqāl wa-taqrīr mā bayna l-šarīʿa wa-l-ḥikma min al-ittiṣāl), die Calonymos in sein eigenes Werk „Von der Schaffung der Welt“ (De mundi creatione) integrierte, und schließlich drei kleinere Werke und Auszüge aus Ibn Rušds / Averroes’ Schriften.[8] Moritz Steinschneider erwähnt noch zwei weitere Autoren, die Calo Calonymos übersetzt haben soll.[9]

[§3] Calo Calonymos’ lateinische Übersetzung des Tahāfut al-tahāfut ist im Kontext zweier weiterer Übersetzungen des Tahāfut al-tahāfut zu sehen, die ebenfalls von zwei jüdischen Gelehrten mit dem Namen Calonymos stammen. Eine Verwandtschaft unter den dreien ist soweit nicht belegt. Der hier im Zentrum stehende Calonymos zog nicht Ibn Rušds / Averroes’ arabisches Original heran, sondern stützte sich auf die erste vollständige hebräische Übersetzung dieses Werks. Diese hatte ein provenzalischer jüdischer Gelehrter namens Calonymos ben David ben Todros unter dem Titel Happalat ha-happala zwischen 1318 und 1328 erstellt.[10] Daneben existierte eine erste direkte lateinische Übersetzung des Tahāfut al-tahāfut aus dem Arabischen, die ein gewisser, für seine arabisch-lateinischen Übersetzungen bekannter Calonymos ben Calonymos ben Meir aus Arles 1328 vorgenommen hatte.[11] Diese Übersetzung war wohl im Auftrag Roberts von Anjou, des Königs von Neapel (regn. 1309-1343) entstanden. Allerdings sind lediglich vierzehn der insgesamt zwanzig Diskussionen darin enthalten.[12] Womöglich war dies ein Grund, warum diese lateinische Übertragung knapp 170 Jahre nicht rezipiert wurde, bis Agostino Nifo (1469/70-1538) 1497 einen Kommentar dazu verfasste und zusammen mit der Übersetzung herausgab.[13] Der hier im Zentrum stehende Calo Calonymos soll die Qualität der Nifo-Ausgabe sowie die lückenhafte und schlechte Übersetzung aus dem Arabischen von 1328 moniert haben. Dies scheint ihn zu seiner eigenen und vollständigen lateinischen Übersetzung motiviert zu haben. Ebenso ist bekannt, dass er sich für die metaphysischen Fragen in Ibn Rušds / Averroes’ Tahāfut al-tahāfut interessierte.[14] Dass er sich hierbei nicht des Originaltextes, sondern einer früheren hebräischen Fassung bediente, ist für die Anfang des 16. Jahrhunderts in Italien angefertigten Übersetzungen nicht ungewöhnlich.[15]

Inhalt & Quellenkontext

[§4] Calo Calonymos’ Destructio Destructionem stellt damit eine lateinische Übersetzung der hebräischen Übersetzung des ursprünglich arabischen Tahāfut al-tahāfut von Ibn Rušd / Averroes dar. In diesem Werk kommentiert Ibn Rušd / Averroes al-Ġazālīs (450-505/1058-1111) „Die Inkohärenz der Philosophen“ (Tahāfut al-falāsifa), ein Traktat, das sich mit der Aristotelesrezeption innerhalb der islamischen Philosophie auseinandersetzt und diese Rezeption kritisiert.[16] In seiner Gegenschrift – der „Inkohärenz der Inkohärenz“ (Tahāfut al-tahāfut) – diskutiert Ibn Rušd / Averroes, wie Thomson es ausdrückt, „practically every important problem that was ever raised in Muslim theological and philosophical circles, so that it constitutes a compendium of Muslim thought.“[17]

[§5] Das hier zitierte Quellenexzerpt lässt sich aus insgesamt sechs verschiedenen Blickwinkeln betrachten, die jeweils eigene Dimensionen der Interpretation aufweisen. Zuallererst kann man den lateinischen Text als Ergebnis einer Übersetzung aus dem Hebräischen betrachten. Auf diese hebräische Vorlage, die wiederum eine Übersetzung aus dem Arabischen darstellt, kann als Zweites eingegangen werden. Daran anschließend kann drittens Ibn Rušds / Averroes’ arabisches Original ins Zentrum rücken. Dieses setzt sich viertens wiederum mit al-Ġazālī auseinander. Dieser verurteilt fünftens die Vertreter einer arabischen Tradition der Philosophie in der aristotelischen Nachfolge. Am Schluss steht sechstens Aristoteles, der die Grundlage für die gesamte philosophische Diskussion und damit für die hier genannten Übersetzungen gestellt hat. Im Folgenden wird versucht, diese verschiedenen Blickwinkel nachzuzeichnen und in einen Zusammenhang zu bringen.

