785-791: Papst Hadrian I. kritisiert einen Verfall christlicher Glaubenslehre und -praxis im muslimischen al-Andalus: Unterschied zwischen den Versionen

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Abschließend ist zu fragen, wie Hadrians Beobachtung, die christliche Glaubenslehre und –praxis sei etwa sieben Jahrzehnte nach der muslimischen Herrschaftsübernahme auf der Iberischen Halbinsel stark gefährdet gewesen, zu beurteilen ist. Auf der Iberischen Halbinsel war es nach den chaotischen Jahrzehnten der Invasionszeit und Statthalterherrschaft ab 756 zu einer gewissen Stabilisierung der Verhältnisse im umayyadischen Emirat und damit zu einem ''modus vivendi'' zwischen Eroberern und Eroberten gekommen. Dieser beförderte auch eine intensivere Vermischung, z. B. im Rahmen von Heiratsverbindungen nach den nun herrschenden islamischen Normen.<ref name="ftn82">Vgl. hierzu die Thesen von Guichard, Les Arabes ont bien envahi, S. 1483-1513.</ref> Ab den 750ern scheint auch die Kirche zu einer gewissen Stabilität unter neuen Vorzeichen zurückgefunden zu haben. Die ehemalige, von Toledo aus geführte westgotische Reichskirche hatte ihre Privilegien verloren. Infolge der muslimischen Herrschaftsübernahme musste sie sich den Normen einer neuen Variante des Monotheismus unterordnen und stand nun mit dem ehemals von ihr unterdrückten Judentum auf gleicher Stufe. Ein Bischof wie Elipandus genoss unter muslimischer Herrschaft zwar deutlich mehr dogmatische Freiheiten als der unter karolingischer Herrschaft stehende Felix von Urgell, wurde aber in seinem Primatsanspruch nun sowohl von innen durch Migetius als auch von außen durch Beatus von Liébana herausgefordert. Die Bewegung der Migetianer könnte in ihrer radikalen Ablehnung der sozialen Interaktion mit „Heiden“ als eine Art Protestbewegung gegen die mit der neuen Herrschaft kooperierende Amtskirche betrachtet werden. In der Polemik des Beatus von Liébana manifestiert sich ein neues Machtverhältnis zwischen Kirchenvertretern ehemals verbundener, nun aber getrennter Herrschaftsbereiche. Ob der unter muslimischer Herrschaft wirkende Klerus nicht nur im Hinblick auf sein Sozialverhalten in einer nun muslimisch dominierten Gesellschaft, sondern auch hinsichtlich seiner Glaubenslehre und –praxis als „konzessionsbereit“ zu gelten hat, ist unsicher. Dass zunächst Elipandus von Toledo, dann auch der außerhalb des muslimischen Herrschaftsbereiches wirkende Felix von Urgell bewusst eine adoptianistische Doktrin entwickelten, um den antitrinitarischen Vorstellungen von Juden und Muslimen entgegenzukommen, erscheint sehr unwahrscheinlich. Dennoch fällt es schwer zu glauben, die durch die muslimische Herrschaftsübernahme hervorgerufenen radikalen Veränderungen für den Status des Christentums auf der Iberischen Halbinsel hätten keinerlei dogmatische Effekte gezeitigt. Zwar lässt sich im stark trinitarisch geprägten Gedankengut des Migetianismus und Adoptianismus kein wirklicher islamischer Einfluss erkennen. Dennoch ist es bezeichnend, dass in der Etablierungsphase der Muslime auf der Iberischen Halbinsel zwei doch relativ vehemente Auseinandersetzungen um den Status der Figur Jesu aufkamen, die sowohl gegen die Amtskirche gerichtet waren, als auch von dieser ausgingen. Das Aufbrechen der alten, stark herrschaftsfixierten westgotischen Kirchenhierarchie hatte den Christen unter muslimischer Herrschaft innerhalb ihres Glaubenssystems neue dogmatische Freiheiten eröffnet, vielleicht aber auch vielleicht Zweifel an der Validität bisheriger Vorstellungen und Hierarchien gesät.<ref name="ftn83">Dieses Phänomen ist schon für den Nahen Osten der frühen Umayyadenperiode dokumentiert: So z. B. zahlten dort jakobitische Christen den frühen Muslimen besondere Tribute, um von ihnen Protektion vor Verfolgung durch orthodoxe Christen zu bekommen. Vgl. ''The Seventh Century in West-Syrian Chronicles'', trans. Andrew Palmer, Simon Brock, text no. 4 (The Maronite Chronicle), Liverpool: LUP, 1993, S. 29-32. Johannes Bar Penjaye schrieb als syrischer Zeitzeuge der Eroberungen in den 690ern: „From every man they required only the tribute, and left him free to hold any belief, and there were even some Christians among them: some belonged to the heretics and others to us.“ Vgl. John Bar Penkaye, World History, übers. Robert Pearse, auf der Basis von Alphonse Mingana, ''Sources Syriaques'', Mosul 1908, Bd. 1, S. 1- 174 (Syriac), S. 172-197 (French) sowie Sebastian Brock, North Mesopotamia in the late seventh century: Book XV of John Bar Penkayé's Rish Melle, ''Jerusalem Studies in Arabic and Islam'' 9 (1987), S. 51-75, URL: [http://www.tertullian.org/fathers/john_bar_penkaye_history_15_trans.htm#Book%2015 http://www.tertullian.org/fathers/john_bar_penkaye_history_15_trans.htm#Book%2015] (Zugriff: 07.12.2020).</ref>  
Abschließend ist zu fragen, wie Hadrians Beobachtung, die christliche Glaubenslehre und –praxis sei etwa sieben Jahrzehnte nach der muslimischen Herrschaftsübernahme auf der Iberischen Halbinsel stark gefährdet gewesen, zu beurteilen ist. Auf der Iberischen Halbinsel war es nach den chaotischen Jahrzehnten der Invasionszeit und Statthalterherrschaft ab 756 zu einer gewissen Stabilisierung der Verhältnisse im umayyadischen Emirat und damit zu einem ''modus vivendi'' zwischen Eroberern und Eroberten gekommen. Dieser beförderte auch eine intensivere Vermischung, z. B. im Rahmen von Heiratsverbindungen nach den nun herrschenden islamischen Normen.<ref name="ftn82">Vgl. hierzu die Thesen von Guichard, Les Arabes ont bien envahi, S. 1483-1513.</ref> Ab den 750ern scheint auch die Kirche zu einer gewissen Stabilität unter neuen Vorzeichen zurückgefunden zu haben. Die ehemalige, von Toledo aus geführte westgotische Reichskirche hatte ihre Privilegien verloren. Infolge der muslimischen Herrschaftsübernahme musste sie sich den Normen einer neuen Variante des Monotheismus unterordnen und stand nun mit dem ehemals von ihr unterdrückten Judentum auf gleicher Stufe. Ein Bischof wie Elipandus genoss unter muslimischer Herrschaft zwar deutlich mehr dogmatische Freiheiten als der unter karolingischer Herrschaft stehende Felix von Urgell, wurde aber in seinem Primatsanspruch nun sowohl von innen durch Migetius als auch von außen durch Beatus von Liébana herausgefordert. Die Bewegung der Migetianer könnte in ihrer radikalen Ablehnung der sozialen Interaktion mit „Heiden“ als eine Art Protestbewegung gegen die mit der neuen Herrschaft kooperierende Amtskirche betrachtet werden. In der Polemik des Beatus von Liébana manifestiert sich ein neues Machtverhältnis zwischen Kirchenvertretern ehemals verbundener, nun aber getrennter Herrschaftsbereiche. Ob der unter muslimischer Herrschaft wirkende Klerus nicht nur im Hinblick auf sein Sozialverhalten in einer nun muslimisch dominierten Gesellschaft, sondern auch hinsichtlich seiner Glaubenslehre und –praxis als „konzessionsbereit“ zu gelten hat, ist unsicher. Dass zunächst Elipandus von Toledo, dann auch der außerhalb des muslimischen Herrschaftsbereiches wirkende Felix von Urgell bewusst eine adoptianistische Doktrin entwickelten, um den antitrinitarischen Vorstellungen von Juden und Muslimen entgegenzukommen, erscheint sehr unwahrscheinlich. Dennoch fällt es schwer zu glauben, die durch die muslimische Herrschaftsübernahme hervorgerufenen radikalen Veränderungen für den Status des Christentums auf der Iberischen Halbinsel hätten keinerlei dogmatische Effekte gezeitigt. Zwar lässt sich im stark trinitarisch geprägten Gedankengut des Migetianismus und Adoptianismus kein wirklicher islamischer Einfluss erkennen. Dennoch ist es bezeichnend, dass in der Etablierungsphase der Muslime auf der Iberischen Halbinsel zwei doch relativ vehemente Auseinandersetzungen um den Status der Figur Jesu aufkamen, die sowohl gegen die Amtskirche gerichtet waren, als auch von dieser ausgingen. Das Aufbrechen der alten, stark herrschaftsfixierten westgotischen Kirchenhierarchie hatte den Christen unter muslimischer Herrschaft innerhalb ihres Glaubenssystems neue dogmatische Freiheiten eröffnet, vielleicht aber auch vielleicht Zweifel an der Validität bisheriger Vorstellungen und Hierarchien gesät.<ref name="ftn83">Dieses Phänomen ist schon für den Nahen Osten der frühen Umayyadenperiode dokumentiert: So z. B. zahlten dort jakobitische Christen den frühen Muslimen besondere Tribute, um von ihnen Protektion vor Verfolgung durch orthodoxe Christen zu bekommen. Vgl. ''The Seventh Century in West-Syrian Chronicles'', trans. Andrew Palmer, Simon Brock, text no. 4 (The Maronite Chronicle), Liverpool: LUP, 1993, S. 29-32. Johannes Bar Penjaye schrieb als syrischer Zeitzeuge der Eroberungen in den 690ern: „From every man they required only the tribute, and left him free to hold any belief, and there were even some Christians among them: some belonged to the heretics and others to us.“ Vgl. John Bar Penkaye, World History, übers. Robert Pearse, auf der Basis von Alphonse Mingana, ''Sources Syriaques'', Mosul 1908, Bd. 1, S. 1- 174 (Syriac), S. 172-197 (French) sowie Sebastian Brock, North Mesopotamia in the late seventh century: Book XV of John Bar Penkayé's Rish Melle, ''Jerusalem Studies in Arabic and Islam'' 9 (1987), S. 51-75, URL: [http://www.tertullian.org/fathers/john_bar_penkaye_history_15_trans.htm#Book%2015 http://www.tertullian.org/fathers/john_bar_penkaye_history_15_trans.htm#Book%2015] (Zugriff: 07.12.2020).</ref>  


Hadrians Brief ist als Machtdemonstration, aber auch als Kommunikationsversuch eines Papstes zu sehen, der diese Veränderungen aus der Distanz beobachtete und verurteilte, aber auch nur teilweise nachvollziehen konnte. Hadrian rief den Klerus Spaniens nicht nur zur Rückkehr zu etablierten Glaubensinhalten und –praktiken auf. Er forderte auch eine kaum realistisch umzusetzende Distanzierung von den so genannten „Heiden“ und damit Widerstand gegen den gefundenen ''modus vivendi ''zwischen Eroberern und Eroberten. Sein Brief dokumentiert einen in Ansätzen und verschiedenen Facetten zu beobachtenden Transkulturationsprozess auf der Iberischen Halbinsel, ferner die unterschiedliche Ausdifferenzierung von Christentümern unter christlicher und muslimischer Herrschaft.<ref name="ftn84">Vgl. hierzu das Konzept sich diversifizierender Mikro-Christenheiten in Brown, ''Rise of Western Christendom'', S. 355-380.</ref> Anhand des Briefes lässt sich diskutieren, inwieweit der islamische Monotheismus auf christliche Doktrinen unter oder in Nachbarschaft zur muslimischen Herrschaft einwirkte. Auch vermittelt er einen Eindruck davon, wie die neue Herrschaftskonstellation auf der Iberischen Halbinsel nach Asturien, das Frankenreich und Rom ausstrahlte und in diesen Gegenden Reaktionen und Bemühungen provozierte, in die kirchlichen Verhältnisse des frühen umayyadischen Emirats einzugreifen.<ref name="ftn85">Vgl. Aillet, Pope Hadrian’s Epistles, S. 341: „The answer to Egila also uniquely documents the intense doctrinal debate that was taking place within the church in al-Andalus a few decades after the Muslim conquest, and complements contemporary Mozarabic Latin sources. The challenge of living under Muslim rule led the weakened clergy of al-Andalus to consider the various aspects of canon law that affected coexistence, such as those that dealt with sharing food and entering into matrimonial alliances. Coexistence with Islam had theological consequences, both direct and indirect.“</ref>}}
Hadrians Brief ist als Machtdemonstration, aber auch als Kommunikationsversuch eines Papstes zu sehen, der diese Veränderungen aus der Distanz beobachtete und verurteilte, aber auch nur teilweise nachvollziehen konnte. Hadrian rief den Klerus Spaniens nicht nur zur Rückkehr zu etablierten Glaubensinhalten und –praktiken auf. Er forderte auch eine kaum realistisch umzusetzende Distanzierung von den so genannten „Heiden“ und damit Widerstand gegen den gefundenen ''modus vivendi ''zwischen Eroberern und Eroberten. Sein Brief dokumentiert einen in Ansätzen und verschiedenen Facetten zu beobachtenden Transkulturationsprozess auf der Iberischen Halbinsel, ferner die unterschiedliche Ausdifferenzierung von Christentümern unter christlicher und muslimischer Herrschaft.<ref name="ftn84">Vgl. hierzu das Konzept sich diversifizierender Mikro-Christenheiten in Brown, ''Rise of Western Christendom'', S. 355-380.</ref> Anhand des Briefes lässt sich diskutieren, inwieweit der islamische Monotheismus auf christliche Doktrinen unter oder in Nachbarschaft zur muslimischen Herrschaft einwirkte. Auch vermittelt er einen Eindruck davon, wie die neue Herrschaftskonstellation auf der Iberischen Halbinsel nach Asturien, das Frankenreich und Rom ausstrahlte und in diesen Gegenden Reaktionen und Bemühungen provozierte, in die kirchlichen Verhältnisse des frühen umayyadischen Emirats einzugreifen.<ref name="ftn85">Vgl. Aillet, Pope Hadrian’s Epistles, S. 341: „The answer to Egila also uniquely documents the intense doctrinal debate that was taking place within the church in al-Andalus a few decades after the Muslim conquest, and complements contemporary Mozarabic Latin sources. The challenge of living under Muslim rule led the weakened clergy of al-Andalus to consider the various aspects of canon law that affected coexistence, such as those that dealt with sharing food and entering into matrimonial alliances. Coexistence with Islam had theological consequences, both direct and indirect.“</ref>|6=''Codex Carolinus'' (ep. 95: Hadrianus episcopus … omnibus orthodoxis episcopis per universam Spaniam commorantibus), ed. Wilhelm Gundlach (MGH Epp. 3, Epistolae Merowingici et Karolini Aevi I), Berlin: Weidmann, 1892, S. 636-643.}}

