575: Ein hispano-romanischer Besucher aus dem Westgotenreich beobachtet arabisch-byzantinische Beziehungen: Unterschied zwischen den Versionen

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==Inhalt & Quellenkontext==  
==Inhalt & Quellenkontext==  
Der Eintrag des Johannes von Biclaro liefert lediglich eine kurze Nachricht zu einem diplomatischen Treffen zwischen dem byzantinischen Kaiser Tiberios (regn. 574-578 als Mitregent, 578-582 als Alleinherrscher) und dem Ghassanidenfürsten al-Munḏir (regn. 569-582), die ansonsten nicht kontextualisiert wird. Weder vor noch nach dieser Passage geht der Chronist nochmals auf arabische Gruppen ein, auch wenn er sonst weiterhin über byzantinische Angelegenheiten, darunter etwa die persisch-byzantinischen Beziehungen, berichtet. Der Besuch al-Munḏirs ist auf das neunte Herrschaftsjahr von Kaiser Justin II. (regn. 565-578) und das siebte Herrschaftsjahr des Westgotenkönigs Leovigild (regn. 569-586) datiert und wird vom Editor Theodor Mommsen konsequenterweise in das Jahr 575 gelegt.
Der Eintrag des Johannes von Biclaro liefert lediglich eine kurze Nachricht zu einem diplomatischen Treffen zwischen dem byzantinischen Kaiser Tiberios (regn. 574-578 als Mitregent, 578-582 als Alleinherrscher) und dem Ghassanidenfürsten al-Munḏir (regn. 569-582), die ansonsten nicht kontextualisiert wird. Weder vor noch nach dieser Passage geht der Chronist nochmals auf arabische Gruppen ein, auch wenn er sonst weiterhin über byzantinische Angelegenheiten, darunter etwa die persisch-byzantinischen Beziehungen, berichtet. Der Besuch al-Munḏirs ist auf das neunte Herrschaftsjahr von Kaiser Justin II. (regn. 565-578) und das siebte Herrschaftsjahr des Westgotenkönigs Leovigild (regn. 569-586) datiert und wird vom Editor Theodor Mommsen konsequenterweise in das Jahr 575 gelegt.
==Kontextualisierung, Analyse & Interpretation==  
==Kontextualisierung, Analyse, Interpretation==  
Al-Munḏir führte 569-580 die Dynastie der Ǧafniden an, die in der älteren Forschung oft mit den Ghassaniden gleichgesetzt wird. Er hatte in den Jahren 569-570 erfolgreich gegen eine andere, an die persischen Sassaniden angebundene arabische Gruppe gekämpft. Diese stand unter der Führung der Dynastie der Naṣriden und wird in der älteren Forschung oft mit den Lakhmiden gleichgesetzt.<ref name="ftn2">Zur Problematik der Gleichsetzung von Ǧafniden und Ġassāniden sowie Naṣrīden und Laḫmiden vgl. Fisher, ''Between Empires'', S. 3-7, 95-99. </ref> Im Anschluss an die Kämpfe hatte al-Munḏir für seine Verluste Unterstützung von Seiten Konstantinopels gefordert. Dies führte zu einem von Justin II. beauftragten, aber gescheiterten Mordkomplott auf al-Munḏir, der daraufhin seine militärische Protektionsaufgabe gegenüber Byzanz einstellte und damit etwa zwischen 572 und 575 lakhmidische und persische Plünderungen in der Provinz Oriens zuließ. Johannes von Biclaro berichtet nun hier, dass es 575 mit dem Besuch bei Tiberios zu einer Versöhnung kam, die nach der Interpretation Ekkehard Rotters und Irfan Shahîds zu einer Art Krönung, d. h. also offiziellen Aufwertung al-Munḏirs führte, die sich ihrer Ansicht nach in der Ausstattung des Ǧafnidenfürsten mit „besseren Geschenken“ (''donis optimis'') manifestiert, obwohl von einer Krone – im Unterschied zu einem Kranz – keine Rede ist. Da al-Munḏir das von beiden als Krone identifizierte ''stemma ''außerdem selbst mitbrachte, mag diese Interpretation überzeichnen, könnte der Ǧafnidenfürst den Versöhnungsbesuch ja auch mit einer Art Eigenständigkeitsbehauptung verknüpft haben. Während Rotter und Shahîd auf der Basis der Kirchengeschichte des Johannes von Ephesos davon ausgehen, dass al-Munḏir Konstantinopel im Jahre 580 nochmals besuchte, erkennen andere Forscher nur einen Besuch im Jahre 580 an. Greg Fisher etwa ignoriert den Bericht des Johannes von Biclaro, der – vertraut man den rekonstruierten Lebensdaten – nicht nach 577 hätte geschrieben werden können, da Johannes zu diesem Zeitpunkt schon wieder im Westgotenreich war. Forschungskonsens besteht darin, dass al-Munḏir im Jahre 580 tatsächlich gekrönt wurde, also sein Kranz (''stemma'') mit einem würdigeren Herrschaftszeichen ersetzt wurde. Insgesamt scheinen die Aufwartungen al-Munḏirs bei der Reichsspitze das gegenseitige Misstrauen nicht langfristig behoben zu haben. Al-Munḏir wurde im selben Jahr in Konstantinopel unter Hausarrest gestellt und 582, nach der Herrschaftsübernahme des Kaisers Maurikios (regn. 582-602), ins sizilianische Exil geschickt, aus dem er erst um 602 zurückkehrte, u. a. nach einer Interzession Papst Gregors des Großen.<ref name="ftn3">Nöldeke, ''Die Ghassânischen Fürsten'', S. 24-25, 27-30; Shahîd, ''Byzantium and the Arabs in the Sixth Century'', Bd. I,1, S. 339, 386-389, 403, 602-605, 618; Fisher, ''Between Empires'', 72, 99, 121-124, 174-178.</ref>  
Al-Munḏir führte 569-580 die Dynastie der Ǧafniden an, die in der älteren Forschung oft mit den Ghassaniden gleichgesetzt wird. Er hatte in den Jahren 569-570 erfolgreich gegen eine andere, an die persischen Sassaniden angebundene arabische Gruppe gekämpft. Diese stand unter der Führung der Dynastie der Naṣriden und wird in der älteren Forschung oft mit den Lakhmiden gleichgesetzt.<ref name="ftn2">Zur Problematik der Gleichsetzung von Ǧafniden und Ġassāniden sowie Naṣrīden und Laḫmiden vgl. Fisher, ''Between Empires'', S. 3-7, 95-99. </ref> Im Anschluss an die Kämpfe hatte al-Munḏir für seine Verluste Unterstützung von Seiten Konstantinopels gefordert. Dies führte zu einem von Justin II. beauftragten, aber gescheiterten Mordkomplott auf al-Munḏir, der daraufhin seine militärische Protektionsaufgabe gegenüber Byzanz einstellte und damit etwa zwischen 572 und 575 lakhmidische und persische Plünderungen in der Provinz Oriens zuließ. Johannes von Biclaro berichtet nun hier, dass es 575 mit dem Besuch bei Tiberios zu einer Versöhnung kam, die nach der Interpretation Ekkehard Rotters und Irfan Shahîds zu einer Art Krönung, d. h. also offiziellen Aufwertung al-Munḏirs führte, die sich ihrer Ansicht nach in der Ausstattung des Ǧafnidenfürsten mit „besseren Geschenken“ (''donis optimis'') manifestiert, obwohl von einer Krone – im Unterschied zu einem Kranz – keine Rede ist. Da al-Munḏir das von beiden als Krone identifizierte ''stemma ''außerdem selbst mitbrachte, mag diese Interpretation überzeichnen, könnte der Ǧafnidenfürst den Versöhnungsbesuch ja auch mit einer Art Eigenständigkeitsbehauptung verknüpft haben. Während Rotter und Shahîd auf der Basis der Kirchengeschichte des Johannes von Ephesos davon ausgehen, dass al-Munḏir Konstantinopel im Jahre 580 nochmals besuchte, erkennen andere Forscher nur einen Besuch im Jahre 580 an. Greg Fisher etwa ignoriert den Bericht des Johannes von Biclaro, der – vertraut man den rekonstruierten Lebensdaten – nicht nach 577 hätte geschrieben werden können, da Johannes zu diesem Zeitpunkt schon wieder im Westgotenreich war. Forschungskonsens besteht darin, dass al-Munḏir im Jahre 580 tatsächlich gekrönt wurde, also sein Kranz (''stemma'') mit einem würdigeren Herrschaftszeichen ersetzt wurde. Insgesamt scheinen die Aufwartungen al-Munḏirs bei der Reichsspitze das gegenseitige Misstrauen nicht langfristig behoben zu haben. Al-Munḏir wurde im selben Jahr in Konstantinopel unter Hausarrest gestellt und 582, nach der Herrschaftsübernahme des Kaisers Maurikios (regn. 582-602), ins sizilianische Exil geschickt, aus dem er erst um 602 zurückkehrte, u. a. nach einer Interzession Papst Gregors des Großen.<ref name="ftn3">Nöldeke, ''Die Ghassânischen Fürsten'', S. 24-25, 27-30; Shahîd, ''Byzantium and the Arabs in the Sixth Century'', Bd. I,1, S. 339, 386-389, 403, 602-605, 618; Fisher, ''Between Empires'', 72, 99, 121-124, 174-178.</ref>  


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