[§6] Ibn Rušds / Averroes’ Tahāfut al-tahāfut steht im Fokus, wenn zunächst allein der Wortlaut der oben angeführten Passage betrachtet wird. Der hier zitierte Ausschnitt stammt aus der „Ersten Diskussion“, in der es um die Ewigkeit der Welt geht. Al-Ġazālī hatte sich in seiner hier angegriffenen Schrift Tahāfut al-falāsifa gegen die vier Beweise der Philosophen gewandt, dass die Welt ewig sei. Diese lauten: 1. Zeitliches kann nicht aus dem absolut Ewigen hervorgehen. 2. Zeit und Bewegung existieren gleichzeitig. 3. Die Welt hat die Möglichkeit, ewiglich zu existieren. 4. Alles Entstehende besteht aus Materie, die ewig ist. Die zitierte Stelle geht auf al-Ġazālīs Widerlegung des ersten Beweises ein, demzufolge Zeitliches nicht aus dem Ewigen hervorgehen kann. Als Vertreter einer monotheistischen Religion ging al-Ġazālī von der Existenz eines Schöpfergottes und einer Schöpfung aus und diskutierte die genannten vier Beweise unter dieser Prämisse. Er wies darauf hin, dass die (alten griechischen und alle auf ihnen aufbauenden) Philosophen der Meinung seien, Gott hätte die Welt früher als zu dem gewählten Zeitpunkt erschaffen können. Aus dieser Annahme ergebe sich, dass Gott eine gewisse Zeit gewartet haben müsste, bis er die Welt erschuf. Die Dauer seines Wartens könnte dabei entweder als endlich definiert werden – dann wäre Gott selbst endlich. Sie könnte aber auch unendlich sein – dann wäre bis zur Weltschöpfung unendlich viel Zeit vergangen, was wiederum implizieren würde, dass die Welt nie erschaffen worden wäre. Indem al-Ġazālī Zeit und Dauer als Produkte der göttlichen Schöpfung definierte, entzog er dem ersten Beweis der Philosophen die Grundlage. Wie Zeit und Dauer letztendlich erschaffen wurden, behandelt er in der folgenden Widerlegung des zweiten Beweises dann ausführlicher.[18]

[§7] In seinem Tahāfut al-tahāfut konterte Ibn Rušd / Averroes al-Ġazālis Dekonstruktion mit dem Hinweis auf ein Argument des Aristoteles. Dieses besagt, dass es keine „leere Zeit“ vor der Welt gegeben haben könne, weil Zeit und Bewegung sich gegenseitig bedingten: Zeit werde durch die Veränderung des Vorherigen zum Nachherigen gemessen, während Bewegung die Verwirklichung einer Möglichkeit darstelle, die ein Seiendes in der Wirklichkeit besitze. Anders ausgedrückt: Bewegung misst Zeit und Zeit misst Bewegung. Beide sind ewig.[19] Würden al-Ġazālīs Überlegungen weitergedacht, so Ibn Rušd / Averroes, müsse man sich fragen, ob die Zeit vor der Welt und ihrer Bewegung erschaffen wurde. Werde dies verneint, so wäre die Dauer, die Gott vor der Weltschöpfung gewartet hätte, begrenzt gewesen – eine Schlussfolgerung, die weder Aristoteles noch Ibn Rušd / Averroes, jedoch ebenso wenig al-Ġazālī selbst für korrekt hielten. Werde die Frage jedoch bejaht, folge daraus wiederum die Frage, ob es vor dieser Zeit nicht noch weitere Zeiten gegeben habe. Werde diese Möglichkeit grundsätzlich anerkannt, impliziere dies Unendlichkeit und damit zwangsweise unendliche Bewegung. Diese Bewegung werde von den Himmelskörpern ausgeführt, deren Bahnen nach Aristoteles das Messinstrument für die Zeit schlechthin darstellten.[20] Auf diese Weise widerlegte Ibn Rušd / Averroes al-Ġazālīs Argumentation.

[§8] Dieser Kontroverse um die Problematik der Entstehung des Zeitlichen aus dem Ewigen anhand der Frage der Dauer folgen weitere Auseinandersetzungen mit der Problematik der Ewigkeit der Welt. Da sich Ibn Rušd / Averroes strukturell an al-Ġazālīs Werk Tahāfut al-falāsifa orientierte, schließen sich wie auch bei al-Ġazālī hieran Kommentare zu weniger ausführlich behandelten Themen an. Dazu zählen die Einheit Gottes, die Frage nach seinen Attributen, seiner Unterscheidbarkeit und seinem Wesen, ferner die Stellung der Planeten und Himmelskörper zu Gott und der Welt. Auf diese insgesamt sechzehn Diskussionen, die sich vorrangig mit der Problematik des Schöpfergottes und dessen Eigenschaften befassen, folgen weitere vier zu Gesichtspunkten, die sich v. a. mit dem Wesen der Seele auseinandersetzen.[21]