Version vom 23. Februar 2021, 09:07 Uhr

Verfasser/in: Daniel G. König

Quelle

Codex Carolinus (ep. 95: Hadrianus episcopus … omnibus orthodoxis episcopis per universam Spaniam commorantibus), ed. Wilhelm Gundlach (MGH Epp. 3, Epistolae Merowingici et Karolini Aevi I), Berlin: Weidmann, 1892, S. 636-637, 643, übers. Daniel G. König.
[S. 636] Hadrianus episcopus, servus servorum Dei, dilectissimis nobis omnibus orthodoxis episcopis per universam Spaniam commorantibus (…). Bischof Hadrian, Diener der Diener Gottes, allen unseren geliebten rechtgläubigen Bischöfen, die sich in ganz Spanien aufhalten (…).
S. 637] Audivimus quippe, quod quidam episcoporum partibus vestris degentibus, apostolicae sedis doctrinae contemptores, contra Romanam et orthodoxam fidei tradicionem novas introducere nituntur hereses (…). Wir haben nämlich gehört, dass gewisse Bischöfe, die in Euren Gegenden leben und die Doktrinen des apostolischen Stuhls verachten, versucht haben, entgegen der römischen und rechtgläubigen Tradition des Glaubens, neue Häresien einzuführen.
Dudum vero, quo Wilcharius archiepiscopus Galliarum suggessit nobis pro quodam Egila, ut eum episcopum consecraret, valde nimisque eum in fide catholica et in moribus actibus laudans, ut consecratus vestris partibus emitteretur predicandum: nos vero predicti Wilcharii archiepiscopi petitione credentes, consuete illi licentiam tribuimus, ut canonice eum examinante, quatenus, si post discussionem et veram examinationem rectum et catholicum eum invenisset, episcopum ordinaret; et nullam quamlibet alienam sedem ambiret vel usurparet, sed solummodo animarum lucra Deo offerri – quia una cum Iohanne presbitero partibus vestris venientes – quod peius est, ut eius fama in auribus nostris sonuit – non recte illa Egila predicat: sed erroribus quidam Mingentii magistri sui sequens, extra catholicam disciplinam, ut fertur, conatur docere; et alia plura capitula, quae absque norma ecclesiastica alios suaderi videntur. (…) Vor einer Weile aber, als der Erzbischof Galliens uns bezüglich eines gewissen Egila vorgeschlagen hat, den er hinsichtlich seines katholischen Glaubens und seines sittlichen Lebenswandels in höchsten Tönen lobte, dass er ihn zum Bischof weihe, damit er als Geweihter zum Predigen in Eure Gebiete geschickt werde, da haben wir im Vertrauen auf die Bitte des erwähnten Erzbischofs Wilcharius diesem in gewohnter Weise diese Erlaubnis gegeben, damit er ihn nach kanonischer Überprüfung zum Bischof weihe, falls er ihn nach Diskussion und eingehender Prüfung für rechtgeleitet und katholisch befinde. Dabei sollte er sich nicht auf irgendeinen Bischofsstuhl bewerben oder diesen unrechtmäßig in Besitz nehmen. Vielmehr sollten lediglich Gott die Reichtümer der Seelen dargeboten werden, weil er nämlich gemeinsam mit dem Presbyter Johannes in eure Gegenden kommen sollte. Schlimmer ist nun, dass uns dessen Ruf in den Ohren tönt, dass dieser Egila nämlich nicht korrekt predigt, sondern, den Irrlehren seines Lehrers, eines gewissen Mingentius, folgend, versucht, außerhalb der katholischen Lehre zu lehren, wie berichtet wird. Ferner gibt es noch einige andere Punkte, in denen sie andere außerhalb der kirchlichen Norm zu überzeugen suchen.
Porro et de partibus vestris pervenit ad nos lugubre capitulum, quod quidam episcopi ibidem degentes videlicet Eliphandus et Ascaricus, cum aliis eorum consentaneis, filium Dei adoptivum confiteri non erubescunt, quod nullus, quamlibet heresiarcha, talem blasphemium ausus est oblatrare nisi perfidus ille Nestorius, qui purum hominem Dei confessus est filium. (…). Ferner erreicht uns nun aus Euren Gebieten die unheilvolle Nachricht, dass gewisse, bei Euch residierende Bischöfe, nämlich Eliphandus und Ascaricus, sich gemeinsam mit anderen ihrer Gesinnungsgenossen nicht scheuen, den Sohn Gottes als Adoptivsohn zu bekennen, obwohl doch bisher kein einziger Häresiarch gewagt hat, eine solche Blasphemie herauszukläffen außer jener hinterhältige Nestorius, der den Sohn Gottes als reinen Menschen bekannt hat.
[S. 643] Porro, dilectissimi, diversa capitula, quae ex illis audivimus partibus, id est: Hinzu kommen, Wertgeschätzte, mehrere Anklagepunkte, die wir aus Euren Gebieten gehört haben. Dies sind:
quod multi, dicentes se catholici esse, communem vitam gerentes cum iudeis et non baptizatis paganis, tam in escis quamque in potis seu in diversis erroribus nihil pollui se inquiunt; Dass viele, die sich als Katholiken ausgeben und mit Juden und nicht getauften Heiden ein Sozialleben pflegen, behaupten, dass sie sich im Rahmen von Banketten und Trinkgelagen nicht mit den verschiedenen Irrlehren verschmutzen;
et illud, quod inibitum est, ut nulli liceat iugum ducere cum infidelibus, ipsi enim filias suas cum alio benedicetur et sic populo gentili tradetur; außerdem, was zu verhindern ist, dass es niemandem erlaubt sei, eine Eheverbindung mit Ungläubigen einzugehen. Solche Leute lassen nämlich zu, dass ihre Töchter mit einem anderen gesegnet [verheiratet] und so dem heidnischen Volk übergeben werden;
et quod sine examinatione prefati presbiteri, ut presint, ordinantur; außerdem, dass die vorgenannten Presbyter ohne Prüfung geweiht werden, damit sie Führungsaufgaben übernehmen können;
et aliud quousque inmanis invaluit error pernitiosus, ut etiam vivente viro mulieres sibi in conubio sortiantur ipsi pseudosacerdotes (…); ein anderes, schon lange Zeit stärker werdendes ungeheuerliches und verderbliches Fehlverhalten, dass nämlich Pseudopriester mit Frauen eine eheähnliche Verbindung eingehen, während deren Männer noch leben;
et alia multa, sicut de illis audivimus partibus, quae longum est dici. ebenso vieles anderes, was wir aus diesen Gegenden hören, was zu lange wäre, um es aufzuführen.
Quapropter, dilectissimi, oportet vestram industriam sollertissime vigilare et, sicut decet Domini sacerdotes, nulli vos liceat canones ignorare nec quicquam facere, quod patrum possit regulis obviare. Daher, Wertgeschätzte, obliegt es nun Eurem Engagement, in höchstem Maße aufmerksam zu sein. So wie es sich für Priester Gottes geziemt, ist es keinem von Euch gestattet, die Regeln zu missachten oder irgendetwas zu tun, was den Regeln der Väter entgegenstehen könnte.

Autor/in & Werk

Papst Hadrian I. (sed. 772-795) stammte aus römischem Adel und wurde einmütig zum Papst gewählt. Sein langes, fast vierundzwanzig Jahre andauerndes Wirken als Papst wird üblicherweise vor dem Hintergrund seiner Beziehungen zu Karl dem Großen gedeutet.[1] Diesen rief er 773 gegen die Langobarden zur Hilfe und bahnte damit die fränkische Annexion des Langobardenreiches im Jahre 774 an, die Karl den Titel rex Langobardorum einbrachte und Norditalien zu einem fränkischen Reichsteil machte. Die intensivierten Beziehungen zwischen Papst und Frankenkönig schlugen sich u. a. darin nieder, dass Hadrian Karl den Großen 774 als patricius in Rom empfing. Dennoch war die Beziehung zwischen beiden nicht immer ungetrübt:[2] In Reaktion auf die Beschlüsse des zweiten Konzils von Nicaea (787) zum so genannten Bilderstreit nahmen die Bischöfe des Frankenreiches unter der intellektuellen Führung des Bischofs Theodulf von Orléans auf der Synode von Frankfurt (794) eine kritische und dezidiert anti-byzantinische Haltung ein.[3] Dem Papsttum, das mit zwei Legaten in Frankfurt vertreten war, gelang es dabei weder, eine theologische Führungsrolle noch die Position eines Vermittlers zwischen fränkischen und byzantinischen Positionen einzunehmen. Dennoch ist das Pontifikat Hadrians grundsätzlich als eine Zeit der intensiven Kooperation zwischen Rom und dem Frankenreich und eine Phase der verstärkten Loslösung des Papsttums von Byzanz anzusehen.[4] Letzteres manifestierte sich u. a. in der Tatsache, dass die Urkunden der päpstlichen Kanzlei ab 781 nicht mehr nach Regierungsjahren des byzantinischen Kaisers, sondern nach den Pontifikatsjahren des amtierenden Papstes datiert wurden.[5]

Obwohl Hadrian I. keine eigenständigen Werke hinterlassen hat, ist er als Autor zahlreicher Briefe im so genannten Codex Carolinus fassbar. Dabei handelt es sich um eine 791 von Karl dem Großen zusammengestellte und nur noch in einem Manuskript erhaltenen Briefsammlung, die knapp einhundert päpstliche Schreiben aus den Jahren 739 bis 791 umfasst. Seit den ersten Ausgaben im 17. Jahrhundert bis zu der heute maßgeblichen Edition der Monumenta Germaniae Historica gab es unterschiedliche Meinungen zur Chronologie der in der Handschrift nicht datierten Briefe.[6] Der hier in Ausschnitten wiedergegebene Brief wurde zwischen 785 und 791 verfasst und ist Teil einer Serie von insgesamt achtundvierzig Briefen Hadrians (Nr. 49-97 in der Edition Wilhelm Gundlachs), die sich größtenteils an Karl den Großen richten. Nur drei Briefe (Nr. 95-97) haben andere Adressaten, nämlich die im obigen Exzerpt adressierten Bischöfe auf der Iberischen Halbinsel. Diese drei Briefe werfen ein Schlaglicht auf die Entwicklung christlich-muslimischer Beziehungen auf der Iberischen Halbinsel am Ende des 8. Jahrhunderts.

Bevor auf ihren Inhalt eingegangen wird, ist kurz anzumerken, dass Hadrian die islamische Welt auch außerhalb dieser drei Briefe an die Bischöfe der Iberischen Halbinsel gelegentlich erwähnt.