[§9] Calo Calonymos’ lateinische Übersetzung verweist jedoch nicht nur auf Ibn Rušds Kommentierung von al-Ġazālīs Tahāfut al-falāsifa, sondern indirekt auch auf das Zeit- und Ewigkeitsverständnis von Aristoteles sowie die Beschäftigung muslimischer Philosophen mit Aristoteles insgesamt. Bereits im zweiten Jahrhundert nach der muslimischen Herrschaftsübernahme kam es im Nahen Osten des 8. bis 10. Jahrhunderts zur Übersetzung griechischer Texte, darunter mehrerer philosophischer Werke, ins Arabische.[22] Auf deren Ideen und Methoden bauten die ersten muslimischen Philosophen auf und erweiterten sie.[23] Dabei setzten sie sich auch mit den Konzepten „Bewegung“ und „Zeit“ auseinander.[24] Gegen die gedankenlose Rezeption griechischer Philosophie wandte sich wiederum al-Ġazālī in seinem Tahāfut al-falāsifa. Hier setzte er sich mit zwanzig Gedankengängen der graeco-arabischen Philosophen (falāsifa) auseinander, mit dem Ziel, zum einen deren Inkonsistenz zu beweisen und zum anderen deren Unvereinbarkeit mit der sunnitischen Lehre aufzuzeigen.[25] Hierzu zählte auch die im vorliegenden Quellenexzerpt diskutierte Diskussion um die Frage, ob die Welt ewig sei. Al-Ġazālī lehnte, nachdem er auf seiner persönlichen Suche nach Wahrheit sowohl die Dialektik der mutakallimūn[26] als auch die rationalistische Philosophie der falāsifa studiert hatte, diese Idee ab. Denn aus seiner Sicht stellten diese das für monotheistische Religionen grundlegende Konzept der göttlichen Allmacht in Frage.[27]

[§10] Das lateinische Europa setzte sich mit den Überlegungen muslimischer Philosophen zu „Zeit“ und „Bewegung“, aber auch mit dem neuen Problem der „Dauer“, das sich bald auszudifferenzieren begann, seit Beginn der arabisch-lateinischen Übersetzungen im 12. Jahrhundert auseinander.[28] Ibn Rušds / Averroes’ Tahāfut al-tahāfut wurde dagegen nachweislich erst im 14. Jahrhundert in Europa rezipiert.[29]

Kontextualisierung, Analyse & Interpretation

[§11] Die Beschäftigung mit Ibn Rušd / Averroes ist im lateinisch-christlichen Europa vor allem mit der Auseinandersetzung mit Aristoteles verbunden. Die Werke des Aristoteles standen den Gelehrten des mittelalterlichen lateinischen Westens bis ins 12. Jahrhundert nur in einer kleinen Auswahl zur Verfügung: Im 6. Jahrhundert übersetzte Boethius (gest. 540) im Umfeld des ostgotischen Hofes fünf logische Schriften des Aristoteles vom Griechischen ins Lateinische. Diese stellten im lateinisch-christlichen Europa lange Zeit die einzige Grundlage für eine Auseinandersetzung mit Aristoteles dar. Ab dem 12. Jahrhundert stieg das Interesse an aristotelischen Schriften und motivierte die Suche nach weiteren Schriften: Jakob von Venedig (fl. 1134), der während eines Aufenthaltes im pisanischen Viertel Konstantinopels wohl von byzantinischen Gelehrten profitiert hatte, machte sich an die Übersetzung aller logischen Werke des Aristoteles aus dem Griechischen und wandte sich dann gemeinsam mit seinem Zeitgenossen Burgundio von Pisa (gest. 1193) der Übersetzung von Aristoteles’ naturwissenschaftlichen Werken zu. Mittlerweile war allerdings in Toledo ein arabisch-lateinisches Übersetzungszentrum entstanden. Hier produzierte Gerhard von Cremona (gest. 1187) die ersten Aristoteles-Übersetzungen aus dem Arabischen, zu denen sich u. a. mehrere aus dem Arabischen übersetzte Kommentare griechischer und arabischer Werke hinzugesellten. Gerhards Werk wurde dabei von Alfred von Shareshill (fl. 1200) und vor 1220 von Michael Scotus (ca. 1180-1235) in Toledo weitergeführt. Im frühen 13. Jahrhundert entdeckten lateinisch-christliche Gelehrte dann, dass Ibn Rušd / Averroes das gesamte ihm zur Verfügung stehende Corpus aristotelischer Schriften sowohl zusammengefasst als auch ausführlich kommentiert hatte. Die ersten Übersetzungen aus dem Arabischen wurden von dem schon in Toledo tätigen Michael Scotus sowie von Theodor von Antiochia (gest. vor 1250) ausgeführt, die beide am Hof Friedrichs II. (regn. 1198/1212/1220-1250) tätig waren. Ihr Werk wurde dann bis in die zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts von Wilhelm von Luna (fl. 1263) in Neapel und Hermann dem Deutschen (gest. 1272/73) in Toledo weitergeführt. Ferner erfreuten sich die Aristoteleskommentare auch im jüdischen Milieu Südfrankreichs großer Beliebtheit, wo im 13. und 14. Jahrhundert viele Texte aus dem Arabischen ins Hebräische übersetzt wurden.[30]

[§12] Ab der Mitte des 13. Jahrhunderts stand den Gelehrten an allen mittlerweile etablierten europäischen Universitäten ein Corpus aristotelischer Schriften zur Verfügung, das mit Texten oder Exzerpten aus Ibn Rušds / Averroes’ Werk angereichert war. Averroistische Ideen wurden dabei v. a. in Paris debattiert, wo es aufgrund der Unvereinbarkeit zwischen aristotelischen und christlichen Ansichten 1270 und 1277 zur Verurteilung mehrerer Aussagen des Aristoteles und ihrer Kommentierung durch Ibn Rušd kam, nachdem bereits 1210 und 1215 aristotelische Werke bis 1255 aus dem Pariser Lehrkanon verbannt worden waren. Zu den verurteilten Thesen gehört auch das Dogma der Ewigkeit der Welt, das als Angriff auf das biblische Dogma der göttlichen Schöpfung gesehen wurde.[31] Da sich aristotelisch-averroistische Thesen mittlerweile weit verbreitet hatten, sprachen sich nicht nur die Verantwortlichen der Verurteilungen von 1270 und 1277, sondern auch prominente Gelehrte wie Thomas von Aquin (1225-1274) gegen die Lehren des Ibn Rušd / Averroes und seiner Anhänger aus. In diesem Zusammenhang ist u. a. Thomas’ Traktat „Über die Einheit des Geistes gegen die Averroisten“ (De unitate intellectus contra Averroistas) zu nennen.[32] Jedoch verhinderten weder Verurteilungen noch Gegenargumentationen, dass averroistische Ideen weiter diskutiert wurden und von Paris aus u. a. an italienische Universitäten gelangten.[33] Hierdurch lässt sich erklären, warum die vollständige lateinische Übersetzung des Tahāfut al-tahāfut in Italien entstand.

[§13] Die Debatte um die im hier zitierten Quellenexzerpt verwendeten Konzepte „Bewegung“, „Zeit“ und „Dauer“ hatte allerdings schon unabhängig von Ibn Rušds Thesen um 1200 begonnen. Die frühesten lateinisch-christlichen Autoren, die sich wie William von Durham (gest. 1249) mit diesem Themenkomplex beschäftigten, setzten sich zunächst mit Platos Timaios und Boethius’ „Vom Trost der Philosophie“ (De consolatione philosophiae) auseinander. Erst später griffen Gelehrte wie etwa Robert Grosseteste (ca. 1170-1253) auf Aristoteles zurück.[34] In seinem in den 1230ern verfassten Traktat „Von der Endlichkeit von Bewegung und Zeit“ (De finitate motus et temporis) widerspricht er aktiv sowohl Aristoteles’ als auch Ibn Rušds / Averroes’ Ansicht einer ewigen Welt.[35] Ebenfalls bestand zu Beginn des 13. Jahrhunderts Unstimmigkeit darüber, was der Begriff „Dauer“ genau bezeichnet. Im aufgeführten Exzerpt taucht das Wort „Dauer“ an sich nicht direkt auf, sondern wird mit den Begriffen „Maß der Entsendung“ (mensura dimissionis) oder „Zeitmaß“ (mensura temporalis/temporis) umschrieben, beides im Sinne eines „Zeitraums der Schöpfung“ zu verstehen. Die Frage, wie lange das zeitliche Ausmaß der Schöpfung anzusetzen sei, spielte schon im 13. Jahrhundert eine wichtige Rolle für die Frage nach der Ewigkeit der Welt. In dieser Debatte bezog Grosseteste dahingehend Position, dass das Nicht-Sein der Welt Bestandteil der Schöpfungskraft Gottes sei und erst die Existenz der Welt auch eine zeitliche Realität ermögliche.[36] Für die nachfolgende Philosophengeneration bildete Grossetestes Standpunkt zwar einen wichtigen Bezugspunkt, darunter für Matthäus von Acquasparta (ca. 1240-1302), der sich Grossetestes Meinung anschloss, dass unendliche Zeit in den Bereich des Unmöglichen zu verweisen sei. Dennoch war Ibn Rušds / Averroes’ aristotelisch inspirierte Zeitvorstellung in der Scholastik spätestens seit der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts maßgebend, sodass jüngere Denker Aristoteles’ Ideen aufgeschlossener gegenüberstanden als noch Grosseteste.[37] Weder Albertus Magnus (ca. 1200-1280) noch Thomas von York (fl. 1253-1256) scheuten sich, Grosseteste unter Nutzung Ibn Rušds zu widersprechen und sich in ihrer eigenen Argumentation auf den muslimischen Philosophen zu beziehen.[38] Hierauf folgten mehrere Widerlegungsversuche: Bonaventura (1221-1274) bemühte sich, die Unendlichkeit der Welt mit aristotelischen Argumenten zu widerlegen.[39] Auch Thomas von Aquin beschäftigte sich mit der Frage nach der Ewigkeit der Welt, stellte die Frage aber rein hypothetisch, ob Gott die Welt als ewig hätte erschaffen können.[40] Weil er aber auf unterschiedliche Weise an diese Frage heranging[41], kam er auch zu anderen Antworten.[42] Zu Beginn des 14. Jahrhunderts versuchte schließlich Duns Scotus (ca. 1266-1308), zwischen den Ansichten Bonaventuras und den bei Thomas von Aquin formulierten Positionen zu vermitteln.[43]