In einem auf 776 datierten Brief (ep. 59) versichert der Papst dem Frankenkönig, dass die Stadtrömer in keiner Weise am Verkauf von Sklaven (mancipia) an Muslime (gens Saracenorum) beteiligt seien und klärt ihn darüber auf, dass dem König falsche Informationen vorlägen: Vielmehr führen regelmäßig griechische Schiffe vor der langobardischen Küste und erhielten von den Langobarden Sklaven. Der dux Allo sei im päpstlichen Auftrag gegen diese Griechen vorgegangen, habe einige ihrer Schiffe verbrannt und sie verhaften lassen. In einigen Fällen seien allerdings aufgrund einer großen Hungersnot Langobarden verkauft worden oder hätten sich in ihrer Verzweiflung selbst an die Griechen ausgeliefert.[7]

Im Mai 778 warnt er Karl den Großen (ep. 61) vor einem bevorstehenden Einfall der als Agareni bezeichneten Muslime in Karls Herrschaftsgebiet und versichert, dass er für Karls Sieg beten werde – ein Hinweis, der wohl im Zusammenhang mit Karls Kampagne in der so genannten Spanischen Mark zu sehen ist.[8]

In einem auf 781-783 datierten Brief (ep. 74) informiert Hadrian I. Karl den Großen über einen „persischen“ Einfall ins Gebiet der „Griechen“, von dem er aus Konstantinopel gehört habe. Die Perser (gens Persarum), gemeint sind hier natürlich abbasidische Truppen, seien bis zu dem Ort Amorium in Phrygien vorgedrungen und hätten in dessen Umfeld große Beute gemacht. Hadrian berichtet von dem Gerücht (fama), dass diesem Heer der Onkel des Königs der Perser (rex Persarum) vorgestanden habe. Dieser habe sich, übermütig geworden durch seinen nicht ganz vollständigen Sieg (iniqua victoria), gegen seinen Neffen erhoben und sei von seinem Heer selbst zum König der Perser ausgerufen worden. Daraufhin sei es zu Kämpfen zwischen den Parteigängern des Onkels und des Neffen gekommen.[9] Die Stadt Amorium, Arabisch ʿAmmūriya, wurde erstmals 25/646 vom arabisch-islamischen Feldherrn und späteren Kalifen Muʿawiya (regn. 41-60/661-680) erreicht, von ʿAbd al-Raḥmān b. Ḫālid b. al-Walīd 46/666 zur Kapitulation gezwungen und dann 49/669 im Rahmen der Kampagne gegen Konstantinopel unter dem späteren Kalifen Yazīd I. (regn. 60-64/680-683) besetzt, dann aber von den Byzantinern zurückgenommen. Kämpfe vor der Stadt fanden dann nochmals 89/708 und 98/716 statt, woraufhin sie von Kaiser Leo III. (regn. 717-741) zu einer Festung ausgebaut wurde. Hadrian bezieht sich hier wohl auf den Angriff von 162/779, der von al-Ḥasan b. Qaḥtaba in der Herrschaftsperiode des dritten abbasidischen Kalifen al-Mahdī (regn. 158-169/775-785) ausgeführt wurde. Ob es hier zur Ausrufung eines Gegenkalifen kam, wie Hadrian I. behauptet, bedarf weiterer Untersuchung: Zumindest sind für die Regierungszeit al-Mahdīs erste Spannungen zwischen den militärischen und administrativen Eliten des Abbasidenreiches zu verzeichnen. Amorium wurde in den Folgejahren nochmals 181/797 unter al-Mahdīs Sohn Hārūn al-Rašīd (170-193/786-809) angegriffen und fiel dann 223/838 unter der Herrschaft al-Muʿtaṣims endgültig in abbasidische Hände.[10]

Schließlich finden wir noch einen weiteren kleinen Hinweis auf einen Bezug zwischen Hadrian und den so genannten Sarazenen in angelsächsischen Synodalbeschlüssen aus dem Jahre 786, die – wohl über die beiden Legaten Georgius von Ostia und Theophylactus von Todi – an Hadrian geschickt wurden. Hier heißt es im canon IX, dass kein Geistlicher heimlich Speise zu sich nehmen dürfe, es sei denn im Krankheitsfall, da dies verlogen und bei den Sarazenen üblich sei (quia hypocrisis et Saracenorum est).[11]

Inhalt & Quellenkontext

Die drei an Bischöfe in Spanien gerichteten Briefe erwähnen Muslime nicht direkt – es ist hier nur von pagani, also „Heiden“, nicht aber von Saraceni, Agareni, Ismaelitae oder Mauri die Rede, wie Muslime in mittelalterlichen lateinischen Quellen, u. a. auch in Hadrians anderen Briefen (ep. 59, 61, 74) üblicherweise bezeichnet werden.[12] Dennoch befassen sie sich mit iberischen Verhältnissen unter dem direkten oder indirekten Einfluss des Islam. Alle drei Briefe werden vom Editor Wilhelm Gundlach in die Jahre 785-791 und damit in eine Zeit nach Karls Feldzügen in die so genannte Spanische Mark (777-778) datiert.

Der hier in Ausschnitten wiedergegebene Brief 95 richtet sich an alle in Spanien weilenden, d.h. nicht nur an die aus Spanien stammenden Bischöfe. Hadrian beginnt mit einer Beschwerde darüber, dass in den Zuständigkeitsbereichen der angesprochenen Bischöfe „Verächter der Doktrin des Heiligen Stuhls“ (apostolicae sedis contemptores) unterwegs seien, die gegen Rom und die orthodoxe Glaubenstradition gerichtete häretische Ideen verbreiteten. Er berichtet, dass er auf Anraten des gallischen Erzbischofs Wilcharius jenem erlaubt habe, einen gewissen Egila als wandernden Missionsbischof für das Gebiet Spaniens zu weihen. Dieser predige aber nun scheinbar falsche Glaubenssätze, die er von seinem Lehrer Mi[n]ge[n]tius gelernt habe. Daraufhin wendet sich Hadrian I. den Aktivitäten des Erzbischof Elip[h]andus von Toledo zu, dessen Theorie, Jesus sei ein Adoptivsohn Gottes gewesen, er ebenfalls verurteilt, u. a. durch Zitierung wichtiger griechischer und lateinischer Kirchenväter zum Thema der Gottessohnschaft Christi. Hierauf folgt eine weitere zitatgeschwängerte Argumentation gegen eine auf der Iberischen Halbinsel abweichend durchgeführte Berechnung des Ostertermins, gegen die von einigen vertretene Aufforderung zum Verzehr von Rinder- und Schweineblut sowie ersticktem Vieh, schließlich gegen die mit dem Häretiker Pelagius assoziierte Prädestinationslehre. Ferner kommt der Papst darauf zu sprechen, dass es in Spanien zu einem inakzeptablen Grad der Vermischung zwischen Juden, Christen und Heiden gekommen sei, der sich in einem gemeinsamen (Sozial-)Leben mit gemeinsamem Essen, Trinken und weiteren „Irrtümern“ (errores) manifestiere. In diesem Zusammenhang erwähnt er auch Heiratsverbindungen, bei denen Christen ihre Töchter an Heiden verheirateten, die damit dem „heidnischen Volk“ (populo gentili) – gemeint sind wohl die Muslime – übergeben würden. Im selben Zusammenhang bemängelt Hadrian chaotische Verhältnisse im Klerus, die sich in der unzureichenden dogmatischen Prüfung von Presbytern sowie in priesterlichem Zölibatsverzicht und Ehebruch äußerten. Abschließend ruft er die Adressaten zur Einhaltung aller orthodoxen Glaubenssätze auf und warnt sie nochmals vor falschen Doktrinen und Praktiken.[13]

Wie schon erwähnt, ist der hier zitierte Brief 95 Teil einer Serie von drei Briefen Papst Hadrians an Bischöfe auf der Iberischen Halbinsel, die im Codex Carolinus überliefert sind. Nicht ganz klar ist, warum diese Teil des ansonsten auf Herrscherbriefe beschränkten Codex Carolinus sind. Donald Bullough vermutet, dass die Briefe entweder abgeschrieben wurden, als sie von Italien über das Frankenreich auf die Iberische Halbinsel gebracht wurden, oder aber, dass der Papst zu einem späteren Zeitpunkt Abschriften an den karolingischen Hof schickte.[14]

Die Briefe 96 und 97 schließen thematisch direkt an den hier zitierten Brief 95 an. Brief 96 ist direkt an den Missionarsbischof Egila und seinen Gehilfen, den Presbyter Johannes, gerichtet. Er spricht nochmals die Bischofsweihe Egilas durch Erzbischof Wilcharius an und drückt die Hoffnung aus, dass er sich aufgrund der ihm erteilten Weihe nun in Spanien für die Verbreitung orthodoxen Gedankengutes einsetzen werde. Daraufhin folgt eine fast identische Auseinandersetzung mit den schon in Brief 95 angesprochenen Themen.[15] Brief 97 ist schließlich nur an Egila gerichtet. Dieser Brief fordert Egila auf, sich nicht von den Angriffen häretischer Menschen einschüchtern und sich nicht daran hindern zu lassen, den wahren Glauben zu predigen. Dieser sehr viel kürzere Brief enthält keine Liste häretischer Glaubenssätze und Praktiken und spricht lediglich die Frage an, ob man am Samstag fasten solle.[16] Er erwähnt außerdem, dass Karl der Große Papst Hadrian gebeten habe, nochmals eine Kopie von Brief 96 aus dem päpstlichen Register an Egila zu schicken, da dieser den ersten Brief nicht erhalten habe.[17]

Aus der von Wilhelm Gundlach gewählten Abfolge der Briefe ergibt sich das Narrativ, dass Hadrian in Brief 95 zunächst die Bischöfe Spaniens vor einem Häretiker warnte, den er auf Anraten des Erzbischofs Wilcharius ursprünglich als Verbreiter orthodoxer Lehren nach Spanien gesandt hatte, dann in Brief 96 und 97 wieder von der Orthodoxie des Egila überzeugt werden konnte und sich nun direkt an diesen wandte, um ihn bei seinen missionarischen Aktivitäten sowohl dogmatisch als auch moralisch zu unterstützen. Donald Bullough dagegen argumentiert für eine geänderte Reihenfolge der Briefe, wobei er Brief 96 auf die Jahre 784-785, Brief 97 auf das Jahr 785 und Brief 95 auf das Jahr 785-86 datiert. Daraus ergäbe sich dann ein alternatives Narrativ: Demzufolge hätte sich ein in Sorge hinsichtlich des dogmatischen Zustands der spanischen Kirche befindlicher Papst über die Initiative eines gallischen Erzbischofs gefreut, mit Hilfe eines Missionsbischofs zu versuchen, die Verfehlungen der spanischen Kirche zu korrigieren. Diesen ihm anempfohlenen Missionsbischof hätte er folglich mit guten dogmatischen und moralischen Ratschlägen ausgestattet, darunter einer Liste häretischer Glaubenssätze und Praktiken sowie ihrer argumentativen Entkräftung auf der Basis autoritativer kirchlicher Schriften (ep. 96-97). Als er dann aber gemerkt hätte, dass der Missionsbischof keine Korrektur häretischer Ansichten bezweckte, sondern diese auch noch verbreitete, hätte er sich warnend an die Gesamtheit der Bischöfe in Spanien gewandt, denen er nun dieselben Ratschläge erteilte wie zuvor Egila (ep. 95).[18] Bulloughs Narrativ, das sich aus dieser alternativen Reihung der Briefe ergibt, erscheint plausibler, weil es keinen wirklichen Hinweis darauf gibt, dass sich Egila von seinen als häretisch klassifizierten Ansichten distanziert hätte.

Die Briefe sind in den historischen Rahmen zweier Expansionsprozesse und ihrer Folgen einzuordnen: der muslimischen Invasion und Herrschaftsübernahme auf der Iberischen Halbinsel seit 711 einerseits, dem karolingischen Eingreifen auf der Iberischen Halbinsel seit 777-778 andererseits. Nachdem arabisch-berberische Truppen etwa zwischen 711 und 715 den größten Teil der Iberischen Halbinsel unter muslimische Kontrolle gebracht hatten, erfolgten ab 719 erste Vorstöße in gallische Gebiete jenseits der Pyrenäen. Dabei geriet nicht nur die in Septimanien liegende Stadt Narbonne für etwa vierzig Jahre unter muslimische Kontrolle.[19] Die muslimischen Razzien nach Aquitanien wurden außerdem zu einem Faktor in den spannungsreichen Beziehungen zwischen dem Herzog Eudo von Aquitanien (regn. ca. 700-735) und seinen Nachfolgern Hunald und Waifar einerseits, den karolingischen Hausmeiern Karl Martell (regn. ca. 719-741) und Pippin dem Jüngeren (regn. 741-751 als Hausmeier, 751-768 als König der Franken) andererseits.[20] Letztere waren bestrebt, ihren Einfluss auf das relativ unabhängige Aquitanien auszudehnen, mit dem Ergebnis, dass diese Region nach harten Kämpfen seit etwa 768 fest unter karolingischer Kontrolle stand. Karl der Große (regn. 768-814) wurde nun 777 von muslimischen Dissidenten aus Zaragoza dazu animiert, in Gebiete jenseits der Pyrenäen einzugreifen. Zwar scheiterte 778 eine Unterwerfung Zaragozas, das sich noch bis ins erste Jahrzehnt des 9. Jahrhunderts eine gewisse Unabhängigkeit unter einem muslimischen Gouverneur bewahrte. Dennoch legte Karl der Große in diesem Feldzug den Grundstein für die so genannte „Spanische Mark“ (marca hispanica), deren Zentrum später das 801 eroberte Barcelona wurde.[21] Das karolingische Interesse an dieser Region hatte dabei auch kirchliche Implikationen.[22]

Hadrians Brief wurde schließlich von einem Papst geschrieben, der äußerst enge Beziehungen zu Karl dem Großen pflegte. Damit ist der Brief in den Kontext des karolingischen Eingreifens auf der Iberischen Halbinsel einzuordnen. Nach dem militärischen Vorstoß der späten 770er Jahre und dem Beginn des Aufbaus einer karolingischen Pufferzone versuchte nun auch der Papst, in die Verhältnisse der spanischen Kirche einzugreifen. Dieser Eingriff erfolgte zunächst passiv, indem Hadrian I. die Initiative des Erbischofs Wilcharius unterstützte, den Missionsbischof Egila in die iberischen Gebiete zu schicken. In den drei Briefen manifestiert sich dann ein aktives, direkt vom Papst ausgehendes Bemühen, zum einen den Schaden zu begrenzen, den der Missionsbischof Egila seiner Ansicht nach angerichtet hatte, zum anderen als kirchliche Führungsfigur leitend und gestaltend in die Angelegenheiten der spanischen Kirche einzugreifen. Interessant ist, dass der Papst die Kirche Spaniens anscheinend immer noch als Einheit betrachtete. Er unterschied nicht zwischen einer unter muslimischer und einer unter christlicher Herrschaft stehenden spanischen Kirche, sondern wandte sich an „alle rechtgläubigen Bischöfe, die in Spanien weilen“ (omnibus orthodoxis episcopis per universam Spaniam commorantibus). Damit waren insgesamt drei Gruppen von Bischöfen angesprochen: Bischöfe, die im nordiberischen Herrschaftsgebiet von Asturias tätig waren[23], die nun unter karolingischer Oberherrschaft stehenden Bischöfe der so genannten Spanischen Mark und schließlich auch die Bischöfe, deren Sitze im Herrschaftsgebiet des umayyadischen Emirats von Córdoba lagen. Deren muslimische Bevölkerung kommt in Hadrians Brief nur nebenbei vor, als er sich zur Interaktion von Christen, Juden und „Heiden“ (pagani) äußert.