[§14] In diesen zeitlichen Kontext zu Beginn des 14. Jahrhunderts fiel auch die erste hebräische Übersetzung des Tahāfut al-tahāfut durch Calonymos ben David ben Todros. Ähnlich wie ihre christlichen Kollegen beschäftigten sich jüdische Philosophen bereits seit Längerem mit Ibn Rušds / Averroes’ Aristoteleskommentaren.[44] Im Hinblick auf die Zeit- und Ewigkeitsproblematik setzten sie aristotelisches und (neu)platonisches Gedankengut in Beziehung zu religiös-philosophischen Elementen der jüdischen Tradition. Da das aristotelische Paradigma der Ewigkeit der Welt auch im Judentum das Schöpfungsdogma in Frage stellt, hatten sich jüdische Denker seit etwa 900 mit dem Problem der Vereinbarkeit aristotelischer und biblischer Vorstellungen beschäftigt und ab der Mitte des 12. Jahrhunderts auch den Schriften al-Ġazālīs Aufmerksamkeit geschenkt.[45] Von Calonymos ben David ist durch eigene Aussagen belegt, dass er sowohl mit al-Ġazālī als auch Ibn Rušd aufgrund ihrer Erziehung „in einer fingirten [sic] Religion“[46] fremdelte. Dennoch übertrug er den Tahāfut al-tahāfut sowohl auf Bitten seiner Kollegen als auch aus dem Wunsch heraus, al-Ġazālīs Tahāfut al-falāsifa in seiner Darstellung durch Ibn Rušd / Averroes genauer zu studieren.[47] Seine Motivation lag wohl darin begründet, dass er al-Ġazālīs Versuch, religiöse Grundsätze durch Widerlegung der Philosophen zu verteidigen, für das Judentum nutzbar machen wollte. Daher verwundert es nicht, dass Calonymos ben David die im Text vorhandenen Koran- und Ḥadīṯ-Zitate durch solche aus der Bibel ersetzte.[48] 1328 erfolgte eine weitere, allerdings unvollständige Übersetzung des Tahāfut al-tahāfut aus dem Arabischen ins Lateinische.[49] Diese erfuhr jedoch keinerlei Rezeption, bis 1497 Agostino Nifo diese Übersetzung mitsamt einem eigenen Kommentar veröffentlichte und damit einen weiteren Diskussionsbeitrag zur florierenden Aristoteles- und Ibn Rušd- / Averroes-Rezeption der Renaissance leistete[50], auch wenn er sich schon 1508 von den Lehren Ibn Rušds / Averroes’ distanzierte.[51] Weniger diese unvollständige lateinische, sondern v. a. die hebräische Übersetzung des Calonymos ben David[52] diente dem späteren Calo Calonymos als Vorlage für seine eigene, 1527 erschienene lateinische Übersetzung.

[§15] Ab der Mitte des 16. Jahrhunderts setzte der allmähliche Niedergang averroistischer Ideen in Europa ein. Ibn Rušds / Averroes’ Überlegungen, die vorher noch elementarer Bestandteil der Aristotelesrezeption waren, wurden im Rahmen einer neuartigen Auseinandersetzung mit Aristoteles im 17. Jahrhundert entbehrlich.[53] Aus dieser Perspektive erscheint Calo Calonymos’ Übersetzung von 1527 als ein letzter Höhepunkt der europäischen Auseinandersetzung mit Aristoteles durch die Brille Ibn Rušds / Averroes’. Der Tahāfut al-tahāfut hatte erst mit Nifos Kommentar am Ende des 15. Jahrhunderts begonnen, einen Beitrag zur lateinisch-christlichen Debatte um „Zeit“ und „Dauer“ zu leisten, die übrigens bis heute weiterhin geführt wird.[54] Obwohl zwischen der Nifo-Ausgabe und Calo Calonymos’ Übersetzung von 1527 nur wenige Jahrzehnte liegen, spiegelt Letztere die Vielfalt der Diskussion wider, u. a. deswegen, weil sie eben keine direkte Übersetzung aus dem Arabischen darstellt. Zwar sind laut Zedler nur geringfügige Fehler bei der Übertragung vom Arabischen ins Hebräische und anschließend ins Lateinische zu beobachten.[55] Blumberg weist allerdings darauf hin, dass ein Vergleich der lateinischen mit der ursprünglichen arabischen Version bedeutende Varianten ans Licht bringt. Zudem seien viele der philosophischen lateinischen Termini nicht ohne Rückbezug auf deren hebräischen und arabischen Pendants zu verstehen.[56] Konkret bedeutet dies, dass mit Ibn Rušds / Averroes’ und al-Ġazālīs Ansichten auch Überlegungen jüdischer Philosophen, vornehmlich die Calonymos ben Davids, Gegenstand der lateinisch-christlichen Diskussion wurden.

[§16] Im Rückgriff auf die verschiedenen Dimensionen des Quellenexzerpts lässt sich abschließend konstatieren, dass die arabisch-hebräisch-lateinische Übersetzungsgeschichte des Tahāfut al-tahāfut und das von Calo Calonymos geschaffene lateinische „Endprodukt“ die in anderen Bereichen durchaus stark markierten Religionsgrenzen zwischen vormonotheistischer klassischer Antike und den drei abrahamitischen Religionen Judentum, Christentum und Islam, in gewisser Weise unterlaufen. Calo Calonymos’ lateinische Version des Tahāfut al-tahāfut gibt schließlich den Blick auf die früheren Schichten dieses Textes, nämlich die hebräischen und lateinischen Übersetzungen des arabischen Originals frei. Die in der mehrsprachigen Übertragung dieses Textes enthaltenen Interpretations- und Assoziationsräume eröffnen damit ein Kaleidoskop untrennbar miteinander verbundener islamischer, jüdischer und christlicher Einflüsse und Überlegungen zum Thema der Ewigkeit der Welt.

Editionen & Übersetzungen

Ibn Rušd [Averroes], Destructiones destructionum Averrois cum Augustini Niphi de Suessa expositionem. Eiusdem Augustini question de sensu agente, Venedig: Ottaviano Scoto, 1497 [Erste Ausgabe der ersten unvollständigen lateinischen Übersetzung des arabischen Originals mit der Kommentierung Agostino Nifos].

Subtilissimus liber Auerois qui dicitur Destructio destructionum philosophie Algazelis nuperrime traductus ... Cui additus est libellus seu epistola Auer. de connexione intellectus abstracti cum homine ab eximio artium et medicine doctore Calo Calonymos hebreo Neapolitano atque preclarum eiusdem volumen de mundi creatione physicis probata rationibus, Venedig: Giovanni Battista Peterzano, Bernardino Vitali, 1527 [Erstdruck der Calonymos-Übersetzung]Ibn Rušd [Averroes], Destructio Destructionum Philosophiae Algazelis in the Latin Version of Calo Calonymos, ed. Beatrice H. Zedler, Milwaukee: The Marquette University Press, 1961.

Ibn Rušd, Tahāfut al-Tahāfut, ed. Maurice Bouyges, Beirut: Imprimerie Catholique, 1930 [Edition des arabischen Originals].

Averroes’ Tahafut al-Tahafut (The Incoherence of the Incoherence), übers. Simon van den Bergh, 2 Bände, London: Luzac & Co., 1952 [englische Übersetzung des arabischen Originals].

Die Hauptlehren des Averroes nach seiner Schrift: Die Widerlegung des Gazali, übers. Max Horten, Bonn: A. Marcus & E. Webers, 1913 [deutsche Übersetzung des arabischen Originals].

al-Qādī Abū l-Walīd Muḥammad b. Rušd, Tahāfut al-Tahāfut, ed. Sulaymān Dunyā, 2 Bände, Kairo: Dār al-Maʿārif, 1965 [Edition des arabischen Originals].

Zitierte & weiterführende Literatur

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Zitierempfehlung

Alexander Reindl, unter Mitarbeit von Daniel G. König, "1527: Calo Calonymos’ lateinische Übersetzung des Ibn Rušd als Zeugnis einer vielschichtigen und vielsprachigen Aristotelesrezeption", in: Transmediterrane Geschichte. Kommentierte Quellenanthologie, ed. Daniel G. König, Theresa Jäckh, Eric Böhme, URL: https://wiki.uni-konstanz.de/transmed-de/index.php/1527:_Calo_Calonymos’_lateinische_Übersetzung_des_Ibn_Rušd_als_Zeugnis_einer_vielschichtigen_und_vielsprachigen_Aristotelesrezeption. Letzte Änderung: 16.07.2021, Zugriff: 25.11.2024.

Schlagworte

Arabisch, Aristoteles, Aristotelismus, Averroes, Averroismus, Bewegung, Christentum, christliche Philosophie, Dauer, Ewigkeit der Welt, al-Ġazālī, Gott, Hebräisch, Ibn Rušd, Islam, islamische Philosophie, Judentum, jüdische Philosophie, Latein, mittelalterliche Philosophie, Philosophie der Renaissance, Schöpfung, Übersetzung, Zeit