Kontextualisierung, Analyse & Interpretation

Die folgenden Ausführungen gehen auf drei Themenfelder ein. Erstens soll Hadrians Motiven für sein Eingreifen auf der Iberischen Halbinsel nachgegangen werden. Dieses Eingreifen ist zweitens vor dem Hintergrund der dortigen kirchlichen Verhältnisse sowohl vor als auch nach der muslimischen Invasion zu betrachten. Ein besonderes Augenmerk liegt drittens auf den Folgen, die die neuen Herrschaftsverhältnisse auf der Iberischen Halbinsel für christliche Glaubensinhalte und –praktiken sowie für die Kirchenorganisation hatten. In diesem Zusammenhang kommt nicht nur die in Hadrians Brief dokumentierte Vermischung von Eroberern und Eroberten zur Sprache. Insbesondere soll diskutiert werden, inwieweit die von Hadrian kritisierten Abweichungen von der rechtgläubigen Lehre, v.a. die Ideen des so genannten Migetianismus und Adoptianismus, als christlich-dogmatische Folgeerscheinungen der muslimischen Herrschaftsübernahme gedeutet werden können. Kurz wird außerdem auf die Frage eingegangen, was Hadrian eigentlich über den Islam wusste.

Hadrians Versuch, mit päpstlicher Autorität in die kirchlichen Verhältnisse der Iberischen Halbinsel einzugreifen, ist im Zusammenhang mit der Expedition Karls des Großen nach Zaragoza und den ersten Schritten zur Etablierung einer fränkisch beherrschten Spanischen Mark zu sehen. Wie schon in der Kooperation gegen die Langobarden in Italien manifestierte sich hier ein Zusammenspiel karolingischer und päpstlicher Initiativen. Vor diesem Hintergrund ließe sich postulieren, dass Hadrian im Windschatten der karolingischen Intervention als zuständiger Patriarch des lateinischen Westens agierte, der kraft apostolischer Autorität seine Aufsichtspflicht über die seiner Ansicht nach gefährdete spanische Kirche wahrnahm, wie er das 786 mit Hilfe zweier Legate auch bei den Angelsachsen tat.[24] Dies stimmt mit der Tatsache überein, dass sich im Brief selbst die Sorge manifestiert, die spanische Kirche könne vollends nichtorthodoxen Glaubensinhalten und Praktiken verfallen. Dennoch sollte man Hadrians Engagement nicht nur als karolingisch gestützte päpstliche Autoritätsdemonstration deuten.[25] Schließlich lässt sich der Anfang des Briefes auch als apologetisches Schreiben deuten, in dem der Papst seine Mitverantwortung an der Entsendung des nun als Häretiker agierenden Missionsbischofs Egila eingesteht und sich damit zumindest implizit für seine Fehleinschätzung der Initiative des Erzbischofs Wilcharius entschuldigt.[26] Letzterer ist in den Quellen leider so schlecht zu greifen, dass man nicht entscheiden kann, ob er wissentlich oder unwissentlich einen, aus Hadrians Sicht, in seinen häretischen Ansichten gefährlichen Bischof auf die spanische Kirche losließ.[27]

Hadrians Initiative ist auch vor dem Hintergrund der kirchlichen Verhältnisse auf der Iberischen Halbinsel zu deuten, die in dieser Periode dem dogmatischen Konsens der fränkischen und päpstlichen Kirche zu entgleiten schien. Der in Hadrians Brief angedeutete Sonderweg der spanischen Kirche ist allerdings nicht nur vor dem Hintergrund zu sehen, dass sich ein Großteil der iberischen Kirche Ende des 8. Jahrhunderts unter muslimischer Herrschaft befand. Schon vor der muslimischen Invasion des Jahres 711, also in westgotischer Zeit, hatte die iberische Kirche gegenüber dem Papsttum und der fränkischen Kirche eine starke Eigenständigkeit und Unabhängigkeit bewiesen. Bei der Kirche des Westgotenreiches handelt es sich um eine der zentralisiertesten Kirchenstrukturen des poströmischen lateinischen Westens mit insgesamt zweiundachtzig Bischofssitzen. Seit der offiziellen Konversion der westgotischen Reichselite von einer Form des arianischen Dogmas zum Katholizismus auf dem dritten Konzil von Toledo (589) waren insgesamt siebzehn Reichskonzilien im Beisein und unter starkem Einfluss des Westgotenkönigs in der Hauptstadt Toledo abgehalten worden.[28] Auf dem zwölften Konzil von Toledo (681) wurde dem Bischof der Reichshauptstadt das im poströmischen Europa außerhalb Roms einzigartige Recht zugesprochen, in Abstimmung mit dem König Bischöfe in Städten außerhalb seiner eigenen Kirchenprovinz einzusetzen.[29] Die spanische Reichskirche erkannte die Autorität des Bischofs von Rom zwar offiziell an, kommunizierte aber selten mit den Päpsten, kümmerte sich v. a. um ihre eigenen Belange und war auch durchaus bereit, kritisch und äußerst selbstbewusst auf seltene päpstliche Schreiben zu reagieren.[30] Die These einer auch zunehmend dogmatischen Unabhängigkeit der westgotischen Kirche hängt am seidenen Faden einer Interpretation der Inhalte des achtzehnten Konzils von Toledo, das wohl 702/703 stattfand, dessen Akten aber nicht überliefert sind. Einige glauben, dass der Verlust dieser Akten der Tatsache geschuldet ist, dass dieses Konzil zu spät stattfand, um Teil der im Laufe des 7. Jahrhunderts angelegten Sammlung hispanischer Konzilsakten zu werden. Roger Collins stellt dagegen die These auf, die Akten des Konzils seien gezielt unterschlagen worden, weil die anwesenden Bischöfe kontroverse heterodoxe Beschlüsse gefasst hätten. Er verweist hierbei auf die spätere Chronica Adefonsi regis tertii, eine nordiberische Quelle des 9. Jahrhunderts, derzufolge der vorletzte westgotische König Witiza (regn. 700-710) den Bischöfen und Klerikern des Reiches zu heiraten befohlen und damit eine klerikale Gepflogenheit erlaubt habe, die erst vom asturischen König Fruela I. (regn. 757-768) gegen den Widerstand vieler Kleriker offiziell abgeschafft wurde.[31] Angesichts der Tatsache, dass die 691 in Konstantinopel abgehaltene, sogenannte Trullanische Synode die Priesterehe explizit erlaubte, vermutet Collins, dass sich die späte westgotische Kirche unter König Witiza und dem Metropolitanbischof Sindered von Toledo dem Thema der Klerikerehe geöffnet und dabei einen kirchlichen Weg eingeschlagen habe, der von den Päpsten in Rom explizit abgelehnt wurde.[32] Nun wäre zum einen die Frage zu stellen, ob Hadrians Brief das Thema der Klerikerehe auch vor diesem Hintergrund anspricht.[33] Schließlich kritisiert er, dass in der spanischen Kirche „Pseudopriester mit Frauen eine eheähnliche Verbindung eingehen, während deren Männer noch leben.“ Zum zweiten wäre zu überlegen, ob Hadrians Brief nicht auch als Versuch gedeutet werden müsste, die iberische Kirche nach langen Jahren der relativen Unabhängigkeit von Rom unter neuen politischen Vorzeichen wieder verstärkt unter die päpstlichen Fittiche zu nehmen.

Wie sich die Situation der spanischen Kirche nach der muslimischen Invasion konkret gestaltete, ist insgesamt schwer zu beurteilen. Der 754 beendeten und einzigen zeitgenössischen Chronica muzarabica zufolge war Sindered, der unter Witiza amtierende Erzbischof von Toledo, vor der muslimischen Invasion nach Rom geflohen, wo er 721 als Unterzeichner von Konzilsakten nachgewiesen ist.[34] Der Chronist schreibt zwar, dass die westgotische Kirche um den Amtsantritt des Gouverneurs ʿAnbasa (regn. 103-107/721-726) im Bischof Fredoarius von Cádiz sowie im Kantor Urbanus und dem Archidiakon Evantius der Toledaner Kirche heilige und weise Männer hervorbrachte, die sich streng an die heiligen Schriften hielten[35], erwähnt aber eben keinen Erzbischof von Toledo.[36] Edward Thompsons These, dass es sich bei dem „alten Kantor der Kathedrale des Bischofssitzes der Königshauptstadt“ (Toletane sedis urbis regie katedralis ueteranus melodicus) um den in der gleichen Chronik vorher erwähnten „höchst edlen, unter dem Dogma des katholischen Glaubens aufgewachsenen Mann Urbanus aus der Region Africa“ (nobilissimi uiri Urbani Africane regionis sub dogma catholice fidei exorti) gehandelt habe, der den Eroberer Mūsā b. Nuṣayr zunächst durch Spanien geführt und dann beraten haben soll, als der Kalif Sulaymān (regn. 96‒99/715‒717) in Damaskus entsprechende Steuerforderungen an ihn stellte, erscheint eher unwahrscheinlich.[37] Urbanus und Evantius starben nach Angaben der Chronica muzarabica zur selben Zeit wie der Statthalter ʿUqba b. Haǧǧāǧ al-Salūlī (regn. 116-123/734-740).[38] Auch wenn unklar ist, ob es sich um eine spätere Interpolation handelt, so geben einige Manuskriptvarianten der Chronik an, dass um den Amtsantritt des Statthalters Ṯawāba b. Sallāma al-Ǧuḏāmī (regn. 127-129/745-746) ein gewisser Cixila zum Erzbischof von Toledo erhoben wurde und dieses Amt neun Jahre innehatte. Seine Amtszeit würde damit in eine Periode fallen, in der die Iberische Halbinsel von einer Berberrevolte erschüttert worden und es im Zuge ihrer Niederschlagung zu Auseinandersetzungen zwischen schon ansässigen und neu aus Syrien gekommenen arabischen Truppen gekommen war.[39] Ende der 740er und zu Beginn der 750er kam es schließlich zu einem weiteren innerarabischen Konflikt, aus dem der Umayyade ʿAbd al-Raḥmān I. (regn. 138-172/756-788) als erster Herrscher des neu begründeten Emirats von Córdoba siegreich hervorgehen sollte.[40] Trotz aller Wirren wird Cixila in der Chronica muzarabica als „Wiederhersteller der Kirchen“ (ecclesiarum restaurator) charakterisiert[41] und ist außerdem als Autor einer Vita des Erzbischofs Ildefonsus von Toledo (sed. 657-667) bekannt.[42] In seiner Amtszeit scheint Toledo auch wieder einen gewissen Führungsanspruch ausgestrahlt zu haben, schrieb schließlich der toledanische Diakon Petrus um etwa 750 ein an die Gemeinde von Sevilla gerichtetes Traktat zum Thema des korrekten Feierns von Ostern.[43] Da die Chronica muzarabica im Jahre 754 endet, ist nicht klar, wie das Bistum von Toledo weiter besetzt war. Entsprechend uneinheitlich sind die Angaben in der Forschung: Nach Pius Gams endete Cixilas Episkopat entgegen der Angaben der Chronica muzarabica entweder 738 oder 782-783, womit dann der in Hadrians Brief erwähnte Elipandus das Bistum übernahm.[44] Bautz datiert Elipandus’ Amtsantritt auf etwa 780.[45] Knut Schäferdiek wiederum sieht Elipandus seit etwa 750 auf dem Bischofsstuhl von Toledo.[46] Er wird in dieser frühen Datierung des Amtsantritts von Juan Francisco Rivera Recio und John Cavadini bestätigt, die Elipandus Amtsübernahme auf 753 bzw. 754 legen.[47] Angesichts der Tatsache, dass Elipandus bis in die späten 790er mit zahlreichen Schriften am so genannten adoptianistischen Streit beteiligt war, würde dies eine etwa fünfzigjährige Amtszeit implizieren.