  1. Hasse, Success, S. 73, 344.
  2. Averroes, Destructio, ed. Zedler, S. 26; Hasse, Conditions, S. 76-79; Hasse, Success, S. 81, 342, 354. Ein Überblick über Ibn Rušds Leben und Werk bei Arnaldez, Ibn Rushd; Ben-Abdeljelil, Ibn Ruschd; Ley, Ibn Ruschd.
  3. Hasse, Conditions, S. 76-77; Hasse, Success, S. 73, 344.
  4. Subtilissimus liber Auerois, Widmungsschreiben: Calo Calonymus Hebrevs illvstri Domino Alberto Pio Carpensivm Domino: „Decreui tamen in presentiarum excultissimum libellum seu epistolam ipsius Auer. De connexione intellectus abstracti cum homine latinitati donare eumque annectere nostre tracutioni destructionis Auer. destructionum philosophie Algazelis ac libro nostro de creatione mundi physicis rationibus probata omnesque una impressioni tradere.“ Zu Alberto Pio, siehe Hasse, Success, S. 89, 130, 300.
  5. Liber de mundi creatione physicis rationibus probata egregij doctoris Calo calonymos hebrei Neapolitani Ad Reuerendissimum Dominum Dominum Egidium Carinalem litterarum patrem, in: Subtilissimus liber Auerois, Widmungsschreiben. Zu Egidio da Viterbo, vgl. Starczewska, A Latin Translation of the Qur’an, S. XIII-XVII.
  6. Averroes, Destructio, ed. Zedler, S. 26, 29, 55; Hasse, Success, S. 81; Steinschneider, Uebersetzungen, S. 984.
  7. Hasse, Conditions, S. 78; Hasse, Success, S. 80-81.
  8. Hasse, Success, S. 73.
  9. Steinschneider, Uebersetzungen, S. 984.
  10. Ibn Rušd [Averroes], Destructio, ed. Zedler, S. 25; Mahmud, Averroists, 221. Ein Überblick über das Leben des Calonymos ben David ben Todros bei Gottheil und Broydé, Kalonymos Ben David.
  11. Ein Überblick über das Leben des Calonymos ben Calonymos ben Meir bei Gottheil und Broydé, Kalonymos Ben Kalonymos.
  12. Ibn Rušd [Averroes], Destructio, ed. Zedler, S. 24-23.
  13. Minnema, Algazel, S. 156, 176.
  14. Ibn Rušd [Averroes], Destructio, ed. Zedler, S. 26-27, 46-48; Minnema, Algazel, S. 176.
  15. Hasse, Conditions, S. 76. Interessanterweise spielen antijüdische Ressentiments keine Rolle bei den Übersetzungstätigkeiten. Siehe hierzu Hasse, Conditions, S. 77; Horowitz, Averroism, S. 704.
  16. Arnaldez, Ibn Rushd, S. 915; Ben-Abdeljelil, Ibn Ruschd, S. 77; Ley, Ibn Ruschd, S. 422; Ibn Rušd [Averroes], Destructio, ed. Zedler, S. 6-14; Averroes’ Tahafut al-Tahafut, übers. van den Bergh, S. xiv; Yousefi: Einführung, S. 104. Ein Überblick über al-Ġazālīs Leben und Werk bei Watt, al-Ghazālī.
  17. Thomson, Review, S. 323.
  18. al-Ġazālī, Incoherence, S. 30-39. Eine Zusammenfassung und Kommentierung des Tahāfut al-falsāfia findet sich bei Abū Rīdah, Al-Ghazālī, S. 98-188.
  19. Arnaldez, Ibn Rushd, S. 915; Assmann et al., Zeit, Sp. 1199; Kaulbach und Meyer, Bewegung, Sp. 865-866; Ley, Ibn Ruschd, S. 423-424; Müller, Beweger, Sp. 864.
  20. Arnaldez, Ibn Rushd, S. 915.
  21. Averroes’ Tahafut al-Tahafut, übers. van den Bergh, S. vii-viii; Arnaldez, Ibn Rushd, S. 915; Ley, Ibn Ruschd, S. 423-424.
  22. Gutas, Greek Thought, Arabic Culture; siehe auch die älteren Überblicke von O’Leary, How Greek Science Passed to the Arabs; Walzer, Rise of Islamic Philosophy, S. 1-19.
  23. Ibn Rušd [Averroes], Destructio, ed. Zedler, S. 2-3; Borrowman, Islamization, S. 346; Rudolph, Philosophie, S. 11-14; Yousefi, Einführung, S. 36-38.
  24. Assmann et al., Zeit, Sp. 1213-1214; Kaulbach und Meyer, Bewegung, Sp. 869-870. Überblicksdarstellungen zur arabisch-lateinischen Übersetzungsbewegung des 12. bis 16. Jahrhunderts bei Haskins, Studies; Burnett, Translation from Arabic to Latin, S. 1231-1237; Burnett, Translation and Transmission, S. 341-364; Hasse, Social Conditions, S. 68-88; Vgl. hierzu auch 1107-1120er: Die Questiones naturales Adelards von Bath bewerben „die Studien der Araber“.
  25. Watt, al-Ghazālī, S. 1040. Dass sich al-Ġazālī mit der Inkohärenz philosophischen Denkens in zwanzig Punkten beschäftigte, ist nicht gleichzusetzen mit seiner generellen Ablehnung griechischer Philosophie. Im Gegenteil verfasste er zwei Werke über aristotelische Logik für sunnitische Juristen. Siehe hierzu Watt, al-Ghazālī, S. 1040.
  26. Mutakallimūn (Sg. mutakallim) werden diejenigen religiösen Gelehrten (ʿulamāʾ) bezeichnet, die sich argumentativ-diskursiv mit dem Inhalt des Glaubens auseinandersetzten, ihrer Ansicht nach, um diesen zu stärken und Zweifel zu zerstreuen. Ihnen gegenüber stehen grob vereinfacht die falāsifa (Philosophen), die in der griechischen Philosophietradition stehen. Siehe hierzu Arnaldez, Falsafa; Gardet, ʿIlm.
  27. Courtenay, Critique, S. 77, 84. Siehe detaillierter ebenfalls Abū Rīda, al-Ghazālī, S. 15-27. An dieser Stelle sei auf die Problematik der Kausalität hingewiesen, mit der sich die mutakallimūn in hauptsächlich drei Fragen (1. Kann Kausalität technisch oder universell aus sich selbst heraus erklärt werden? 2. Wie können wir Wissen über Kausalität erlangen? 3. Was hat es mit der Ursache der Wirkung auf sich?) beschäftigten. Nach Aristoteles gilt: omne quod movetur, ab aliquo movetur („alles, was bewegt wird, wird von irgendwem bewegt“). Jede Bewegung benötigt also jemanden oder etwas, das diese Bewegung auslöst. Demnach müsste jemand oder etwas vor der Zeit eine Bewegung ausgelöst haben, damit diese beginnt. Damit wäre sie jedoch nicht mehr ewig, weil sie über einen Anfang verfügt. Das Problem umgeht Aristoteles mit dem „unbewegten Beweger“, einem Konzept, das eher als Metapher verstanden werden sollte. Ähnlich wie bei einem Wohlgefühl existiert etwas (z. B. eine Blume), das dieses Wohlgefühl auslöst, ohne weder selbst das Auslösen zu beabsichtigen noch dieses Wohlgefühl aktiv anzustoßen (so wird dieses Wohlgefühl beim Anblick einer Blume in einem selbst ausgelöst, ohne dass die Blume sich dessen bewusst ist). Siehe hierzu Assmann et al., Zeit, Sp. 1199; Courtenay, Critique, S. 79-80; Kaulbach und Meyer, Bewegung, Sp. 865-866; Müller, Beweger, Sp. 864.
  28. Assmann et al., Zeit, Sp. 1212-1213; Kaulbach und Meyer, Bewegung, Sp. 869-870.
  29. Ibn Rušd [Averroes], Destructio, ed. Zedler, S. 24-26; Mahmud, Averroists, 221-222.
  30. Borrowman, Islamization, S. 342; Burnett, Aristotle in Translation, S. 1308-1310; Ibn Rušd [Averroes], Destructio, ed. Zedler, S. 18-20; Schmieja, Secundum aliam translationem, S. 316. Für eine andere Darstellung siehe auch Marenbon, Bonaventure, S. 226.
  31. Piché, Condemnation; Thijssen, Condemnation; Wippel, Condemnation; für weitere Informationen auch Bianchi, Students. Die Lehre einer ewigen Welt zu vertreten, brachte deren Vertreter auch in Konflikte mit der Kirche, wie die Exkommunikation Biagio Pelacani da Parmas (ca. 1347-1416) 1396 beweist, der diese Lehre geradezu dogmatisch auffasste. Siehe hierzu Connell, Eternity, S. 9-10
  32. Rokay, Unitate, S. 65. Siehe zur Einheit der Seele auch Zagal Arreguín, Substances.
  33. Ibn Rušd [Averroes], Destructio, ed. Zedler, S. 31-34; Taylor, Averroes, S. 182, 196; weiterführend auch Geofrey, Ibn Rushd; Matner, Arabismus; Renan, Averroès; und Zanner, Konstruktionsmerkmale; für eine systematische Auflistung der lateinischen Renaissance-Übersetzungen der Werke Ibn Rušds / Averroes siehe den Appendix in Hasse, Success, S. 341-357.
  34. Dales, Discussion, S. 171.
  35. Dales, Grosseteste, S. 552; Dales, Discussion, S. 183-187.
  36. Dales, Time, S. 28, 34, 44-45.
  37. Assmann et al., Zeit, Sp. 1214.
  38. Dales, Discussions, S. 192.
  39. Cross, Eternity, S. 403, 405-407; Marenbon, Bonaventure, S. 228.
  40. Wilks, Aquinas, S. 300-301.
  41. Cross, Eternity, S. 407-410.
  42. Wilks, Aquinas, S. 314-315.
  43. Cross, Eternity, S. 412-413.
  44. Steinschneider, Uebersetzungen, S. XXI, 49-52.
  45. Assmann et al., Zeit, Sp. 1220-1222; Steinschneider, Uebersetzungen, S. 297.
  46. Steinschneider, Uebersetzungen, S. 332.
  47. Nach Steinschneider war al-Ġazālīs Tahāfut al-falāsifa erst wieder in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts zugänglich und wurde in dieser Zeit auch das erste (und wohl einzige) Mal ins Hebräische übersetzt. Siehe hierzu Steinschneider, Uebersetzungen, S. 327-328.
  48. Ibn Rušd [Averroes], Destructio, ed. Zedler, S. 25-26; Mahmud, Averroists, 221-222; Steinschneider, Uebersetzungen, S. 332-333, 335.
  49. Steinschneider, Uebersetzungen, S. 330-333.
  50. Hasse, Aufstieg, S. 447-448.; Minnema, Algazel, S. 156, 176.
  51. Hasse, Aufstieg, S. 457, 460-461.
  52. Neben dieser hebräischen Übersetzung soll es noch eine weitere anonyme geben, deren Entstehung jedoch ungeklärt ist. Siehe hierzu Steinschneider, Uebersetzungen, S. 333-334.
  53. Hasse, Aufstieg, S. 466, 473.
  54. Assmann et al.: Zeit; Wieland, Dauer.
  55. Ibn Rušd [Averroes], Destructio, ed. Zedler, S. 29-31.
  56. Blumberg, Review, S. 471.