Nach einer Phase der Turbulenzen in den 720ern und 730ern scheint das Erzbistum von Toledo also wieder Stabilität gefunden zu haben. Da Elipandus noch etwa 785 von Beatus von Liébana (gest. ca. 798) als „Primas von Spanien“ bezeichnet wurde, scheint die muslimische Herrschaftsübernahme die überkommene Struktur der westgotischen Kirche zwar temporär destabilisiert, aber nicht grundsätzlich in Frage gestellt zu haben.[48] Diese Einschätzung bestätigt sich allerdings nicht, wenn man sich etwas genauer mit den Konflikten befasst, die den Episkopat des Elipandus auszeichnen – den Konflikt mit dem wohl in der südlichen Provinz Baetica anzusiedelnden, aber ansonsten unbekannten Migetius, die Auseinandersetzung mit dem asturischen Mönch und späteren Abt Beatus von Liébana, schließlich der Streit mit den karolingischen Bischöfen des Frankenreiches. Auch wenn allzu pauschale Thesen zu vermeiden sind, lassen sich diese drei Konflikte als Folgeerscheinungen der neuen Herrschaftsverhältnisse auf der Iberischen Halbinsel deuten.

Elipandus wandte sich um 782 in einem Brief an Migetius. Hierin warf er ihm erstens vor, eine neue Variante der Trinität zu vertreten, in der König David mit dem Gottvater, Jesus mit dem Gottsohn und Paulus mit dem Heiligen Geist gleichgesetzt werde.[49] Auf diese Vorstellung bezieht sich wohl Hadrians Beobachtung, der ausgesandte Missionsbischof Egila habe sich einem gewissen Mi[n]ge[n]tius angeschlossen, der Irrlehren „außerhalb der katholischen Lehre“ verbreite. Zweitens unterstellte Elipandus Migetius einen gewissen Rigorismus, der sich in der Ansicht manifestiere, die Speise von Ungläubigen verunreinige den Geist der Gläubigen.[50] Elipandus’ Kritik ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass ein unter der nun vergleichsweise stabilen Herrschaft der umayyadischen Emire ʿAbd al-Raḥmān I. (regn. 138-172/756-788), Hišam I. (regn. 172-180/788-796) und al-Ḥakam I. (regn. 180-206/796-822) amtierender Erzbischof kaum vermeiden konnte, mit den neuen Herrschaftseliten in Kontakt zu stehen. Cavadini geht davon aus, dass Elipandus Migetius’ Ansichten für borniert, intolerant und in der gegebenen Situation für impraktikabel hielt, weist aber darauf hin, dass auch Hadrian I. im oben zitierten Brief das Teilen der Speise mit „Ungläubigen“ für problematisch hielt.[51] Drittens griff Elipandus Migetius’ Vorstellung an, dass allein in Rom die Macht Gottes versammelt sei.[52] Seine Kritik an Migetius’ Fixierung auf Rom hält Cavadini wiederum für die Reaktion eines Erzbischofs, der auf eine nicht gerade intensive und kooperative Beziehungsgeschichte seines Erzbistums mit Rom zurückblickte und Migetius’ Hervorhebung Roms als Angriff auf seine eigene erzbischöfliche Autorität als Primas Spaniens deutete.[53] Möglicherweise lässt sich in der Konfrontation zwischen Elipandus und Migetius also ein Hinweis darauf sehen, dass sich unter muslimischer Herrschaft eine radikale christliche Gruppe herausgebildet hatte. Diese postulierte nicht nur eine neue und unerhörte Variante der Trinitätstheologie, sondern scheint sich in ihrem Rigorismus und ihrer postulierten Romfreundlichkeit gegen die Autorität einer aus ihrer Sicht gegenüber der muslimischen Herrschaft zu freundlich eingestellten toledanischen Amtskirche gewandt zu haben.[54] Roger Collins geht so weit zu vermuten, dass sich diese Gruppe in ihrem Bemühen um Änderung der Verhältnisse in der Person Egilas absichtlich an den gallischen Erzbischof Wilcharius wandte, um so von außerhalb der Iberischen Halbinsel Unterstützung zu erhalten. Da Egila [Agila] einen westgotischen Namen trägt, war er wohl kein Außenstehender, der als fremder Missionsbischof auf die Iberische Halbinsel kam.[55]

Elipandus’ Auseinandersetzung mit dem außerhalb des muslimischen Herrschaftsbereiches in Asturien tätigen Mönch und späteren Abt Beatus von Liébana (fl. 776-798) wiederum dreht sich um eine Definition Jesu, die Elipandus in seinem Glaubensbekenntnis schriftlich ausformulierte. Hier behauptete er, dass Jesus als „Adoptivsohn in [seiner] Menschlichkeit, aber nicht als Adoptivsohn in seiner Göttlichkeit die Welt erlöst hat.“[56] Da Elipandus Jesus eindeutig als vollwertigen Sohn Gottes anerkannte, ist sein Konzept der Adoption wohl nicht im Lichte früherer christologischer Streitigkeiten im Zusammenhang mit dem so genannten Arianismus zu sehen, die Jesus eine dem Gottvater untergeordnete Stellung zuwiesen. Vielmehr ist mit Rückbezug auf Paulus’ Brief an die Philipper (2:6-7[57]) von Folgendem auszugehen: In vollem Glauben an das katholische Trinitätsdogma wollte Elipandus mit dem Adoptionsbegriff wohl ausdrücken, dass sich der dem Gottvater völlig gleichwertige Gottessohn bei seiner Menschwerdung völlig seiner Göttlichkeit entäußerte, um dann als adoptivus filius die Rolle eines erwählten völlig menschlichen Sohnes Gottes anzunehmen.[58]

Beatus’ Polemik gegen diese These schlug sich in einem langen Traktat Adversus Elipandum nieder und steht für die iberische Phase des so genannten Adoptianismusstreites.[59] Jenseits der theologischen Fragestellung ging es dabei auch um die Frage, inwieweit der Primas Spaniens in den 780er Jahren noch Autorität über die gesamte iberische Kirche beanspruchen konnte. In einem Brief an einen gewissen Fidelis, der dazu diente, Unterstützung für Elipandus’ adoptianistische Positionen gegen Beatus von Liébana zu gewinnen, trat Elipandus als leitende kirchliche Autorität auf, indem er alle mit dem (spirituellen) Tod bedrohte, die den adoptiven Charakter von Jesu Menschlichkeit nicht anerkannten.[60] Ferner lobte Elipandus den auch von Hadrian I. als Irrlehrer gebrandmarkten Ascaricus dafür, dass er sich zwecks Rechtleitung an die Toledanische Kirche gewandt habe:

„Denn niemals hat man gehört, dass die aus Liébana die Toledaner belehren. Es ist der ganzen Welt bekannt, dass dieser Bischofssitz von Anfang an für heilige Doktrinen des Glaubens bekannt gewesen ist und niemals irgendetwas Schismatisches hat verlautbaren lassen. Und nun gefällt es einem kranken Schaf, unser Lehrer zu sein?“[61]

Fidelis solle sich nun darum bemühen, die „Beatische Häresie“ in Asturien auszurotten, so wie der Herr durch seine Diener zuvor die „Migetianische Häresie“ in der Baetica ausgerottet habe.[62] Somit weitete sich der dogmatische Disput zweier Theologen zu einer Kontroverse aus, die bis Ende des 8. Jahrhunderts nicht nur weitere Kreise der iberischen Kirche betreffen sollte, sondern auch zu einem Gegenstand karolingischer Kontroverse wurde.

Die Annales qui Einhardi dicuntur vermelden für das Jahr 792, dass sich Elipandus mit der Frage an den Bischof Felix von Urgell (gest. 818) gewandt habe, um zu erfahren, was dieser von seiner adoptianistischen Theorie halte.[63] Ob Elipandus bewusst einen Bischof außerhalb des muslimischen Herrschaftsgebietes ansprach, um dadurch Anschuldigungen asturischer Antiadoptianisten zu widerlegen, die Elipandus’ episkopalen und theologischen Führungsanspruch durch die muslimische Oberherrschaft kompromittiert sahen, ist nicht sicher nachzuweisen.[64] Deutlich wird jedoch, dass eine bisher inneriberische Auseinandersetzung um theologische Fragen und den Führungsanspruch der Toledaner Kirche in den Zuständigkeitsbereich des karolingischen Episkopats überführt wurde, der genau wie im byzantinischen Bilderstreit eine theologische Führungsrolle beanspruchte. Felix von Urgell musste seine Lehre 792 auf einer Synode in Regensburg und vor dem Papst in Rom widerrufen, seine Lehren wurden 794 auf der Synode von Frankfurt verurteilt.[65] Er selbst wurde 799 von Papst Leo III. (sed. 795-816) abgesetzt und daraufhin bis zu seinem Tod 818 in Gewahrsam genommen. Was man im Frankenreich als adoptianistische Lehre verstand, widerlegten Alkuin von York (gest. 804) und Paulinus von Aquileia (gest. 802) in mehreren Schriften. Mit der Bekämpfung der Häresie in Felix’ altem Bistum wurde Bischof Leidrad von Lyon (sed. 797 oder 798-814 oder 816) beauftragt.[66] Dieses antihäretische Eingreifen der Karolinger in ein Bistum der so genannten Spanischen Mark legitimierte in gewisser Weise auch deren karolingische Eroberung.[67] Es setzte einer theologischen Debatte ein Ende, deren früheste Erwähnung im oben zitierten Brief Hadrians I. zu finden ist und deren Interpretation vor dem Hintergrund gerade dieses Briefes zu betrachten ist.

Hadrians Brief stellte die mit dem Wirken des Elipandus und Ascaricus verbundene Lehre des Adoptianismus in Bezug zu einem allgemeinen Verfall der christlichen Lehre und Glaubenspraxis auf der Iberischen Halbinsel. Diese äußerte sich u. a. in einer zu großen Nähe von Christen, Juden und „Heiden“ (pagani), ferner sogar darin, dass Christen ihre Töchter an dieselben „Heiden“ verheirateten und damit bewirkten, dass die jeweils verheiratete Tochter damit „dem heidnischen Volk übergeben werde“ (et sic populo gentili tradetur). Diese Beobachtung Hadrians beweist nicht nur, dass es etwa siebzig Jahre nach der muslimischen Invasion zu engen Beziehungen zwischen Eroberern und Eroberten gekommen war, sondern impliziert auch, dass Hadrian einen Einblick in islamische Normen interreligiöser Eheschließung hatte. Nach der traditionellen Interpretation entsprechender Koranverse dürfen diesen Normen zufolge muslimische Männer Frauen „aus dem Kreise derjenigen, denen vor Euch die Schrift gegeben wurde“ (mina llaḏīna ūtū l-kitāba min qablikum) ehelichen (Q 5:5), während es muslimischen Frauen nicht gestattet ist, sich mit nichtmuslimischen Männern einzulassen (Q 2:221; 60:10).[68] Die aus Beziehungen zwischen muslimischen Männern und jüdischen oder christlichen Frauen resultierenden Kinder wurden grundsätzlich nach der Religion des muslimischen Vaters erzogen, auch wenn wir gelegentlich Ausnahmen verzeichnen können.[69]

Interessant ist, dass Hadrian in diesem Zusammenhang auch die von einigen iberischen Klerikern formulierte Aufforderung verurteilte, Rinder- und Schweineblut sowie ersticktes Vieh (pecodum aut suillum sanguinem et suffocatum) zu essen und damit ein Essverhalten an den Tag zu legen, das jüdischen und muslimischen Essenstabus diametral entgegenstand. Ob diese Aufforderung als Antireaktion auf diese Essenstabus zu deuten sind, lässt sich nicht abschließend ermitteln, da Hadrian selbst keinen direkten Bezug zu Juden oder Muslimen herstellt. Auch wenn er letztlich im Sinne jüdischer und muslimischer Essenstabus urteilte, bestätigte er eigentlich nur christliche Normen, die schon auf dem apostolischen „Konzil von Jerusalem“ (Apg 15) formuliert worden waren. Dennoch erscheint es plausibel, dass die in seinem Brief abgebildete innerspanische Debatte zum korrekten Fleischverzehr in Reaktion auf jüdische und muslimische Essensregeln aufflammte.[70]

Vor diesem Hintergrund kam in der Forschung immer wieder die Frage auf, ob der von Elipandus ausformulierte Adoptianismus als dogmatische Folgeerscheinung der muslimischen Invasion der Iberischen Halbinsel zu deuten ist. Seit der muslimischen Herrschaftsübernahme sahen sich viele Christen der Iberischen Halbinsel schließlich mit zwei monotheistischen Gruppen konfrontiert, die die christlichen Dogmen der Gottgleichheit und Gottessohnschaft Jesu sowie den Trinitätsgedanken dezidiert ablehnten und diese Ablehnung – anders als noch die Juden unter westgotischer Herrschaft[71] – offen und frei äußern konnten. Aus dieser Perspektive könnte eine christologische Lehre, die Jesus einen „Adoptivstatus“ zuzuweisen und damit seine volle Göttlichkeit in Frage zu stellen scheint, als apologetische Reaktion auf jüdische und muslimische Kritik am christlichen Trinitätsdogma gedeutet werden, wie sie nach 711 auf der Iberischen Halbinsel möglich war.[72] Voll ausformuliert wurde diese These u. a. von Juan Francisco Rivera Recio:

„Das ausgedehnte Zusammenleben zwischen Hispaniern und Arabern muss viele, sowohl kämpferische als auch freundschaftliche Zusammentreffen hervorgebracht haben. Die religiöse Diversität muss Thema vieler Gespräche gewesen sein. Von der katholischen Seite ließen sich die Analogien zum Katholizismus anerkennen, die der Islam behauptete: Der Allāh Muḥammads war der allmächtige christliche Gott; Jesus, wiederholt im Koran zitiert, Sohn der Jungfrau Maria, geliebt und geschützt durch Gott, war in gewisser Hinsicht der Messias, der Sohn Gottes, der von den Christen verehrt wurde. In der Hitze der Diskussion machten die Christen den Muslimen in einem Moment der apologetischen Großzügigkeit eine größere Konzession, als sie eigentlich konnten: Jesus war wirklich wie sie, die Araber, es darstellten, ein Adoptivsohn Gottes und dessen Diener, allerdings nur im Hinblick auf seine menschliche Natur, womit sie gleichzeitig die ihm eigene und natürliche Gottessohnschaft rechtfertigten.“[73]

Cavadini, der den Adoptianismus als „letzte Christologie des Westens“ charakterisiert, hat dieser Interpretation des Adoptianismus deutlich widersprochen: Seiner Ansicht nach kann der Adoptianismus nicht als Verwässerung eines 451 auf dem Konzil von Chalcedon formulierten christologischen Standards angesehen werden. Bei der Entscheidung dieses Konzils handelte es sich um einen von Rom gestützten dogmatischen Kompromiss zwischen der häufig als Eutychianismus bezeichneten Einnaturenlehre (Monophysitismus) sowie der öfters als Nestorianismus bezeichneten Zweinaturenlehre (Dyophysitismus). Ihr zufolge besaß Jesus sowohl volle Göttlichkeit in der Trinität als auch eine untrennbar mit seiner göttlichen Natur verbundene menschliche Natur.[74] Zum Beweis seiner These führt Cavadini mehrere Argumente an:

Erstens fragt er sich, welchen Zweck vermeintliche dogmatische Anpassungsleistungen – sei es in Form der Trinitätslehre des Migetianismus oder der Christologie des Adoptianismus – gegenüber den Muslimen erfüllt haben sollen. Das Festhalten der Migetianer und Adoptianisten an der Göttlichkeit und Gottessohnschaft Christi hätte das Christentum aus jüdischer oder muslimischer Perspektive schließlich nicht akzeptabler gemacht.[75] Zweitens postuliert er, dass in den verbliebenen Schriftzeugen für den Adoptianismus nichts darauf hindeute, dass dessen theologische Reflexionen in irgendeiner Weise von den so genannten Nestorianern oder vom Islam inspiriert seien.[76] Vielmehr werde die Auseinandersetzung zwischen Elipandus von Toledo und Beatus von Liébana ausschließlich auf der Basis einer rein westlichen, d.h. lateinisch-christlichen Texttradition geführt, ohne dass auf griechische oder islamische Einflüsse Bezug genommen werde. Elipandus’ christologische Reflexionen seien als stringente Fortführung der von lateinisch-christlichen Denkern wie Augustinus (gest. 430), Papst Leo I. (sed. 440-461) und Isidor von Sevilla (gest. 636) formulierten Christologie zu sehen, die von zwei in der Person Jesu untrennbar miteinander verbundenen Naturen (göttlich/menschlich) ausgingen.[77] Die gesamte theologische Debatte zwischen Elipandus und Beatus von Liébana mache deutlich, dass beide auf derselben Grundlage einer rein lateinisch-christlichen Argumentationstradition diskutierten. Als Teil einer spezifisch iberischen Tradition, die auch Rom insgesamt distanziert gegenüberstehe, weise diese Debatte weder Bezüge zum Naturenstreit des Konzils von Chalcedon noch zum Islam auf.[78]

Vor diesem Hintergrund kommt Cavadini zu dem Schluss, dass Elipandus keinerlei Konzession an die Muslime gemacht habe, sondern, auch in seiner Opposition zu Migetius, ein militanter Vertreter der Trinität geblieben sei, die ja auch von den so genannten Nestorianern im Irak gegenüber den Muslimen starkgemacht wurde.[79] Die Idee, dass Elipandus’ adoptianistische Überzeugungen auf einer „externen“, d.h. nicht-lateinischen Inspiration basiere, sei nicht aus Elipandus’ Texten selbst herauszulesen, sondern sei von seinen Gegnern in die Debatte eingebracht worden. Ohne konkrete Beweise anführen zu können, vermutet Cavadini zum einen, dass Beatus von Liébana in seiner Polemik gegen Elipandus dessen Konzept der „Adoption“ gezielt hervorhob, um ihn so als einen Häretiker zu brandmarken, der sich den Muslimen angepasst hatte.[80] Zum anderen kann er nachweisen, dass die Klassifikation adoptianistischer Lehren als nestorianisch zunächst von Papst Hadrian I., dann von Karls Hofgelehrtem Alkuin ins Spiel gebracht wurde. Durch die Verlagerung der innerspanischen Adoptianismusdebatte in den karolingischen Bereich sei diese plötzlich aus einem anderen Blickwinkel betrachtet worden, der ihren Wurzeln in einer spezifisch iberischen lateinisch-christlichen Denktradition allerdings nicht gerecht geworden sei.[81]

Abschließend ist zu fragen, wie Hadrians Beobachtung, die christliche Glaubenslehre und –praxis sei etwa sieben Jahrzehnte nach der muslimischen Herrschaftsübernahme auf der Iberischen Halbinsel stark gefährdet gewesen, zu beurteilen ist. Auf der Iberischen Halbinsel war es nach den chaotischen Jahrzehnten der Invasionszeit und Statthalterherrschaft ab 756 zu einer gewissen Stabilisierung der Verhältnisse im umayyadischen Emirat und damit zu einem modus vivendi zwischen Eroberern und Eroberten gekommen. Dieser beförderte auch eine intensivere Vermischung, z. B. im Rahmen von Heiratsverbindungen nach den nun herrschenden islamischen Normen.[82] Ab den 750ern scheint auch die Kirche zu einer gewissen Stabilität unter neuen Vorzeichen zurückgefunden zu haben. Die ehemalige, von Toledo aus geführte westgotische Reichskirche hatte ihre Privilegien verloren. Infolge der muslimischen Herrschaftsübernahme musste sie sich den Normen einer neuen Variante des Monotheismus unterordnen und stand nun mit dem ehemals von ihr unterdrückten Judentum auf gleicher Stufe. Ein Bischof wie Elipandus genoss unter muslimischer Herrschaft zwar deutlich mehr dogmatische Freiheiten als der unter karolingischer Herrschaft stehende Felix von Urgell, wurde aber in seinem Primatsanspruch nun sowohl von innen durch Migetius als auch von außen durch Beatus von Liébana herausgefordert. Die Bewegung der Migetianer könnte in ihrer radikalen Ablehnung der sozialen Interaktion mit „Heiden“ als eine Art Protestbewegung gegen die mit der neuen Herrschaft kooperierende Amtskirche betrachtet werden. In der Polemik des Beatus von Liébana manifestiert sich ein neues Machtverhältnis zwischen Kirchenvertretern ehemals verbundener, nun aber getrennter Herrschaftsbereiche. Ob der unter muslimischer Herrschaft wirkende Klerus nicht nur im Hinblick auf sein Sozialverhalten in einer nun muslimisch dominierten Gesellschaft, sondern auch hinsichtlich seiner Glaubenslehre und –praxis als „konzessionsbereit“ zu gelten hat, ist unsicher. Dass zunächst Elipandus von Toledo, dann auch der außerhalb des muslimischen Herrschaftsbereiches wirkende Felix von Urgell bewusst eine adoptianistische Doktrin entwickelten, um den antitrinitarischen Vorstellungen von Juden und Muslimen entgegenzukommen, erscheint sehr unwahrscheinlich. Dennoch fällt es schwer zu glauben, die durch die muslimische Herrschaftsübernahme hervorgerufenen radikalen Veränderungen für den Status des Christentums auf der Iberischen Halbinsel hätten keinerlei dogmatische Effekte gezeitigt. Zwar lässt sich im stark trinitarisch geprägten Gedankengut des Migetianismus und Adoptianismus kein wirklicher islamischer Einfluss erkennen. Dennoch ist es bezeichnend, dass in der Etablierungsphase der Muslime auf der Iberischen Halbinsel zwei doch relativ vehemente Auseinandersetzungen um den Status der Figur Jesu aufkamen, die sowohl gegen die Amtskirche gerichtet waren, als auch von dieser ausgingen. Das Aufbrechen der alten, stark herrschaftsfixierten westgotischen Kirchenhierarchie hatte den Christen unter muslimischer Herrschaft innerhalb ihres Glaubenssystems neue dogmatische Freiheiten eröffnet, vielleicht aber auch vielleicht Zweifel an der Validität bisheriger Vorstellungen und Hierarchien gesät.[83]

Hadrians Brief ist als Machtdemonstration, aber auch als Kommunikationsversuch eines Papstes zu sehen, der diese Veränderungen aus der Distanz beobachtete und verurteilte, aber auch nur teilweise nachvollziehen konnte. Hadrian rief den Klerus Spaniens nicht nur zur Rückkehr zu etablierten Glaubensinhalten und –praktiken auf. Er forderte auch eine kaum realistisch umzusetzende Distanzierung von den so genannten „Heiden“ und damit Widerstand gegen den gefundenen modus vivendi zwischen Eroberern und Eroberten. Sein Brief dokumentiert einen in Ansätzen und verschiedenen Facetten zu beobachtenden Transkulturationsprozess auf der Iberischen Halbinsel, ferner die unterschiedliche Ausdifferenzierung von Christentümern unter christlicher und muslimischer Herrschaft.[84] Anhand des Briefes lässt sich diskutieren, inwieweit der islamische Monotheismus auf christliche Doktrinen unter oder in Nachbarschaft zur muslimischen Herrschaft einwirkte. Auch vermittelt er einen Eindruck davon, wie die neue Herrschaftskonstellation auf der Iberischen Halbinsel nach Asturien, das Frankenreich und Rom ausstrahlte und in diesen Gegenden Reaktionen und Bemühungen provozierte, in die kirchlichen Verhältnisse des frühen umayyadischen Emirats einzugreifen.[85]

Editionen & Übersetzungen

Codex Carolinus (ep. 95: Hadrianus episcopus … omnibus orthodoxis episcopis per universam Spaniam commorantibus), ed. Wilhelm Gundlach (MGH Epp. 3, Epistolae Merowingici et Karolini Aevi I), Berlin: Weidmann, 1892, S. 636-643.

Zitierte & weiterführende Literatur

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Zitierempfehlung

Daniel G. König, "785-791: Papst Hadrian I. kritisiert einen Verfall christlicher Glaubenslehre und -praxis im muslimischen al-Andalus", in: Transmediterrane Geschichte. Kommentierte Quellenanthologie, ed. Daniel G. König, Theresa Jäckh, Eric Böhme, URL: https://wiki.uni-konstanz.de/transmed-de/index.php/785-791:_Papst_Hadrian_I._kritisiert_einen_Verfall_christlicher_Glaubenslehre_und_-praxis_im_muslimischen_al-Andalus. Letzte Änderung: 23.02.2021, Zugriff: 25.11.2024.

Schlagworte

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  1. Schieffer, Hadrian I., S. 1821-1822.
  2. Hartmann, Hadrian I., S. 197-260, stellt seine Untersuchung hierzu bezeichnenderweise unter die Kapitelüberschrift „Kooperation im Konflikt“.
  3. Vgl. das Incipit der Praefatio zu den so genannten Libri Carolini, i.e. Opus Caroli regis contra synodum, ed. Ann Freeman, Paul Meyvaert (MGH Conc. 2, Suppl. 1), Hannover: Hahn, 1998, S. 97: „contra synodum, que in partibus Graetiae pro adorandis imaginibus stolide sive arroganter gesta est.“ Die Annales regni Francorum, ed. Friedrich Kurze (MGH SS rer. germ. in us. schol. 6), Hannover: Hahn, 1895, a. 794, S. 94, schreiben hierzu: „Pseudosynodus Grecorum, quam falso septimam vocabant, pro adorandis imaginibus fecerunt, reiecta est a pontificibus.“
  4. Hartmann, Hadrian I., S. 157-196.
  5. Bautz, Hadrian I., S. 425.
  6. Kerner, Codex Carolinus, Sp. 2202-2203. Weiterführend: Hack, Codex Carolinus; zu Hadrian im Codex Carolinus: Hartmann, Hadrian I., S. 29-36, 237-241.
  7. Codex Carolinus, ep. 59 (Hadrianus Carolo regi, a. 776), ed. Gundlach (MGH Epp. 3: Epp. Merov. et Karoling. aevi 1), S. 557-558: „Repperimus enim in ipsas vestras mellifluas apices pro venalitate mancipiorum, ut quasi per nostris Romanis venundati fuissent in gentem necdicendam Saracenorum. Et numquam, quod absit, in tale declinavimus scelus, aut per nostram volontatem factum fuisset; sed in litoraria Langobardorum semper navigaverunt necdicendi Greci et exinde emebant ipsa familia et amicitia cum ipsis Langobardis fecerunt et per eosdem Langobardos ipsa suscipient mancipia.“
  8. Codex Carolinus, ep. 61 (Hadrianus Carolo regi, a. 778), ed. Gundlach (MGH Epp. 3: Epp. Merov. et Karoling. aevi 1), S. 558: „Deo sibi contrario, Agarenorum gens cupiunt ad debellandum vestris introire finibus. Hoc vero cognito, in magna exinde tribulatione atque afflictione positi sumus; sed nequaquam dominus Deus noster talia fieri permittat nec beatus apostolorum Petrus princeps. Nos vero, dulcissime fili et magne rex, incessanter pro vobis cum omnibus sacerdotibus atque religiosis monachis et cunctum clerum vel universum populum nosotrum domini Die nosotri deprecamus clementiam, ut ipsam necdicendam Agarenorum gentem vobis subiciat et vestri eam substernat pedibus, et minime prevalere adversus vols valeant; (…).“
  9. Codex Carolinus, ep. 74 (Hadrianus Carolo regi, a. 781-783), ed. Gundlach (MGH Epp. 3: Epp. Merov. et Karoling. aevi 1), S. 604-605: „In quibus ad aures vestrae regalis potentiae intimantes innotescimus de Constantinopolitanae partibus: eo quod in finibus eius gens Persarum invadentes atque depredantes venerunt usque in loco, quod dicitur Amoria, sexagesimo miliario eiudem civitatis Constantinopolitanae; unde et praedam magnam conprehendentes secum detulerunt. Et, sicut audivimus atque fama fertur, thius regis Persarum princeps et dux exercitui nefandissimi ipsorum existebat; qui, dum reversus fuisset cum iniqua victoria, elatus in superbia mentitus est proprio nepto suo et ab eiusdem exercito factus est rex Persarum. Et infra Perse tumultuantes pugnare ad invicem pro nepote et thio dicuntur.“
  10. Canard, ʿAmmūriya, S. 449; Kennedy, al-Mahdī, S. 1238-1239.
  11. Synodus, que facta est in Anglorum Saxonie, in: Alcuini epistolae, ed. Ernst Dümmler (MGH EPP 4, Epistolae Karolini aevi 2), Berlin: Weidmann, 1895, ep. 3, S. 22. Vgl. Beckett, Anglo-Saxon Perceptions, S. 1; Kedar, Crusade and Mission, S. 30. Ich danke Mohamed Qassiti für diesen Hinweis.
  12. Vgl. zu diesen Begriffen 621: Isidor von Sevilla zum Ursprung des Sarazenenbegriffs.
  13. Codex Carolinus (ep. 95: Hadrianus episcopus … omnibus orthodoxis episcopis per universam Spaniam commorantibus), ed. Gundlach (MGH Epp. 3: Epp. Merov. et Karoling. aevi 1), S. 636-643.
  14. Bullough, Dating of Codex Carolinus, S. 223-224.
  15. Codex Carolinus, ep. 96 (Hadrianus Egilae, a. 785-91), ed. Gundlach (MGH Epp. 3: Epp. Merov. et Karoling. aevi 1), S. 643-647.
  16. Codex Carolinus, ep. 97 (Hadrianus Egilae, a. 785-91), ed. Gundlach (MGH Epp. 3: Epp. Merov. et Karoling. aevi 1), S. 647-648. Zum Verbot des Fastens am Samstag, das man hier vielleicht als Abgrenzungshandlung zum jüdischen Sabbat sehen könnte, gibt es in zahlreichen Werken des sunnitischen Islam auch Vorgaben unter dem Stichwort „Fasten der Freiwilligkeit“ (ṣiyām bzw. ṣawm al-taṭawwuʿ), die in diesem Rahmen allerdings nicht aufgearbeitet werden können.
  17. Codex Carolinus, ep. 97 (Hadrianus Egilae, a. 785-91), ed. Gundlach (MGH Epp. 3: Epp. Merov. et Karoling. aevi 1), S. 648, Zeile 1-8: „Et quoniam, ut fertur, nequaquam ipsos apostolicos apud te profectos sunt apices, ostris eos habentes registris exaratos, infra rescribentes, per arum gerulos, scilicet Bellerefonsum seu Iohannem clericum, direximus denuo, sicut nobis per fidelissimum missum suum, videlicet reverentissimum et sanctissimum Petrum Ticinensis ecclesiae episcopum, precellentissimus ac praefulgidus filius et spiritalis conpater noster, domnus Carolus, rex Francorum et Langobardorum ac patricius Romanorum, pro tua insigna dilectione poscendum emisit; et per eius regalem adminiculum, tuis faventes votis, adimpleri prorsus nituimus.“; Cavadini, Last Christology, S. 13.
  18. Bullough, Dating of Codex Carolinus, S. 225-227. Vgl. mit gleicher Reihenfolge, aber unterschiedlicher Datierung schon Gams, Kirchengeschichte Spaniens, S. 254.
  19. Vgl. hierzu: 719-759: Das Chronicon Anianense zu Beginn und Ende muslimischer Herrschaft über Septimanien.
  20. Claude, Aquitanien, S. 829-830. Vgl. hierzu: 731: Die Chronica muzarabica zur Ehe des Berbers Munnuz mit der Tochter von Eudo, dux von Aquitanien.
  21. Lewis, Development, S. 37-41; Sénac, Carolingiens et al-Andalus, S. 51-70; vgl. hierzu: 812: Eine Anweisung Karls des Großen bezüglich immigrierter Hispani.
  22. Vgl. Collins, Charlemagne, S. 65-68, 73-75.
  23. Zu Asturias vgl. Riera Melis, Asturien, 1. Asturien, S. 1153-1154.
  24. Synodus, que facta est in Anglorum Saxonie, in: Alcuini epistolae, ed. Ernst Dümmler (MGH EPP 4, Epistolae Karolini aevi 2), Berlin: Weidmann, 1895, ep. 3, S. 19-29.
  25. Aillet, Mozarabes, S. 46, spricht von „un pape investi dans les affaires hispaniques.“
  26. Vgl. Cavadini, Last Christology, S. 13.
  27. Wilcharius wird schon in einem Brief Hadrians an Karl von 779-781 erwähnt, vgl. Codex Carolinus, ep. 65, ed. Gundlach, S. 588. Wilcharius wird in der Forschung üblicherweise als Erzbischof von Sens und Primas Galliens gehandelt, ist angesichts dieser herausragenden Stellung in den Quellen aber nur sehr schlecht dokumentiert. Siehe Regesta Imperii Online, n. 142a, URI: http://www.regesta-imperii.de/id/0771-12-00_1_0_1_1_0_460_142a (Zugriff 03.12.2020); sowie Isel, Wilcharius; Cavadini, Last Christology, S. 138, FN 31, 139-140, FN 42.
  28. Ziegler, Church and State, S. 33-38; Thompson, Goths in Spain, S. 278-279: „the Toledan councils had no parallel in any other kingdom of the sixth or seventh century. They were a peculiarly Spanish instrument of government. The councils were a national institution.“
  29. Ziegler, Church and State, S. 49-50; Thompson, Goths in Spain, S. 275-277.
  30. Gams, Kirchengeschichte Spaniens, S. 222-238; Ziegler, Church and State, S. 50-53, S. 52-53: „The comparative isolation of Spain from the rest of the Christian world, the peculiar union of Church and State, the identification of the interests of Church and State and the mixing of spiritual and civil matters, the acknowledged power of the king in the sphere of religion, the participation of bishops in secular and civil affairs, the magnified importance of the national councils and of the metropolitan see of Toledo, all served to give the Visigothic Church a character self-contained and self-sufficient to a degree not found elsewhere. There was a trend in the Spanish Church that might be called Hispanism.“; Thompson, Goths in Spain, S. 185, 241, 279. Collins, Arab Conquest, S. 15, warnt davor, das späte Westgotenreich und die westgotische Kirche als zu isoliert darzustellen.
  31. Chronica Adefonsi regis tertii, ed. Yves Bonnaz, Chroniques asturiennes, Paris: CNRS, 1987, cap. 4, S. 35-36: „episcopis, presbyteris seu diaconibus uxores habere praecepit.“; ibid., cap. 9 (Roda-Version), S. 48: „Iste [i.e. Froila], sceleri de tempore Vitizani, quo sacerdotes uxores habere consueuerant, finem imposuit; etiam multis in scelera permanentibus, flagella inferens monasteriis perligauit. Sicque ex tunc uetitum est sacerdotibus coniugia sortire, unde, canonicam obseruantes sententiam, magna iam creuit Ecclesia.“
  32. Collins, Visigothic Spain, S. 110-111; Collins, The Arab Conquest, S. 15-19. Weitere Angaben zum achtzehnten Konzil von Toledo bei Ziegler, Church and State, S. 121-122, 128; Thompson, Goths in Spain, 249; Orlandis und Ramos-Lissón, Synoden auf der Iberischen Halbinsel, S. 322-323.
  33. Dabei ist allerdings darauf hinzuweisen, dass die Zölibatsverpflichtung auch in der lateinischen Kirche des späten 8. Jahrhunderts nicht vollständig durchgesetzt war und als Thema noch von den Kirchenreformern des 11. Jahrhunderts aufgegriffen wurde. Vgl. Price, Zölibat II, S. 723-729.
  34. Chronica muzarabica, ed. Juan Gil (Corpus Scriptorum Muzarabicorum 1), Madrid: CSIC, 1973, cap. 44, S. 32: „Per idem tempus diue memorie Sinderedus urbis regie metropolitanus episcopus sanctimonie studio claret atque longebos et merito honorabiles uiros, quos in supra fatam sibi commisam eclesiam repperit, non secundum scietiam zelo sanctitatis stimulat, adque instinctu iam dicti Uuittize principis eos sub eius tempore conuexare non cessat. Qui et post modicum incursus Arabum expabescens non ut pastor, sed ut mercennarius Xpi oues contra decreta maiorum deserens Romanie patrie sese aduentat.“; zu Sindered in Rom siehe Thompson, Goths in Spain, 250.
  35. Chronica muzarabica, ed. Gil (CSM 1), cap. 57, S. 38: „a principalia iussa ueniret Ambiza eorum rector. Per idem tempus Fredoarius Accitane sedis episcopus, Urbanus Toletane sedis urbis regie katedralis ueteranus melodicus atque eiusdem sedis Euantius archediaconus nimium doctrina et sapientia, sanctitate quoque et in omnis secundum scripturas, spe, fide et karitate ad confortandam eclesiam Dei clari habentur.“ Da der oben genannte Urbanus als sedis urbis regie katedralis ueteranus melodicus bezeichnet wird, kann es sich nicht um den von Thompson erwähnten Berater handeln. Vgl. Gams, Kirchengeschichte Spaniens, S. 243.
  36. Gams, Kirchengeschichte Spaniens, S. 243, geht auf der Basis des späteren Historiographen Rodrigo Jiménez de Rada (gest. 1247) davon aus, dass Urban das Erzbistum entweder als Verweser oder als erwählter Erzbischof verwaltete.
  37. Chronica muzarabica, ed. Gil (CSM 1), cap. 49, S. 35: „Quod ille [i.e. Muze] consilio nobilissimi uiri Urbani Africane regionis sub dogma catholice fidei exorti, qui cum eo cunctas Spanie aduentauerat patrias, accepto, complendum pro nicilo exoptat (…).“ Thompson, Goths in Spain, 250-251, identifiziert diesen Urbanus mit einem anderen Urbanus, der den muslimischen Eroberer Mūsā b. Nuṣayr auf seinem Zug durch die Iberische Halbinsel geführt und ihn später auch beraten haben soll, „the chronicler (…) does report that a few years after Tarik’s landing a very noble African Catholic called Urban was advising the Arabs in Spain. And he knows, too, that some years later a certain Urban, perhaps the same man, had become Metropolitan of Toledo and, with his archdeacon Euantius and the Bishop of Guadix (Acci) Fredoarius, brought much comfort to the church until his death eighteen years later.“
  38. Chronica muzarabica, ed. Gil (CSM 1), cap. 67, S. 45: „Qui [i.e. Aucupa] et post paululum perhacto quinquenio Abdilmelic prefato regnum restaurans infirmitate correptus; mox lango ad uitalia rediit, e seculo migrat. Per idem tempus uiri doctores et sanctimonie studio satis pollentes Urbanus et Euantius leti ad Dominum pergentes requiescunt in pace.“
  39. Collins, Arab Conquest, S. 94-112.
  40. Chalmeta, Invasión e islamización, S. 347-384.
  41. Chronica muzarabica, ed. Gil (CSM 1), cap. 72, S. 48, Zeile 20, MS-Variante MP: „Huius tempore uir sanctissimus et ab ipsis cunabulis [curabulis] in Dei persistens seruitio Cixila in sede manet Toletana [lacuna P] et quia ab ingressione Arabum in supra fatam ecclesiam [lacuna P] ecclesia metropolim est ordinatus. Feuit enim sanctimoniis eruditus, ecclesiarum restaurator et [lacuna P] scripta [lacuna P] a spe, fide et caritate firmissimus meritis [lacuna P] eius innotescant cunctis. (…) Qui et nouem per annos uicem apostolicatus peragens in ea caritate qua inchoauerat uite huius terminum dedit.“
  42. Cixila, Vita Ildephonsi, ed. Juan Gil (Corpus Scriptorum Muzarabicorum 1), Madrid: CSIC, 1973, S. 59-66.
  43. Chronica muzarabica, ed. Gil (CSM 1), cap.75, S. 51: „Per idem tempus Petrus Toletane sedis diaconus pulcher apud Spaniam habetur melodicus atque in omnibus scripturis sapientissimus. Habitatores in Hispalim propter Pascas erroneas, que ab eis sunt celebrate, libellum patrum atque diuersis auctoritatibus pulcre [re]compositum conscripsit.“ Petrus schrieb zu diesem Thema an den Bischof Felix von Córdoba: Domno et in XPO uenerabili Felici Cordouensi[s] sedis episcopo a Petro epistola reciprocata, ed. Juan Gil (Corpus Scriptorum muzarabicorum 1), Madrid: CSIC, 1973, S. 55-58.
  44. Gams, Kirchengeschichte Spaniens, S. 246, ist sich der Chronologie überhaupt nicht sicher: „Als Nachfolger des Urban auf dem Si[t]ze von Toledo vor Elipandus, dem Adoptianer, werden genannt Sunifredus (738-758), Concordius (758-774), und nach diesem der Schriftsteller Cixila, welcher um das Jahr 782-783 gestorben sein soll. Andererseits kann es scheinen, dass er unmittelbar auf Urban um das Jahr 738 gefolgt sei. S. 261 lässt er dann allerdings Elipandus 782-783 auf Cixila folgen.
  45. Bautz, Elipandus, S. 1492-1493.
  46. Schäferdiek, Elipandus, S. 1830-1831.
  47. Rivera Recio, El Adopcianismo, S. 28; Cavadini, Last Christology, S. 24.
  48. Vgl. Cavadini, Last Christology, S. 68, FN 140.
  49. Elipandus, Epistula ad Migetium, ed. Juan Gil (Corpus Scriptorum Muzarabicorum 1), Madrid: CSIC, 1973, S. 68-77, hier cap. 3, S. 70.
  50. Elipandus, Epistula ad Migetium, ed. Gil (CSM 1), cap. 11, S. 76: „asseris quod cibus infidelium polluat mentes fidelium (…).“
  51. Cavadini, Last Christology, S. 11.
  52. Elipandus, Epistula ad Migetium, ed. Gil (CSM 1), cap. 12, S. 77: „asseris quia in sola Roma sit potestas Dei, in quam Xps abitat (…).“
  53. Cavadini, Last Christology, S. 11-12.
  54. Cavadini, Last Christology, S. 10-16. Vgl. Collins, Arab Conquest, S. 221-223.
  55. Collins, Arab Conquest, S. 220-221.
  56. Elipandus, Symbolus fidei, ed. Juan Gil (Corpus Scriptorum Muzarabicorum 1), Madrid: CSIC, 1973, S. 80, Zeilen 46-47. Vgl. Cavadini, Last Christology, S. 29-30.
  57. „Er, der in göttlicher Gestalt war, hielt es nicht für einen Raub, Gott gleich zu sein, sondern entäußerte sich selbst und nahm Knechtsgestalt an, ward den Menschen gleich und der Erscheinung nach als Mensch erkannt.“
  58. Cavadini, Last Christology, S. 33-34.
  59. Beatus Liebanensis, Eterius Oxomensis, Adversus Elipandum libri duo, ed. Bengt Löfstedt (Corpus Christianorum. Continuatio Mediaeualis 59), Turnhout: Brepols, 1984.
  60. Elipandus, Epistula ad Fidelem, ed. Juan Gil (Corpus Scriptorum Muzarabicorum 1), Madrid: CSIC, 1973, S. 80: „Qui non fuerit confessus Ihesum Xpm adobtibum humanitate et nequaquam adobtibum diuinitate et hereticus est, exterminetur.“
  61. Elipandus, Epistula ad Fidelem, ed. Gil (CSM 1), S. 81: „Nam numquam est auditum ut Libanenses Toletanos docuissent. Notum est pleui uniuersę hanc sedem snactis doctrinis ab ipso exordio fidei claruisse et numquam scimaticum aliquid emanasse; et nunc una ouis moruida doctor nobis appetit esse?“
  62. Elipandus, Epistula ad Fidelem, ed. Gil (CSM 1), S. 81: „ut sicut per seruos suos Dominus de finibus Betice eradicauit heresem Migetianam, ita per uos de finibus Asturiensium funditus euellat heresem Beatianam.“
  63. Annales qui Einhardi dicuntur, ed. Friedrich Kurze (MGH SS rer. germ. in us. schol. 6), Hannover: Hahn 1895, a. 792, S. 91.
  64. Diese Behauptung bei Cavadini, Last Christology, S. 71.
  65. Annales regni Francorum a. 794, ed. Friedrich Kurze (MGH SS rer. germ. in usum scholarum 6), Hannover: Hahn, 1895, S. 94: ibique congregata est synodus magna episcoporum Galliarum, Germanorum, Italorum in praesentia iamfati principis et missorum domni apostolici Adriani, quorum nomina haec sunt, Theofilactus et Stephanus episcopi. Ibi tertio condempnata est heresis Feliciana, quam dampnationem per auctoritatem sanctorum patrum in libro conscripserunt, quem librum omnes sacerdotes manibus propriis subscripserunt.“ Vgl. hierzu: Engels, Felix, Bf. v. Urgel, S. 342; Heil, Adoptianismus, S. 162-163; Schäferdiek, Elipandus, S. 1830-1831; Bonnery, À propos du Concile de Francfort, S. 767-786; Berndt, Das Frankfurter Konzil, S. 519-545.
  66. Engels, Felix, Bf. v. Urgel, S. 342; Heil, Adoptianismus, S. 162-163.
  67. Aillet, Pope Hadrian’s Epistles, S. 338.
  68. Q 2:221 verbietet die Verheiratung muslimischer Frauen an „Polytheisten“ (lā tunkiḥū l-mušrikīna), zu denen – je nach Kontext – aufgrund ihres Trinitätsglaubens gelegentlich auch die Christen gezählt werden. Vgl. auch Q 60:10.
  69. Ibn Ḥawqal, Kitāb ṣūrat al-arḍ [Buch vom Bild der Erde], ed. Michael J. de Goeje, Johannes H. Kramers, Leipzig: Harrasowitz, 1938, S. 129. Hierzu: 973: Ibn Ḥawqal über christlich-muslimische Ehen auf Sizilien.
  70. Codex Carolinus (ep. 95: Hadrianus episcopus … omnibus orthodoxis episcopis per universam Spaniam commorantibus), ed. Gundlach (MGH Epp. 3: Epp. Merov. et Karoling. aevi 1), S. 642-643: “Verum etiam et hoc de partibus vestris audivimus, quod quidam pollicentes atque in errore perseverantes predicant: ut, qui non ederit pecodum aut suillum sanguinem et suffocatum, rudis est aut ineruditus. Nos quidem, apostolica precepta inbuti atque eruditi, confirmantes predicamus, quod, si quis pecodum aut suillum sanguinem vel suffocatum manducaverit, non solum totius est eruditionis alienus, sed ipsius quoque intelligentiae communis prorsus extraneus, unde sub anathematis vinculo obligatus in laqueo incidat diaboli.” Der Interpretation von Aillet, Pope Hadrian’s Epistles, S. 341, ist zuzustimmen, dass diese Debatte vor dem Hintergrund der unter muslimischer Herrschaft nun erhöhten Relevanz von Essensregeln in Situationen des interreligiösen Kontaktes zu sehen ist („the importance of dietary regulations in this context of interreligious contacts“). Wie die Entscheidungen des „Konzils von Jerusalem“ (Apg 15) zeigen, handelt es sich beim Verbot des Verzehrs von Blut und ersticktem Vieh allerdings nicht nur um eine „Old Testament prohibition.“ Seine Aussage, S. 340, der Papst genehmige diesen Verzehr, ist falsch: „The pope confirms the freedom to eat any kind of meat, including blood, in response to those who claim that the faithful should follow the Old Testament law of Moses, as was commonly practiced by Jews and Muslims.“ Ich danke Theresa Jäckh für den Hinweis auf das Konzil von Jerusalem.
  71. Vgl. hierzu: 694: Der Vorwurf jüdischer Kollaboration in den Akten des 17. Konzils von Toledo.
  72. Siehe z. B. Rivera Recio, Los arzobispos de Toledo, S. 188; vorsichtiger Heil, Adoptianismus, S. 163: „Auch an den Versuch der Abwehr solcher Gedankengänge innerhalb der chr. Kirche unter muslim. Herrschaft wäre zu denken. Wichtiger ist aber, daß gezeigt werden konnte, daß Begriffe wie homo adoptivus u.ä., die v.a. in der mozarab. Liturgie begegnen, eine alte Tradition in der chr. Kirche des Abendlandes hatten.“
  73. Rivera Recio, El adopcianismo, S. 32: „La prolongada convivencia entre hispanos y árabes hubo de producir múltiples encuentros, pugnaces unas veces y amistosos otras. El tema de la diversidad religiosa debió de serlo de muchas conversaciones. Desde el lado católico se pudo apreciar las analogías que con el catolicismo profesaba el islamismo; el Alah de Mahoma era el Dios omnipotente cristiano; Jesús, reiteradamente citado en el Corán, hijo de la Virgen María, amado y protegido por Dios, era en ciertos aspectos el Mesías, Hijo de Dios, adorado por los cristianos. En el calor de la discusión los cristianos llegaron a conceder a los mahometanos, en un momento de generosidad apologética más de lo que podían: Jesús era realmente como ellos, los árabes le representaban, hijo adoptivo de Dios y siervo suyo, pero… [sic!] sólo por razón de la naturaleza humana, vindicando al mismo tiempo para El la filiación divina propia y natural.“ Vgl. auch S. 83 mit derselben These auf der Basis einer ausführlichen Auseinandersetzung mit der „Genese und den Motivationen der adoptianistischen Häresie“ auf S. 77-83.
  74. Cavadini, Last Christology, S. 5.
  75. Cavadini, Last Christology, S. 16.
  76. Cavadini, Last Christology, S. 27. Zur Ablehnung so genannter nestorianischer Einflüsse, die von Rivera Recio, El adopcianismo, S. 32, stark gemacht werden, siehe auch Cavadini, Last Christology, S. 38-44.
  77. Cavadini, Last Christology, S. 35-36, 43.
  78. Cavadini, Last Christology, S. 47-52.
  79. Cavadini, Last Christology, S. 39.
  80. Cavadini, Last Christology, S. 45.
  81. Cavadini, Last Christology, S. 69, 77, 85, 105.
  82. Vgl. hierzu die Thesen von Guichard, Les Arabes ont bien envahi, S. 1483-1513.
  83. Dieses Phänomen ist schon für den Nahen Osten der frühen Umayyadenperiode dokumentiert: So z. B. zahlten dort jakobitische Christen den frühen Muslimen besondere Tribute, um von ihnen Protektion vor Verfolgung durch orthodoxe Christen zu bekommen. Vgl. The Seventh Century in West-Syrian Chronicles, trans. Andrew Palmer, Simon Brock, text no. 4 (The Maronite Chronicle), Liverpool: LUP, 1993, S. 29-32. Johannes Bar Penjaye schrieb als syrischer Zeitzeuge der Eroberungen in den 690ern: „From every man they required only the tribute, and left him free to hold any belief, and there were even some Christians among them: some belonged to the heretics and others to us.“ Vgl. John Bar Penkaye, World History, übers. Robert Pearse, auf der Basis von Alphonse Mingana, Sources Syriaques, Mosul 1908, Bd. 1, S. 1- 174 (Syriac), S. 172-197 (French) sowie Sebastian Brock, North Mesopotamia in the late seventh century: Book XV of John Bar Penkayé's Rish Melle, Jerusalem Studies in Arabic and Islam 9 (1987), S. 51-75, URL: http://www.tertullian.org/fathers/john_bar_penkaye_history_15_trans.htm#Book%2015 (Zugriff: 07.12.2020).
  84. Vgl. hierzu das Konzept sich diversifizierender Mikro-Christenheiten in Brown, Rise of Western Christendom, S. 355-380.
  85. Vgl. Aillet, Pope Hadrian’s Epistles, S. 341: „The answer to Egila also uniquely documents the intense doctrinal debate that was taking place within the church in al-Andalus a few decades after the Muslim conquest, and complements contemporary Mozarabic Latin sources. The challenge of living under Muslim rule led the weakened clergy of al-Andalus to consider the various aspects of canon law that affected coexistence, such as those that dealt with sharing food and entering into matrimonial alliances. Coexistence with Islam had theological consequences, both direct and indirect.“